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Mittwoch, den 13 Juni. Politische Weltschau. Innere Ereignisse von großer politischer Bedeutung hatte Deutschland im Laufe der vorigen Woche nicht zu verzeichnen. Der Kaiser begab sich nach Liegnitz zur scchszigjährigcn Jubiläumsfeier des Kö- nigS-Grenadier-Regiments. Dasselbe ist im Jahre 1807 zu Bartenstein in Ostpreußen gegründet, wurde nach den Freiheitskriegen nach Glogau verlegt und entnahm fortan aus Schlesien seinen Ersatz. Bon 1855 bis 1860 garnisonirte es in Posen, von wo es nach Liegnitz, resp. Jauer und Löwenbcrg verlegt wurde. Bon den ruhmreichen Ehrentagen des Re giments sind zu nennen 1813: die Schlachten bei Groß-Görschen, Bautzen, Dresden, Kulm und Leipzig, 1814: die Schlachten von Laon und Paris, 1815: die von Ligny und Waterloo, 1866: die Schlachten von Nachod und Gitschin, 1870 : die von Weiscnburg, Wörth und Bicötre, 1871: der große Ausfall von Paris am 19. Januar. Ein eigenes Geschick hat eS den Königs-Grenadieren versagt, in den beiden großen Entscheidungsschlachten der letzten Kriege mit zuwirken; trotz des angestrengtesten Marsches langte das Regiment auf dem Schlachtfelde von Königgrätz erst an, als der Sieg bereits entschieden war, und am 1. September 1870 stand es auf der Höhe vor Sedan in der Reserve und kam somit nicht in die Action, später lag es in und bei Versailles und wurde hier in regelmäßigen Zwischenräumen mit dem beschwerlichen Borpostendienste gegenüber dem Mont-Valerien betraut. Wenn somit ganz besonders im letzten Kriege das Regiment nur sehr selten Gelegen heit hatte, sich mit dem Feinde zu messen, so hat es denselben um so empfindlicher deutsche Kraft fühlen lassen. Zeuge dessen sind die 18 Offiziere und 275 Mann, vje den Heldentod für's Vaterland starben, die 27 Offiziere und 681 Mann, die verwundet . wurden^ die 9 Eisernen Kreuze erster und 215 zweiter f Aaste, die dem Regiment verliehen sind... Ein tapferer Grenadier fiel als das Opfer wahrhaft viehischer Rohheit, man fand ihn eines Morgens beim Schlosse Mrudon an einen Baum genagelt mit zerschmettertem Kopfe und Brustkasten; 39 Mann wurden vermißt und Wen wohl fäifimtlich im Lauerkach bei Wörth ihr passe» Grab gefunden. GeÄchtexntgtgenges^tztW Art yrrfirtenyychvor W- ----- nigen Tagen in österreichischen und un garis chen Kreisen, Nachrichten von militärischen BorWepWM, die zwar nur zaghaft auftraten, aber immerhin er wähnt zu werden verdienen. Es hieß nämlich, dje dritten Divisionen der Arlillerieregimenter hätten Weisung erhalten, sich füx die binnen Kurzem zu erlassende Mobilisirungsordre bereit zu halten. Auch commentirte der „Pester Lloyd" die plötzliche Rückkehr des Reichskriegsministers von seinem Cartsbqder Urlaube und gab sich zwar der Äyschaüirng hly, daß dieselbe mit den Berathungen über dqS gemein same Kriegs-Budget in Verbindung stehe, nannte aber als eine der Versionen, welche sich an die Wä- kehr des Grafen Bhlandt knüpfen, jene, wpnach es sich um „Ausgleichungsmaßregeln" längs der serbischen und rumänischen Grenze , die sich anläßlich der Er eignisse auf dem Kriegsschauplätze nunmehr als un erläßlich darstellen, handeln sollte. Ein anderes ungarisches Blatt, das „Neue Pester Journal" wollte wissen, daß sich im ungarischen LandesvertheidigungS- ministerium eine versiegelte Mobilisirungsordre be finde, ohne daß über den Zeitpunkt der Eröffnung irgend welcher Anhaltspunkt gegeben wäre. Was an alledem Wahre» sei, ist schwer zu unterscheiden; das Meiste ist wohl auf Rechnung der alten Er fahrung zu setzen, daß man da», was man wünscht, gern glaubt. Für Italien begann die vorige Woche mjt einem allgemeinen Festtage. Die Liberalen feierten das 30jährige Jubiläum der italienischen Verfassung, die Clerikalen das BischosSjübiläum des Papste». Der Papst empfing 2000 Pilger italienischer Na tionalität; da er sich indeß nicht wohl fühlte, so hgt er, ihn mit Verlesung von Adressen zu verschonen und schloß seinen Dank mit den Worten: „Ich segne Alle, wie Jacob das hebräische Volk gesegnet rhat." Und so fiel der Empfang sehr kurz aus. Die Hauptfeier des bischöflichen Jubiläums Pius IX. wurde in der Kirche St. Peter in Bincoti» be gangen. Es wohnten ihr mehrere Cardinäle uyd über 100 Bischöfe bei. Die Menge der Gläubigen und Neugierigen wogte unaufhörlich ein und au», weil Hitze und Gedränge da» Bleiben in der Kirche fast unmöglich machten. Mit Einbruch der Nacht illuminirten die Clerikalen zu Ehren des Papste» und Liberales, zu, tzeier drSVerfafsupgSfesteS. Gan; Bischofswerda, Stolpen und UmgegenW Amtsblatt der Kgl. Amtshauptmannschaft und der Kgl. Schulinspection zu sowie des Königlichen Gerichtoamtes und des Stadtrathes zu Kifchosswerdy». > Diese Zeitschrift erscheint wSchentlich zwei Mal, Mittwochs und Soanavead« und kostet einschließlich derSonn» abend« erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark 50 Pfg. (15 Ngr.). Inserat« werdenditDirnttagt Md Freitags früh » Uhr angenommen und kostet die gespUtene SorpuSzeile »der deren Raum 1«,Mgnige. ,