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Erscheint wöchentlich drei Mal: Dinstags, Donnerstags und Sonnabends. Preis vierteljährlich 1 Mark, durch die Post bezogen i Mark 25 Pf. — Einzelne Nummern 8 Pf. — Jnsertionsgebühren pro kleingespaltene Zeile für Abonnenten 7 Pf., für Nichtabonnenten 10 Pf. Bei mehrmaliger Insertion entsprechender Rabatt. — Jnseraten-Annahme bis Abends 5 Uhr des vorhergehenden Tages. — Reclamsn im Redactionotheil pro Zeile 20 Pf. — Geeignete Beiträge sind stets willkommen. 39. Sonnabend, 28. September 1878. Die Commrmanlagen und die Ablösungsrenten auf den 3. diesjährigen Termin sind bis zum 5. October d. I. anher zu bezahlen. Stadtsteuer-Einnahme Waldenburg, am 26. September 1878. Bekanntmachung. Nach Beschluß des hiesigen Schulausschusses beginnt der Unterricht in der Bürgerschule und in den Fortbildungsclassen erst Donnerstag, den 3. October a. e., in der Bürgerschule früh 8 Uhr, in der Fortbildungsschule Abends 7 Uhr. Waldenburg, den 27. September 1878. Die Direktion der Bürger- u. Fortbildungsschule. Hanschmann. Jeldverpachtung. Im Rathskeller zu Waldenburg sollen Montag, den 7. Oktober 1878, Vormittags 9 Uhr, zwölf Parzellen Nr. 1 bis 12 des in Waldenburger Flur gelegenen, der „Forstacker" benannten Feldstücks an zusammen 8 Acker 191^4 s^Ruthen oder 4 Hectar 78,t Ar Flächengröße im Einzelnen resp. parzellenweise und meistbietend öffentlich verpachtet werden und zwar auf 10 Jahre, vom 1. Oktober 1878 bis dahin 1888, sowie unter den im Termine bekannt zu machenden Bedingungen und mit Vorbehalt der herrschaftlichen Genehmigung. Pachtliebhaber werden hierzu eingeladen. Fürstlich Schönburg'sche Rentverwaltung zu Waldenburg, den 26. September 1878. Dietrich. An unsere Leser. Für unsere Sonntagsbeilage „Der Erzähler" haben wir den Abdruck einer höchst spannenden Erzählung: Ke Gräfin von Görlitz, Sensationsprozeß aus den Achtundvierziger Jahren von Adolf Palm, käuflich erworben, worauf wir unsere verehrten Leser schon jetzt aufmerksam machen wollen. Politische Rmidscho«. * Waldenburg, 27. September 1878. Die Commission zur Vorberathung des Socialisteugesetzes debattirte am 24. d. zu vörderst über den 8 7, derselbe wurde in folgen der Fassung angenommen: Zuständig für das Verbot ist die Landespolizeibehörde, bei periodi schen im Inlands erscheinenden Druckschriften die Landespolizeibehörde des Bezirks, in welchem die Druckschrift erscheint. Nach 8 8 steht gegen das von der Landespolizeibehörde erlassene Verbot dem Verleger sowie dem Herausgeber der Druck schrift die Beschwerde an den Bundesrath offen. Da man sich über die Beschwerde-Instanz wieder um nicht einigen konnte, wurde die Berathung über 8 8 ausgesetzt. Ohne Debatte werden die 88 9 und 10 angenommen. 8 11 handelt vom polizeilichen Verbot vom Einsammeln von Bei trägen zur Förderung der ini 8 1 bezeichneten Bestrebungen ; der letzte Satz dieses Paragraphen wird dahin gefaßt: „Die Beschwerde folgt dem landesgesetzlichen Jnstanzenznge gegen Polizei verfügungen entsprechender Art. Hierauf werden die 88 12, 14 und 15 mit unwesentlicher Ab änderung angenommen. In der Sitzung vom 25. d. kam es zu längerer Debatte über 8 16, der schließlich wie folgt angenommen wurde: „Gegen Personen, welche sich die Agitation für die in 8 1 bezeichneten Bestrebungen zum Ge schäfte machen, kann im Falle einer Verurteilung wegen Zuwiderhandlungen gegen die 88 12—15 dieses Gesetzes neben der verwirkten Freiheits strafe auf die Zulässigkeit der Einschränkung ihres Aufenthaltes außerhalb ihres Wohnortes erkannt werden. Auf Grund dieses Erkenntnissss kann dem Verurteilten der Aufenthalt in bestimmten Bezirken oder Orten durch die Landespolizeibe hörde versagt werden. Wenn sie Ausländer sind, können sie von der Landespolizeibehörde aus dem Bundesgebiet ansgewiesen werden. Gegen solche Anordnung findet Beschwerde nur an die Auf sichtsbehörde statt." Der Rest des Paragraphen verfügt, daß Gastwirthen, welche trotz ergangener polizeilicher Verwarnung die socialistische Agita tion in ihren Localen dulden oder socialistische Druck schriften auslegen, die Concession entzogen werden kann. 8 17 wurde so gefaßt: „Das Verfahren wegen der Concessionsentziehung erfolgt nach den handelsgesetzlichen Bestimmungen für die in der Gewerbeordnung vorgesehenen Concessionsent- ziehungen." 