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-tr. 878 — V. «iittwoch de« 7. Dezember LVI^tz IWscheWkszeitilllg Irschedlt töglich »ach«. «U «»«nähme der kann, und Festtage. Naiaabt t., Mit »Die Zeit tn Wort und Bild' viertelsLhrltch S.10 In Dresden durch Boten 8.40 In ,-n« Deutschland stet Hau« »8» »»«aade »-> Ohne Mustrterte BeUage vlertel«. L.80 4». I» Dresden d. Boten 8,10 In ganz Deutschland frei Hau» 8,88 Ft. — «tuzel-Nr. I« 4 — ZeitungSpretSl. Sk. «888. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserate «erden dte Sgespaltenk Petttzetle oder deren Stau« «tt 18 4 Stetlamen mtl 80 4 dte Zelle berechnet, bet Wiederholungen entsprechenden Rabatt Buchdrucker ei. Redaktto» und Geschiiftsftell«, Dresden, Ptlluttzrr Straft« 48. — Fernsprecher 1888 g»r Rückgabe auberlauat. «chrtftstücke ketu« iverbtudltchket« RedakttonS-Sprechstunde: II—LS Uhr. Vofrügliclier ^iu-iswaum-Konfekt psunä von 80 I>t. »n. l.ebkuc!ieli, Di-esdnei' unc! slümbergei' luiusrn 5t« In b«><annt«n gutrn llusIitZirn txi M«4«rlsgrn In allen 5ta<lt1ell«n. Gin ernstes Wort gegen die schlechte Presse. Die Erzbischöfe und Bischöfe Bayerns haben ange- ordnet, daß nachstehender Hirtenbrief über die Presse am verflossenen Sonntag und dann alljährlich gegen Weihnach ten von den Kanzeln verlesen werde: Es ist uns, vielgeliebte Diözesanen, zu einer ernsten und heiligen Pflicht geworden, Euch vor Erscheinungen der Neuzeit zu warnen, die eine schwere und unmittelbare Ge fahr für Euer Glaubens- und Sittenleben sind. Wir meinen hier die Ausschreitungen einer Presse, welche offen dis Lehren unserer heiligen katho lischen Kirche bekämpft und die guten Sitten verletzt. Sos-be Preßerzeugnisse zu lesen ist eine Sünde gegen d. ir Glauben und gegen die Gebote des Herrn. Darum ist es eine heilige Gewissenspflicht für Uns, Euch davor zu warnen, und eine heilige Ge wissenspflicht für Euch, auf diese warnende Stimme Euerer Ober Hirten zu hören. Ihr alle wißt, daß der katholische Glaube, dieses höchste Gut und edelste Kleinod der Seele, wofür die größten Männer der Kirche Blut und Leben eingesetzt haben, durch eigene Schuld verloren gehen kann. Eine solche Schuld mit ihrer ganzen schweren Verantwortung vor Gott und Euerem Gewissen liegt vor, wenn Ihr Tagesblättern und Zeitschriften den Eingang in Euer Haus und in Euere Familien gestattet, welche das Bestreben haben. Euch um Eueren Glauben, um die Achtung und Liebe zur Kirche und deren Dienern zu bringen, Blättern, welche Erzählungen und Bilder ent halten, die ein wahrer Hohn auf die christliche Sitte sind. Ihr werdet Eueren eigenen Kindern zum Aergernis und zu Verführern, wenn Ihr ruhig zuseht, wie solche Blätter und Zeitschriften mit ihrer bald abstoßend rohen, bald bestechend feinen Sprache Tag für Tag das Heiligtum Euerer Familie entweihen. Wir bitten und beschwören Euch: Laßt es nicht darauf ankommen, daß das furchtbare Wehe, welches der Herr und Heiland über den Aergernisgeber ausgesprochen hat, auf Euer Haupt komme! Hört darum auf die Stimme Euerer Oberhirten, denen die Sorge für Euer aller Seelenheil dieses ernste Mahnwort zur Pflicht macht! Verwehrt den Eingang in Euer Haus allen Blättern, allen Zeitschriften, Kalendern^ Büchern, Broschüren u. s. f., die es darauf abgesehen haben, Glauben und Sitte, Achtung vor kirchlicher und staatlicher Autorität zu untergraben! Erinnert Euch der Mahnung des Herrn: „Wer euch hört, der hört mich; wer euch verachtet, der verachtet mich/ Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi sei mit Euch allen! Amen. Freising, den 12. Oktober 1910. 's Franciscus, Erzbischof von München und Freising, s- Antonius, Bischof von Regensburg. -s Maximilian, Bischof von Augsburg. -s Sigismund Felix, Bischof von Passau. 