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Erscheint jeden W»chnN», »echmitiag«. — gernspr. Nr. II. Posticheckkinw Leipzig 28 484. — Gemeindegirokvnt» 14. — Bmikkom»: Ismmerz. und Privat-Banl Zweigstelle Hehen- ftein - Ernstthal. — Unverlangt eingcsandte Manuskript werde» nicht zurückgeschickt. — Einsendungen ohne Namens nennung finden lein« Pusnahu»«. UNÜAnstlM Bei »lagen, Konkurse«, vergleichen usw. wird »er vrutt» detrag in Rechnung gestellt Im Falle höherer Gewalt — Krieg »der sonstiger irgend welcher Störung de« Betriebe« »er Zeitung, der Lieferanten »der Ler BesiirderungSeinrich- wngen — hat der Bezieher leinen Anspruch «ns Lieferung »der «achliefernng der Zeitung »der auf Rückzahlung de« Bezugspreise«. Hohenstein-Ernstthals* Zeitung, Nachrichten und Neueste Nachrichten : Rr. 292 75. Hahrg Generalanzeiger für Hohenstein« Ernstthal mit Hüttengrund, Oberlungwitz, Gersdorf Hermsdorf, Bernsdorf, Rüsdorf, Langenberg, Meinsdorf, Falken, LangenchurSdorf, Reichen« tach^ Callenberg, Grumbach, Tirschheim, Kuhschnappel, kt. Egidien, Wüstenbrand, Erüna, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Vleißa und Rußdorf, BrwsSvreiS halbmonatlich 8N tyoldvsennla« «InschlteblKv Traaerlobn. Donnerstag, den 17. Dezember 1925 I Dieses Blatt enthält di« amtliche« Bekanntmachungen des Amtsgericht-, Finanzamts und deS StadtratS zu Hohenstein - Ernstthal, sowie der Behörden der umliegende« Ortschaften. Druck und Verlag vox Dr. Alban Frisch. Verantwortlich für di« Echristl«itung Dr. Erich Frisch, für die Anzeige« Otto Koch. M M«! M »MW MWW ll AMI Da» Matz ist voll Alle WWW M Sie Me MW» Aeußerst kritischer Stand -er Verhandlungen Bon unserem Berliner Vertreter Berlin, 17. Dezember In den parlamentarischen Kreisen ist das Ge rücht Verbreitet, daß die Verhandlungen Kochs über die Regierungsbildung bereits gestern nachmittag gescheitert seien, und daß es bei den für heute angesetzten neuerlichen Besprechungen lediglich darauf ankommen werde, noch einen letzten Versuch der Ver ständigung zu machen. Die Schwierigkeiten, die sich aus den starken Gegensätzen zwischen der Volkspartei und der Sozialdemokratie ergeben hätten, seien aber nicht mehr zu überwinden, so dast Dr. Koch genötigt sein werde, im Laufe des heutigen Tages seine Bemühungen einzu stellen. Ob dieser Pessimismus angebracht ist und ob tatsächlich keine Möglichkeiten mehr zur Herbeiführung einer Regierung der Großen Koa lition bestehen, ist im gegenwärtigen Augenblick schwer nachzuprüfen. Tatsache ist aber, daß man sowohl in den volksparteilichen, o-ls auch in den sozialdemokratischen Kreisen die Lage sehr ernst ansieht. Allerdings arbeiten die demo kratischen Parlamentarier mit Hochdruck daran, die sozialdemokratischen Führer umzustimmen und sie zu einer Abschwächung ihrer Forderun gen zu bewegen. Inzwischen dürften die Richtlinien, die der demokratische Parteiführer Dr. Koch ausge arbeitet hatte, noch einige wesentliche Ab änderungen erfahren. Die Sozialdemokra ten sollen Dr. Koch ziemlich nachdrücklich aufgefor dert haben, detaillierte Angaben über die sozial politische Einstellung seines Programmes zu machen, so daß man sich jetzt in erster Linie mit einem Arbeitsprogramm für die Erwerbslosen und Kurzarbeiter-Fürsorge beschäftigen wird. Dabei ist allerdings an eine völlige Berücksichti gung der sozialdemokratischen Forderungen nicht zu denken, so daß damit das schwierigste Stadium noch lange nicht überwunden sein wird. Die politischen Kreise sind der festen Ueber- zeugung, daß weder die Sozialdemokratie noch die Deutsche Volkspartei im gegenwärtigen Augen blick die Bildung einer Regierung der Großen Koalition wünscht, und