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und Anzeiger kür das Erzgebirge veramwoetücher Redakteur: vn«, Kradeis. Fär di» Inserat« verantwortlich: Walter Urai,. Seide in Au« i. Lrzgeb. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntag« nachmittag, von st—» Uhr. — Telegramm-Adreff«: Tageblatt Au«. — Fernsprecher K. Für unverlangt «tngesandt« Manuskript« kann Gewähr nicht geleistet «erden. Druck und Verlag Muer »k»L- ».ven», ««««»chon m. b. ks. in Aue i. Erzgeb. Bezug,prei,: Durch unser« Boten frei in, ftau, monatlich »o psg. Bet der Geschäftsstelle abgeholt monatlich « psg. und «dchentlich io psg. — Bei der Post bestellt and selbst abgeholt vierteljährlich i.sv Mk. — Durch Sie» Briefträger frei in, Sau, vierteljährlich i.zr Mk. — Einzeln« Nummer >o psg. — Deutscher Postzeitungs katalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. Annahme von Anzeigen bi, spätesten» Uhr vormittag». Für Aufnahme von grdßeren Anzeigen an bestimmte» Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn ste am Tag« vorher bei un, etngrhen. Znsertionspreis: Di« fiebengespaltene Aorpuszeil« oder deren Raum <0 psg., Reklamen 2» psg, Bet größeren Aufträgen entsprechender Rabatt.' Diese Nummer umsaßt 14 Seiten Außerdem liegt das achtseitige Illustrierte Sonntagsblatt bei. Vie «Milchen Srüannmachungen definaen sich in äer r. Seiiage. Das Wichtigste vom Tags. Am heutigen Sonnabend findet in D r e s d c n die Trauer- feier für den vrrstorbcncn Grafen Hohcnlhal und die Ueberführung der Leiche nach Knauthain statt Im Leipziger K r i st a l l p a l a st wird heule die 12. inter- - nationale Ausstellung von Kraftfahrzeugen, Fahrrädern, Motoren usw., die unter dem Protek torat des Königs Friedrich August steh', feierlich eröffnet. Das Reichsgericht zu Leipiz hob gestern aus prozessualen Gründen das Todesurteil gegen den Rennfahrer Breuer auf'und verwies die Sache an das Schwurgericht Trier zurück. Gestern kam auf der Nordseestation der erste deutscheDread- nought in der „Nassau" zur Indienststellung. In Zürich beschloß dieJ n t e r n a l i 0 n a l e Luftschiffer oereinigung, daß das Wellfliegen für Aviatiker um den G 0 r d 0 n - B e n n e t t-Pre i s lölO üb r eine Strecke von 10 > Kilometern mit Zwischenlandungen und zwar in einer geschlossenen Bahn von wenigstens 5 Kilometer Länge stattfinden soll. Die internationalen Ballonwetlflüge begannen gestern mit der Zielfahrl, woran 24 Ballons, darunter 16 deutsche, leilnahmen. Wie ausPari 4 telegraphiert wird, macht ein eingeweihier Dip lomat, der jedoch ungenannt bleiben will, in einer Zuschrift an den New-Uork Herald Enthüllungen über einen angeblich zwischen England und Spanien bestehenden Gehet m vertrag über Marokko. Dieser Verklag sei kurz nach der Hochzeit König Alfons mit der Prinzessin Victoria von Battenberg zwischen Seiden Regierungen abge schlossen worden. Zum Reichsgenchtsju-iliium. Am 1. Oktober IMS vollendete das Reichsgericht das 30. Jahr feines Bestehens. Damit ist diese bedeutungsvolle, glück verheißende nationale Institution, wie sie der Präsident Pape in der-Schlußsitzung des Reichsoberhandelsgerichts nannte, am Ende des Alters angelangt, welches durchschnittlich den Men schen Leschieden ist, und wenn ihr auch ein von den einzelnen Personen, die ihr Lienen, unabhängiger Bestand verliehen ist, iso bedeutet doch auch für sie und für das deutsche Volk dieser Zeitpunkt immerhin einen beachtenswerten Augenblick, der zu prüfen anrogt, was das Reichsgericht für Deutschland bisher ge wesen ist, und was es auch in Zukunft ihm sein soll. Mit Begeisterung ist vor 3V Jahren die Entstehung des Reichsgerichts von ganz Deutschland begrüßt worden. Die Re gierungen und der Reichstag wetteiferten darin, die äußere Stellung des