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TykrNsprecheri Amt WllsdrUss Nk.80vtelten Anzeigen überneh men nur keine Gewähr. - ' ' — Jeder Radattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muh oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 184 — 94. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2610 Freitag, den 9. August 1935 Der „Generalflab der Weltrevolution". Tie Weltkongresse der Komintern. Wohl noch kein Weltkongreß der Kommunistischen Internationale hat so große Beachtung gefunden wie der soeben stattfindende siebente, obwohl sie alle es gleicher maßen verdient hätten. Denn was jetzt an offenherzigen Erklärungen, Feststellungen und Beschlüssen aus Moskau die Welt überrascht, wäre ihr so unerwartet nicht gekommen, hätten sich ihre Politiker rechtzeitig die Mühe gemacht, zu studieren, was schon auf den sechs anderen Weltkongressen der Komintern besprochen und beschlossen worden ist. Die Staatsmänner und Politiker der ganzen Welt würden dann seit Jahr und Tag genau gewußt haben, wie leidenschaftlich ernst es den Komintern mit der Unterwerfung der gesamtenWelt ist, daß sie ganz selbstverständlich in diesen Kampf die Sowjetunion als Machtmittel ein- fpannen und daß kein Widerstand sie an dem Versuch hindern wird, ihr Ziel zu erreichen. Der Weltkongreß der Komintern, so ist einmal gesagt worden, stellt den „obersten Gerichtshof" der „Weltpartei" dar; den jetzt stattfindenden siebenten hat ein spanischer Kommunist als den „General stab der Weltrevolution" bezeichnet. Und in der Tat behandeln die Reden und Beschlüsse aller Kongresse immer wieder die grundsätzlichen Fragen, nach denen die Komintern ihren Kampf in der ganzen Welt ausrichtet. Nur steht einmal dieser, das andere Mal jener Gesichts punkt mehr im Vordergrund der Verhandlungen, je nach dem wie die internationale Lage es erfordert, mit Rücksicht auf die ja auch der siebente Weltkongreß um fast ein Jähr verzögert worden ist. Schon auf dem ersten Weltkongreß ist mit Wer Deutlichkeit ausgesprochen worden, daß das Prole tariat „direkte Zusammenstöße mit der bürgerlichen Staatsmaschine in offenem Kampf" herbeiführen müßte, daß Streiks und Aufstände „die einzigen Methoden des entscheidenden Kampfes zwischen Arbeit und Kapital" seien. Der Schwerpunkt dieses Kampfes liege außerhalb der Parlamente, und deshalb müßten auch immune Ab geordnete illegale Arbeit leisten. Auf dem z w e iten Weltkongreß, dem Lenins programmatische Formulierungen Vorlagen, ist dieser Faden weitergesponnen worden. „Die Welt", so wurde beschlossen, „muß in revolutionäres Kochen gebracht Werden, um jeden Preis, auf beliebige Art und Weise." Auch auf dem dritten Weltkongreß ist dieser Grundsatz unterstrichen worden, mit der ausdrücklichen Hinzufügung, daß es für eine kommunistische Partei gar keine Zeit gebe, „in der die Parteiorganisation nicht politisch aktiv sein könnte". Der vierte Welt kongreß bezeichnete den politischen Massenstreik als eines der wichtigsten Kettenglieder im kommunistischen Kampf. Der fünfte Kongreß formulierte die einzü- schlagende Taktik mit den Worten: „Wo möglich — legal, wo nicht — illegal." Er forderte die „Zerstörung des bürgerlichen Monopols auf Waffen und ihre Konzentrie rung in den Händen des Proletariats", ferner die Zer setzung in den Armeen. Damit wurde ein Thema angeschnitten, das auf dem sechsten Weltkongreß in aller Breite wieder auf gegriffen wurde, auf jenem Weltkongreß, dessen Proto kolle zugleich das gesamte Programm der Kommunistischen Internationale enthalten. Auf diesem Kongreß, der vom Juli bis zum September 1928 dauerte, sind fast alle Programmpunkte des internationalen Marxismus be sprochen worden. Kein Weltkongreß spiegelt so umfassend die verheerenden Ziele der Komintern Wider wie er. Da