daß aus diesem Grunde gar keine Aussicht auf eine Einigung besteht. Man habe von vornherein wissen kön nen, wie aussichtslos alle Versuche des demokra tischen Parteiführers Dr. Koch sein mußten, und es wäre daher besser gewesen, wenn Reichskanz ler Dr. Luther bereits am Montag die Kabinetts bildung in die Hand genommen hätte. Der Op timismus, mit dem einige parlamentarische Kreise die Bemühungen Dr. Kochs verfolgen, sei nicht nur verfrüht, sondern sogar in gewisser Hinsicht gefährlich gewesen. Selbst wenn nach allen Anstrengungen der letzten Tage wirklich ein Kabinett der Großen Koalition im letzten Augenblick noch zustande kommen sollte, wäre damit noch keine endgültige Klärung geschaffen, da die Dauerhaftigkeit einer solchen Mehrheits basis zweifellos in Frage gestellt wäre. Die Große Koalition habe noch nicht die Feuerprobe bestanden, so daß ihre Anhänger erst einmal den Nachweis dafür erbringen müßten, ob sie im Reichstag überhaupt auf einer tragbaren Grund lage stehen würde. Abänderung der Kochsche» Richtlinien Die gestrige B e s p r e ch u n g des Abg. Koch mit den Parteiführern war nach 1 Uhr mittags beendigt. Sie erstreckte sich über die einzelnen Punkte des von Herrn Koch ausgcarbeiteten Programms, durch die er die Meinungsverschie denheiten unter den Parteien auszugleichen suchte. Er wurde schließlich beauftragt, eine Unter Ler Ueberschrift „Das Maß ist voll" nimmt die dem deutschen Außenminister nahe stehende „Tägliche Rundschau" zu dem uner hörten Verbot der deutschen Weih nachtsfeste in Südtirol Stellung. Das Blatt schreibt u. a.: „Es ist uns völlig unverständlich, weshalb Italien dieses neue grausame Folterwerkzeug ausgerichtet hat. Sind die maßgebenden italieni schen Politiker ganz von Eottund ihrem Verstand verlassen oder sind sie in ihrem faschistischen Größenwahn samt und sonders ver rückt geworden, denn diese Tat ist nur als die eines geistig Umnachteten anznsprechen ? Wir Deutschen aller Welt, denen unser deutsches Weihnachten mit Weihnachtsmesse und Lichter baum ein deutsches und christliches Symbol zu gleicher Zeit ist, erheben allerschürssten Einspruch gegen den faschistischen Wahnsinn; wir können nicht mehr daran glauben^ daß die Italiener eine Kulturuation sind, falls sie diesen ungeheuerlichen Befehl nicht rück- güngig machen. Kampf bis zum letzten Blutstropfen wird die Folge dieser Ver ordnung sein und die Südtiroler werden ln Deutschland Freunde haben mehr als sie brau chen. Das Maß ist voll. Das müssen die Italiener nun einsehcn, noch ei« Tropfen und cs läuft über. Es ist erfreulich, zu lesen, daß endlich Herr Stresemann aus seiner Reserve herausgeht und in nicht mißzudeutenden Worten den tatsächlich vor Erößenwahnsinn verrückt gewordenen Faschi sten in Italien bedeutet, daß das deutsche Reich nicht weiter dulden wird, daß faschistische Unter- organisationen in Südtirol das Deutschtum aus- neuc Formulierung seiner Richt linien vorzunehmen. Am Donnerstag vor mittag wird Herr Koch die Parteiführer zu wei terer Besprechung wieder versammeln. Sie SmtW in MW« Zentrum und Bolkspartei ohne Beschlüsse — Ablehnung der Sozialdemokratie Nach der Plenarsitzung des Reichstags tra ten die Fraktionen des Zentrums, der Deutschen Volkspartei und der Sozialdemokratie zusammen, um zu den ergänzenden Richtlinien des Abg. Koch- Weser Stellung zu nehmen. Die Ergänzungen betreffen drei Punkte, vor allem die Erwerbslosen frage, dann die Frage des Arbeitszeit gesetz es im Zusammen hang mit deni Washingtoner Abkommen und chließlich die Frage der Revision der Steuergesetzgebung. In der Zentru ms- raktion erstattete Abg. Marx den Bericht. Einwendungen gegen die Ergänzungen wurden nicht erhoben. Die Reichstagsfraktion der Deut schen Volkspartei hielt eine etwa einstündige Sitzung ab, in der Abg. Dr. Scholz den Be richt über die Parteifllhrerbesprechnng gab. Be- ondere Beschlüsse wurden nicht gefaßt, sondern )ie Unterhändler ermächtigt, die entsprechende Entscheidung zu treffen. Die sozialdemokratische Reichs- agsfraktion — die inzwischen ihre Forde rungen betr. der Erwerbslosenfürsorge und der Beamtengehälter verdoppelt Hatto - gab nach fast vierstündiger Debatte gegen 11 Uhr abends fol gendes Tommuniquee aus: Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hat am Mittwoch abend einen Beschluß gefaßt, der ausspricht, daß sie in dem Ergebnis der geführ ten Verhandlungen kein« Geeignete rotten. Italien spielt ein gefährliches Spiel. Die Gefahr eines bewaffneten Aufstandes in Süd tirol ist nicht von der Hand zu weisen und was das für Italien und den famosen Völkerbund bedeutet, das werden wohl die Perücken in Paris und London auch ohne drastische Beweisführung einsehen. * Inzwischen bemühen sich Italiens Organe im Deutschen Reiche die ihnen angesichts der wach senden Erbitterung in Deutschland doppelt fatale Angelegenheit auf ein anderes Gleis zu schie ben. So teilt das italienische Generalkonsulat in München amtlich mit: Die Nachricht, wonach der Bevölkerung von Südtirol die Abhaltung des Weihnachtsfestes in der herkömmlichen Weise mit dem Weihnachts baum verboten worden märe, ist v o l l st ä n d i g erfunden. Kanz im Gegenteil hat der könig liche Kommissar in Bozen im Auftrag der Regie rung der Bevölkerung die Weihnachtsbäume aus den Staatsjorsten zur Verfügung gestellt und daran den Wunsch einer fröhlichen Weihnacht geknüpft. Auch die Nachricht, daß auf behördliche Verordnung die Entfer- nungdesDenkmalsWalter von der Vogelweide in Bozen angeordnet wor den sei, ist frei erfunden. Das Denkmal bleibt, wo es steht. Das Dementi des Münchener Italieners ent spricht vielleicht den offiziellen Anschauun gen Roms, stimmt aber nicht mit den Maßnah men des Faschismus in Trient und Bozen über ein. Diese Herren dort sind so eigenwillig und machtbewußt, daß ihnen nur Mussolini selbst mit Kraft in die Arme fallen muß. Grundlage für die Bildung einer Großen Koalition erblickt. Der Beschluß wird am Donnerstag früh bei der für 1ll Uhr angesetztc» Besprechung den Beteiligten über reicht werden. Fast alle Berliner Blätter betonen, daß dieser Beschluß das Ende der Verhandlun gen über die Große Koalition bedeutet und daß Abg. Koch nichts anderes übrigbleibe, als sich zum Reichspräsidenten zu begeben, um ihm dem erteilten Auftrag zurückzugeben. Der „Berl. Lokalanzeiger" bezeichnet es als nächst liegende Vermutung, daß der Reichspräsident nunmehr den bisherigen Reichskanzler Dr. Lu ther mit der Neubildung der Regie rung beauftragen werde. Die „Germania" er klärt, daß für die Weiterentwicklung der Dinge diejenigen dis Verantwortung trügen, die das Zustandekommen der Großen Koalition verhin dert und geglaubt haben, sich durch die Flucht der Verantwortung entziehen zu können. Der Widerstand der Sozialdemokratie gegen die ein zig mögliche Regierungsbildung sei ein Schlag gegen die Republik und das parlamentarische System. Die kommende Regierung werde ent weder ein Kabinett mit rechts gerichtetem Ein schläge sein, — dann möge man sich bei den So zialdemokraten bedanken, — oder ein politisch weniger abgestempeltes Kabinett, das dann doch nur mit stillschweigender Hilfe der Sozialdemo kraten regieren könne. Auch die „Voss. Ztg." be dauert es, daß die Sozialdemokratie in einem entscheidenden Augenblick nicht den Mut gefun den habe, über Parteibedenken und Mißtrauen hinwegzukommen, was ein Gebot der Notwen digkeit und der staatspolitischen Klugheit wäre. Die Sozialdemokratie werde sich den Vorwurf nicht ersparen können, daß sie sich negativ einge stellt habe, wo positives Handeln am Platze ge wesen wäre. Der „Vorwärts", der in längeren Ausführungen di« Haltung der sozialdemokrati ¬ schen Fraktion zu rechtfertigen sucht, insbeson dere mit dem Hinweis darauf, daß die sozialde mokratischen Richtlinien für ein Regierungspro gramm nicht angenommen worden seien, teilt mit, daß es das Mißtrauen gegen die „rechte Flügelpartei" gewesen sei, was zu dem Be schluß der sozialdemokratischen Fraktion geführt habe. Das ehrliche Bemühen des demokratischen Parteiführers Koch, ein brauchbares Regierungs- Programm zu finden, habe allgemeine Anerken« nung gefunden. W WM!SM Wkll ßirrseinM? Zwei Verhaftungen Die „Voss. Ztg." meldet von einem aufgedeck ten Attentatsplan gegen den Außenmini ster Dr. Streseman n, der im wesentlichen vom Berliner Polizeipräsidium bestätigt wird. In der Meldung heißt es: Ein Attentatsplan gegen drn Rrichsaußrnminister Dr. Stresemann ist ausgedeckt worden. Zwei Männer, die nach ihren eigene» Angaben zu den Parteien der Rechten gehören, sind verhaftet worden. Wir erfahren darüber noch folgende Einzel heiten: Ein verbummelter Akademiker Kaltdorff, Sohn eines höheren Beamten, vorbestraft und nach mancherlei Schicksalen als Arbeiter in einem süddeutschen Werk gelandet, nach seinen eigenen Angaben Anhänger Hitlers, empfindet Dr. Stresemann als einen Volks« schädling. Er faßte deshalb den Plan, ihn zu „killen" und suchte nach Männern, die gleich ihm entschlossen sind, alles auf eine Karte zu setzen. Er findet auch einen Komplizen in einem Bürogehilfen Lorenz, den Sohn eines Oberstudienrats, der nach seiner eigenen Angabe vor dem Richter der Deutschnationalen Partei angehört, und stößt sich auch nicht daran, daß dieser Mann sich schon einige Male in einem Irrenhaus aufgehalten hat. Diese beiden be sprachen nun miteinander die Einzelheiten des Planes. Flugzeug zur Flucht, Verkleidung und alle die romantischen Dinge, mit denen man sich nach dem Vorbild der Rathenau-Mörder tn einem bereitgehaltenen Auto schnell in Sicher heit bringen will, spielen dabei eine Rolle. Zn der Zwischenzeit wird noch ein dritter Mann gesucht, den man glaubte in der Person eines Maschinenschlossers gefunden zu haben. Aber in diesem Stadium der Dinge führte vor einigen Tagen eine Unvorsichtigkeit Kaltdorffs, d. h. ein Brief an einen vermeintlichen Gesinnungsgenos sen, der aber über die Wahl der Mittel zur poli tischen Arbeit doch anderer Meinung war als Kattdorff, zur Verhaftung. Die beiden Männer sind jetzt in Berlin von der Polizei dem Richter vorgeführt worden, der bei ihrer Vernehmung den bestimmten Eindruck gewonnen hat, daß es sich nicht nur um Bespre chungen und Vorbereitungen krankhaft phanta stischer Gehirne handele, sondern daß den bei den angesichts ihrer politischen Ansichten, ihrer abenteuerlichen Schicksale und Lebensführung und angesichts der ganzen Umstände, in denen sie lebten, die verbrecherische Tat, die sie planten, wohl zuzutrauen sei. Der Richter hat infolge dessen gemäß § 49a und b des Reichsstrafgesetz buches und der 83 1 und 7 des Gesetzes zum Schutz der Republik Haftbefehl gegen die beiden erlassen. Ueber den Attentatsplan wissen die Blätt«» noch mitzuteilen, daß die beiden Verhafteten Kaltdorff und Lorenz in den Siemens« werken in Siemensstadt bei Berlin tätig wa ren. Kaltdorsf bezeichnete sich bei der Verneh mung als deutschvölkisch, Lorenz als deutschnatio nal. Aufgcdeckt wurde der Plan dadurch, daß «in Münchener Rechtsanwalt, der früher der,