's Friedrich Philipp, Erzbischof von Bamberg, f Ferdinand, Bischof von Würzburg. -s Leo, 0. 8. 8., Bischof von Eichstätt. Joseph Dahl, Kapitularvikar von Speyer. Der) Konservative Landesverein im Königreiche Sachsen hielt am Montagmittag im Künstlerhause die diesjährige Hauptversammlung ab. An derselben nahmen auch zahl reiche konservative Reichstags- und Landtagsabgeordnete sowie viele Delegierte der konservativen Ortsvereine auS ganz Sachsen teil. Den Vorsitz führte Se. Exzellenz Herr Wirkt. Geh. Rat Dr. Mehnert. Wegen der Verdienste des aus dem Staatsdienste geschiedenen Herrn Finanz ministers Dr. v. Rüger wurde dieser zum Ehrenmitglieds ernannt. Dann ging der Vorsitzende zur Erstattung des Jahresberichtes über und konstatierte einen erfreulichen Zuwachs von Mitgliedern. Es seien 21 neue konservative Vereine mit mehreren Tausend Mitgliedern in Sachsen be gründet worden. Ueberall herrsche frisches Leben. Gegen wärtig seien die Konservativen wieder die stärkste Partei im Sächsischen Landtage, so daß ihr auch wieder der Sitz des Präsidenten gebühre. Er hoffe, daß die anderen Par teien, die ebenfalls stets streng auf die Wahrung ihrer Rechte gehalten hätten, dies anerkennen werden. Auch in der Industrie breche sich mehr und mehr die Ueberzeugung Bahn, daß ihre Interessen in erster Linie durch die kon servative Partei vertreten würden, und die Beamtenschaft habe erkannt, daß die letzten Gehaltserhöhungen nur dem Drängen der konservativen Partei zu verdanken gewesen sei. Ebenso komme man in der Lehrerschaft jetzt vielfach zu der Erkenntnis, daß die Haltung der Konservativen in der Frage der Reform des Religionsunterrichtes die einzig richtige sei. Weiter kennzeichnete der Redner das Verhält nis der Konservativen zu den Nationalliberalen und zu den Freisinnigen, um sich schließlich in scharfen Worten gegen die Sozialdemokratie zu wenden. Im Anschluß hieran schlug er die Annahme nachstehender Resolution vor: „Die konservative Partei Sachsens sieht es nach wie vor als die oberste Aufgabe des Staates und der bürger lichen Gesellschaft an, die grundstürzenden Bestrebungen der Sozialdemokratie unter Einsetzung aller Kräfte zu be kämpfen. Hierdurch ist ihr die Richtlinie für die im nächsten Jahre bevorstehenden Reichstagswahlen von selbst gegeben. „Unversöhnlicher Kampf gegen die Umstnrzpartei" muß die Parole sein, unter der wir in die Wahlschlacht ziehen! Dankbar werden wir es begrüßen, wenn wir bei diesem Kanrpfe aus den Reihen der anderen bürgerlichen Parteien kräftige Unterstützung erhalten. Unerbittlich muß sich unser Kampf aber gegen diejenigen richten, die mittelbar oder unmittelbar die Sozialdemokratie fördern und für sie ein- treten. Mit der Sozialdemokratie als Umsturzpartei darf es kein Paktieren geben! Für die Wahlen selbst ist anzu- streben, daß die bürgerlichen Parteien unter Unterlassung jeder Bekämpfung untereinander der gemeinsamen Front gegen die Sozialdemokratie stets eingedenk bleiben und wenigstens für die Stichwahlen eine gegenseitige Unter stützung der Ordnnngskandidaten sich zusichern. Wer von den bürgerlichen Parteien hierfür nicht zu haben ist, muß ebenso als Feind angesehen und behandelt werden, wie die Sozialdemokratie selbst." Im weiteren Verlaufe seiner Ausführungen schlug der Redner noch eine zweite Resolution vor. In dieser wird die dringende Forderung erhoben, daß „der Staat selbst und zwar auf dem Wege der Gesetzgebung sich der Weiter bildung insonderheit der aus der Volksschule entlassenen jungen Staatsbürger annimmt und zielbewußt dafür sorgt, daß durch Ausdehnung einer geordneten Fortbildung die Liebe zur Heimat geweckt und gepflegt, die Kenntnis der Vaterlandskunde wie das Verständnis der staatsbürgerlichen Pflichten eines jeden Einzelnen erweitert und die Achtung vor der Autorität