neuen obersten Gerichtshofes so günstig wie mqg- kich zu gestalten, dabei wohl von dem Gedanken geleitet, daß in ihm nun wieder einer der von dem deutschen Volke jahrzehnte lang gehegten drei Wünsche erfüllt werde, die später bei der Grundsteinlegung zum Gebäude des Reichsgerichts (1888) in den Weihespruch zufammengesaßt wurden: Ein Reich, ein Recht, ein Richter. Innerhalb de» Menschenalters, das seitdem verflossen, ist diese Begeisterung für die neue Errungenschaft einer ruhigen Beurteilung und Würdigung ihrer Bedeutung gewichen; aber wenn auch, wie Bismarck einmal vom Reiche selbst gesagt hat, die längere Dauer des Bestehens den Reiz der Neuheit schwinden läßt und damit die Freude daran zu trüben geeignet ist, so -kann sich doch Las Reichsgericht im großen und ganzen über die Kritik, di« ihm zuteil geworden ist, gewiß nicht beschweren. So find insbesondere die Verdienste der vier Männer, die seit dem Bestehen des Reichsgerichts an dessen Spitze gestanden haben, v. Simson, v. Oehlschäger, Gutbrod, v. Seckendorfs, die alle, Hetzer in seiner Art, allerdings ganz hervorragende Richter waren br-o». sind, und, wie v. Oehlschläger bei seinem Amtsantritt ge lobte, den Ehrenschild des Reichsgerichts in ruhmvoll strahlen dem Glanze erhalten haben, von jeher und ganz allgemein dank- har und bewundernd hervorgehoben worden. Und vielen der ausgezeichneten Männer, die als Senatspräsidenten und Räte am Reichsgericht oder an der Reichsanwaltschaft gewirkt haben, wir nennen hier nur einige: Drechsler, Henrici, Bingner, Löwe, v. Hahn, Dr. Löwenstein, Dr. Bolze, Olshausen, Bähr, Peter sen, Jäckel, hat es selbst außerhalb des Kreises der Juristen an Ansehen und rühmender Anerkennung nicht gefehlt. Nicht min der und gleichfalls mit Recht ist dem Reichsgericht als solchem und seiner Judikatur von fast allen, auf deren Urteil ernsthaft Gewicht zu legen ist, so von der Wissenschaft, vom Vertreter des Reichsjustizamts uno vom Reichstag selbst oft das Zeugnis zu teil geworden, daß seine Rechtsprechung in der Hauptsache eine gerechte, besonnene und maßvolle, von bureaukratischer Auf fassung freie, von echtem wissenschaftlichen Geiste und von so zialem Empfinden erfüllte gewessn sei. Dieser Beurteilung gegenüber mag sich das Reichsgericht getrosten, wenn auch ihm von Zeit zu Zeit das sehr moderne, aber deshalb noch nicht rich tige Lied von der Klassenjustiz, dem Bureaukratismus und >oer Weltfremdheit der deutschen Richter in>s Ohr gesungen worden ist. Selbstverständlich ist damit nicht gesagt, daß diese Anerken nung der Tätigkeit des Reichsgerichts auf joües einzelne von ihm erlaßene Urteil auszudehnen wäre; dies wird wohl von ihm selbst nicht in Anspruch genommen. Es hieße llebermensch- liches verlangen, wenn man fordern wollte, daß alle die vielen Tausende von Urteilen (1908 wurden in Zivilsachen 4008, in Strafsachen 5476 Urteil« verkündet!), die das Reichsgericht in den 30 Jahren seines Bestehens erlaßen hat, sachlich einwand frei und in der Form ohne jeden Mangel seien. Eines freilich hat nicht selten zu Beanstandungen Veranlassung gegeben: die Langsamkeit der Rechtsprechung; war es doch im Jahre 1905 so weit gekommen, daß zwischen dem Eingänge der Sachen und ihrer Erledigung auch in Strafsachen ost über ein Jahr lag. Allein, diese höchst bedenkliche und vom Reichsgericht, wie man weiß, selbst am meisten beklagte Verzögerung der Geschäfte liegt, wie ebenfalls allseitig zugegeben wurde, an der übermäßigen Be lastung, die dem Reichsgericht nach und nach aufgebürdet worden ist. Daß infolgedessen am Reichsgerichte, wo, wie allen mit den Verhältnissen Vertrauten bekannt ist, mit der größten Hingebung gearbeitet wird, auch bei der intensivsten Anspannung aller Kräfte das Anwachsen von Resten nicht