8 10 enthält Strafbestimmungen und wird ohne Anstand angenommen. — In der Sitzung vom 26. wurde der 8 20, der vom Belagerungszustand handelt, mit mehreren Amen dements, und der 822 mit dem Anträge Schauß, daß das Gesetz nur bis 31. März 1881 Giltig keit habe, angenommen. Ueber die Beschwerde- Instanz wird am 27. September berathen werden. Der Kaiser und die Kaiserin haben am 24. d. Nachmittags 3^2 Uhr Wilhelmshöhe wie der verlassen und wurden in Guntershausen von den Hurrahs der von dem Manöver heimkehren den Regimenter begrüßt. Die Weiterreise nach Coblenz gestaltete sich zu einem förmlichen Triumphzuge. In Treysa, Marburg, Gießen und an allen Stationen der Lahnbahn, besonders aber in Ems und Lahnstein hatten sich nach Tausenden zählende Volksmassen angesammelt, die Schulen, Turner, Feuerwehren, Schützen, Kriegervereine hatten sich ausgestellt. In Cob lenz machten die kaiserlichen Majestäten am 25. Mittags eine Spazierfahrt und reisten am 26. Vormittags 10 Uhr weiter nach Köln, in Bonn einen kurzen Aufenthalt nehmend. Fürst Bismarck hat sich infolge feiner Krank heit, die in einem Neffelausschlag bestand, nach Varzin begeben, gedenkt aber Anfang nächster Woche wieder nach Berlin zurückzukehren. Bezüglich des Kirchenstreits im deutschen Reich hat sich der Pupst in einem Schreiben an den Cardinalstaatssecretär Nina folgendermaßen ausgesprochen: Er habe sich an den erhabenen Kaiser der deutschen Nation gewendet, die wegen der schwierigen Lage der Katholiken ganz beson ders die Fürsorge des heiligen Stuhles erheische. Dieser einzig in dem Wunsche unternommene Schritt, Deutschland wieder den religiösen Frieden zu geben, habe günstige Aufnahme feiten des Kaisers gefunden und das erfreuliche Ergebniß gehabt, daß freundschaftliche Unterhandlungen ein geleitet worden seien, bei welchen es nicht seine (des Papstes) Absicht gewesen sei, einen Waffen stillstand zu erzielen, sondern einen wahren und dauerhaften Frieden zu erlangen. Die Wichtig keit dieses Zieles, von der hohen Weisheit Der jenigen, welche die Geschicke des deutschen Reiches in ihren Händen halten, richtig erwogen, werde dieselben, wie der Papst vertraue, dahin führen, ihm die Freundeshand zu reichen, um das Ziel zu erlangen. Die Kirche würde ohne Zweifel glücklich sein, den Frieden in Deutschland wieder hergestellt zu sehen; aber auch das Reich würde glücklich sein, welches, nachdem die Gemüther be ruhigt wären, in den Söhnen der katholischen Kirche, wie ehedem, seine treuesten Unterthanen finden würde. — An dem Papst liegt es dem nach nicht, wenn der kirchliche Frieden nicht zu Stande kommt, auch nicht an der Regierung des deutschen Reichs, sondern an der jesuitischen Par tei im Vatican und ihrem Anhänge im deutschen Clerus und der Centrumsfraction. In Stettin ist bei der am 24. d. stattgefun denen engeren Reichstagswahl der Stadtrath Schlutow (wahrscheinlich freiconservativ) mit 5915 gegen Dr. Kapp (nat.-lib.), der 4542 Stimmen erhielt, gewählt worden. Man hielt die Wahl Kapps für sicher. Das Berliner Hauptorgan der Socialdemo kratie versichert höhnisch, von den socialistischen Schriften Lassalle's, deren Massenverkauf es betreibt, seien zwei, der „Bastiat-Schulze" und das „Arbeiter-Programm", bereits vergriffen und zwar lediglich in Folge der Reclame, die Fürst Bismarck im Reichstage für Lassalle gemacht. Die Landtagswahlmännerwahlen in Greiz haben am 23. September stattgefunden; die Betheiligung war stärker als früher, indem die größere Hälfte der Wahlberechtigten, von 2100 Wählern 1108, stimmten. Die Candida ten des conservativen Bürger-Comito siegten mit großer Majorität. Die czechischen Abgeordneten, 83 Mann hoch, sind nach einer zehnjährigen passiven Opposition in den böhmischen Landtag eingetreten. In folge dieses Eintritts ist die Reconstruction des österreichischen Cabinets plötzlich in's Stocken ge- rathen. Ueber die Besetzung Bosniens äußert das „Wiener Fremdenblatt" die Ansicht, daß die Be setzung aller militärisch wichtigen Punkte des Occupationsgebietes in 8 bis 10 Tagen durchge führt sein wird, und betont alsdann, daß es den berufenen Factoren sehr ferne liege, auf halbem Wege stehen zu bleiben oder gar das begonnene Werk rückgängig zu machen. Die bisherigen Opfer seien größer und schwerer, als dies in den Tagen des Berliner Congresses erwartet werden konnte. Der Regierung erwachse daher die Pflicht, die Herstellung des Friedens in einer Weise durchzuführen, daß sie unserer Monarchie zu dauerndem Segen gereiche. Dazu seien Aus-