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Die „Weißeritz. Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich I M. 25 Pfg-, zweimonatlich S4 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, fowie Di« Agenten nehmen Be stellungen an. Mchmtz-MiW. Amtsblatt Inserate, welche Lei der bedeutenden Auslage dei Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. für die Königliche Amishauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhilk in Dippoldiswalde. Nr. 119. Donnerstag, den 11. Oktober 1883. 48. Jahrgang. Arr große wirthschastliche Hebel der Zukunft. Ach, was sind doch politische Heilslehren und wirth- fchaftliche Glaubenssätze, Freihandel und Schutzzoll, was selbst gute Gesetze für kleine Helfer des Fortschritts im Kampfe um das Dasein bei dem Menschengeschlechts, wenn man ihre immerhin anerkennenswerthen Wohl taten mit den großartigen Wirkungen vergleicht, welche die wachsende Erkenntniß der Mutter Natur und ihrer gewaltigen Kräfte verursacht! Ein ganz neues Zeit alter hat schon die Anwendung der Dampfkraft auf Schiffen, Eisenbahnen, industriellen und landwirt schaftlichen Maschinen hervorgebracht, aber während wir noch die wirtschaftlichen Errungenschaften der Epoche des Dampfes bewundern, hat uns der zu rast losen Thaten geweckte menschliche Forschungsgeist be reits vor die Pforten eines noch glänzenderen Zeit alters, an dasjenige der Elektrotechnik, gebracht. Wie wunderbar ist doch der Weg zur wahren Er- kenntniß der elektrischen Kraft gewesen! Schon die griechischen Weisen hatten durch die Beobachtung der Eigenschaften des Bernsteins eine Ahnung von dem Vorhandensein der geheimnißvollen elektrischen Kraft, aber mehr als zwei Jahrtausende mußten verfließen, ehe es den Physikern Gilbert und Otto von Gerike gelang, die Entstehung der Elektrisirmaschine zu erfinden. Der Amerikaner Benjamin Franklin erkannte dann die Identität der Elektrizität mit dem Blitze und konstru- irte den Blitzableiter, welcher für die späteren Physiker ein wichtiger Anstoß für die technische Verwendung der Elektrizität wurde, und nun ging es verhältnißmäßig rascher in der Erkenntniß dieser Naturkraft. Galvani und Volta entdeckten die Berührungselektrizität, Oer- stedt erkannte den Zusammenhang zwischen Elektrizität und Magnetismus und diesen wissenschaftlichen Ent deckungen folgte einige Jahrzehnte später die technische Verwendung der Elektrizität beim Telegraphen und der Galvanoplastik. Längere Zeit schien nun der Glaube unter den Physikern obzuwalten, daß die Elektrizität für weitere technische Zwecke nicht anwendbar sei, aber das Telephon und das Bogenlicht, bereits von deutschen Physikern vorbereitete und von dem Amerikaner Edison vervollkommnete Erfindungen, zeigten, daß gerade die Elektrizität der allgemeinsten Verwendung als Kraft leiter fähig ist und nun stehen wir, wie die inter nationale Ausstellung elektrischer Maschinen in Wien gezeigt hat, äm Beginn einer umwälzenden, elektro technischen Epoche. Denn so Bewunderungswerthes die Elektrizität auch bereits beim Telegraphen, Telephon und Bogenlicht leistet, so beruht ihre größte wirthschaftliche Leistung doch nicht auf diesen Erfindungen, sondern auf der durch die dynamoelektrische Maschine gezeigte Umsetzung jeder mechanischen Kraft in Elektrizität. Diese läßt sich aber leicht in Licht, Wärme und Bewegung um wandeln, also ist die Elektrizität der allgemeine „Kraft übertrager" oder „Kraftleiter" der Zukunft. Wasser ströme, Wind und selbst Sonnenstrahlen kann man jetzt in Elektrizität verwandeln und die auf diese Weise gewonnene elektrische Kraft setzt man wieder in Licht, Wärme oder mechanische Bewegung um. Für die ökonomische Verwerthung der Elektrotechnik muß nun allerdings noch viel geschehen, denn erst dann wird sich aus derselben ein wirthschaftlicher Vortheil ergeben, wenn sie billiger und leistungsfähiger als die bisherigen Arten der Licht-, Wärme- und Kraftproduktion