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W-chtnUich eriibcinen drei 9iunnnertt. Prcinttttier.nionS - DreiS 22^ Sildergr. (1 Ldlr.) pitlisljädrl'ch. 3 Zdlr. sur qanze , vknc tZrköhung, ,n alte,» Lt",!en der preußischen Dtsn^rchic. agaziu für die Pränumtranonrn werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei B-ir u. Eomp., Zögerffraße Nr. 25), so wie von aUrn König!. Dost Aemlein, angenommen. ^itcratur d c s Auslandes. 4? 146. Berlin, Donnerstag den 5 Dezember 1844. Italien. Die Kunst-Ausstellung in Mailand. Die Kunst in Fraulreich, Teuiichland und Ilalir». — jkunffgeschmaS der Rcichcu. — Rctoko. — üancva und der Klosstzismu». — Barlolini und die Kabincis. Tkulplur. — Sangiorgio'» Kastor und Pollux. — GrkNdcnS Statue von Monti. — Havcz und die Geschichiemalerci. — Venejianischc Stoffe. — 8>guvr 8cllulti st! Ilorliuo. Die Uivi^l» b'uroyea bringt in ihren letzten Nummern mehrere Artikel über die diesjährige Mailänder Kunst-Ausstellung, aus welcher wir unseren Lesern das Wichtigste mitthcilen wollen zur Charakteristik des gegenwärtigen Zustandes der Kunst und der Kunstkritik in Italien. In einer vorauSgeschicktcn Betrachtung schildert der Berichterstatter, Herr Selvatico, den Abweg, auf welchen die Kunst in jüngster Zeit gerathen ist, indem er zugleich die Ursachen aussucht, welche sie auf denselben geführt haben. In Frankreich, sagt er, wo das öffentliche Leben so stark von der Politik be wegt wird, steht die Kunst im Dienste der Partei: liberal mit Delacroix und Delaroche, gefällt sie sich in den Verbrechen, den Leidenschaften und den malerischen Trachten des Mittelalters; aristokratisch mit Decaisne, Alex. Fraponard und Monvoistn, schmückt sie sich mit der königlichen Pracht der Bourbons und ihres üppigen HofeS; napoleonisch, hat sie ihre Vertreter an Steuben, an Abam unv an dem gewaltigen Henie Bernet'S, der Schlachten auf der Leinwand improviffrt, wie der Niese von St. Helena Siege und Königreiche improvistrte. Stets aber findet die französische Kunst eine klat schende Menge »»d eine mißbilligende; Werkt, die heute bis in den Himmel erhoben werden, fallen morgen in den Staub, um übermorgen wieder ans den Altar zu steigen, wenn die eine politische Meinung den Sieg über die andere davonträgt. Jp Deutschland, wo sich die Geister in den Labyrinthen philosophischer Spcculation verlieren oder mit geduldiger Gelehrsamkeit in die tiefsten Schachten historischer Studien hinabsteigen, verhüllt sich die Kunst entweder in allegorische Wolken oder wird, mit wenigen Ausnahmen, zur Nachahmerin einer ausgezeichneten Vergangenheit, an der man Alles bewun dert, selbst die Fehler. In Italien aber, besten zahlreiche und blühende Städte gleichsam Mikrokosmen sind, die ein rein munizipales Leden haben, dessen Bevölkerung nicht in Parteien gespalten ist, kann die Kunst nicht be- stimmte Zwecke verfolgen. Dazu kommt, daß aus den angegebenen Gründen die öffentlichen Denkmäler selten sind und die Kunst mithin kein anderes Ziel vor Augen hat, als die Befriedigung des oft eigensinnigen Willens der Reichen, da die Reichen allein sie bezahlen und aufmuntern können. Darum giebt es in der Kunst so viel Richtungen als wechselnde Launen im Kopfe des reichen ManneS, und darum bestrebt sich Niemand, ein Werk von nachhaltiger segensreicher Wirkung auf das Volk hervorzubringen. Bilder aus der heiligen wie aus der Profangeschichte und Portraits und Statuen scheinen heute nur deshalb gemacht zu werden, damit man schöne Stellungen und fleischige Muskeln, lüstern gegürtete Mädchen und bunt aufgetragene Farben bewundere. Aber die Sinne sind gar bald übersättigt und werfen dann den anfangs so viel bewunderten Gegenstand bei Seite. Das ist der Grund, weshalb der Mäcen vom Künstler heute diesen und morgen einen ganz verschiedenen Gegen- stand verlangt, der aber eben so neu und genial aufgesaßt und ausgefuhrt seyn soll. Was findet man denn in den wenigen Galerieen moderner Bilder, die in Italien vorhanden find? Da erblickt man an einer und derselben Wand ein Kapuzinerkloster neben Mars mit der nackten BenuS, den erdolchten Giuliano de Medici neben einem Schornsteinfeger, eine Madonna neben Cäsar Borgia, AlcibiadcS neben St. Franciscus; kurz, Heiliges und Profanes, Tugend und Laster, Uebermuth und Verzweiflung, Alles findet man beisammen, nur keine Mannigfaltigkeit von Ideen, welche auf einen zusammenhaltenden, gemeinsamen, klaren Grundgedanken zurückführten. Dies allein würde schon genügen, um zu beweisen, daß die Kunst in Italien kein hohes Ziel erreichen kann, da ihr kein anderes gesteckt ist, als der LuruS der großen Herren. Sie liefert fabrikmäßig die ysnüiE zu den englischen Spiegeln und den eingelegten Schränken und nennt sich mehr nur aus Ge wohnheit als aus Ueberzeugung noch Tochter des Gedankens und des Herzens. Aber ein gewisser Hang, die Wahrheit mit peinlicher Genauigkeit wieder- zugebeir> den man bei einigen Künstlern bemerkt, könnte doch wohl einen guten Erfolg haben, könnte durch die Form zur Joee oder von der materiellen Wahrheit zur Wahrheit des Gefühls und des Gedankens leiten? Allerdings ; wenn nur der Geschmack derjenigen, die gegenwärtig die Malerkunst regieren, d. h. der reichen Herren, welche die Bilder kaufen, nicht im Wege stände. ES giebt nämlich unter den Reichen freilich einige, die ihr Geld zu ihrer Ausbildung oder zu anderen nützlichen und wohlthätigcn Zwecken verwenden; eS giebt auch einige, die sich zur Höhe eines guten Kunstgeschmacks erheben; aber die meisten find nicht so „thöricht", ihre Zecchinen für dergleichen „arm seliges Zeug" wegzuwerfen, sie folgen vielmehr jener Schule, welche die Kunst der Kunst wegen treibt, und brauchen den Reichthum bloß, um den Neichthum sehen zu lassen. Darum putzen sie ihre Paläste mit dem größten Prunk auf, damit, wer über ihre Schwelle schreitet, von dem Lurus der Zimmer auf den Inhalt der Schatulle schließe. Dies gebieterische Bedürfniß des Reichen, der in seliger Unthätigkeit dahin lebt, weil er von Gedanken nicht geplagt wird, war im siebzehnten Jahrhundert die Hauptursache des BarockstplS; dasselbe aristokratische Bedürfniß hat in den letzten Jahren das Rokoko Hervorgernfen, das nur ein verjüngter, von den Todten auferwcckter Barockgeschmack ist. Wenn mau nun unter all' die Teufeleien, mit denen der Rokoko-Geschmack die Zimmer des Reichen auSputzt, ein rein gezeichnetes, harmonisch gefärbtes, einfach wahres Bild hängt, so fühlt man beim Anblick desselben eine gewisse Unruhe, welche beweist, daß cS nicht dorthin gehört. Spannt man eS gar in ein solches Ungethüm von