Volltext Seite (XML)
Wkeritz-Mung Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend 74. Jahrgang. Donnerstag, den 27. Februar 1808. Nr. 23. Amtsblatt fik die Königliche Umtshauptmannschafi, das Königliche Amtsgericht und den Stadtmt zu Dippoldiswalde. Mtt achtseitigem „Illustrierten Anterhaltungsblatt-. Mit land« und hauswirtschaftlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle ,md an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehne. - Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dir .wrißeritz.Ztitnn-' «scheint wöchentlich drei- mal: Dienstag, Donners- tag und Sonnabend und wird anden vorhergehen- »enAbenden ausgegeben. PrelsvIerteljübrlichlM. Sb Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, elnmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummem 10 Pfg. — Alle Postan- galten, Postboten, sowie misereAustrSger nehmen Bestellungen an. Inserate werden mtt IS Psg., solche au» unser« Amtshauptmannschast mit 12 Pfg. die Spalizefl« oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen aus der ersten Sette (nur von Behörden) die zwei- gespaltene Zeile 35 bez. 30 Pfg. - Tabellarische und komplizierte Inserate mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, dle Spaltenzeile 30 Psg. Nach Mitteilung des Königlichen Landstallamts zu Moritzburg sinden die dies jährigen Stutenmusterungen und Fohlenschauen für die Zuchtgebiete Copitz am 7. Msi, vormittags 9 Uhr, mit Stutenprämiierung, Kesfelsdorf mm IS. M»i, vormittags 1/29 Uhr, mit Stutenpramiierung und Dippoldiswalde am IS. Mai, vormittags 9 Ahr, mit Fohlenprämiierung in den genannten Ortschaften statt. Die Herren Bürgermeister und Gemeindevorstände des amtshauptmannschastlichen Bezirkes werden veranlatzt, hierüber nicht nur in ortsüblicher Weise Bekanntmachung zu erlassen, sondern auch die Besitzer von Pferden auf fragliche Musterungen noch besonders aufmerksam zu machen. Hierbei wird wiederholt darauf hingewiesen, dah für alle im Zuchtregister nicht eingetragenen Stuten ein um drei Mark erhöhtes Deckgeld zu zahlen ist und ebenso für eingetragene Zuchlstuten, sobald ihre nachzuweisenden Produkle im ersten oder zweiten Jahre bei den Fohlenschauen nicht vorgestellt werden. Diejenigen Züchter also, deren Stuten nicht im Zuchtregister ausgenommen sind, die sich aber fernerweit das bisherig« niedrigere Deckgeld von sechs Mark sichern wollen, müssen ihre Stuten bei der nächsten Stutenmusterung zur Eintragung ins Zuchtregister vorstellen und ihre Produkte seinerzeit im ersten oder zweiten Jahre zur Fohlenlchau bringen. Eine Anmeldung der Fohlen resp. Stuten zur Schau hat nur stattzusinden, wenn sür die in Frage kommenden Tiere Prämiierungen angesagt sind und sie hierbei in Konkurrenz treten sollen. In diesem Falle mutz die Anmeldung auf einem bei jeder Beschälstation zu entnehmenden Formulare bis zum l. April dieses Jahres an da« Königliche Landstallamt Moritzburg erfolgen 446 0 König!. Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, am l 8. Februar l SOS. Die dauernden Ursachen der Kriegsgefahr im Orient. Wenn unten aus der Balkanhalbinsel die Gegensätze der politischen Interessen oder der Religion und Rasse auf- «inandersloßen, so wird als Anlatz dazu immer die Neben buhlerschaft der Großmächte oder der Fanatismus der Völkerschaften des Orientes angegeben. Im Grunde ge nommen liegen die Ursachen sür die dauernde Kriegs gefahr im Orient ober nicht in den geschilderten Gegen sätzen und Leidenschaften und auch neuerdings nicht in den österreichischen Lisenbahnplänen auf der westlichen Balkanhalbinsel, die Haupturjache für die politischen Un ruhen und die Kriegsgefahr im Orient bildet immer nur die Türkei und deren zukünftige Schicksale. Zwar ist die Türkei nicht kriegslustig mehr, da sie in den letzten Kriegen ihre Kräfte so ziemlich erschöpft hat, und schließlich fast immer besiegt, wurde, aber die Türkei erweckt aus ganz anderen Gründen die Krieg-gesahr. Die kleinen christ lichen Balkanstaaten wie Serbien, Bulgarien, Montenegro und Griechenland erkennen alle die Erislenzberechtiguno der Türkei nicht mehr an, sie sehen in der Türkei den Eroberer und frechen Eindringling, der ihnen Land und Leute entrissen hat und d.e halb aus Europa wieder heraus muß, und an dieser politischen Losung halten diese Valtan- staaten alle fest und gibt es sür sie keine Versöhnung mit den Türken. Die Großmächle selbst haben nun eine doppelte Politik versolgt, sie haben in der schwierigen Lage die Befreiung der kleinen Valkanvölker vom türkischen Joche begünstig!, aber aus politischer Nebenbuhlerschaft der Türkei noch eine gewisse Existenzberechtigung zuerkannt. Das war der Türkei gegenüber auch seitens der Groß mächte eine schwierig: Ausgabe, denn die Tüikei ist als Staat so elend rückständig und erbärmlich, daß er die internationale Rechtsgrundlage, auf der alle Kulturvölker sonst stehen, eigentlich nie ojsen und ehrlich, sondern nur erzwungen anerkannt hat, auch bei jeder Gelegenheit diese Rechtsgrundlage und die internationalen Verträge durch Verschleppungen nicht erfüllen will. Solchen Zuständen gegenüber muß man auch sagen, daß es das beste wäre, daß das tückische Staatswesen aus Europa hinweggefegt würde, ja auf der ganzen Welt überhaupt nicht mehr ge duldet würde, denn die Türkei ist und bleibt ein schweres Hindernis und ein doppelter Krebsschaden sür die Aus- breitung der Kultur im Orient. Die Frage und der Zankapfel besteht dabei aber immer darin, was an Stelle des türkischen Staatswesens gesetzt werden soll und wer den äußerst wertvollen Besitz Konstantinopels in die Hände bekommen soll. Da alle beteiligten Mächte eine kriegerische Entscheidung über diese Frage scheuen, so dürfte eine all- mähl che Auslösung der Türkei durch den Prozeß der politischen Emanzipation der christlichen Völker im Orient und die Ausbreitung der wirtschaftlichen Interessen aller interessierten Mächte das Schicksal der Türkei sein. Im Grunde genommen hat ja dieser Prozeß schon seit fast hundert Jahren begonnen und hat schon dazu geführt, daß vom türkischen Reiche Rumänien, Serbien, Montenegro, Griechenland und Bulgarien losgetrennt und selbständig gemacht worden sind. Würde nun ein großer Ausstand noch dazu führen, Oslrumelien und Thessalien selbständig zu machen, so wäre der Sultan in Europa nur noch der Statthalter von Konstantinopel, und die Liquidation der Türkei wäre bis auf eine letzte Frage in Europa so ziem lich vollständig. Auf dieses Ziel steuern dle unversöhn lichen Unruhen und Ausstände auf der Balkanhalbinsel auch immer wieder hin, und sie werden nur noch ver schärft, durch den Gegensatz zwischen den Griechen und Bulgaren. Lokales und Sächsisches. * Dippoldiswalde. Am Sonnabend hielt der hiesige Fechtverein seine Jahresversammlung ab, die erfreu licherweise recht gut besucht war. Noch einem begeistert ausgebrachten Hoch auf den hohen Schutzherrn, S. M den König, kam der Jahres- und