Volltext Seite (XML)
Urscheint tiigltch nachm, mit Ausnahme der Soun-». Kesttage. Bezugspreis r Vierteljahr!. 1 Mk. 8V Pf. (ohne Bestellgeld). Post-Bestellnummer 0888. ^ Bei außerdeutschen Postanstalten laut ZeitungS-PreiSliste. Einzelnummer 10 Pfennige. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit vucdilniclrrrel, HraMlon u«<l SercdaNzrteNer Dresden, Pilluitzer Straße 43. Inserate werden die S gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 18 Pf. berechnet, bei Wiederholung bedeutender Rabatt. Redaktions-Sprechstunde: 11—1 Uhr. Fernsprecher: Amt I. Nr. 1866. Nr. 259. Katholiken: DidaknS. Freitag, den 13. November 1903. Protestanten: ArkadiuS. 2. Jahrgang. Thronrede. Bei der am Donnerstag erfolgten feierlichen Eröffnung des 30. ordentlichen Landtages verlas Se. Majestät König Georg folgende Thronrede: Meine Herren Stände! Ich habe Sie znsammenbecufen, damit Sie mit Meiner Negierung von nenem die Arbeiten übernehmen, welche nach verfassungsmäßiger Ordnung für 'die sämtlichen An- gelegenheiten des Landes zu erledigen sind und heiße Sie von Herzen willkommen. Als Ich Sie das letztemal um Mich versammelt sah, da standen Wir unter dem Eindrücke des schweren Ver lustes, der Mich und Mein Hans, Mein Volk und Mein Land durch den Heimgang Meines heißgeliebten Bruders, des unvergeßlichen Königs Albert betroffen hatte. Innerhalb der seitdem verlaufenen kurzeil Spanne Zeit ist manches trübe Gewölk über Mein Haus hinweg gezogen. Ich weiß Mich mit Meinen getreuen Untertanen einig in der festen Zuversicht auf den Beistand des All- mächtigen, der auch bei den schmerzlichsten Heimsuchungen Rat und Hilfe schafft. Mit freudiger Genugtuung hat es Mich erfüllt, daß es Meiner Armee vergönnt gewesen ist. bei den diesjährigen Manövern die huldvolle Anerkennung Sr. Majestät des Kaisers zu erwerben. Ich bin gewiß, daß die Armee, Unser aller Stolz, eingedenk ihrer tapferen Vergangenheit, wie bisher so auch in der Zukunft würdig ihren Platz in mitten der deutschen Wehrmacht ausfüllen wird. Das wirtschaftliche Leben des Landes hat noch während geranmer Zeit der ihrem Ende zuneigenden Finanzperiode unter dem auf der Erwerbstätigkeit ruhenden Drucke ge standen. wie er sich im ganzen Deutschen Reiche und darüber hinaus auf das empfindlichste bemerkbar gemacht hat. Zu Meiner lebhafter: Befriedigung mehren sich jedoch die Anzeichen dafür, daß wenigstens ans den Gebieten des Handels und zahlreicher Industriezweige die schwersten Zeiten des Druckes als überwunden gelten können. Die Landwirtschaft liegt noch immer darnieder. Es wird nach wie vor das Lrnsteste Bestreben Meiner Negierung sein, das Gedeihen auch dieses hochwichtigen Zweiges der vaterländischen Volkswirtschaft zu fördern. Ich bin Ihrer Zustimmung sicher, wenn Ich mit Meiner Regierung die Erhaltung eines wohlgeordneten und innerlich gefestigten Zustandes der Landesfinanzen fortgesetzt als eine der vornehmsten und bedeutungsvollsten Aufgaben des Staatslebens ansehe. In dem Staatshaushalte für die nächsten beiden Jahre durfte, bei aller Vorsicht der Aufstellung, die Besserung der Verhältnisse, wie sie sich auch in den allmählich wieder an steigenden Eisenbahneinnahmen bemerklich macht, in An schlag gebracht werden. Ist es hierdurch, sowie durch das Bemühen Meiner Negierung, die Ausgaben ans das Not wendige zu beschränken, möglich geworden, einen ernstlichen Anfang damit zu machen, daß finanziell unproduktive Auf wendungen, mit denen seit längeren Jahren der außer ordentliche Etat belastet zu werden Pflegte, ihren Platz in deni ordentlichen Etat zu finden haben, so zeigt insoweit der diesmalige Staatshaushaltsplan im Vergleiche mit den: Etat der Vorperiode eine Wendung zum