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76ste» Stück, den 29. September 1808. Ueber einige Gebräuche derIndicr. §8ähren- die Völker des Abendlandes mit der Zeit fortgingen und sich bei jedem Schritte veränderten, blieben die Bewohner Asiens unverändert dieselben; sie haben Geist, Srt, ten und Gebräuche aus dem Alterchume mit hinüber genommen. Die fast religiöse An hänglichkeit des Morgenländers an alte Sit ten mag viel dazu beigetragen haben, sie bet den Gebräuchen und Gewohnheiten ihrer Väter zu bewahren. Sie kennen die Mode nicht, sie fühlen nicht das Bedürfnis, ihre Kleidungen und ihre Gebräuche unaufhörlich zu verändern. Ein Perser, ein Hindu ist gekleidet, wie sein Urgroßvater, und käme ein Brachmine aus der alten Zeit zurück, er würde mit Freude sehen, daß er kein Fremd ling in seinem Lande wäre. Die Caste *) der Drahminen ist sehr geehrt in Indien. Ihre Unverletzbarkeit ist ein Neligionsgrundsatz, und wahrscheinlich derjenige, worauf sie am meisten halten. Man begeht ein unaustilgbares Verbrechen, wenn mau, durch Gewaltthatigkeit oder auf andre Weise, den Tod eines Brahminen verursacht. Sie wissen auch die Furcht, die sen Vorwurf auf sich zu laden, mit Erfolg zu benutzen, um zu erringen, was sie auf andre Art nicht gewinnen können. Hat man einen Brahminen beleidigt, oder ihm ver weigert, was ihm gebühret, so drohet er, sich das Leben zu nehmen, wofern man ihm nicht Gerechtigkeit gewähre; aber er gibt Zeit zum Ueberlegen und ölokirt gleichsam seinen Gegner, um ihn zum Kapitulirm zu zwingen. Diese Versahrungsart, wovon man zu Benares noch immer Beispiele sieht, *) Bekanntlich sind die Hindus — wie vorzeiten die Aegnptcr — in gewisse Klassen — Casten genannt — eingctheilt. Menu, der indische Gesetzgeber, nennt die Brabminen die rechtmäßi gen Herren der Schöpfung. Sie haben große Vorzüge, und in geistlichen Dingen ist ihre Ge walt noch jetzt granzenlos. Dagegen sind die Pricsterbrabminen (denn die Brahminen, die sich bürgerlichen Geschäften untersiebn, genießen jene Vorzüge bei weitem nicht in dem Um fange) von allen Laienamtem ausgeschlossen, zu der größten Demuth und Mäßigung, zur Wohl.- thätigkeit und zu steten ReliaionSübungen verpflichtet. Tlff