Kasienbericht zur Verlesung. Verausgabt wurden im verflossenen Jahre hauptsächlich zu Unterstützungen 252 Mark. Das Verbandsoermögen beträgt zurzeit 418 Mark. Wiedergewählt wurden als stellv. Vorsitzender Herr H. Schubert, als Kassierer Herr K. Straßberger. Da der bisherige Schriftführer, Herr Jungnückel, sein Amt wegen Ueberlastung mit Vereins arbeiten niederlegte, wurde an seine Stelle Herr A. W-iß- bach und als dessen Stellvertreter Herr H. Teicher ge wählt. Außerdem gehören nach der letzten Wahl zu dem Vorstand die Herren Pastor Sieber, Herm. Straßberger, Karl Langer, Herm. Voigt und Obermüller Scheinpflug. Zur größten Freude der Anwesenden und gewiß aller Fechtgenossen konnte der Vorsitzende, Herr A. Reichel, mit teilen, daß der Landesverband genehmigt habe, die Herren H. Schubert und K. Straßberger, die sich seit Jahren um den Verein sehr verdient gemacht haben, zu Ehrenober fechtmeistern zu ernennen. Unter herzlicher Ansprache überreichte er denselben das Ehrendiplom unter Glas und Rahmen nebst dem tragbaren Abzeichen. Außerdem wurde Herr Voigt zum Fechtmeister ernannt. Die mit genannten Auszeichnungen Bedachten dankten mit dem Versprechen weiterer tatkräftiger Förderung der Vereinssache. Welch rühriger Verwaltung sich der Verein gegenwärtig erfreut, zeigt sich darin, daß die Mitgliederliste 50 neue An meldungen aufweist. Im Interesse der Wohltätigkeit ist dieser Aufschwung freudig zu begrüßen. — In der am Dienstag staNgefundenen Monatsoer sammlung des Stenogrophenvereins gab u. a. der Vorsitzende bekannt, daß von selten der Frau verw. Ober amtsrichter Geuder und deren Sohne der im vergangenen Herbste vom Verein begründeten „Oberamtsrichter-Geuder- Stiftung" 300 Mark in bar überwiesen worden sind. Mit lebhaftem Danke wurde Kenntnis von dieser hoch herzigen Schenkung genommen. An Stelle des durch seine Versetzung von hier scheidenden Herrn Vieweg wurde Herr Breitfeld zum Schriftführer gewählt. — Mittlere Niederschlagsmengen (mm oder l auf den qm) und deren Abweichungen von den Normalwerten in den uns benachbarten Flußgebieten, 2. Dekade, Febr. 1908: vereinigte Weißeritz: beob. 16, norm. II, Abwchg. -s-5; wilde Weißeritz: beob. 43, norm. 16, Abwchg -s-27; rote Weißeritz: beob. 36, norm. 16, Abwchg. -s-20; Müglitz: beob. 29, norm. 15, Abwchg. -s-14. — Alle Turmuhren, deren Zeigerwerk sich im Freien, nicht unter dem Schutze einer Glasscheibe bewegt, bieten dem Winde Angriffsflächen. Daher erklärt sich auch die Schwierigkeit, den Zeigerstand mehrerer Turmuhren stets gleich zu hallen. — Bei der Beschwerde- und Petitionsdeputation der Zwesten Kammer ist u a. neuerdings eine Petition des Stadtgemeinderats zu Rabenau und Genossen elngegangen, die Errichtung eines Lehrerseminars in Rabenau betreffend Dippoldiswalde. (Landw. Bezirksversammlung) In der Bezirksversammlung, welche der landwirischascbche Kreisocrein hier in der „Reichskrone", Sonnabend, den 7. März 1908 veranstaltet, wird der Kreisoereinsvorsitzende Landtagsabgeordneter Geh. Oekcnomierat Andrä-Brauns dorf, einen Vortrag über die wichtigsten Tazesfragen aus dem Gebiete der Landwirtschaft halten und hierbei land- wirtschafstiches Unterrichtswesen, die landwirtschaftliche Arbeiterfrage, den Arbeitsnachweis, das neue »ürgesetz, Erfahrungen mit dem Weidebetrieb mit Rindvieh und Schweinen, Pferdezucht, Haftpflichtversicherung u. a. be sprechen. Ein ähnlicher, den lokalen Verhältnissen und Wünschen angepaßter Vortrag, fand in