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Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. Redakteur: Fr. Schott. Verlag von C. Heinrich. Von diesem Blatte erscheint jeden Freitag ein Bogen für den äußerst billigen Preis von 9 Pf. Luch wird jeden Monat eine feine Lithographie gratis beigegeben. Alle Postämter und Buchhandlungen nehmen, gegen viertel jährige Vorausbezahlung pon 10 Gr., Bestellungen darauf an. , . Etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, werden unter der Adresse: „Andie Redaktion der Sachs. Dorfz., Heinrichsche Buchdruckerei in Dresden," erbeten. Auszug aus dem Tagebuche eines sächsischen Aus« Wanderers nach Amerika. (Mitgetheilt von Fr. W—r.) Vor, mir liegt das ziemlich umfangreiche Reise tagebuch eines sachs. Auswanderers^ wenn auch diese Blatter für Alle, welche den Schreiber der selben naher kannten, eben wegen ihrer Ausführ lichkeit an Interesse gewönnen, so erlaubt doch der beschrankte Raum hier nur einen Auszug des Interessantesten. Ich werde wo möglich dieselbe Reihenfolge beobachten und mich befleißigen, durch das Zusammendrangen des reichlichen Äo^fls und theilweise Umänderung des Styls der natürlichen, oft naiven-Schreibart des Reisenden, sowie 'der Wahrheit der Darstellung keinen Eintrag zu thun. Zuvor aber einige flüchtige Notizen über die Per sönlichkeit des Auswanderers, welche ich um so eher verbürgen kann, da eine jahrelange Bekanntschaft mir Gelegenheit gab, ihn naher kennen zu lernen. C. G. Kegel aus Graupa bei Pillmtz gebür tig dientö früher in der sachs. Armee, machte die letzten Feldzüge mit und wählte, nachdem er sei nen .ehrenvollen Abschied erhalten, Dresden zu seinem Aufenthaltsort. Sein Bemühen, durch jede rechtliche Beschäftigung die Existenz seiner Familie zu sichern, wurde durch häufige Krankheits fälle unterbrochen, bis er im Jahre 1825 als Steindrucker im hiesigem Finanzhause einen dau ernden Unterhalt fand. Obgleich er diese Beschäf tigung mit vieler Liebe betrieb und viel auf seine Ausbildung verwendete, so fand er sich dennoch veranlaßt, im I. 1836 diesen Posten freiwillig aufzugeben. Spater bereiste er als Colporteur im Auftrage einer hiesigen Kunsthandlung das Land. Jederzeit zeichnete sich Kegel durch seine strenge .Rechtlichkeit, Thätigkeit und eifrige Pflichterfüllung aus; er erwarb sich nicht nur als treusorgender Fami lienvater, sondern auch durch seinen offenen und geraden Charakter die Achtung und Zuneigung Aller, die ihn näher kannten; und wenn es ihm in seinem Vaterlande nicht vollkommen gelang, sich und seine Familie durch einen bestimmten Erwerb sür-die Zukunft sicher zu stellen, so hat es wenig stens nicht an seinem redlichen Willen gelegen. Dieser Umstand und die Befürchtung, die neu-- ern heimathsgesetzlichen Bestimmungen möchten einmal nach seinem Lode auf seine Familie an gewendet werden, machten schon vor langrer Zeit den Wunsch zur Auswanderung in ihm rege; diese Idee beschäftigte ihn dermaßen, daß man ihn scherz weise den Amerikaner nannte.. Im I. 1837 lernte er auf einer seiner Reisen einen eben so ach- tungswerthen als humanen Mann kennen, welcher nicht nur seinen Wunsch theilte, sondern auch im Stande war, denselben zu realisiren. Das N5- thige wurde eingöleitet und so verließ Kegel, in Begleitung des Ersteren, sein, wie er schreibt, im mer noch geliebtes Vaterland, um in einem an dern Welttheile eine neue Heimath zu gründen. Doch ich gehe zu der Erzählung seiner Reise selbst über und bemerke nur noch, daß fast jedes Blatt die. rührendsten Beweise der Anhänglichkeit und Liebe an feine einstweilen zurückgebliebene Familie enthält. , M „Den 6. Juni 1838 Mittags verließ ich nicht ohne Wehmath Dresden. Der Abschied von mei ner theuern Familie-wurde mir schwer, sehr schwer; ich wußte ja nicht, ob ich sie je wiedersehen würde! . Als ich die Brücke passirte, regten sich tausend