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FreiSergerAitzej^ und Tageblatt Amtsblatt sür die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. Inserate werden bi» Bonnittag 11 Uhr angcnom- men und betrügt der Prei» sür die gespaltene Zeile 8 H F»rD I oder deren Raum 15 Pjg. - - — — , Jahrgang. ' " " ———- 5. ! Donnerstag, den 8. Januar. ss zweimonatlich 1M. 50 Pf. und einmonatlich 75 Ps. s! Erledigt hat sich die auf den «. Januar d. IS. beim «rundstück Cat. Nr. 17 zu «ulda anberaumte Auktion. Brand, am 7. Januar 1891. Der Gerichtsvollzieher beim «Snigl. Amtsgericht das. 81It»vr»»»i»», Wachtmeister. Die Sparkaffe zu Lichtenberg hat den Zinsfuß für Spareinlagen ab 1. Januar 1881 von 31« auf 31-1« erhöht und expedirt DienStagS und Donnerstags von Nachmittags L biß 8 Utze im Hause des unterzeichneten Gemeindevorstandes. Der Gemetnderath zu Lichtenberg. OrLaael, Gemeindevorstand. Zu den französischen Senatswahlen. mit der Republik Frieden zu schließen. Es wäre unge ¬ recht, wollte man diesem Theile der Monarchisten den Vorwurf machen, daß er das sinkende Schiff der monarchischen Idee wie die Ratten im egoistischen Triebe der Selbsterhaltung verlasse. Die Sache liegt anders. Die französischen Monarchisten sind in erster Linie auch die Vertreter des konservativen Prinzips. Sie verzweifeln daran, daß in Frankreich jemals eine der drei monarchischen Richtungen im Stande sein werde, den zwanzig jährigen Stamm der Republik zu entwurzeln. Sollen sie nun ruhig zusehen, wie die Republik im Kampfe der Parteien immer mehr aus abschüssige radikale Bahnen treibt, und sollen sie vielleicht gar, nur um der Republik Unannehmlichkeiten zu bereiten, diese radikale Richtung unterstützen, indem sie im Bunde mit den Radikalen die Regierung bekämpfen? Solange Hossnung vorhanden war, daß durch diese Taktik die Regierung diskreditirt und ihre bisherigen Anhänger vielleicht der Mo narchie wieder in die Arme getrieben werden könnten, war gegen dieses Verhalten kaum etwas cinzuwcnden Je mehr aber ein- lcuchtct, daß die Republik doch dem gemeinsamen Ansturm der Monarchisten und Radikalen gewachsen ist und durch diese . Kampsweise höchstens zu weiteren Zugeständnissen andie Radikalen gedrängt wird, wäre cs ein Verrath an der konservativen Sache, die bisherige Kampsweise noch ferner beizubehalten. So urthcilt ein großer Theil der Monarchisten, wenn er sich all mählich dazu bereit finden läßt, mit der Republik seinen Frieden zu machen. Daß diese Anschauungen unter den Monar chisten an Boden gewonnen haben, zeigte die Abstimmung über das Budget, bei welcher kurz vor Weihnachten ein Theil der Monarchisten offen sür die Regierung stimmte. Die Bildung einer Mittelpartei aus den gemüßigten Ne- publikanen und dem versöhnlichen Theil der Monarchisten ist übrigens schon seit Jahren angeregt worden, noch nie aber sind die Vorbedingungen hierfür so günstig gewesen als gerade jetzt. 'Das Zusammengehen der Monarchisten mit dem Bonlangismus war ein Vabanquespielen —, mit welchem die Monarchisten ihren letzten Trumpf ausspielten. Sie haben die Partie ver loren. Keinen besseren Erfolg hatten die Orleanisten mit dem Knabenstreiche des jungen Herzogs Philipp von Orleans, der trotz seiner Verbannung nach Paris kam, um sich als Re krut zu stellen. Die Orleanisten hofften, diese Posse werde auf das Land einen großen Eindruck hervorbringen. Sie stürzten sich in Unkosten, um im Volke massenhaft bunte Bildchen zu verbreiten, welche auch dem Lesensunkundigcn zeigten, wie der junge Sohn des Fastnachts-Königs Philipp's VII. vor der Ge stellungsbehörde erscheint, wie er verhaftet wird, wie er aus dem Gitterfenster seines Kerkers die Hände sehnsuchtsvoll nach Ler französischen Fahne ausstreckt, wie ihn im Gefängniß seine junge Braut besucht, zu der erübrigens seitdem das Ver- chältniß gelöst hat, u. s. w. Lehrjungen, stellenlose Schreiber rind elegante Jesuitenschüler veranstalteten unter Führung einiger echten Bewohner des Faubonrg St. Germain theilsaus uneigennütziger .Begeisterung, theils gegen billige Entschädigung vor dem Standbildc Heinrichs IV. eine Kundgebung, bei der sie von der Polizei gesunde Hiebe bekamen. Die Blätter der «rlcanistischen Partei brachten wochenlang aus dem Gefäng. misse von Clairvaux täglich rührsame Meldungen über das Thun und Lassen des „erlauchten Gefangenen." Aber all Liese Kunstmitlelchen versagten vollständig. Geld und An strengung der Orleanisten waren vergeudet. Die Regierung .