der kürzlich in Freiberg abgehaltenen Bezirksversammlung größte Auf merksamkeit und dankbarste Aufnahme. — Zu berichtigen ist, daß die Versammlung hier nicht, wie aus den Ein ladungen irrlümlich gedruckt, um 2 Uhr 30 Min, sondern um 3 Uhr 30 Min. (halb vier Uhr) nachmittags statt« sinden wird. i Dresden. Die 23 er Deputation der Zweiten StSnde- kammer zur Weiterberatung des Entwurfes über ein neuer Wahlrecht für das Königreich Sachsen wird in Zukunft ihre Sitzungen in noch kürzeren Zwischenräumen und größerem Umfange als bisher abhalten, obschon bisher eine fünf- bis achtstündige Sitzungsdauer keine Seltenheit waren. Ueber jede Sitzung der Sonderdeputation wird vom Berichterstatter vr. Kühlmorgen ein Referat ausge arbeitet und vervielfältigt. Diese Berichte werden ebenso vertraulich behandelt, wie die Beratungen selbst. Di« Meinungen über die strenge Geheimhaltung der Beschlüsse der Kommission gehen auseinander; sicher ist aber, datz eine informatorische Mitteilung über den Sachstand in öffentlicher Kammersitzung klärend und beruhigend wirken würde, während bei dem gegenwärtigen Verfahren den weitgehendsten Vermutungen Tür und Tor geöffnet sind. Außerdem läßt sich in einer Sache, die so wrchtg für unser Land ist und der man mit so weitauseinandergehenden Interessen gegenübersteht, auf lange Zeit die Diskretion nicht durchhalten. Es wird trotz des Schweigegebots doch dieses und jenes bekannt. Endgültige Klarheit wird man über den Erfolg der Deputationsbcratungen, deren jeder Staatsminister vr. Graf von Hohenthal und Bergen, Geh. Nat Heink und ein weiterer Regierungskommissar bei wohnt, voraussichtlich gegen Ende März durch den Druck bericht erhalten. Bald darnach werden dann die Würfe! über das Wahlrechtsproblem in der Zweiten Kammer fallen. Die von verschiedenen Seiten der Deputation über gebenen Wahlrcchtsvorschläge werden nicht getrennt be handelt, sondern an geeigneter Stele in Verbindung mit dem R-gicrungsentwurfe. Dem Vernehmen nach hat die Regierung bezüglich der in Vorschlag gebrachten Wahlen eines Teiles der Zweiten Kammer durch die Kommunal- verbändc und Großstädte eine Niederlage erlitten, was nach der Vorberatung des Gesetzentwurfes in der Zweiten Kammer kaum anders zu erwarten war. Ueber die Frage der Beibehaltung oder der von der Regierung vorge schlagenen Abschaffung der Teilung des Landes in städtische und ländliche Wahlkreise ist die endgültige Entscheidung noch nicht gefallen. Was den Grundzug des künftigen Wahlrechtes anlangt, so wird die Kammer den politischen Parteien in vollem Umfange offen bleiben und zwar durch Wahlen mittels eines gemäßigten Pluralwahlsystem» unter Einfügung des Verhältniswahlsystems. Bezüglich weiterer Einzelheiten empfiehlt sich eine abwartende Hal tung bis zu dem Zeitpunkte, zu dem die 23er Deputation sich entschließt, den Schleier von dem werdenden Werke zu lüften. Dresden. In der Zweiten Kammer fand am Dienstag die allgemeine Vorberatung über das Königl- Dekret Nr. 38, mehrere Eisenbahnangelegenheilen betr., tast. In der zunächst zum Eingänge des Dekrets er- rsfnetcn Debatte bedauerte Abg. Rentsch, daß das vor- iegende Dekret so wenig enthalte, was an Eisenbahnen n der kommenden Finanzperiode gebaut werden solle. Während sonst das ganze Land gleichmäßig bedacht worden ei, sei diesmal der östliche Teil Sachsens ganz unberück» ichtigt geblieben, obwohl im letzten Landtage Petitionen von dort der Regierung zur Erwägung überwiesen worden