vermieden werden konnte, liegt auf der Hand. Es ist wiederholt, zuletzt im Jahre 1905, von der XII. Kommission des Reichstages «betont worden, daß eine Entlastung dringend nötig fck:, und daß die Richter, wenn nicht die Interessen der Rechtspflege un!) der Rechtsent wickelung leiden sollten, außer zum gründlichen Studium und zu eingehender Bearbeitung der einzelnen Sachen, und ausreichende Zeit haben müßten, um sich, wie in der juristischen Literatur, so auch über alle Erscheinungen aus dem Gebiete der Volkswirt schaft und der kulturellen Entrb cklung unterrichtet zu halten. Indessen, die Mittel zur Abhilfe, die das Gesetz vom 5. Juni 1905 brachte — Erhöhung der RevisionssumiM auf 2500 Mark und Einführung des Begründungszwanges für die Revision —, und die am 1. April 1906 erfolgte Errichtung das 5. Strafsenats haben einen dauernden Erfolg nicht gehabt. In den Strafsachen ist es allerdings bis jetzt, wie man hört, möglich gsblioben, die Termine mit angemessener Frist anzusetzen, eine Heranziehung der in ihnen beschäftigten Mitglieder zur Aufarbeitung von Zivilsachen ist noch nicht möglich. In den Zivilsenaten aber be steht bereits abermals geradezu ein Notstand: es müssen die Termine, wenigstens in einigen Senaten, um 10 Monate und länger hinaus angesetzt werden, die Arbeitslast des einzelne» Richters nähert sich der von 1903. Hier tut also, wenn nicht das Vertrauen der Rechtsuchenden zum Revisionsgericht durch die Langsamkeit seiner Rechtspflege schwer erschüttert werden soll, schleuniges Eingreifen dringend not. Es darf unseres Erachtens nicht gewartet werden, bis die geplante umfassende Novelle zur Zivilprozeßordnung ausgearbeitet ist. Es sind nur alsbald wir kende Maßregeln brauchbar. Ausgeschlossen ist dabei das schein bar am nächsten liegende Mittel, nochmalige Lauernde Vermeh rung der Senate oder auch nur der Richterstellen. Das ist schon in der Begründung zu der Novelle von 1905 gesagt worden und gilt noch heute. Das Reichsgericht, das mit 8 Präsidenten und 60 Räten ins Leben trat, hat jetzt 12 Präsidenten und 89 Räte und ist damit bereits so groß, daß den Mitgliedern «in eingehender fruchtbarer Meinungsaustausch kaum noch möglich und auch Vie Fühlung unter den Senaten nur unvollkommen zu erhalten ist. Man muß sich sonach auf andere Weise zu helfen suchen. So mag man zur Aufarbeitung der bei den Zivilsenaten vor handenen Reste einen oder zwei Hilsssenate e> richten — wie es nach 1879 der Fall war —, deren Bestehen mit der Beendigung dieser Ausgabe aufhören würde; man kann sie ja, glaubt man einem Stöndigwerden dieser Hilsssenate, die au« drei Mitgliedern des Reichsgericht- und vier Oberlandesgerichisräten zu bilden I wären, entgegentreten zu müssen, von vornherein nur auf eine bestimmte Zett, etwa 2 Jahre, bewilligen. Außerdem würden aber Anordnungen zu treffen sein, die dem weiteren Anschwellen der Revisionen auch für die Zeit bis zum Erscheinen der neuen Zivilprozeßordnung einen wirksamen Riegel vorschieben. Und hierbei möchte vor allem bedacht werden, daß es sich um eine Uebergangszeit handeln wird, einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren. Deshalb würde sich nach unserem Da fürhalten empfehlen, bei der Auswahl der durch Gesetz zu schaffenden Mittel mehr auf die Wirksamkeit zu sehen, als auf die juristischen Bedenken, die ihm gegenüber etwa zu erheben sind. Denn das muß ohne weiteres zugegeben werden: vollkommen schön sind sie alle nicht. Man entschließe sich also zu der dem Vernehmen nach vom Reichsgericht jetzt selbst in erster Linie em pfohlenen Einführung des DifformitälSprinzips, wonach diejenigen in der Berufungsinstanz von den Oberlandesgerichten erlassenen End urteile mit der Revision unanfechtbar sein sollen, durch welche das