Besseren. Aber der Wunsch, eine erhöhte Schuldentilgung eintretcn zu lassen, muß vorläufig noch unerfüllt bleiben. Ebenso hat zurzeit noch darauf verzichtet werden müssen, den außerordentlichen Etat grundsätzlich auf Allsgaben für rein produktive Zwecke zu beschränken. Ich gebe gern der Hoffnung Rann:, daß es gelingen möge, in den nächsteil Perioden auch denjenigen Zielen näher zu kommen, die bei der diesmaligen Etat- aufstellnng noch nicht zu erreichen waren. Zu diesem Zwecke bedarf es mehr denn je der Hebung einer ver ständigen wirtschaftlichen Sparsamkeit in allen Zweigen der Staatsverwaltung und der Staatsbetriebe, sowie der Zu rückhaltung in der Ucbcrnahme neuer Ausgaben auf die stark angespannten Mittel des Landes. Ich würde es mit Dank zu erkennen haben, wenn die hierauf gerichteten un ablässigen Bemühungen Meiner Regierung überall im Laude bereitwillige Aufnahme und wirksameUilterstütznug fänden. Das Bestreben, die Zuschüsse zun: Betriebe der im Jahre 1880 vom Staate angetansten Erzbergwerke bei Freiberg nach und nach bis zu ihrer Deckung durch die Ueberschüsse der Hütten herabzuminderu, hat sich immer ulehr als aussichtslos erwiesen, da die Hüttenerträguisse ebenfalls fortdauernd sinken. Der Fortbetrieb der Gruben legt dem Lande so namhafte Geldopfer auf, daß die völlige Einstellung des fiskalischen Erzbergbaues binnen bestimmter Frist in das Auge gefaßt werden muß, so schwer dies im Hinblick auf dei: reichen Segen, den Sachsen in früheren Zeiteil seinen: Bergbau zu verdanken hatte, Meinem landesväterlicheu Herzen fällt. Um die Interessen der Beteiligten nach jeder Richtung tunlichst zu schonen und zugleich mit Rücksicht auf die fiskalischen Hütten ist für die Durchführung des Abrüstungsplanes ein zehnjähriger Zeitraum in Aussicht genommen. Wegen der Bergbegnadigungsgelder wird Ihnen eine besondere Gesetzes vorlage zugehen. Die Ihnen zu unterbreitenden Gesetzentwürfe über die Oberrechnuugskammer und über den Staatshaushalt sind dazu bestimmt, einer erhöhteil Ueberwachung und zugleich der größtmöglichsten Sparsamkeit in der Staatswirtschaft zu dienen. Zu diesen: Zwecke sollen die über die Staats- hanshaltskoulrolle bestehenden Vorschriften neu geregelt und die Grundsätze über die Aufstellung und Ausführung des Etats normiert werden. Der gegenwärtige Zustand der bestehenden finanziellen Beziehungen zwischen dem Reiche lind den Bundesstaaten ist von Meiner Regierung schon seit geraumer Zeit als auf die Dauer unhaltbar und einer Reform dringend bedürftig anerkannt worden. . Das Ergebnis der Verhandlungen, die neuerdings zwischen den Organen des Reichs und den Vertretern der Negierungen der verbündeten Staaten, darunter auch der Meinigen, stattgefuuden haben, berechtigt zu der Erwartung, daß in absehbarer Zeit den: jetzigen für das Reich wie für die Bundesstaaten gleich abträglichen Zustande durch eine Verständigung der gesetzgebenden Fak toren ein Ziel werde gesetzt werden. Nachdem die Entwickelung des Staatssteuerweseus zu einem gewissen Abschlüsse gediehen ist, hat Meine Regierung in Uebereinstimulling mit den mehrfachen aus der Mitte der Stäudeversammlung ihr eutgegeugebrachten Anregungen eine eingehende Prüfung des Geiueiudcabgabeuweseus für unerläßlich gehalten. Eine diesbezügliche Vorlage wird den: Landtage zugehen. Die bei Handhabung des Gesetzes von: 23. März 1800, die ärztlichen Bezirksvereiue betreffend, gemachten Er fahrungen und die dabei gewonnene Ueberzeugung, daß dieses Gesetz in verschiedenen Punkten einer Abänderung bedürftig sei, haben Anlaß zu einer Umarbeitung des Ge setzes geboten und wird Ihnen ein dementsprechend fertig gestellter Gesetzentwurf zur verfassungsmäßigen Beratung unterbreitet