wird rundheraus gesagt: „Die Eroberung der Macht des Proletariats ist keine friedliche Eroberung", da wird die Einheitsfronttaktik gefordert, deren letztes Ziel die Sprengung der bürgerlichen Staatsgewalt sein müsse, da wird die Eroberung der Gewerkschaften, aber auch das zweckbestimmte Zusammengehen mit den christ lichen Gewerkschaften, die Einsetzung der Frauen in den marxistischen Kampf, die Verseuchung der Jugend mit marxistischem Gedankengut gelehrt. Es wird das Ziel auf gezeigt, dessen Erreichung letzten Endes alle Arbeit der Komintern dient: die Union der s o z i a l i st i s ch e n Räterepubliken der Welt, d. h. die absolute Herrschaft der j ü d i s ch - b o l s ch e w i st i s ch e n C l i q u e über alle Völker der Erde. Es wird verlangt, sich darauf vorzubereiten, daß der nächste. Weltkrieg in eine marxi stische Weltrevolution umgewandelt werde. Es wird die planmäßige Auspeitschung der Kolonial völker als besonders zweckmäßig empfohlen. So heißt es unter anderem, daß „die wirkliche Gefahr, für die britische Herrschaft von der anwachsenden Massenbewegung der indischen Arbeiter" komme. Mit un verhohlener Genugtuung wird ferner zur Kenntnis genommen, daß in einem Jahre nicht weniger als „s iebzig M e u t e r x i e n" i n der französischen Armee festgestellt werden konnten. Münzenberg spricht über sein Spezialgebiet: die Gründung getarnter Organi-' SWere SMmen in Tmlsn. Sie kommunistischen Muhen in Brest. In der französischen Hafenstadt Brest hatten die Unruhen in der Nacht zum Donnerstag größeren Umfang angenommen. Die französischen Zeitungen sind daher äußerst aufgeregt, und die Besorgnis spiegelt sich in ihren Überschriften wider, die u. a. lauten: „Meuterei", „Aufruhr" und „Revolutionäre Be wegung". Die Presse ist sich einig in der Verurteilung der Ansruhrbewegung, für die man die Kommunisten verantwortlich macht. Der „Matin" fordert unerbitt liche Strafen gegen die Drahtzieher der Meuterei. Der Tag von Brest, so schreibt das Blatt, sei nicht eine spontane Explosion gewesen, sondern die Behörden hätten die Tätigkeit kommunistischer Agitatoren Nach weisen können. Brest macht, wie die Berichte aus Frankreich besagen, den Eindruck, als ob es sich im Belagerungszustand befände. Alle Läden haben aus Furcht vor Zerstörungen geschlossen und die eisernen Rolläden heruntergelassen. Truppenteile durchziehen die Straßen. Die berittene Mobilgarde mußte zum erstenmal angreifen, als sie von einem der alten Festungswälle herab mit einem Hagel von Steinen, Scherben und Flaschen überschüttet wurde. Die Arbeiter stoben auseinander, nachdem einige 30 durch Kolbenhiebe leichter verletzt worden wären. Kaum hatte sich die Truppe wieder gesammelt, mutzte sie erneut cingreifen, weil vor dem Bahnhof eine Barri kade errichtet worden war. Die angreifende Truppe wurde mit Wurfgeschossen aller Art empfangen, dräng aber vor und verfolgte die Aufrührer bis auf den Bahnhof. Die Reisenden, unter die sich die Manifestanten mischten, flohen entsetzt vor den Kolbenhieben. Die Aufrührer hatten sich inzwischen in die Bahnhofsanlagen zurück gezogen, wo sic das ausgetrocknete Gras entzündeten. Flammen leckten an den Bäumen und Telegraphenstangen empor, und bevor die Feuerwehr zur Stelle war, war schon bedeutender Schaden angerichtet worden. Als die Gewerkschaftsführer die Arbeiter aufforderten, nach Hause zu gehen, zeigte es sich, daß sie die Bewegung keineswegs in der Hand hatten, denn mit der Dunkelheit erschienen ans allen Winkeln der Stadt Elemente, die nur noch wenig mit den Werftarbeitern zu tun hatten, Hafengesindel, Plünderer und berufsmäßige Ver brecher, meist junge Burschen, die einen wahren Guerillakrieg inszenierten. Mit Wurfgeschossen aller Art, mit losgeschraubten Schildern, Steinen, Flaschen, Abflutzgittern durchzogen sie die Straßen und zerstörten, was sie auf ihrem Wege fanden. Fensterscheiben zersplitterten, Laternen wurden eingeschlagen, Bänke zerbrochen, Lichtreklamen nieder gerissen, die Straßen entpflastert und von Zeit zu Zeit kleine Barrikaden errichtet. Die Stadt sieht trostlos aus. Truppenteile, die durch die Straßen marschieren, sehen übernächtigt aus. An allen Ecken steht Mobilgarde. Morgens strömten die Arbeiter von allen Seiten bei der Werft zusammen, um die Arbeit aufzunehmen. Die Werkstätten blieben jedoch geschlossen. Nachdem die Arbeiter sich einige Zeit vor den Gittern gestaut hatten, fluteten sie in die Stadt zurück. Streiks auf den französischen Ozeandampfern. Die Ausschreitungen in den Kriegshäfen Toulon und Brest und die für die ganze französische überseefahrt katastrophale Streikbewegung in Le Havre, neuerdings auch in Cherbourg, stellen eine ernste Macht probe zwischen Negierung und Bolsche wismus dar, die die Notverordnungspolitik Lavals aufs stärkste gefährdet. In Le Havre- beginnt man be reits vor den Forderungen der Streikenden zurück zuweichen. Um die Ausreise des Ozeandampfers „Champlain" der Compagnie Trausatlantique wenigstens zu sichern, ist vom französischen Handelsmarinemittisterium der Gesellschaft die Ermächtigung gegeben worden, die Forderung der streikenden Mannschaften nach Rück gängigmachung der zehnprozcntigen Lohnkürzung wenigstens teilweise zu erfüllen. Der Proteststreik begann auf dem Ozeandampfer „Champlain". Die Besatzungen der übrigen Dampfer der Gesellschaft, nämlich der „Normandie", des zur Zeit größten Passagierschiffes, der „Lafayette", „Colombie" und „Cuba" schlossen sich an. Die Fahrgäste der „Cham plain" befinden sich in einer sehr peinlichen Lage. Sie sind in Le Havre festgenagelt, wenn sie sich nicht ent schließen, nach Paris zurückzukehren, denn alle deutschen, englischen und amerikanischen Schiffe, die nach New York fahren, sind zur Zeit voll besetzt. Steinbarrikaden in Brest, die die Aufrührer in de« Straßen errichtet hatten. Dahinter harren die Demonstranten der Ankunft der Truppen. Erst nach erheblicher Ver stärkung der Polizei durch MarineinfanterieMobilgarde und farbige Kolonialtruppen gelang die Wiederherstellung der Ordnung. (Scherl — M.) I sationen, über die man leicht auch an „indifferente, apathisch lebende Arbeiter" herankomme, so daß man auch diese für die Pläne der Komintern einspannen könne. Man hat eingewendet, das alles seien nur große Worte und außerdem als Beschlüsse der Komintern nicht für die Sowjetunion maßgebend. Dem kann man nichts Treffenderes entgegenhalten als die Erklärungen, die auf dem sechsten Weltkongreß der Komintern selbst über die Rolle der Sowjetunion bei einer Well revolution abgegeben worden sind und die im offiziellen Kommunistenkalender für das Jahr 1929 kommentiert werden. Hier der Wortlaut: „Die S owjbt- union wird notwendigerweise zur Basis der inter nationalen Bewegung aller unterdrückten Kläffen, zum Lauvtherd der internationalen Revolu ¬ tionen, zum bedeutsamen Faktor der Weltgeschichte." Die Sowjetunion spielt „eine revolutionäre Rolle ohne gleichen: die Rolle eines Motors der internationalen proletarischen Revolution". Deutlicher konnte nicht gesagt- werden, was beabsichtigt ist. Wenn es noch einen Zweifel hätte geben könnender wäre mit diesen Worten aus der Welt geräumt. Sechs Weltkongresse der Komintern haben den Auftakt gegeben, und das ideologische und praktische Grundgebäude er richtet, vou dem aus die Moskauer Machthaber hoffen, die ganze Welt erobern und unter ihre Knute zwingen zu können. Der siebente Kongreß führt fort, was sie begannen. Die Welt horcht auf ibn aufmerksamer alS auf die früheren. Wird sie endlich, bevor cs zu spät ist, die Konsequenzen aus dem Vernommenen ziehen?