Blättern und Ranken, welches man heutzutage einen Barock-Rahmen nennt, so erhält man einen prächligcn Eindruck: es nimmt sich aus wie eine Hymne von Manzoni in dem Munde eines betrunkenen Soldaten. Was folgt daraus? Will man, daß auch die Malerei unter diesen Alfanzereien prange, so muß man in Farbe und Zeichnung übertreiben, damit das Kunstwerk nicht hinter den anderen Möbeln zurückbleibe und als zu matt verworfen werde. Ist aber die Kunst einmal auf den Weg des JrrthumS gerathen, so ist kein Zügel stark genug, um sie zurückzuhalten: sie gleicht dann der Frau, welche die Gesetze der Scham übertreten hat. Was sonst Nebensache war, wird nun zur Hauptsache, und die Wahrheit nimmt Abschied. Vielleicht können die Kunst-Vereine, welche sich allmälig in allen Hauptstädten Italiens bilden, mit der Zeil diesem Uebel steuern, zumal wenn sie viele so tüchtige Mitglieder gewinnen, wie der in Turin und der neugegründete in Mailand. Die gegenwärtige Ausstellung im Palaste Brera giebt vorläufig nur geringe Hoffnung, denn unter so vielen Dutzenden von Bildern, mit denen man un- artige Kinder erschrecken könnte, unter so vielen Ansichten italiänischer Ge- genden, welche eine Satire auf den Garten Europa s find, heben sich nur wenig« Kunstwerke hervor, darunter aber freilich auch einige ersten Ranges. (Schluß folgt.) Frankreich. Die Kinder der arbeitenden Klassen in Paris. «Schluß.) Nach dieser sehr einleuchtenden Darlegung kehrt der Verfasser wieder zu dem Gesetze vom 22. März zurück, von welchem er behauptet, daß eS von zwei gleich unrichtigen Hypothesen ausgehe; eS setze nämlich voraus, daß ein Kind von zwölf Jahren eine Arbeit von zwölf Stunden täglich ertragen und daß ein Mensch von mehr als sechzehn Jahren jedes Schutzes entbehren könne. Beide Bestimmungen bedürften der Abänderung, wenn man von einer Re- form Nutzen erwarten wolle. Erst in dem Alter zwischen zwölf und vierzehn Jahren trete der Stimmwechsel und der Uebergang von der Kindheit zum Jünglingsalter ein, und bevor diese Epoche nicht da sey, sollte man die Arbeit der Kinder nicht über das von ihm vorgeschlagene Maß auSdehnen. Eben so macht er einige Erinnerungen in Bezug auf die in Frankreich gel- tenden Bestimmungen über den Unterricht, durch welche gerade die in den Fabriken beschäftigten Knaben und Mädchen verhindert würden, an dem Unter richt in den Abendschulen Theil zu nehmen, wo sie nur zu dem Alter von mindestens fünfzehn Jahren zugelassen werden, so daß ihnen kein Ausweg zur Belehrung bleibe, wenn sie nicht auch fernerhin an dem Unterricht in den so genannten A-B-C-Schulen Theil nehmen wollten. Nachdem Herr Faucher sowohl die Kommunal-Behörden als den Staat aufgefordert, neue und mit den Mußestunden der arbeitenden Klassen mehr in Uebereinstimmung stehende Schulen zu errichten, fährt er folgendermaßen fort: „Das Gesetz vom 22. März hat als Kontrole eine inspizirende Behörde ein gesetzt, die ihre Functionen gratis, aus freien Stücken und ziemlich unwirksam verrichtet; als Represfivbehörde hat eS die Friedensrichter bestellt, eine tn vielen Fällen inkompetente, in allen aber langsame und kostspielige Juris- diction. Erst dann aber wird die gewünschte Verbesserung möglich sepn, wenn man statt der unbesoldeten eine besoldete Inspektion und statt der Gerichtsbar.