ist. Erst wenn dieses Ziel in der einen oder andern Weise erreicht ist, wird die Elektrotechnik als erfolgreiche Kon kurrentin der Dampfmaschine, der Gasbereitung und der Steinkohle auftreten können und sich dann auch als ein bedeutsamer Faktor bei der Lösung der sozialen Frage erweisen. Denn man fürchte nur nicht, daß die elektrischen Erfindungen lediglich Menschenhände ersetzen würde, ohne gleichzeitig neue Arbeit für die selben zu schaffen. Außerdem werden die elektrischen Erfindungen aber auch dazu berufen sein, eine Menge Konsumartikel billiger herzustellen, und daraus werden sich schon allein leichtere Existenzbedingungen für viele Menschenklassen ergeben. .Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Der Gesammtauslage unseres heutigen Blattes liegt der von nächstem Montag, den 15. Oktober, ab gültige Winterfahrplan der kgl. sächs. Staatsbahnen bei. Der für uns am meisten in Betracht kommende Fahrplan der Linie Hainsberg- Kipsdorf har nur ganz geringe Aenderungen aufzu weisen. Zunächst ist, wie nicht anders zu erwarten, der an Sonntagen um 6.40 von Schmiedeberg ab gehende Abendzug in Wegfall gekommen; dann geht von Hainsberg der Mittagszug 10 Minuten früher, der Abendzug aber 5 Minuten später ab, während in Kipsdorf der Abendzug 5 Minuten früher abgeht; der längste Aufenthalt in Hainsberg nach und von Dresden beträgt nur noch 15 Minuten. Daß der Anschluß nach und von Freiberg nicht ein gleich gün stiger sein kann, liegt auf der Hand, da aber die hiesige Gegend mehr auf Dresden angewiesen, werden hoffent lich nur Wenige darüber scheel sehen. Die kgl. Ge neraldirektion hätte sämmtliche Wünsche der ganzen Gegend erfüllt, wenn sie uns noch einen Fcühzug von Dresden gegeden, und wollen wir nur hoffen, daß der nächste Sommerfahrplan uns denselben bringt, eine Bedürfnißfrage dürfte wohl zu bejahen sein. — 10. Oktober. Nachdem schon vor Beginn der Michaelisferien unter den Schülern hiesiger Stadtschule die Masernkrankheit aufgetreten war, erreichte die Zahl der Erkrankten, einschließlich der durch den Aus bruch der Epidemie in der Familie oder im Hause vom Schulbesuch Abgehaltenen, beim Anfänge des Winterhalbjahres eine solche Höhe, daß durch den kgl. Bezirksarzt vr. Erler die sofortige Schließung der 8 untersten Klaffen angeordnet worden ist. Während am Montage die Zahl der infolge der Epidemie Fehlenden 167 betrug, stieg dieselbe Dienstag bereits auf 204, wodurch die Anordnung der beregten Maß regel angezeigt erscheint. Ein Termin der Wiederer öffnung ist nicht vorgeschrieben, und werden die be treffenden Eltern seinerzeit jedenfalls durch Bekannt machung in der „Weißeritz-Zeitung" das Weitere er fahren. — Das Komitee für das Lut herfest hat sich am Montag unter dem Vorsitz des Herrn Bürgermeister Voigt konstituirt und die Hauptzüge des Festprogramms in der Weise festgestellt, daß Sonnabend, 10. Novbr., Vormittags Festmusik auf dem Markte, Nachmittags nach Pflanzung einer Buche vor der Turnhalle die Schuljugend der ersten 3 Klaffen in die Stadtkirche ziehen und dort ein liturgischer Gottesdienst mit einer von Hrn. Schuldirektor Engelmann zu haltenden An sprache stattsinden soll. Abends wird dann das Ein lauten des Festes, Sonntag früh aber ein Festzug zur Kirche erfolgen, wo ein in Kirchenmusik und Fest predigt bestehender Gottesdienst gehalten werden soll. Nachmittags ist gleichfalls Gottesdienst und Abends soll sodann eine in ihrem Verlaufe noch näher zu be stimmende gesellige Vereinigung auf dem Rathhause erfolgen. Auch ist eine Armenspeisung beantragt, über die jedoch von Seiten der städtischen Kollegien erst Beschluß gefaßt werden wird. — Im Monat September d. I. wurden an hier durchreisende Fremde als Stadtgeschenk 180 Marken gegen 240 im gleichen Monat des Jahres 1882 ver abreicht. — Zu Vermeidung von Beeinträchtigungen der für den 10. und 11. November d. I. angeordneten kirchlichen Feier des Geburtstages vr. Martin Lu thers ist vom Kirchenvorstand zu Liebenau be schlossen worden, das diesjährige Kir ch wei h f e st, welches dem Herkommen nach am 11. bez. 12. No vember zu begehen sein würde, bereits auf den 22. Ok tober zu verlegen. Aus gleichem Grunde hat der Kirchenvorstand zu Reinhardtsgrimma die Verlegung des den 12. November abzuhaltenden Kirchweihfestes auf den 19. desselben Monats beschlossen. Dresden. Mit dem Eintreten der kälteren Jahres zeit beginnt bekanntlich auf den Linien der kgl. sächs. Staatsbahnen auch wieder das Heizen der Koupees in den Eisenbahnwagen und nimmt die fakultative Heizungsperiode, je nachdem es die Temperatur er fordert, vom 15. Oktober ab ihren Anfang; es währt dieselbe bis zum 30. November. In den Monaten Dezember, Januar und Februar wird ohne Unter brechung — wenn nicht außerordentliche, sehr warme Witterung eintritt — fortgeheizt. Vom 1. März bis mit 15. April abermals wieder, je nachdem und wann es durch kalte Witterung geboten scheint. Innerhalb der fakultativen Zeit ist Heizung der Koupees stets dann zu erwarten, wenn nur noch 4 Grad R. Wärme und weniger im Freien vorhanden sind. Ist es wärmer als 4 Grad, so erfolgt keine Heizung. Sobald nun ein Zug geheizt ist, wird eine gleichmäßige Temperatur innegehalten und darf dieselbe nie unter 8 Grad L. herabgehen. — Es freut uns, noch von einigen Auszeichnungen berichten zu können, die Herrn Prof. vr. Schilling aus Anlaß der Weihe des Niederwald-Denkmals zu Theil geworden sind. Nach Beschluß des eigentlichen Festaktes am 28. September richtete bekanntlich Se. Maj. der Kaiser huldvolle Worte an den Schöpfer des großartigen Monumentes: er erwähnte dabei u. A., daß Prof. Schilling von der offiziellen Auszeich nung, der Verleihung des König!, preußischen Kronen ordens zweiter Klasse, bereits unterrichtet sei; er, der Kaiser, wolle ihm indessen auch seine private, persön liche Anerkennung aussprechen und es geschehe dibs durch das Schreiben, welches er ihm überreiche. In diesem Schreiben wird Prof. Schilling eröffnet, daß der Kaiser ihm eine Ehrengabe von 30000 Mark ver liehen hat, die aus seiner Privatschatulle auszuzahlen sind. Von Sr. Maj. dem König von Sachsen wurde dem Meister in Wiesbaden das Comthurkreuz zweiter Klasse des K. S. Albrechtsordens und von Sr. Hoheit dem Großherzog von Sachsen-Weimar das Comthur kreuz des Weißen Falkenordens verliehen. Döbeln. Die durch eine Aktiengesellschaft hier ins Leben gerufene Zuckerfabrik hat am 9. Oktbr. ihre Thätigkeit begonnen. Oelönitz. Auf bis jetzt noch völlig unermittelte Weise brach am 5. Oktober im Innern des „Hedwig- schachtes" ein Brand aus, der sofort aus der Schachtmündung hervorschlug, wodurch alsbald das den Schacht überdeckende Maschinen- und das damit verbundene Betriebsgebäude ergriffen wurden. Die inzwischen angelangten Spritzen konnten sich nur noch auf die Rettung des Kesselgebäuves, welches auch schon Feuer gefangen hatte, beschränken. In der 6. Stunde brach unter fürchterlichem Krach und Zischen das Ge bälks, sowie das hochaufgebaute Räderwerk zusammen und bedeckte die Schachtmündung dergestalt, daß der Luftzug dadurch abgeschnitten ward und das Feuer im Innern des Schachtes von selbst verlöschen mußte. Gegen 9 Uhr Abends war alle Gefahr vorüber. Der Hedivigschacht ist Eigenthum der Oelsnitzer Bergbau gesellschaft und nächst dem Luganer Gottessegenschacht einer der ergiebigsten und zugleich auch einer der tiefsten (1100—1200 Ellen) im Oelsnitz-Lugauer Steinkohlen becken. Da seine Kohle sehr gesucht wird, so beschäftigt derselbe abwechselnd in Tag- und Nachtschicht an 700 Bergleute. Der Schacht ist nur in den obersten 8 bis 10 Meter in der Zimmerung beschädigt, wird aber in wenigen Tagen wieder verbaut sein und die Wetter zirkulation aus der Grube ungebrochen bleiben. Dec Grubenbetrieb wird ohne wesentliche Beschränkung fort gehen und wird die Förderung auf den Friedensschacht verlegt werden. Der Kohlenabsatz wird wenig Ein-