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Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich WM-Anzeiger sir WMrs, Rttlit, Bttilsilsrf, Rüs-srs, 8t. 8Bi«, HeimiDort, Mmemii m- Wsei. Amtsblatt für -e« Stabttat zu Lichteuftei«. 40. Jahrsaug. — ———— — Nr. 221. Dienstag, den 23. September 1890. Dieses Blatt erscheint täglich (anher Sona» und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. -- Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 17S, alle Kaiser!. Postanstatten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespalten« KorpuSzeile oder deren Raum mit 10 Pfennige« berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätesten« vormittag 10 Uhr. Tagesgeschichte. * — L i ch te n st e i n, 22. Sept. Das Direktorium des unter dem Protektorat Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrich August stehenden Woblthätigkeits- vereins Sächsische Fechtschule hat den durch das Hoch wasser Geschädigten des Elbthales einen Unterstützungs betrag von 3000 Mark gewährt. Von diesem Betrage sollen in erster Linie die zu dem Vereine gehörigen 16 Verbände des Elbgaues Berücksichtigung finden und der verbleibende Rest in anderen betroffenen Ort schaften Verteilung finden. Es sei hier zugleich der Beitritt zu diesem über ganz Sachsen verbreiteten Verein empfohlen; der jährliche Mitgliedsbeitrag ist nur 50 Pfennige. Außer den in den Händen der Verbände befindlichen Verbandskassen ist der Bestand der Zentralkasse zu Dresden z. Z. 10051,73 Mark, der Bestand der sämtlichen Kassen am 1. Juli d. I. 26,OM Mark, die Fechtschulenausgabe 3100 Stück. Unterstützungen wurden im ersten Halbjahre 5300 Mk. gewährt. Das sind Ergebnisse, an welchen selbst ein Spötter der freiwilligen Wohlthätigkeit nicht achsel zuckend vorübergeht, denn hier verwirklicht sich da« Motto: Viele Wenig machen ein Viel, vereinte Kräfte führen zum Ziel! * — Wir verweisen an dieser Stelle auf den heute Montag abend im Saale des goldnen Helm stattfindenden Vortrag der Frau Clara Muche aus Berlin über: Blutstockungen und ihre Folgen. Da der Naturheilverein das Entree für Gäste auf nur 20 Pfg. festgesetzt und das für den Vortrag gewählte Thema ein hochinteressantes ist, wird wohl mit Bestimmtheit auf ein vollbesetztes Haus zu rechnen sein. * — Die 108. Ziehungsliste der Königlichen Land rentenbank ist erschienen und hängt in unserer Expe dition zur Einsichtnahme aus. * — Der heutigen Nummer unseres Blattes liegt des Aushangfahrplan der Sächs. Staatbahnen für Winter 1890/91 bei. Derselbe tritt gleich seinen Vorgängern mit 1. Oktober in Kraft und hat gegen den jetzigen Fahrplan eine Erweiterung insofern er fahren, als in ihm nicht nur der Fahrplan für die in diesen Tagen zur Eröffnung gekommene Neubau- - !ll» ' I > > " Rose. Roman von I. von Werth. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Der Konsul fuhr fort: „Solch eine halberschlossene Knospe kann wohl ein Mannesherz in seinem Herbst be thören, daß es meint, all'sein vergangenes Leben, das so reich war an Stürmen und trüben Tagen, sei nur ein wüster Traum gewesen, und es erwache endlich im hellsten, wärmsten Frühlingssonnenschein. Was Wunder, wenn es dann auch wieder zu grünen und zu blühen beginnt — um erst, wenn der Reif als Vorbote des Winters in die erschlossenen Blüten fällt, zu sehen, wie grausam es sich getäuscht." Wieder herrschte eine Zeit lang tiefes Schweigen. Dann wandte er sich dem jungen Mädchen zu und bat: „Rose, hast Du kein Wort für mich ?" Sie saß noch immer auf der Bank, den Kopf gegen die Lehne geneigt. Der Mond beleuchtet hell ihr Gesicht, als sie jetzt die Augen mit schmerzvollem Blick erhob, während sie mit zuckenden Lippen flüsterte: „Johannes, Johannes, warum hast Du das gethan?" Ihre Stimme zitterte, als sie fort fuhr : „Ich war so glücklich, Dir dienen zu.dürfen. Ich konnte Dich täglich sehen, Deiner lieben Stimme lauschen und in Deine Augen schauen. Ich durfte Deine Kinder erziehen, sie Dir ähnlich zu machen versuchen. Wenn ich den Tag über mein Bestes gethan, dann war mir am Abend ein Händedruck von Dir so reicher Lohn. Ich war so glücklich, so ruhig-glücklich wie nie seit den Kindertagen — Und daran ließ ich mir genügen. Ich grübelte nicht, linie Großpostwitz-Obercunewalde Aufnahme gefunden hat, sondern auch der Fahrplan für die Linie Kamenz- Elstra ausgenommen worden ist, wie er sich mit der demnächst zu erwartenden Betriebseröffnung ge stalten wird. * — Rödlitz, 22. Sept. Am gestrigen Sonn tage, den 21. Sept., fand, vom schönsten Wetter be günstigt, die 9. Jahresfeier des Glauchauer Kreis vereins für innere Mission im hiesigen Orte statt. Diese Feier, bestehend in Festgottesdienst in der festlich geschmückten Kirche und in einer Nachversammlung im Saale des Winter'schen Gasthofes, war von Mit gliedern des Vereins und sonstigen Freunden der inneren Missisn aus nah und fern zahlreich besucht. Herr U. Quaas aus Niederwiera hatte die Festpredigt übernommen und führte in derselben auf Grund des Schriftwortes Luc. 22, 3l und 32 in zu Herzen sprechender Weise aus: „Stärke Deine Brüder." 1. Dein Heiland will es; 2. Deine Brüder bedürfen es und 3. Dein Glaube vermag es. Als Festmotette wurde vom hiesigen Gesangverein der 23. Psalm von Klein aufgeführt. Die durch Herrn Superindentent Weidauer mit Gesang und Gebet eingeleitete Nach versammlung sand unter dem Vorsitze des Herrn Amts hauptmann Merz statt. Der Vortrag des Geschäfts berichtes seitens des Herrn Amtshauptmann beleuchtete die Thätigkeit des Vereins im Jahre 1889 und zeigte, daß der Verein auch auf das verflossene Vereinsjahr als auf ein reich gesegnetes zurückblicken kann. Nach Vortrag und Richtigsprechung der Jahresrechnung wurden die Vorschläge des Direktoriums, die Jahres beiträge aus der Vereinskasse betr., einstimmig ange nommen und demnach 100 Mk. für den Landesverein für innere Mission, 50 Mk. für die Kolonie Schnecken grün, 300 Mk. für die Herberge zur Heimat ir Lichtenstein, 50 Mk. als einmalige Beihilfe für die Anstalt für Epileptische zu Kleinwachau und 100 Mk. für den Kolportage-Verband zu Hohenstein und Um gegend bewilligt. Die Kollekte in der Kirche im Be trage von 45 Mk. 58 Pf. soll dem Freistellenfonds des Martin-Lutherstifts, die der Nachversammlung im Betrage von 35 Mk. auf Antrag des Ortspfarrers, Herrn U. Keil, dem Bethlehemstifte im Hüttengrund worin mein Glück bestehe. Ich fragte nicht, ob ich desselben würdig sei. Ich nahm es einfach dankbar hin. So war es bis heute. —" „Da sah ich in das strahlende Antlitz einer jungen Braut, und da zuerst kam mir der Gedanke, daß es doch wohl noch ein anderes größeres Glück gäbe, als das meine war; und mein Herz wurde dabei so seltsam unruhig. Ich wollte aber diesen Gedanken nicht weiter verfolgen, ich wollte mir das „Wie" und „Warum" nicht beantworten. Deshalb ging ich hierher, um unter Gottes freiem Himmel meinen Frieden wicderzufinden. — Doch da kamst Du und zeigtest mir die ganze namenlose Tiefe meiner Lie^e zu Dir, und daß dies andere, größere Glück nur sei, Dir ganz, für immer anzuhören. — Und doch ist der bloße Gedanke daran schon ein Ver brechen." Johannes war vor ihr auf die Kniee gesunken, aber er streckte nicht mehr die Arme nach ihr aus, er berührte nicht einmal ihr weißes Kleid. Er schien es selbst nicht zu bemerken, als sie sich jetzt erhob. Er hatte beide Hände vor das Gesicht gelegt. So stand sie vor ihm, die schlanke weiße Gestalt vor dem hingesunkenen Mann, die großen Kinderaugen zum klaren Firmament erhoben, als suche sie dort oben einen Ausweg aus diesem Labyrinth. Sie beugte sich zu ihm nieder. Ihre kleine, kalte Hand strich zitternd über seine brennende Stirn und dann sprach sie zu ihm mit ihrer lieben, weichen Stimme, aus der all ihr tiefer Schmerz klang: „Johannes!" — so hatte noch Niemand seinen Namen genannt — „Johannes, Du hast mir für immer meinen Frieden geraubt, und doch möchte mein Herz zufließen. An Stelle des mit Ende September d. I. ausscheidenden Direktorialmitgliedes, Herrn Schulrat Gruhl in Glauchau, wurde Herr Oberpfarrer Seidel in Lichtenstein gewählt. Einer Motette von feiten des Gesangvereins (Pf. 126 von Pauli) folgte eine Ansprache des Herrn Archidiakonus Stöckel-Meerane über Herbergen zur Heimat und Verpflegungsstationen, in welcher sich der geschätzte Redner in warmen Worten über den Wert und die Einrichtungen rc. der genannten Anstalten und deren Zusammenhang mit dem Werke der inneren Mission verbreitete. Nach einem Dankesworte an die Versammlung seitens des Herrn Amtshauptmann und des Ortspfarrers, Herrn ?. Keil, wurde die Versammlung nach Verlesung des Protokolls mit Gesang und Gebet geschlossen. Möge dieses schöne Fest dazu beitragen, dem erhabenen Werke der inneren Mission immer mehr Freunde und Förderer zuzuführcn. — Aus der Zweiten Kammer des sächsischen Landtages scheiden 1891 folgende Abgeordnete aus: 1) Die Konservativen Bramsch, Däbritz, Eulitz, Hey mann, Knechtel, Or. Mehnert, Möbius, Müller, Richter, v. Seydewitz und Wetzlich; gestorben ist v. Carlowitz; ferner 2) die Nationalliberalen Ahnert, Crüwell, Bassenge, George, Mühlig; 3) die Fort schrittler Esche, Grahl, Kirbach, May, vr. Minkwitz, Uhle, Weigang und 4) die Sozialdemokraten Gcyer, Kaden und Stolle. Erledigt werden folgende Wahl kreise: Dresden! (Wetzlich) und Dresden VI (Kaden), Leipzig I (Bassenge), Chemnitz I (Esche), von städti schen Wahlkreisen der 2. (Bautzen, Kamenz rc.: Wei gang), der 11. (Grimma, Lausigk, Colditz rc.: Müller), der 12. (Pegau, Borna, Zwenkau rc.: Ahnert), der 15. (Glauchau rc.: Uhle), der 19. (Annaberg, Buchholz rc.: Crüwell), der 21. (Reichenbach, Kirchberg rc.: Georgi), der 23. (Plauen rc.: Kirbach) und der 24. (Oelsnitz, Adorf, Auerbach rc.: Grahl); —von ländlichen Wahl kreisen der 7. (Bischofswerda, Pulsnitz: vr. Mink witz), der 10. (Dresden: Bramsch), der 11. (Neustadt, Sebnitz rc.: May), der 16. (Tharandt, Döhlen: v. Seydewitz), der 18. (Meißen, Lommatzsch: v. Car lowitz), der 19. (Riesa, Großenhain: Richter), der 20. (Oschatz rc.: Eulitz), der 21. (Wurzen, Grimma: jubeln in der Gewißheit Deiner Liebe, wenn damit nicht verbunden wäre, daß ich nun nicht mehr für Dich leben darf. Nach dieser Stunde hätte ich nicht mehr die Kraft, Dir als eine Fremde gegenüber zu stehen, und deshalb müssen wir uns trennen." Sie richtete sich hoch auf und mit leuchtenden Augen fügte sie bei, während leichte Röte auf ihrem Antlitz kam und ging: „Johannes, ich muß gehen, weit, weit fort. Aber dort in der Ferne, wo kein Mensch Dich kennt, wo Niemand mir von Dir er zählt, wo auch ich für Dich tot bin, dort will ich an Dich denken, wie an mein süßestes Glück; dort will ich streben, Deiner würdig zu werden, wenn wir uns einst dort oben Wiedersehen. Die Liebe zu Dir, die ich im Herzen trage, sie ist so unergründlich tief, so heilig und fest, daß sie den Tod überwinden wird. Sie ist ein Hauch Gottes und wie Gott selber; ewig, ohne Ende." Sie beugte sich wieder nieder zu ihm und ihre Lippen streiften seine Stirn. Es war eine so leise Berührung, wie die eines fallenden Rosenblattes. Dennoch durchschauerte sie ihn bis ins innerste Herz. Er sprang auf, und im nächsten Augenblick ruhte sie, wie wenn ihre Kräfte erschöpft wären, an seiner Brust. Er wagte nicht, sie zu küssen, aber er sah mit unsäglich zärtlich schmerzlichem Blick auf sie nieder. Im nächsten Moment schon richtete sie sich wieder auf. „Leb' wohl," flüsterte sie noch einmal, dann eilte sie fort. Dort am Ende des Ganges sah er nur noch einmal ihr weißes Kleid herüber schimmern. Als auch der Konsul den Platz unter den Ulmen verlassen, löste sich eine dunkle Männerge-