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Amtsblatt für das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Waldenburg. ^7-^, «« Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in dm Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, LangenchurSdorf, Langenleuba-Niederhain, Langenleuba-Oberha» Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. I»—W»»WMWMWI»—W—»»M»MMW°MIIMW——W»»»———» 1 ' t"——»WM——MIMIM»»»——MM———M—»»»—MM—WM»WMMMMMM»M»WWM>MM—»—»»—»—»—»M—I»»»»»WMIW» 219. Dienstag, Sen 31. September 1900. Witterungsbericht, ausgenommen am 20. September, Nachm. 3 Uhr. Barometerstand 761 MM reduziert auf den Meeresspiegel. Thermometerstand -s- 16° 6. Morgens 8 Uhr -j- 14« O. Tiefste Nachttemperatur -s- 12,z« 0.) Feuchtigleits- gehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 70«/,. Taupunkt -st 11" 6. Windrichtung:^ Südwest. Niederschlagsmenge in den letzten 48 Stunden bis früh 7 Uhr: 21,g WM Daher Witterungsaussichten für den 21. September: Wolkiges bis halbheiteres Wetter. ^Waldenburg, 20. September 1909. Der deutsche Reichskanzler Herr von Bethmann Hollweg ist soeben, wie jeder seiner Amtsvorgänger, in der Kaiscr- stadt an der Donau vom Kaiser Franz Joseph mit den Ehren empfangen worden, die dem leitenden Staatsmann des der habsburgischen Monarchie so eng verbündeten Deutschen Reiches zukommt. War Herr von Bethmann auch der aus wärtigen Politik noch fernstehend, als die Reichsregierung im letzten Winter energisch für Oesterreich-Ungarn in der serbischen Frage eintrat, er erntet, wo sein Vorgänger Fürst Bülow gesät hat. Nie waren die deutsch-österreichischen Be ziehungen herzlicher, als heute. Ta ist es denn von ganz besonderem Interesse, auf den ersten Kanzlerbesuch in Wien hinzuweisen, dem Alles dies zu verdanken ist. Der Zufall will cs, daß der dreißigste Jahrestag dieses historischen Ereignisses ganz nahe bevorsteht. Am 7. Oktober 1879 war es, daß Graf Julius Andrassy, der österreichisch-ungarische Minister des Auswärtigen, und der deutsche Reichskanzler Fürst Bismarck in Wien mit Zu stimmung ihrer beider Monarchen das Schutz- und Trutz bündnis unterzeichneten, aus welchem später der Dreibund hervorgegangen ist. Das Bündnis war notwendig geworden in Folge der drohenden Gefahren von russisch-panslavistischer Seite, und wenn dem alten Kaiser Wilhelm I. es auch schwer wurde, gegen seinen ihm auf's Engste befreundeten Neffen, Kaiser Alexander II. von Rußland, eine solche Stel lung einzunehmcn, er verschloß sich den Bismarck'scyen Grün den nicht, die ihm der damalige Vizekanzler Graf Stolberg- Wernigerode in Baden-Baden vortrug. So ritterlich war aber der alte Heir gesinnt, daß er zur gleichen Zeit, als Bismarck in Wien war, den Zaren in Alexandrowa auf suchte, um ihm zu versichern, daß das neue deutsch-österreichi sche Bündnis ihre beiderseitigen Beziehungen in keiner Weise beeinträchtigen würde. Fürst Bismarck's Wiener Besuch war ein Ereignis, wel ches die ganze Welt mit Interesse erfüllte, und nicht allein blos Wegen des Bündnisses. Denn noch nicht anderthalb Jahrzehnte zuvor hatte die blutige Auseinandersetzung zwischen Preußen und Oesterreich-Ungarn stattgefunden, von der es allenthalben, und natürlich am meisten in Wien, hieß: „Das hat der Bismarck fertig gebracht!" Dieser stand ja bei der eigentlichen Entscheidung völlig hinter der Armee und ihren Leitern zurück, aber immer wieder hieß es: „Der Bismarck, der Bismarck ist's gewesen." Er war nicht in Wien gewe sen seit 1866, und so ist es erklärlich, wenn seinem Erschei nen mit einer unendlichen Spannung entgegengesehen wurde. Man erwartete sogar Zwischenfälle! Aber nichts dergleichen geschah, im Gegenteil der erste deutsche Kanzler ward mit einem Respekt empfangen an der Donau, wie ihn kein Kai ser und kein König größer verlangen konnte. . . . Andert- halb Jahrzehnte später war dann Bismarck aus Anlaß der Heirat seines ältesten Sohnes wieder in Wien. Und die Herzlichkeit war da noch größer. PvIitischUmdscha«. Deutsche» Rei». Der Kaiser weilte am Sonnabend zur Elnwechung der Schack-Galerie in Bayerns Hauptstadt. Bei seiner Ankunft auf dem Münchener Hauptbahnhoj wurde dem Kaiser vom Prinzregenten Luitpold und den bayerischen Prinzen