öffnete eines Tages die Thüre des lustigen Gefängnisses von Clairvaux und ließ das Prinzlein laufen, und von dem ganzen Zwischenfall ist dem französischen Volke blas die Er innerung an einen kleinen Feinschmecker geblieben, der im Ge fängnisse Frühstücke und Miltagsmahle von 50 Franken genoß. Diese Mißerfolge der Monarchisten kamen natürlich indirekt er Republik zu Gute. Stoch schwerer aber wog ein ganz irekter Erfolg: Kardinal Lavigerie, der sich durch seine Agitation u Gunsten der Beendigung der Sklaverei einen europäischen kamen gemacht, trat offen für die republikanische Staatsform Je mehr sich das zweite Jahrzehnt des Bestehens der drit ten Republik seinem Ende zuneigt, desto deutlicher tritt es zu Tage, daß die republikanische Staatssorm in Frankreich in dem Kampfe mit den Vertretern des monarchischen Prinzips ihren Gegnern das Terrain fast völlig abgcwonnen hat. Zwar hat die Regierung in der Kammer mit einer immerhin beträcht lichen monarchischen Minderheit zu rechnen, die durch ein Zu sammengehen mit einer regierungsfeindlichen republikanischen Mindcrhcitspartei unter Umständen einem Ministennm das Leben recht schwer machen kann, aber diese monarchische Partei ist in sich selbst uneinig und gespalten und wird nur durch die gemeinsame Gegnerschaft der Republik nolhdürslig zusammengehalten. Dazu kommt, daß ein großer Theil der Monarchisten an dem Sieg dereignen Sache zu zweifeln beginnt und nicht abgeneigt zn sein scheint, in Frankreich ein und forderte die ihm unterstellte Geistlichkeit auf, seinem Beispiel zu folgen und Frieden mit der Republik zu schließen. Auf der einen Seite hat ihm dieses Vorgehen zwar den Namen eines „Operettenkardinals" eingebracht, andererseits aber haben zahlreiche hochgestellte Geistliche, Bischöfe und Erzbischöfe die Erklärung abgegeben, daß sie sein Vorgehen billigten. Man behauptet, daßKardinal Lavigerie nur das Sprach rohr des Papstes sei, doch ist sür diese Behauptung noch kein Beweis erbracht worden. Insonderheit hat es sich nicht bewahrheitet, daß Papst Leo der Gattin des Präsidenten der französischen Republik, Madame Carnot, diese Weihnachten die goldene Tugendrose verliehen habe. Sind somitauch alleKombina- tionen hinfällig, die ach dieses Ereigniß geknüpft wurden, so ist es doch nicht unmöglich, daß der Vatikan in der Erkenntniß, daß der Kampf der Monarchisten gegen die französische Republik ein aussichtsloser, bereit ist, die Monarchisten fallen zu lassen, um mit der Republik Frieden zu machen in der Hoffnung, dadurch die Stellung der katholischen Kirche in Frankreich zu besser». Von denselben Erwartungen werden zweifellos auch die Monarchisten geleitet, wenn sie sich den gemäßigten Re publikanern zu nähern suchen. Ihre Vereinigung mit diesen würde die radikalen Elemente nnd somit auch die Gegner der Kirche zurück drängen, und die Negierung wäre also künftig nicht mehr in der ihr selbst unangenehmen Zwangslage, Millionen von Bürgern in ihren religiösen Gefühlen zu verletzen, nnr um die radikalen Religionsgegner sich nicht zu Feinden zu machen. Doch Alles dies ist freilich noch Zukunftsmusik, von der gegenwärtig nur die ersten Akkorde leise angeschlagen werden. Dies vorausgeschickt, wird man die Bedeutung der am Sonntag in Frankreich stattgefundene» Senatswahlen, die der Republik einen neuen glänzenden Sieg gebracht, voll zu wür digen wissen. Der