werden. Wenn im vergangenen Landtage, sowie auch sonst Wünsche nach Aeuderung des Wahlrechts zur Zweiten Kammer der Stäudeversammlung Verlautbart worden sind, so hat meine Negierung sich bereits unmittelbar nach Schluß des letzten Landtags veranlaßt gefunden, die Frage wegen Umgestaltung dieses Wahlrechts, wie es in: Gesetze von: 28. März l800, die Wahlen für die Zweite Kammer der Stäudeversammlung betreffend, geordnet ist, in eingehende Erwägung zu ziehen und wird Ihnen über das Resultat dieser Erwägungen eine entsprechende Mitteilung in Form einer Denkschrift zugehen. So mögen Sie denn, Meine Herren Stände, Ihr Werk unter des Himmels gnädigem Beistände beginnen und zum Wohls des Landes vollenden. Unvorsichtige Neiromrnage. In den „Dresdu. Nachr." lesen wir folgendes: „Die „Wartburg" teilt mit: Um die ausschlag gebenden Stellen übe: die Quertreibereien der Jesuiten stets auf dem Laufenden zu erhalten, werden die deut schen Fürsten durch direkte Zusendung besonders wich tiger Nummern der „Wartburg" auf neue Vorstöße und alte Sünden der Jesuiten aufmerksam gemacht. Und der ErfolgV Nicht weniger als dreizehn direkte Zu schriften beweisen, daß gerade die höchsten Kreise den lebhaftesten Anteil au der Jesuiteufragc nehmen. Würde das evangelische Deutschland ebenso energisch in der Sache Stellung nehmen, wie die deutschen Fürsten es tun, so wäre die Jesuitenfrage längst für immer entschieden." Blei in« Herzen. Erzählung von I. R. von der Land. AuS dem Holländischen übersetzt von L. van Heeinstede. <4!>. Fortsetzung.) (Nachdruck Verbote».) Er hielt dieses sich selber vor und gab sich die größte Mühe, seiner quälenden Gedanken Herr zu werden. Aber es gelang ihm nicht, und er dankte dein Hiuunel, als der Zug sich auflöste und er sich unter irgend einem Vorwände zurückzieheu konnte. Seine biederen Hallsgenossen waren im höchsten Maße erstaunt, als sie ihn so früh schon hcimkehreu sahen. „Ich kann kann: aus den Augen sehen vor Kopfweh", sagte er zn seiner Entschuldigung, „ich null mich ein wenig ausruhen, dam: wird es vielleicht besser. Ich bin für nie mand zu Hanse, wenn ich etwas brauche, so werde ich schon schellen." Mit diesen Worten eilte er die Treppen hinauf und warf sich, oben augekommen, mißmutig auf sein Sopha nieder. Er hatte wirklich Kopfweh infolge der doppelten Qual, der sein Gehirn einen halben Tag laug unaufhörlich ausgesetzt gewesen war, den bitteren Gedanken nämlich an die verlorene Illusion und dem gräulichen Spektakel auf den Straßen. Seinen Mantel und Hut und den falschen Bart hatte er von sich geworfen, nicht Willens, sich mit diesem Plunder noch weiter zn befassen, er hatte übergenug von der Maskerade. Die behagliche Ruhe nach den: ermüdenden Marsche und die traute Einsamkeit seines Studierzimmers brachten seine aufgeregten Nerven allmählig wieder in das Gleich gewicht. Die verdrießliche Stimmung wich mehr und mehr, und die Einsicht kam ihm wieder, daß er vollauf Grund zur Zufriedenheit habe. Er ließ den Blick durch den Raum schweifen, der ihn: so freundlich zulachte wie ein alter Bekannter, in dessen Gesellschaft er mm schon Jahre lang die schönen Stunden zugebrgcht hatte. Er hatte dort erfahren, was der selige Thomas a Kempis von der Klosterzelle sagte, daß sie nämlich, ungeregelt besucht, Widerwillen cinflößt, während sie, eifrig bewohnt, zum angenehmsten Aufenthalte wird. Von Anfang an hatte er, mit dem Ziel, das ihn zur Universität geführt, vor Augen, seine Lust und Freude im Studium gesucht und besonders, seit er Kourado Freund schaft verloren, sich buchstäblich in die Bücher vergraben, in rastloser Arbeit Zerstreuung und Vergessen gesucht für die bittere Enttäuschung, die er nur schwer zu