ein äußerst herzlicher Empfang bereitet. Der Kaiser, in der Uniform seiner Bamberger Ulanen, und der Prinzregent um armten und küßten sich wiederholt. Mit den übrigen Prinzen tauschte der Kaiser Gruß und Handschlag aus und sprach den kürzlich 70 Jahre alt gewordenen Herzog Or. Karl Theodor, den bekannten Augenarzt, besonders herzlich an. Nach der Begrüßung wurde dem Kaiser der Prinz August zu Braunschweig-Lüneburg zum ersten Mal vorgestellt und zwar durch den Pinzregenten. Der Kaiser schüttelte dem sich tief verbeugenden Prinzen die Hand und zog ihn in ein längeres Gespräch. Im offenen Zweispänner wurde sodann die Fahrt durch die reich geschmückten Straßen nach dem Residenzschloß angetreten. Hier wurden zwischen dem Kaiser und dem Regenten die üblichen Besuche ausgewechselt. Den Prinzen Karl und Franz von Bayern, den jüngeren Söhnen des Prinzen Ludwig, und dem Prinzen Konrad, dem jüngsten Sohn des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold Von Bayern, verlieh der Kaiser den Schwarzen Adlerorden. Der Erbauer der Schackgalerie Prof. Littmann erhielt den preußischen Kronenorden 2. Klaffe. Prinzregent Luitpold ver lieh dem Reichskanzler b. Bethmann Hollweg den Hubertus orden. Im Rathaussaale war für den Kaiser ein Thron errichtet worden, auf dem dieser Platz nahm. Nach einer kurzen Ansprache des Oberbürgermeisters v. Borscht über reichten zwei Pagen kniend auf seidenem Kissen die Mappe mit der Rede des Oberbürgermeisters und eine goldbcschlagene Prunkkafsette, eine Elfenbeinstatuette des Münchener Kindl enthaltend, das auf einem Kissen die goldene Bürgermedaille trägt. Sodann wurde dem Kaiser ein Ehrentrunk Pfälzer Weines gereicht. Der Kaiser erhob sich, dankte für den ihm bereiteten herzlichen Willkommen, sprach seine Genugtuung aus, daß ihm in dem Augenblick, da er der Schackgalerie eine bleibende Stätte auf Münchener Boden bereitet habe, Münchens Ehrenbürgermedaille überreicht werde und leerte den „von schönen Münchnerinnen" gereichten Pokal auf das Wohl des „lieben herrlichen München". Nach dem Früh stück in der preußischen Gesandschaft wurde die neue Schack galerie eingeweiht. Eine auserlesene Gesellschaft, unter der man auch verschiedene Münchener Künstler und Schriftsteller bemerkte, wohnte dem Akt bei. Der Kaiser nahm zunächst das Wort, indem er auf die Bedeutung der Galerie hinwies, die dazu beitragen könne, den künstlerischen Geschmack wieder zu heben, und den Priuzregenten bat, die Galerie für er öffnet zu erklären. Dieser Aufforderung kam der Prinzregent mit bewegten Worten des Dankes an den Kaiser nach. In seiner Rede zur Einweihung der Schackgalerie machte der Kaiser u. a. folgende hochbcdeutsame Ausführungen, die viel leicht ein künstlerisches Programm bedeuten dürften: „Die Schackgalerie sei den Besuchern ein Maßstab für die Be urteilung der jetzigen Kunst; sie zeigt, daß der Künstler die schöne Aufgabe hat, nicht nur die Vorkommnisse im alltäg lichen Leben in einer zum Teil drastischen, sensationellen und abstoßenden Form zur Darstellung zu bringen, sondern viel mehr unter dem Einfluß der Aesthetik mit reinem Sinn und vornehmer Auffassung, die Flagge des Ideals in der Brust, seine Zeitgenossen über die Misere des alltäglichen Lebens emporzuheben und das schöne freie Gefühl des Volkes zu pflegen und zu stärken." Der Kaiser soll bereits am Mittwoch in Rominten, seinem Jagdschloß in Ostpreußen, eintreffen. Ueber den Besuch der Internationalen Luftschifsahrts-Ausstellung in Frankfurt a. M. verlautet noch immer nichts Bestimmtes. Der Reichskanzler v. Bethmann Hollweg, der am ver gangenen Sonnabend dem Prinzregenten Luitpold von Bayern seine Aufwartung machte, ist am Montag Vormittag vom Kaiser Franz Joseph in der Hofburg zu Wien empfangen worden. Es war vielleicht kein Zufall, daß der Kanzler den gegenwärtigen Augenblick, in dem das deutsch-österreichische Bündnis sein 30. Lebensjahr vollendet, für seinen Wiener Besuch wählte. Im September 1879 fanden zwischen dem Fürsten Bismarck und dem Grafen Andrassy die Verhand lungen über das Bündnis statt, dessen Inhalt freilich erst Viel später, am 1. Februar 1888, veröffentlicht wurde. Italien trat 1883 dem Zweibunde bei. Die Wiener Blätter widmeten