französische Senat besteht aus 300 Mitgliedern. Da noch einige vierzig auf Lebenszeit ernannte Senatoren existiren, deren Mandate nach dem Tode der Betreffenden seit 1884 gleichfalls durch Neuwahlen wieder besetzt waren, galt es die Erneuerung von 81 Sitzen. Soweit bis jetzt bekannt, sind in 32 Departements 75 Republikaner und 6 Konservative gewählt; die Republikaner haben 10 Sitze gewonnen, d. h. von den 16 monarchischen Senatoren, die der Neuwahl unterworfen waren, haben nur 6 ihre Sitze behalten. Die monarchistischen Blätter trösten sich bereits über den für ihre Sache ungünstigen Ausgang der Wahlen damit, daß der Senat ohnehin nnr ge ringe Bedeutung habe. Dem gegenüber besprechen die ge müßigt republikanischen Blätter mit großer Genugthuunz den Ausfall der Wahlen, welche den Senat zn einer Festung der Republik gestalteten, und mit Recht meint das „Journal des Dvbats", die Tendenz der Wahlen weise auf eine gewisse rela tive Befriedigung in der Bevölkerung und auf das Bedürfniß der Stabilität hin. Unter den Wahlen sind namentlich zwei von besonderem Interesse: die des Ministerpräsidenten und Kriegsministers Freycinet, der im Seinedepartement mit 594 von 654 Stimmen gewählt wurde, und die des „Tonlinesen" Jules Ferry, den das Departement der Vogesen mit 723 von 994 Stimmen wühlte. Freycinets Wahl ist namentlich deshalb so bemerkenswärth, als der Ministerpräsident eine sichere Kandidatur auf dem Lande ausgeschlagen und sich dafür den schwierigsten nnd ungelehrigsten Wahlkörper ausgesucht hatte: Paris, denselben Wahlkreis, der Herrn von Freycinet vor mehreren Jahren ein Mißtrauensvotum gegeben, weil er seiner Ein ladung, Rechenschaft zu legen, nicht nachgekommen war. Allerdings hat Herr von Freycinet der Wählerschaft auch das Blaue vom Himmel herunter versprachen. Er kannte seine Pariser und wurde gewählt Das politisch wichtigste Ergebniß der Wahlen aber ist nnd bleibt die Ernennung Jules Ferrys zum Senator, wodurch diesem, wohl dem bedeutendsten Staatsmann Frankreichs, der Zugang zur politischen Bühne wieder geöffnet ist, von der er seinerzeit dem gemeinsamen Ansturm der Chauvinisten, die ihn als „Kreatur Bismarcks" verdächtigten, der Kolonialgegner, die ihm die Mißerfolge in Tonkin in die Schuhe schoben, und der Radikalen weichen mußte. Doch die Volksgunst ist wandelbar, und man erblickt in Ferry be reits wieder den Mann der Zukunft. Schon veröffentlicht Herr Ferry in seiner „Estafette" ein Programm betreffs der äußern Politik Frankreichs. Das Blatt räch, am Jahres schluffe die äußere Politik ohne Vorcingenommenheit und kalt blütig zu betrachten und die Dinge unter ihrer wahren Ge stalt anzusehen. Es führe nur zu Täuschungen, wenn ein Staat seine Macht auf die eingebildete Schwache seiner Nach barn gründen wolle und sich in leeren Drohungen erschöpfe. Ebenso unklug sei es aber, sich vor andern Staaten durch unter würfige und kriechende Thaten und Worte zu erniedrigen. Frankreich müsse Jedem seine Freundschaft gönnen, der sie auf richtig wünsche, und diese Verbindung in seinem Interesse pflegen, dürfe aber nicht um Anderer Gunst betteln. Frank reich sei stark und lebensfäh.g genug, um selbst eine würdige und imponirende Vereinsamung nicht zu scheuen. Ferrys äußere Politik würde also ein Brechen mit der bisherigen Ge pflogenheit des Schweifwedelns gegen Rußland bedeuten. Uns Deutschen könnte das nur Recht sein und dem Ansehen Frank reichs nur förderlich. Tagesschau. Freiberg, den 7. Januar. Der Flügeladjutant des deutschen Kaisers, Major von Hülsen Hal sich im Auftrage des Kaisers mich Konstantinopel begeben, um dem Sultan das von dem Kaiser für denselben bestimmte Ehrengeschenk zu überbringen. Dasselbe besteht aus einem außerordentlich prachtvollen Ehrensübel. — Nach Mit- lheilung des Auswärtigen Amtes ist die Republik der Ver einigten Staaten von Brasilien vom deutschen Kaiser anerkannt worden. Einer alten Sitte gemäß hatte sich auch dieses Jahr eine Deputation der Salzwirker Brüderschaft mit den üblichen Ge schenken für die Prinzen und Prinzessinnen rechtzeitig in Berlin eingefunden. Die Deputation, bestehend aus den Halloren Gottlieb Ebert, als Sprecher, Karl Moritz und Fr. Moritz, als Ueberreicher der Geschenke, war am 1. Januar, Abends 6 Uhr, in das Königliche Schloß zur Kaiserlichen Tafel befohlen, bei der sie in eine» besonderen Gange auszuwarten hatte. Die Halloren in ihrer ausfallenden Galatracht hatten in der Nähe des Platzes des Kaisers Ausstellung genommen. Der Sprecher der Deputation, Gottlieb Ebert, suchte nun um die Erlaubniß nach, das Neujahrsgedicht vorlesen zu dürfen. Darauf wurden die Geschenke der Halloren an der Tafel herumgereicht und namentlich die Wurst in Bezug auf ihren feinen Geschmack sehr gelobt. Am 2. Januar, Nachm. 1 Uhr war die Deputation der Halloren nach dem Königlichen Schlöffe zur Audienz bei dem Kaiser befohlen und in einer Equipage dorthin gebracht. Der Kaiser unterhielt sich mit den Halloren in leutseligster Weise. Mit der Mahnung, ja nicht von der alten Tracht, den Sitten und Gebräuchen zu lassen, entließ der Kaiser die Halloren, die er ersuchte, die Salzwirker Brüderschaft von ihm vielmals zu grüßen. Im Reichstage sind bis jetzt folgende Kommissionssitzungen anberaumt: am 8. Januar, Mittags 12 Uhr, Patenlgesetz- kommission; am 13. Januar, Abends 7'/., Uyr, Zuckersteuer kommission; am 14. Januar, Avends 7^ Uhr, Arbeiterschutz kommission, um den von dem Abg. Hitze bearbeiteten Bericht entgegenzunehmen. Alsdann wird das Plenum im Stande sein, sich in zweiter Lesung mit dem Gegenstand zu beschäftigen, eine Arbeit, die den Reichstag voraussichtlich noch mehrere Wochen in Anspruch nehmen wird. Zunächst wird der Reichs tag aber den größten Theil seiner Zeit aus die Spezialberathung des Reichshaushalts zu verwenden haben. Der Bundes- rath hat mit dem Beginn der neuen Woche seine Thätigkeit nach den Feiertagen wieder ausgenommen. Der Staatssekretär des Reichspostamts Herr vr. v. Stephan feiert heute, Mittwoch, seinen 60. Geburtstag. Es ist kaum nöthig, auf die großartige Entwickelung hinzuweisen, welche ihm das deutsche Postwesen seil den bald 30 Jahren, welche er ihm, die Zeit des Norddeutschen Bundes eingerechnet, Vor sicht, zu verdanken hat. So oft wir eine Postkarte und eine Postanweisung zur Hand nehme», haben wir es mit Stephan'- schen Schöpfungen zu thun. Sein Werk, um nur Einiges zu nennen, sind auch die Postspar- und Vorschußvereine, die Post- und Telcgraphenschule, das Reichspostmuseum, daS dichte Netz der Landbriefträgeroerbindungen, die unterirdischen Telegraphen leitungen und der Weltpostverein. Möge es den: hochverdienten Manne vergönnt sein, noch lange Jahre an der Spitze der Reichspost segensvoll zu walten! Mehrere Pariser Journale veröffentlichen ein Telegramm aus Straßburg via Basel, wonach Ende dieses Monats bis Anfangs Februar ein großer Mobilmachungsversuch des 14., 15. u. 16. Armeekorps — dieselben haben ihre Generalkommandos in Karlsruhe, Straßburg i. E. und Metz — und eine Kon- zentrirung dieser Armeekorps nach der französischen Grenze stattfinden wird. Kaiser Wilhelm werde diesen Uebungen bel- wohnen. — Selbstverständlich handelt es sich um eine leere Erfindung, die möglicherweise zu Börsenzwecken gemacht ist. Der durch seinen Zeitungsstreit mit Herrn Geh.-Rath vr. Hintzpeter bekannte Großindustrielle W. Funcke in Hagen schreibt der „B. B. Z.": „Schon vor mehreren Jahren hat sich der Zentral-Verein der deutschen Industriellen eingehend mit der Schulreform auf gewerblichem Gebiet beschäftigt und nach sehr gründlichen Berathungen des erwählten Ausschusses in seiner Generalversammlung in Stuttgart Reso lutionen gefaßt, die unzweifelhaft auch zurKenntniß der Staats regierung gelangt sind. An den Berathungen über die Schul reform, wie sie jetzt stattfinden werden, sollten aber nicht nur