besser gewahrt wird, als dies bis jetzt der Fall ist". Zum Schlüsse seiner Ausführungen empfahl der Redner unter dem stürmischen Beifall der Versammlung noch die Annahme der nachstehenden dritten Resolution: „Aus verschiedenen Zeitungsberichten ist zu entnehmen gewesen, daß einzelne Lehrer sozialdemokratische Versamm lungen besucht und mehr oder minder ihre Zustimmung zu Aeutzerungcn sozialdemokratischer Redner gegeben haben. Andere wieder haben öffentlich die Hoffnung ausgesprochen, daß die Sozialdemokratie die Forderungen des Sächsischen Lehrervereins unterstützen möchte. Das offizielle Organ dieses Vereins schreibt: „Wir halten uns daran, daß in der Schulfrage die Sozialdemokratie unsere Forderungen vertritt" und an anderer Stelle: „Erwarten wir doch davon (d. h. von der Unterstützung durch die Sozialdemokratie!) ein gut Teil der Aufklärung des Volkes, die für ein Ge lingen der Schulreform so unendlich nötig ist." In der Lehrerpresse finden sich weitere Aeußcrungen, die ein fatales Liebäugeln mit der Sozialdemokratie erkennen lassen. (In der offiziellen „Sächsischen Schulzeitung" heißt es: „Die Beschuldigung sozialdemokratischer Gesinnung wiegt im allgemeinen nur bei beschränkten Köpfen schwer" und weiter: „Bleibt die recht kindliche Frage, ob ein Lehrer in einem gewissen Falle sozialdemokratisch wählen dürfe oder nicht" und deren Bestrebungen nicht entfernt so be urteilen, wie dies für königs- und vaterlandstreue Männer selbstverständlich ist. Der Deutsche Lehrerverein, dem der Sächsische Lehrerverein als Mitglied angehört, hat in seiner diesjährigen Hauptversammlung in Straßburg einen An trag auf Ausschluß sozialdemokratischer Mitglieder nicht zum Beschluß gebracht, während die Vertreterversammlung des Sächsischen Lehrervereins vom 25. September d. I. allen Ernstes die Frage des Ausschusses derjenigen Lehrer dis kutiert hat, die dem evangelisch-lutherischen Schulverein oder dem konservativen Verein angehören. Der Konser vative Landesverein kann in Uebereinstimmung mit Tausenden königstreuer Lehrer derartige Vorgänge nur mit der größten Sorge um die Zukunft unseres Volkes er kennen und erwartet, daß den geschilderten Vorgängen und den wider die Autorität des Schulregiments gerichteten Be strebungen gegenüber die maßgebenden Instanzen unge säumt diejenigen Vorkehrungen treffen, die zur Aufrecht- erhaltung der Disziplin in einem monarchischen Staate unbedingt notwendig sind." Die drei Resolutionen wurden von der Hauptversamm lung einstimmig zum Beschlüsse erhoben. Hierauf hielt Herr Geh. Hofrat Opitz-Treuen eine»* ausführlichen Vortrag über das Verhältnis der Industrie zur konservativen Partei. Im Anschluß an die gleichfalls mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Ausführungen deS Redners nahm die Versammlung noch eine von Herrn General v. Schmalz eingebrachte Resolution einstimmig an, in der es mit Freuden begrüßt wird, daß in industriellen Kreisen immer mehr anerkannt wird, wie die Industrie im Kampfe um ihre Lebensinteressen und Existenzbedingungen gerade bei der konservativen Partei eingehendes Verstäub- nis und tatkräftige Förderung findet. Hierauf wurde die Versammlung geschlossen. Politische Rundschau. Dresden, den 6. Dezember 1410. — Reichstag. Das Scheitern der Arbeitskammer vorlage ist nach der Debatte am Montag im Reichstage in sichere Aussicht zu nehmen; das ist die erste Frucht der Moabiter Unruhen. Denn die scharfmacherische Stimmung des Reichstages wäre sonst nicht zu erklären. Wie am Montag im Reichstage von den Abgeordneten Graf Westarp (Kons.) und v. Dircksen (Rpt.) geredet wurde, hat man schon lange nicht mehr vernommen. Die neueste Rede LedebourS mit dem Bekenntnis zur Republik hat diese schneidigen Attacken hervorgerufen. Das Barometer für Sozialreform steht sehr nieder; die Arbeiter müssen wieder einmal die Zeche bezahlen, welche die Sozialdemokraten gemacht haben, Abg. Wiedeberg (Ztr.) betonte mit allem Nachdruck, daß das Zentrum das Gesetz zustande bringen wolle und daher alle Abänderungsanträge ablehnen werde. Die Sozial demokratie scheint das Gesetz auch nicht zu wollen, denn sie legte einen ganz neuen Gesetzentwurf über Arbeitsämter und Reichsarbeitsamt vor, lehnte die Arbeitskamnrern ab und forderte Arbeiterkammern: auf sie fällt die Schuld, wenn das Gesetz scheitert, den» ihr Redner Legien sagte ganz offen, daß seine Partei keinen hohen Wert auf das Gesetz lege. Staatssekretär Delbrück stellte das Unan nehmbar in Aussicht für zwei Fälle: 1. Bei Unterstellung der Eisenbahnarbeiter unter das Gesetz: 2. wenn die Ar beitersekretäre in die Kammer konimen sollten. Die Frei sinnigen (Mauz), Zentrum und Sozialdemokraten halten daran aber ebenso fest wie Behrens (W. Vg.). Abg. Nau mann (Frs. Vpt.) konnte das Interesse des Hauses nicht mehr wecken. Abg. Dr. Fleischer (Ztr.) hielt mit den Gegnern des Gesetzes eine scharfe Abrechnung und trat warm für die Annahme des Gesetzes ein, das den Frieden zwischen Arbeiter und Arbeitgeber fördern werde. Artikel 1 wurde gegen die Stimmen der Konservativen und Reichs parteiler angenommen. Ani Dienstag Fortsetzung. — In der konservativen Reichstagöfraktion soll bei den kommenden Wahlen ein großer Personalwechsel eintreten. Zahlreiche ältere Herren werden nicht mehr kandidieren; man sucht nach jungen Kräften, die dann auch in der Agi tation tätig sind. Die älteren Mitglieder der Fraktion haben bisher in der Agitation so gut wie nichts geleistet. Die Niederlagen der letzten Ersatzwahlen haben nun den Entschluß gereist, mehr Wert auf die Agitation zu legen. — Die Borkumer Spione. Wie die „Kieler Neuesten Nachrichten" melden, hat das Reichsgericht den Antrag der englischen Negierung auf Zulassung eines Vertreters zu dem am 16. Dezember beginnenden Spionageprozeß gegen die englisck-en Offiziere abgelehnt. — Bri der Ersatzwahl zum preußischen Landtag erhielt der von den Konservativen unterstützte Kaufmann Vogel (Ztr.) 820, Handelskammersyndikus Ehlers (Fortsch. Vpt.) 470, Redakteur Loebe (Soz.) 355 Stimmen. Bei der Stich wahl zwischen Vogel und Ehlers wählten die Sozialisten Ehlers. Dieser erhielt 839, Kaufmann Vogel (Ztr.) 824 Stimmen. Ersterer ist somit gewählt. — Ein Vorbild der Opferwilligkeit. 200 000 Mark in einem Monat! Allmonatlich veröffentlicht der sozialdemo kratische Parteikassierer im „Vorwärts" die Spenden und Beiträge, die freiwillig oder unfreiwillig der Partei zuge wendet werden. Die für den Juni des Jahres 1910 einge gangenen Spenden haben mit über 200 000 Mark den bisher höchsten Punkt erreicht, und nicht mit Unrecht sprechen die „Genossen" von einer fette» Quittung. Schon die zehn größten Beiträge ergeben zusammen über 160 000 Mark. Die Organisationen Berlins haben über 12 000 Mark, dis Hamburgs 20 000 Mark, der 13. sächsische Wahlkreis (Leipzig-Land) hat 7000 Mark boigesteuert. Die Haupt- einnahmen aber stammen nach wie vor aus den Partei betrieben. Das Hamburger „Echo" steht mit einer Ueber- schußrate von 18 000 Mark, die „Vorwärts"-Buchhandlung mit einer solchen von 25 000 Mark, der „Wahre Jakob"- Verlag mit 15 000 Mark in der Beitrasquittung. Die mysteriösen Spender Nordische Wasserkante und XVA haben 50 000 und 5000 Mark abgeliefert. Schließlich ist auch der Beitrag der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion mit 5000 Mark zu nennen; das sind die Tagegelder, die die. „Genossen" zum Teil an die Partei abführen müssen. ES ist kein Wunder, wenn bei solchen Verhältnissen die Sozial demokraten den Reichstagswahlen recht zuversichtlich ent gegensehen, , . 8