dem Besuch des deutschen Reichskanzlers herzliche Begrüßungs artikel, in denen namentlich betont wurde, daß Herr v. Beth mann Hollweg als Vertrauensmann des treu Verbündeten deutschen Kaisers des aufrichtigsten Willkommens sicher sei. Das „Neue Wiener Tagdl.» sagt: Herr V. Bethmann Hollweg findet in Wien die herzlichste und freundschaftlichste Aufnahme um desjenigen willen, der ihn sandte, um der Nation willen, deren Angelegenheiten er führt und ganz gewiß auch um seiner selbst willen. Der deutsche Kanzler speist beim Kaiser an der Hoftafel; Abends findet beim Minister des Aus wärtigen Grafen Aehrenthal zu Ehren des Gastes eine Fest lichkeit statt, zu der auch der ungarische Ministerpräsident Wekerle nach Wien gekommen ist. Der Staatssekretär des Reichsamts des Innern Delbrück und derjenige des Reichsschatzamts Wermuth begeben sich am Sonnabend dieser Woche nach München, um sich dem Prinzregenten Luitpold von Bayern vorzustellen. Der sozialdemokratische Parteitag wählte zum Schluß seiner Verhandlungen Magdeburg als Ort seiner nächst jährigen Zusammenkunft. In der Schlußsitzung wurde gegen die spanischen Greuel, d. h. gegen die Maßnahmen der spa- nischen Regierung zur Unterdrückung der Revolution, Protest erhoben, der Austritt aus der Landeskirche empfohlen und endlich ein Antrag angenommen, wonach die Dresdener Resolution über die Taktik der Partei durch die Ablehnung des Berliner Antrages über die Unmöglichkeit eines gelegent lichen Zusammengehens von Sozialdemokratie und Freisinn in keiner Weise abgeschwächt wird. Abgeordneter Singer schloß die Verhandlungen dann mit einer Ansprache, die in dem Satze gipfelte: Immer in der Offensive, niemals in der Defensive! und einem dreimaligen Hoch auf die deutsche Sozialdemokratie. Der revisionistische Schriftsteller Calwer, eins der wifsensreichsten und besonnensten Mitglieder der Sozialdemokratie, trat aus der Partei aus, und zwar, wie er ausdrücklich erklärte, wegen des von dieser ausgeübten Druckes aus die freie Meinung und Ueberzeugung. Der Zentralausschuß der Reichsbank tritt am heutigen Montag zu einer Sitzung zusammen, um über den Vorschlag des Präsidenten, den Diskont von 3>/z auf 4«/, herauf zusetzen, Beschluß zu fassen. Vertreter der kleineren und mittleren Brauereien der Norddeutschen Brausteuergemeinschaft haben dem Staats sekretär des Reichsamts des Innern Delbrück ihre Klagen und Wünsche wegen der Schwierigkeiten vorgetragen, die ihnen durch die neue Brausteuer und deren Abwälzung auf die Konsumenten erwachsen. In der Familie des deutschen Kronprinzen sieht man zum November einem freudigen Familienereignis ent gegen. Diese Tatsache erklärt es auch, daß die Frau Kron prinzessin in diesem Jahre den Paraden und Uebungen im Manövergelände ferngeblieben ist, was in Württemberg und Baden lebhaft bedauert, nach Aufklärung seiner Ursache aber ebenso herzlich begrüßt wurde. Die Auswanderung deutscher Kolonisten in Palästina nach Deutsch-Ostafrika ist ein Beweis des guten Rufes, dessen sich unser Schutzgebiet erfreut, denn nur weil ihnen Deutsch-Afrika mehr Vorteile bietet, haben die palästinensischen Kolonisten ihre Heimat verlaffen. Man hat ja allerdings von Ostafrika die letzte Zeit nur Gutes gehört, der Handel blüht, die Eingeborenen entwickeln sich mehr und mehr zu einem friedfertigen, wirtschaftlichen Volk, interessieren sie sich doch neuerdings außerordentlich für Baumwoll- und Seiden- bau-Kultur. Der Bund der Landwirte soll in den beiden letzten Monaten infolge der Haltung seiner Führer zur Reichsfinanz, rcform und zum vierten deutschen Reichskanzler mehr als 30,000 Mitglieder verloren haben. Die Zahl ist offenbar übertrieben. Daß der Bund der Landwirte einen Mitglieder verlust erlitten hat, steht dagegen außer Frage; denn ohne solchen Verlust wäre das Wachstum des neuen deutschen Bauernbundes undankbar. Die Einnahmen aus den Steuern der Reichsfinanz reform müssen zunächst zur Verstopfung alter Löcher aus den vier Etatsjahren 1906—1909 verwendet werden. Es sind da Rückstände von 530 Millionen Mk. vorhanden, die durch Nachttagetals gedeckt werden müssen. Ehe diese alle Schuld nicht getilgt ist, kann auch nicht von dem Anbruch einer neuen Finanzära die Rede sein.