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1735, Jin Antonin Benda studier! hatte. Er absolvierte das Gymnasium nach fünf Jahren erfolgreichen Studiums. Zunächst ernährte er sich kümmerlich als Organist der Kirche zum hl. Kastallus und vermutlich auch an der St.-Niklas-Kirche in Prag. Seit 1759 war er Kapellmeister am St.-Veits-Dom in Prag auf dem Hradschin und offenbar auch Organist und Kapellmeister im Kloster St. Georg auf der Prager Burg. Brixi hat sein Heimatland niemals verlassen und nie im Ausland studiert. Er wuchs aus der heimatlichen Musiktradition hervor und ent wickelte sich unter dem Einfluß der tschechischen Volksmusik. Er schuf mühelos, und seine jäh aufsteigende Entwicklung als Komponist wurde durch seinen vor zeitigen Tod im Jahre 1771 gewaltsam unterbrochen. Brixis Lebenswerk ist überaus reich und zeugt von einem unermeßlichen Fleiß, von einer hervorragenden Begabung und einzigartigen, geradezu mozarthaften Fruchtbarkeit. Sein Werk umfaßt über 440 Kompositionen, beinahe durchweg Kirchenmusik, vor allem etwa 105 Messen, 263 Offertorien, 26 Litaneien, 24 Vespern, 5 Requiems und eine Unzahl kleinerer Kompositionen. Zu den wegen ihrer tschechischen, volksweisenartigen Elemente besonders anziehenden Werken gehören seine Weihnachtspastorellen und die originelle Pastoralmesse in D- Dur. In den Jahren 1758 bis 1763 entstand Brixis sogenannte Wassermusik (Mu- sica navalis) für die Prozessionen auf der Moldau. Er schrieb auch Oratorien und Kantaten sowie dramatische Kloster- und Schulspiele. Brixi, der von Smetanas Lehrer Josef Proksch der tschechische Händel genannt wurde, hat durch sein Werk dem tschechischen musikalischen Klassizismus den Boden bereitet, und deshalb nimmt es in der Geschichte der tschechischen Musik einen für deren Entwicklung wichtigen Platz ein. Mit Recht wird er als Vorläufer Mozarts bezeichnet; denn man stößt in der Singweise seines melo dischen Denkens auf die markanten Merkmale des um 24 Jahre jüngeren Mozart. Seine Instrumentolwerke, vor allem die Orgel- und Cembaiokonzerte, haben schon einen Mozartschen Charakter. Brixi hat unter dem Einfluß der tschechi schen Volksmusik, vor allem der volkstümlichen Lied- und Tanzelemente, mit denen seine Tonsprache durchwirkt ist, in der tschechischen Musik eine voll kommen neue Art des musikalischen Denkens geschaffen. Er wirkte umso bahn brechender, als seine Kompositionen bald in die breitesten Volksmassen vor drangen. So ist es auch zu erklären, warum Mozarts Kunst in Böhmen so un mittelbar und begeistert als ein dem Fühlen des tschechischen Volkes so nahe stehender, allgemein verbreiteter und — im wahren Sinne des Wortes - aus dem musikalischen Vorstellungsvermögen des Volkes sprießender Stil begrüßt wurde. Von den Orgelkonzerten Brixis haben sich fünf erhalten. Der Zeitpunkt ihrer Entstehung ist nicht näher zu bestimmen, was angesichts des kurzen Lebens, das dem Komponisten beschieden war, nicht so von Belang ist, da sein Schaffen ohnehin kaum ausgeprägte Entwicklunqsetappen durchlief. Der festliche Cha rakter des Konzertes für Orgel und Orchester D-Dur kommt schon in der Besetzung des Orchesterpartes zum Ausdruck, der zwei Oboen, zwei Trompeten, Pauken und Streicher vorsieht. Gegenüber dem F-Dur-Konzert ist es virtuoser angelegt. Liedelemente haben jedoch auch seine lebensvolle Melodik geprägt, besonders wohl im innigen Mittelsatz (Andante), in dem das (hier auf Trompeten und Pauken verzichtende) Orchester und die Orgel auf anmutvolle Weise miteinander korrespondieren. Das strahlend-festliche Hauptthema des Ercffnungssatzes (Allegro moderato) wird zunächst in einer Orchestereinleitung vorgestellt, ehe es das Soloinstrument virtuos ausschmückend aufgreift und in einem spannungsvollen Dialog mit dem Orchester zu schöner Entfaltung bringt. Der dritte Satz (Allegro molto) greift den freudig-kraftvollen Ton des ersten Satzes auf und steigert ihn aufs prächtigste zu einem zündenden Ausklang. Johann Sebastian Bachs vier Orchestersuiten, von denen die beiden ersten vermutlich noch der Zeit entstammen, in der er als fürstlicher Kapellmeister in Köthen wirkte, während die zwei anderen in Leipzig geschrieben wurden, stellen Musterbeispiele der Suitengattung dar und werden durch die besonderen Kenn zeichen seines Stiles, durch die selbst in den Tanzsätzen spürbare kontrapunktische Arbeit und den Reichtum der Erfindung weit über den Charakter der Gebrauchs musik herausgehoben, als die sie ihr Komponist und seine Zeit wahrscheinlich nur empfanden. Der erste Satz (Ouvertüre) der dreichörigen Suite Nr. 3 in D-Dur für zwei Oboen, drei Trompeten, Pauken, Streich quintett und Continuo beginnt mit einem feierlichen Grave-Einleitungs teil im punktierten Rhythmus, dem sich ein ausgedehntes Fugato anschließt. Trom peten und Pauken setzen helle Glanzlichter. Der zweite Satz ist der berühmteste: ein Air, was Lied, Gesang, Arie bedeutet. Die unerhört ausdrucksvolle, ergreifende und zugleich trostvolle Melodie der Violinen dieses vom Streichquartett auszu führenden Satzes gehört zu Bachs gefühlsreichsten Einfällen (kein Wunder, daß sie in einer romantisch-gefühlvollen Bearbeitung verfälscht wurde). In den an schließenden beiden Gavotten wirken die Trompeten mit tonangebend. Nach einer Bourree folgt eine längere Gigue, in der ebenfalls der Trompetenchor register- haft eingesetzt ist. Der ursprünglich für das heutige Konzert verpflichtete Solist, Prof. Dr. Jiri Rein berger aus Prag, mußte infolge plötzlicher Erkrankung bedauerlicherweise ab sagen. Dankenswerterweise konnte die aus Vilnius stammende Organistin Giedre Luksaite-Mrazkovä (CSSR) das Programm kurzfristig übernehmen. Foto und Biographie der Künstlerin lagen bei Redoktionsschluß des Programmheftes leider noch nicht vor. (•Nllnarnoonio Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Spielzeit 1976/77 - Chefdirigent: Günther Herbig Redaktion: Dr. habil. Dieter Hartwig Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna - 111-25-12 2,85 T. ItG 009-74-76 EVP 0,25 M 4. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1976/77