erst instanzliche Urteil bestätigt wird. Das hiergegen früher geltend gemachte Argument, daß dadurch dem Reichsgericht nicht viel ge holfen werden würde, hat sich nach neueren Erhebungen, wie ver lautet, als unbegründet herausgestellt, es wird davon eine ganz erhebliche Entlastung erwartet. Demgegenüber sollte der ohnehin nicht genügend begründete Einwand zurücktreten daß dadurch die Oberlandesgerichte für eine zu große Anzahl von Sachen selb ständig gemacht würden, und daß dann die Einheit der deutschen Rechtsprechung gefährdet würde; denn dieser Befürchtung soll durch eine gesetzliche Vorschrift der Boden entzogen werden, welche das Abweichen der Oberlandesgerichte von den Ansichten des Reichs gerichts verhindert oder unschädlich macht. Kommen dazu einige der in der Fachpresse erörterten sogenannten »kleinen Mittel», auf die man hier nicht näher eingehen kann, so darf man hoffen, daß dann für eine Reihe von Jahren auch die Zivilsenate des Reichsgerichts, von den -Resten" durch die Hilfssenate befreit, mit nicht mchr Aufgaben befaßt sein werden, als sie ohne Ueber- anstrengung in einem den Anforderungen einer prompten Justiz entsprechenden Zeit zu bewältigen vermögen. Wir möchten daher unsere Betrachtungen anläßlich des Jahrestages des Reichsgerichts in Anlehnung an ein bekanntes Bismarcksches Wort mit dem Wunsche schließen: Geben wir dem Reichsgericht einen passenden Sattel, retten wird eS dann schon wieder können! Politische Tagesschau. A«e, 2. Oktober. * Zur Geburt des dritten Sohnes des Krollprinzenpaares. Die Nachricht von der Geburt des dritten Sohnes des Kronprinzen- paareS rief in der ganzen Stadt freudige Teilnahme hervor. Im Kronprinzenpalais traf um ,8 Uhr morgens der Befehl ein, die Flagge zu hissen. Um 9'/^ Uhr flaggte die Kommandantur. Sie gab sofort an alle Militärgebäude den Befehl auch dort die Flagge hoch zu ziehen. Zu derselben Zett benachrichtigte das Hofmar schallamt die Staatsgebäude. Auch viele Geschäft«- und Privat häuser haben Flaggenschmuck angelegt. Gestern vormittag gegen 8 Uhr rückte eine kombinierte Batterie des 2. Gardefeldartillerie- RegimentS unter dem Kommando des Hauptmanns v. Bauer zum Lustgarten aus und gab einen Salut von 72 Schüsse ab. Die Stadt Potsdam trägt reichen Flaggenschmuck. " Der deutsch-russische Zwischenfall in Eharbin wird von russischer offiziöser Sette nunmehr folgendermaßen dargestellt, auf Grund amtlicher Mitteilungen aus Charbm: Nach den Bestimmungen des Grenzbezirksgerichts sowie der russischen Gesandtschaft in Peking vom 5. August war ver schiedenen Persönlichkeiten die Summe von über 3000 Rubel, al» von der Brauereigesellschaft »Chardin« zahlbar, zugesprochen worden, auf Grund dessen der Gerichtsvollzieher laut Exeku- lionSschein zum Verkaufe des Braueretelgentums schritt. Unter dessen hatte man in Rußland festgestellt, die Brauereigesellschaft sei keine juristische Person; die Geldforderungsklage müsse daher jedem Teilhaber einzeln vorgelegt werden. Unter den Teil habern befinden sich die deutschen Untertanen ReblewSky und Roetger, die gegen den Verkauf ihre» Eigentums auf Beschluß des russischen Gerichts protestierten. Auf diesen Protest er widerte das Bezirksgericht, es sehe die Gesellschaft als juristische Person an, die den russischen Gerichten unterstehe, weil der Vertrag der Gesellschaft von einem russischen Notar bescheinigt worden sei und weil die Gesellschaft bisher stet» auf Geldfor- derungSfragen reagiert, selbst solche bei dem russischen Gerichte anhängig gemacht und dessen Entscheidungen sich als juristische Person unterworfen habe. Dabei wurde erklärt, die deutschen Teilhaber der Gesellschaft hätten volle Möglichkeit, Schadener- satz zu verlangen im Falle unrechtmäßiger Handlungsweise de» »ALL: