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Dresdner Journal : 07.02.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-02-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189602075
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-02
- Tag 1896-02-07
-
Monat
1896-02
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 07.02.1896
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v,;«,S»ret«: tzzüi Druden vicrtcliährBch ; Mart Lu Pf., bci den Ka>I«r- luh deutschen Postiastalten merteliährlich »Mart; außrr- tzald de» Deutfchcn Reiche« Post- and Etempelzufchla- Einzelne Nummern: 10 Pf Erfchetne«: Täglich mit Aulnah»« der Sonn - und Feiertage abend» Kernfpr.-Nnichlub: Nr ILIE» Dresdner Ankü««iGuu,»ketühre»i Für den Raum einer gefvat- «enen Zeile kleiner Schrift »0 Ps. Unter „Eingesandt" die Zeile SO Ps Bei Tabellen- und Zisiernsatz entsprechender Ausschlag Hera»««e»er: Königliche Expedition des Dresdner Journal» Dresden, Zwm-erflr. >0. Gernfpr.-Anschluß: Nr 1TOE, 31. Freitag, den 7. Februar, abends. 1896. Amtlicher Teil. Dresden, 1. Februar. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Hausmeister und Ökonom am Seminar in Borna, Ernst Wilhelm Petermann das Allgemeine Ehrenzeichen zu ver leihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der K. K. Oesterreich-Ungar. Generalkonsul, Ober-Regierungsrath a. D. I)r. Maxi milian Schober zu Leipzig den ihm von Sr. Maje stät dem Kaiser von Oesterreich verliehenen Orden der eisernen Krone 3. Klasse annehmc und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der König!. Bayerische General konsul Hesse zu Dresden das ihm von Sr. König!. Hoheit dem Prinz Regenten Luitpold von Bayern ver liehene Ritterkreuz des Verdienstordens der Bayerischen Krone annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Lehrer am König!. Conser- vatorium für Musik zu Dresden, Professor Döring, das ihm von Sr. Hoheit dem Herzoge von Sachsen- Loburg und Gotha verliehene Verdienstkreuz für Kunst und Wissenschaft annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Güterverwaltcr Fischer in Niederlößnitz den ihm von Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland verliehenen St. Annenorden 3. Klasse annehme und trage. Se. Majestät der König haben dem Briefträger Ernst Eduard Köhler iu Dresden die Erlaubniß zum Anlegen des ihm von Sr. Majestät dem Deut schen Kaiser und Könige von Preußen verliehenen Allgemeinen Ehrenzeichens Allergnädigst zu crtheilen geruht. Nichtamtlicher Teil. Tie btvorstchcudt Abänderung deS Sächsischen LandtagSwahlrechtrs beschäftigt heute, wie vorauszusehcn war, einen großen Teil auch der außersächsischcn Presse. Da den meisten Blättern bisher der Wortlaut des den Sächsischen Ständekammern zugcfertigten Gesetzentwurfs noch nicht bekannt gewesen sein kann, behalten wir cs uns für ein anderes Mal vor, auf diese Preßünßernngen näher zurückzukommen. Heute sei nur auf einen Irrtum hingewiesen, der in fast allen dem Gesetzentwürfe feindlich gegcnübcrstehenden Blättern wiederkehrt, auf die Behauptung nämlich, daß alle Urwähler, die nicht 300 M. Einkommensteuer zahlten, in Zukunft von der ersten, und alle, die nicht 50 M. Einkommensteuer zahlten, von der zweiten Abteilung ausgeschlossen sein würden. Diese Be hauptung ist unzutreffend. Entscheidend für die Zu teilung zu den drei Abteilungen der Urwühler ist in erster Linie die Dreiteilung der von dem be treffenden Orte zu entrichtenden Gesamtsteuer- summk. Alle diejenigen Urwähler, deren Einkommcn- steucrbctrag zur Erfüllung des obersten Drittels dieser Gesamtstcuersumme erforderlich ist, kommen in die erste, alle diejenigen Urwühler, deren Einkommcnsteuerbetrag zur Erfüllung der obersten Hälfte der nunmehr, nach Abzug eines Drittels, noch verbleibenden Gesamtsteuersumme nötig ist, bilden die zweite Abteilung der Urwähler. Neben dieser Be stimmung geht die andere her, daß jedenfalls alle Urwähler, die 300 M. Steuern entrichten, in die erste, solche, die 50 M. entrichten, in die zweite Ab teilung zu kommen haben. Nach diesen Bestimmungen des Gesetzentwurfes werden vielfach Urwähler mit wesent lich geringerem Steuerbetrage als 300 M. in der ersten und solche mit geringerem Betrage als 50 M. in der zweiten Abteilung zu wählen haben. — Von den Preßstimmcn über die geplante sächsische Wahlresorm sei aber schon heute der Eigenart halber die nachstehende des „Vorwärts" mitgeteilt: „Daß das Attentat auf daS sächsische Landtagswahl recht nur die Einleitung ist zu dem lange ge planten Attentat auf das NeichStagSwahl- gesetz, das haben wir hundertmal gesagt und daS ergiebt sich für jeden denkenden Menschen aus der politischen Lage. Was die Zukunft uns bringe — wir sind gerüstet. Und auch die Gegenwart findet die sächsische Sozialdemokratie gerüstet. Sie ist zuerst ins Feuer gekommen. Sie wird ihre Schuldigkeit thun." