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Dienstag. Leipzig. Die Zeitung erscheint mit Ausnahme des Sonntags täglich Nachmit tags für den folgenden Tag. PreiS für das Vierteljahr 1'/, Thlr.; jede einzelne Nummer 2 Ngr. 27. Vetober 1857 Nr. 251 Deutsche Allgemeine Zeitung - Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz! Jnsertionsgevühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslände», sowie durch die Erpedilion in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Deutschland. Preußen. Die mehrfach in Aussicht gestellte Uebernahme der Leitung der Staatsgcschäfte durch den Prinzen von Preussen ist nun erfolgt und haben wir dieselbe bereits am Sonnabend in einem Extrablatte angezstgt. Ucber den Hergang und die betreffenden Actcnstücke berichtet die officielle --Zeit» untcrm 24. Ort. aus Berlin: „Das Befinden des Königs, unscrs allergnädigstcn Herrn, Hal, wie wir nach zuverlässigen Berichten mitthcilen können, auch in den letzten Tagen ununterbrochene Fortschritte in der Bes serung gezeigt und die freudige Hoffnung gekräftigt, daß, wie wir schon früher ausgesprochen haben, die Wiederherstellung desselben mit» Gottes Hülfe erfolgen wekdc, sofern nicht störende und unvorherzusehende Zwischen falle eiütreten. Um diese nach Möglichkeit fernzuhalten, soweit menschliche Vorsicht reicht, und weil der Zustand des hohen Kranken noch immer große Schonung und Ruhe verlangt, war ihm von den Leibärzten empfohlen worden, daß derselbe die Leitung der Staatsgcschäfte nicht früher wieder übernehmen möchte, als dis die gänzliche Wiederherstellung erfolgt und die ausreichende Kraft zur Ucberwindung aller derjenigen Anstrengungen wie dergewonnen wäre, welche mit jener unzertrennlich verbunden sind. Sobald daher der Zustand deS Königs in der Besserung soweit gediehen war, daß der König nach dem Gutachten der Aerzte ohne die Gefahr einer neuen bedenklichen Erregung zu Anordnungen über die Führung der Staatsgc schäfte schreiten konnte, wurde der allerhöchsten Erwägung und Entschci- düng ein« zeitweilige Uebertragung der obern Leitung der Staatsgcschäfte an den nächsten Agnaten, den Prinzen von Preußen, unterbreitet. Dies ist, wie wir erfahren, in diesen Tagen geschehen, worauf gestern Mittag der König den Präsidenten des StaatSministcriums, Frhrn. v. Manteuffel, nach Sanssouci bescheiden ließ, und dann in Gegenwart der Königin, des Prinzen von Preußen und des Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, des Oberstkämmerers Generalfeldmarschalls Grafen zu Dohna und der Leib ärzte die nachfolgende königliche Ordre allcrhöchsteigcnhandig vollzogen Hal: An den Prinzen von Preußen, königl. Hoh. und Liebden. Da ich nach Vor- W^rist der Aerzte mich wenigstens drei Monate von allen RcgicrungSgeschästen fern- soll, so will ich Ew. königl. Hoh. und Liebden, wenn nicht wider Erwarten «ne Gesundheit früher, wiederum befestigt werden sollte, während dieser drei Mo- nHc meine Stellvertretung in der obern Leitung der Staatsgcschäfte übertragen. Ew. königl. Hoh. und Liebden ersuche ich hiernach, da« Erfoderliche zu veranlassen. Sanssouci, 23. Oct. 1857. Friedrich Wilhelm, v. Manteuffel, o. d. Heydt. Si mons. v. Raumer, v. Westphalen, v. Bodclschwingh. v. Massow. Graf Waldersee. v. Manteuffel II. Auf Grund dieser königlichen Ordre hat der Prinz von Preußen un ter dem heutigen Datum folgenden Erlaß an das königliche Staatsministe rium gerichtet: Dem Staatsministerium lasse ich in der Anlage daß Original einer von Sr. Maj. dem König an mich gerichteten allerhöchsten Ordre mit der Weisung zugchen, dieselbe nebst meinem gegenwärtigen Erlasse durch die Gesetzsammlung zur öffentli chen KmMniß zu bringen. In Beziehung auf die von des Königs Majestät mir aufgetragene und von mir übernommene Stellvertretung erkläre ich hiermit, daß es mein fester Wille ist, unter gewissenhafter Beobachtung der Landesverfassung und der Landesgesetze nach den mir bekannten Intentionen Sr. Maj. meines königlichen Bruders und Herrn solange die Regierungsgcschäfte zu führen, als Se. Maj. dies für erfoderlich erachten. Zch erwarte, daß das königliche Kriegsheer, die Beamten sowie alle Unterthanen Sr. Maj. mir schuldigen Gehorsam leisten und namentlich die Staatsminister sich allesammt und jeder einzeln ihrer vollen Verantwortlichkeit bewußt bleiben werden. Die Geschäfte sind sowol im Staatsministerium und in den einzelnen Ministerien als auch im Militär- und Civilcabinet in demselben Gange fortzuführen, wie es bisher geschehen ist; die Adresse der Jmmediatberichte und-Ein gaben bleibt die bisherige, und die Vollziehung sder Ausfertigungen erfolgt unter der Unterschrift: „Zm allerhöchsten Auftrage Sr. Maj. des Königs: «Prinz von Preußen." Ich bitte Gott, daß er mir die Kraft und den Segen verleihen möge, diese Stellvertretung zur Zufriedenheit Sr. Maj. deS Königs und zum Heile des Landes zu führen, und daß die Wiederherstellung der zu meinem und des Landes tiefstem Schmerz erschütterten Gesundheit meines königlichen Herrn mich bald einer Aufgabe überheben möge, welche ich in Gemäßheit königlichen Befehls und im Hin blick auf meine Pflichten gegen das Vaterland übernehme. Berlin, 2-1. Oct. 1857. Prinz von Preußen, v. Manteuffel, v. d. Heydt. SimonS. v. Raumer, v. West phalen. v. Bodelschwingh. v. Massow. Graf Waldersee. v. Manteuffel II. Heute um 11 Uhr hat der Prinz von Preußen zuerst den Vortrag des Ministerpräsidenten entgegengenommen und um 12 Uhr sämmtliche Mit glieder des StaatSministeriums empfangen. Der Prinz sprach gegen diesel ben mit tiefer Bewegung aus, wie schwer er die Verantwortlichkeit in der ihm gewordenen Aufgabe empfände und wie lebhaft er wünschte, daß der König bald im Stande sein möge, die Zügel der Regierung wiederzu- ergreifen." ^7 Berlin, 25. Oct. Vorgestern hat der König die Vollmacht zu sei- ncr Stellvertretung für den Prinzen von Preußen, vorläufig auf drei Monate, unterzeichnet, und gestern ist dieselbe mit einem entsprechenden Erlasse des Prinzen von Preußen veröffentlicht worden. Das Nähere hier über finden Sie in den gestrigen Abendblättern. Was die Stellvertretung als solche bktrifft, so haben wir bereits darauf hingcwiescn, daß in der Ver- j fassung über dieselbe nichts enthalten ist. Indem v. Rönne in seinem „Staatsrecht der Preußischen Monarchie" diesen Umstand ebenfalls hervor hebt und dem noch hinzufügt, daß auch in sonstigen Gesehen sich darüber keine bestimmten Normen fänden, so müsse, wie er dann weiter ausführt, zur Entwickelung solcher Normen auf die allgemeinen Grundsätze zurückgo gangen werden. AuS diesen ergebe sich aber, daß der König in solchen Fäl len vorübergehender Behinderung (nämlich bei Reisen außer Landes oder bei Verhinderung durch Krankheit) nicht blos das Recht, sondern sogar die Pflicht habe, die erfoderliche Fürsorge für den regelmäßigen und ununter brochenen Fortgang der Regierungögeschäfte zu treffen, mithin nölhigenfalls einen Stellvertreter zu ernennen. Daß dem Könige hierbei die freie Aus wahl der Person zustche, könne nicht in Zweifel gezogen werden. Alle mal aber sehe eine solche Stellvertretung eine vom König ausgehende Vollmacht voraus. — Das Preußische Wochenblatt weist die Trostreden, welche von gewissen officiösen Organen nachträglich noch über die holsteinischeFrage gehalten worden sind, weit von sich, und es ist ganz mit uns der Mei nung, daß Worte gar nichts mehr seien und man nur nach Thatsachcn verlangen müsse. Leider aber müsse man sagen, daß die Thatsachcn, so weit von solchen in der holsteinischen Angelegenheit wie mit Bezug auf allgemein deutsches Interesse die Rede sein könne, und die Worte, welche von feindlicher Seite diesen Thatsachcn zum Kommentar gegeben wer den, uns nur in dem Gefühle bestärken können, „daß den Kaiscrzusam- mcnkünften deutsches Interesse als erstes Opfer gefallen ist". Wir Dcutscke müßten in der That das Lesen verlernt haben, wenn uns dies nicht die Sprache eines Aclenstücks sagte, welches neuerdings in seinem wesentlichen Inhalte durch ein officiöses französisches Journal bekannt gemacht worden, nämlich des Rundschreibens des Grafen Walewski über die siuttgarter Zusam menkunft. Das Preußische Wochenblatt kommt dann auf die bekannte Corre- spondenz des Nord aus Brüssel zu sprechen, in welcher es hieß, daß Preu ßen und Oesterreich die „Verpflichtung" übernommen hätten, den in Stutt gart gefaßten Beschlüssen nachzukommcn, nämlich die holsteinische Ange legenheit nicht an den Bund zu bringen. Daß eine solche förmliche Ver pflichtung wirklich übernommen worden, glaubt das Preußische Wochen blatt nicht, wie ihm denn die betreffende Insolenz des russischen BlaitS überhaupt derart scheint, daß dieselbe in unserer ofsiciösen Presse gar kei ner Berichtigung bedürft hätte. „Aber der thatsächliche Zustand, in seinem Wesen und Kern betrachtet, ergibt sich aus allen diesen Berichtigungen lei der als kein befriedigender; und wenn feindliche Federn in so schamloser Weise dic Niederlagen deutscher Interessen, deutscher Ehre und Macht zu proclamiren wagen können, so liegt der Grund und die Möglichkeit dieser betrübenden Erscheinung eben darin, daß Deutschland keine Thatsachcn in der Hand hat, die es dem verleumderischen Widersacher entgegenhalten kann, daß der thatsächliche Zustand nicht von selbst solche Deutungen und Besprechungen ausschließt und unmöglich macht." — Ucber das Befinden des Königs liegen zwei neuere Bullet ns vor. Das erste vom 24. Oct. lautet: „In den letzten 24 Stunden ist das Be finden Sr. Maj. des Königs im hohen Grade befriedigend." Das Bulletin vom 25. Oct., 11V-Uhr Vormittags, lautet: „Se. Maj. der König haben einen großen Theil des gestrigen Tags außer Bett zugc- bracht, ohne dadurch sich ermüdet zu fühlen. Die vergangene Nacht ver brachten Allerhöchstdicselben in erquickendem Schlafe." — Aus Berlin vom 23. Oct. wird der Allgemeinen Zeitung geschrieben: „Zwischen dem preußischen und dem österreichischen Cabinct sind seit kur zem wieder Verhandlungen in der dänisch-deutschen Frage im Gange. Die beiden deutschen Mächte scheinen im Begriff zu stehen, durch einen gemeinschaftlichen Schritt Dänemark zu einer ganz bestimmten Erklärung darüber zu veranlassen, in welcher Weise den Beschwerden der Herzogthü- mer eine thatsächliche Abhülfe zutheil werden solle. Gleichzeitig steht dic Ansetzung eines festen Termins zu erwarten, innerhalb dessen das kopeu- Hagener Cabinct schic Erklärung abzugeben haben wird. Fällt dieselbe nickt befriedigend aus, so soll die Streitsache vor den Bund gebracht werden." Halle, 22. Oct. Vorgestern fand hier eine Zusammenkunft von 63 evangelischen Geistlichen unserer Provinz statt, welche sich als eine UnionSconferenz constituirten und zu Gunsten der Ausrechthaltung der Union eine Erklärung abfaßten, die der obersten Kirchenbehörde und dem Consi- storium in Magdeburg vorgelegt werden soll. (H. Z.) Von der Saale, 23. Oct. In diesem Jahre flammten am Abend deS 18. Oct. auch auf den Bergen an der Saale und Unstrut die Feuer zeichen zur Mahnung an das von dem Frankenjoch befreite Deutschland. In Naumburg wurde von den Turnern ein Turnfest mit Aus- und Ein zug gehalten, und auch von den Schülern der Landesschule Pforta wurde der Jahrestag der Befreiung Deutschlands festlich begangen, indem am Abend des 19. Oct. ein großes Feuer auf dem Knabenbcrge cmpvrlvderte,