verwinden vermochte. Mit der ganzen Wärme der Jugend hatte sein Herz sich der Freundschaft hingegeben, und die Untreue seines Freundes war für ihn wie ein Verrat an seinen edelsten lind besten Gefühlen gewesen und hatte eine Leere in seinem Innern zurückgelassen, die durch kein neues Freund schaftsbündnis ausznfülleu war. Seine Bücher waren seine einzigen Freunde, die Wissenschaft seine einzige Leidenschaft geworden. Mit wohlgefälligen Blicken musterte er die Bände, welchen er so viele glückliche Stunden und die herrlichen Fortschritte zn verdanken hatte, die ihm als Unterpfand des schließlichen Gelingens erschienen. Und unwillkürlich streckte er die Hand nach einem der Folianten aus. um sich in seine geliebte Wissenschaft zn vertiefen. Aber dies mal war sie nicht mächtig genug, uni ihn ganz an sich zu fesseln. Der Lärm der Straße, der selbst bis in diesen Winkel drang, ließ seinen Geist stets wieder in die Ferne schweifen, und mit einer Bewegung der Ungeduld klappte er schließlich das Buch zu. „Mit dem Studieren will es heute abend nicht gehen, zünden wir lieber eine Pfeife an!" Als er, in einer Ecke des Sophas sitzend, den Wölkchen ans der langen Tonpfeife nachschaute, siel sein Blick ans die nämliche Photographie, die in Henriettens Zimmer über dem Schreibtisch hing. Wie vertraulich standen die drei dort zusammen, wie freundlich blickte das Mädchen ihn an! War das die nämliche junge Dame, die er heute mittag in einer Gesell schaft fremder Herren und Damen ans den: Balkon gesehen hatte, nur ein paar Meter über ihm, aber weit über ihn er haben, als wenn die ganze Höhe des Drachenfels zwischen "ihnen läge! Sie mußte doch wissen, daß er iu ihrer Nähe war, aber sie hatte ihn keines Blickes gewürdigt, vielleicht gar nicht einmal mehr an ihn gedacht. War es denn möglich, daß sie ihn ganz vergessen haben sollte, nachdem sie doch so herzlich und vertraulich mit einander verkehrt hatten? Von diesen trüben Gedanken unablässig verfolgt, ließ der junge Manu die Pfeife ausgehen, um sich ganz seinen düsteren Träumen zu überlassen . . . Es fing schon an zu dämmern, aber es fiel ihm gar nicht ein, die Lampe auznzüuden. Wozu auch? Er wußte doch nichts ansznführen, er hatte nicht einmal Lust, seiner Mutter zu schreiben, denn iu der Bitterkeit seines Herzens hätte er die gute Frau nur mmötigerweise betrübt. Von den Strapazen des Tages ermüdet, sank er endlich in einen tranmlosen Schlummrr. der ihn eine Zeit lang der Wirklichkeit entrückte und ihn seinen Kummer vergessen ließ. Als er von dem ungewohnten Lärm, den einige halb bezechte Festbrüder in der stillen Straße verübten, erwachte, glaubte er mir ein paar Augenblicke geschlummert zu habe». Es war aber stockfinster iu seinem Zimmer, und der Blick, den er beim Schein eines Streichbölzcheus auf seine Uhr warf, überzeugte ihn, daß er wenigstens drei Stunden aus dem Sopha gelegen hatte. Er fühlte sich jetzt wieder frisch, und die Ereignisse des Tages standen ihm klar vor Angen; die Wunde in seinem Herzen brannte noch mit der nämlichen Stärke, aber die Verzagtheit war gewichen. Er reckte sich gähnend die Glieder und ging ein paarmal in seinem Zimmer auf und ab. Dan» schien er Plötzlich einen Entschluß zu fassen. Er zündete eine Kerze an, erfrischte sich im Wasserbecken und suchte den falschen Bart wieder hervor, den er achtlos in eine Ecke geworfen hatte. Nachdem er ihn sorgfältig befestigt hatte, drückte er den Schlapphnt in die Stirn, warf den braunroten Mantel über die Schulter und trat ans die Straße hinaus. Auf allerlei Umwegen begab er sich zum Festplatz, der mit seinen glänzend erleuchteten Bogengängen und den Tansendfarbigen Lichtern einem Zanbergarten glich. (Fortsetzung folgt.)