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Rr. LSS LS. Jahrg. Sonnabend den 27. Mai 1916 Bezugspreis: AuSgub« X mit INustr. Beilage vierteljährlich ir.LV J,i Dresden und ganz Deutsch. land frei Hau» it.KH : ui Oeslcrreich 4.4l1 K. «»»gab, » vierteljährlich z Deuts, Dresden und ganz Fk: in Oesterreich Dt» !0- , 1.8« ^ In ns^Iand frei Hau» linzel-Nummer 1« » BoUSzeitung erscheint an allen chentagen nachmUtag«. Geschäftsstelle und Nedaktiorrr Dresden »A. 16, Holbeinstratze IO Fernsprecher 21366 v Postscheckkonto Leipzig Nr. 1L7S7 Anzeigen, Annahme von SeschSslsanzeigen bi» I«Uhr, von gainilienanzeigen bis i t Uhr vorm. Preis silr diePetil-Lpaiizeile»« ^.im Rekla- meteU «« ^. gsllr undeutlich geschrieben«, sowie durch Fern sprecher ausgeaebene Anzeigen können wir die Leraniworiilchkeit siir die Richiigleü de» Lep«» nicht übernehmen. Sprechstunde der Redaktion: I t-tit Uhr vorm. I Drgarr der Zentrumspartei. Einzige Tageszeitung für die katholische Bevölkerung im Königreich Sachsen Ausgabe ä mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe k nur mit der Wochenbeilage. Sächsische Mrmungstage Werdau und Crimmitschau Sonntag den 21. Mai 1916 „Und du gibst ihnen Speise zu rechter Zeit." Der heilige Geist ist eiugekehrt bei unseren Firmlingen und mit ihm Kraft, Trost und Frieden. War das ein Seelen genuß, die Jugend so andächtig und begeistert in der Kirche vor dem Bischof knieen zu sehen! Durch sorgfältigen Unterricht in das Wesen und Wirken des Sakramentes der hl. Firmung sowie in ihre gedankenreiche Liturgie einge- führt, gingen auch die jüngsten Firmlinge gesammelt und mit bewußter Würde zum Altäre des Herrn. Den Herren Lehrern Albrecht, Hüttig, Rimpler und Wischek aus Zwickau gebührt neben dem Ortspfarrer Dank und Anerkennung siir ihre ausgezeichnete Leitung und Unterweisung. Dank den beiden eifrigen Herren Chordirigenten in Werdau und Crimmitschau: Liebig und Rimpler, ihren Sängern und Sängerinnen. Dank den hochwürdigen Herren, die opferwillig in der Seelsorge geholfen haben: Pfarrer Bange, Pfarrer Härtel, Pfarrer Kruse, Pfarrer Riedel, Pfarrer Rudolph und Kaplan Rauer. Herrn Pfarrer Riedel, an den sie immer noch mit treuer Liebe hängen, haben sich die Crimmitschauer Katholiken als Festprediger, die Werdauer als Redner ge wünscht. Dank dem hochwürdigsten Herrn Bischof! Er hatte schwere Arbeit. Das sind ja auch keine Gotteshäuser für eine Pfarrgemeinde von über 5000 Seelen, diese bescheidene Friedhofskapelle in Werdau und die kleine Aula der Han delsschule in Crimmitschau. Keine Stätten — so festlich sie geschmückt waren —, um das Sakrament der Hand auflegung nach Väterweise zu begehen. Besondere Firm- paten verboten sich daher von selbst; für alle Kinder dienten als Paten: Herr Oberzahlmeister Koeßler und seine Frau Gemahlin in Werdau, Meister Haas und Frau Gemahlin in Crimmitschau. Das katholische Pfarramt Werdau ist 1901 gegründet. 1916 fehlt noch Kirche, Pfarrhaus und Schule. Ein seltener Fall! Dabei ist die Gemeinde nicht kleiner, sondern größer — und was mehr sagen will — glaubcnsinnerlicher ge worden. Das besagte u. a. auch die rege Teilnahme am Tisch des Herrn während des Festtages. 125 Kommuni kanten zählten wir in Crimmitschau, 535 in Werdau. Schon ob ihres Eifers und ihrer stillwartenden Geduld hat die katholische Gemeinde ein eigenes Gotteshaus verdient. Die Firmung hat die dringende Notwendigkeit eines Kirchbaues in Werdau und Crimmitschau betont, und unser hoch würdigster Herr Bischof, der in väterlicher Liebe und Güte feines hehren Amtes gewaltet, hat sich davon überzeugt. Die Werdauer und Crimmitschauer Katholiken vertrauen ihm. „Arif Wiedersehen zur Grundsteinlegung in Werdau", haben sie beim Abschied durch ihren Sprecher sagen lassen. Erst Werdau, dann Crimmitschau! Die treukatholische Ge meinde Crimmitschau läßt ihrer Mutter höflich den Vor tritt. Sie weiß, daß auch sic, will's Gott, bald an der Reihe ist. Seine bischöflichen Gnaden haben Herrn Dick, der den hochwürdigsten Herrn im Namen der Crimmit- schauer Katholiken willkommen hieß, gute Hoffnung ge macht. Natürlich, was nützen die toten Backsteine, wenn die lebendigen Edelsteine fehlen, was der schöne Eingang ohne friedliche Eintracht, was Turm ohne Treue, was Glocken, wenn sie tauben Ohren singen! Das wichtigste mid notwendigste sind nicht die Kirchenmauern, sondern der Kirchenglaube und jener Geist, der in den Seelen wie in einem Tempel wohnt. Gerade das Sakrament des hl. Geistes erinnert ernstlich an diese Wahrheit, an das Notwendigste und Wichtigste, und die christliche Klugheit rät, sich daran zu halten, damit Richtung, Mut und Geduld nicht verloren gehen im allzulangen Hoffen und Harren, denn cs ist Krieg — wer weiß wie lange noch! Gefirmt ist unsere Jugend: 312 Firmlinge vormittags >in Werdau, 102 nachmittags in Crimmitschau, geistlicher weise gefirmt ist die ganze Gemeinde. Sie wird in ihren Unterständen durchhalten. Gottes Geist ist mit ihr. Die Wirkung und Nutzanwendung der hl. Firmung heißt Tapferkeit und Gottvertraucn. Das hat der hochwürdigste Herr Bischof in allen seinen Ansprachen klar und deutlich zum Ausdruck gebracht. Selbsthilfe. Mitwirken mit der Gnade sind Sprichwörter des Lebens und des Katechismus: »Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott." Das Neueste vom Tage Zer MtlIA llklllM LlWMU (W. T. B. Amtlich.) Großes Hauptquartier, 27. Mai 1916. Westlicher Kriegsschauplatz Nördlich des Kanals von La-Bassse drang eine unserer Patrouillen bei Festubert in die feindliche Stellung, machte Gefangene und kehrte ohne Verluste zurück. Ju den Argonnen lebhafter Mineukampf, durch den die feindlichen Gräben in größerer Breite zerstört wurden. Außer einigen Gefangenen erlitten die Franzosen zahlreiche Verluste an Toten und Verwundeten. Links der Maas richteten die Franzosen seit Mitter- nacht heftige Angriffe gegen Cumieres; vorübergehend in den Südrand des Dorfes einzudringen, wir machten bei der Säuberung 63 Gefangene. Nechts der Maas gelang es uns, bis zu den Höhen am Südwestrande desjjThiaumont-Waldes vorzustoßen. Ein französischer Angriffsversuch dagegen wurde durch Artilleriefeucr im Keime erstickt. Zwei feindliche Angriffe gegen unsere neueroberten Stellungen südlich der Feste Douaumont scheiterten restlos. In den Kämpfen südwestlich und südlich der Feste sind seit dem 22. Mai an Gefangenen 48 Offiziere, 1943 Manu eingebracht. Oestlicher Kriegsschauplatz Bei einer erfolgreichen Patronillenunternehmung südlich Kekkau machten wir einige Gefangene. Balkan-Kriegsschauplatz Keine Veränderungen. Oberste Heeresleitung. Rückkehr Giolittis London, 26. Mai. Ter römische Korrespondent der „Morningpost" meldet unter dem 18. über die Rückkehr Giolittis in das politische Leben, man darf sich nicht ver hehlen, daß nicht nur in England eine gewisse Unzu friedenheit mit der Art herrscht, mit der der Krieg geführt wird und daß eine Opposition diese Unzufriedenheit be nutzen kann. Irische Massenversammlung in Chicago Neuyork, 22. Mai. „Central News" meldet: Gestern abend fand in Chicago im Opernhause eine Massenver- sammlung statt, um gegen die Hinrichtung der irischen Rebellen zu protestieren. Unter den Rednern befand sich James Larkin, der Organisator der irischen Bürgerarmee und ein Mitglied des Polenklubs Dr. Zurawcski. Nene englische Nebcrgriffc Kopcnhagen. 26. Mai. (W. T. B.) Die englische Negierung legte den isländischen Kaufleutcn bei Androhung hoher Geldstrafe die Verpflichtung auf, dem englischen Ver- treter auf Verlangen ihre Geschäftsbücher und Korrespon- den; zur Untersuchung zur Verfügung zu stellen und weder Salz noch Erzeugnisse, für die Salz verwendet wird, nach cnglandfeindlichen Ländern oder nach Dänemark, Norwegen, Schweden und Holland zu senden. Delbrücks Abschied Berlin. 26. Mai. (W. T. B.) Im großen Bundes- ratssaale des Reichsamtcs des -Innern verabschiedete sich am Abend des 25. Mai Staatssekretär Dr. Delbrück von seinen Mitarbeitern. Namens der Beamten des Reichs- amtes des Innern richtete der Unterstaatssckrctär Exzellenz Dr. Richter warme Worte des Dankes an den Scheidenden. Am 26. Mai fand eine Abschiedsfeier des Bundesrates statt, in der der bayerische Gesandte und bevollmächtigte Minister- Graf v. Lerchenfeld-Köfcring die Verdienste Dr. Delbrücks feierte und die Wünsche des Bundesrates zur baldigen Wiederherstellung seiner Gesundheit übermittelte. Lest« Vvraxsqiivllv 1 VonLÜgliok« ^IZklVIDIVS LSUS anä gsbrkiuokt«, Lllo UolL- UQ(1 Lrili^rtsv, sovKs vsob 2sivbllU0A NO»I»I0OIUI»S von 60 Llurlc au Rissixo ^usvvLvI, xüvstl^s bovsr LLSsvorsbattl , onesvL« loksnn-Lssnuen-OIl«« >3 Abgeschlossen wurde der vom prächtigsten Maiwetter begünstigte Festtag durch eine weltliche Feier. An 1300 Katholiken waren zusammengekommen. Seit dem Katho likentage hat der große Saal des Leubnitzer Gasthofes keine so herrliche Versammlung unserer Glaubensgenossen ge sehen. Und wohl keiner ging enttäuscht nach Hause. Klas sische Streichmusik stellte die starke Kapelle unserer Garni son, Gedichte sagten die Kinder, Gesänge bot die „Cäcilia" unter Liebigs meisterhafter Leitung, Sololieder in erz- gebirgischer Mundart Käthe Wagner — trefflich wie immer, auch gemeinschaftliche Weisen fehlten nicht. Alles war so unterhaltend und erhebend, so festlich und schön, bei aller Einfachheit, so? wie Magda Kirschenbauer gedichtet hatte: Tragt Blumen herbei, denn es ist Mai! Pflückt Flieder im Hag zum Firmuugstag. Laßt Banner weh'u s ! über Tal und Höh'n! Singt Jubellieder , voll Freuden wieder. Wir haben empfangen voll frommem Verlangen Die Stärkung der Schwachen - . uns treu zu bewachen. Dank sei dem Gott, ; der in all dieser Not den Hirten uns sendet, der Segen uns spendet. Grünende Maien, neigt euch in Reihen! Grünende Myrten grüßt unseru Hirten! Wohltuend wirkte die reiche Abwechselung im Pro gramm: ernste, fröhliche, kirchliche, patriotische Stimmung. Köstlich war's, als ein schwäbisches Mägdlein auf die Bühne sprang und deklamierte: „Am hcut'ge, hohe Firmungssescht Möcht i gern au a munters Sprüchle sage Und unscrm Herr Bischof 's Allerbcscht Als treue Herzenswunsch entgege trage. Aus alle Länder sind mir bei anand, . Und mei Gedichtle solls akrat beweise: Aus unserm liebe, schöne Sachselaud, Aus Bayern, Schwaben, Thüringe und Preuße. Doch alle sind vom gleiche Geischt beseelt, Von unsrer Kirche seligfroher Lehre, Sie isch für uns das Heiligschte auf der Welt, Und ewig sei ihr Lob und Preis und Ehre!..." Doch wir dürfen die Reden nicht vergessen. Pfarrer Kirschenbauer feierte kurz und bündig die Kirche in ihrer historischen und sakramentalen Größe. Er schien nicht lange reden zu wollen. Singen muß nian an solchen Glaubens» festen: „Tank sei dem Herrn, der mich aus Gnad' . . Pfarrer Riedel huldigte in bekannter Gründlichkeit und stürmischer Begeisterung Papst, Kaiser und König. Seine wohldurchdachten Worte fanden gespannte Aufmerksamkeit und lauten Beifall. Ter hochwürdigstc Herr Bischof redete voin Unglück des Krieges und vom Glück im Unglück: Ver sittlichen Erneuerung. Goldene Sprache fand er für das Heiligtum der Familie, und die Reinheit der Seele. „Durch- halten!" fo lautete feine Parole, mit Gottes Geist und Gnade für Seele und Vaterland. Es lag ein gütiger Ton in allen seinen Worten. Einen Fürsten hatten wir er wartet, ein Vater war gekommen. Die Schlußansprache hielt Pfarrer Kruse. Anknüpfend an das vom Orchester gespielte Lied an den Abendstern, nannte er Christus unseres Lebens Morgen- und Abendstern, der uns hinüberleuchtet in jenes Vaterland, dessen Sonne keinen Untergang kennt. Wuchtig, wie vorhin die Wagnerschen Akkorde, klangen seine ernsten Gedanken — ein Pilgerlied: „Zu dir . . . mein Herr Jesus Christ." Folgte der ambrosianifche Lobgesang. Einige Minuten nach 10 schloß der Vorsitzende die Ver sammlung. Langsam leerte sich der Saal. Nicht trennen wollte sich die Herde von dem Hirten, die Seele von dein feierlichen Tage. Dunkel war cs draußen, Wetter standen ain Firma- mcnte, aber zwischen dem finsteren Gewölk glänzte leuchtend der Abendstern.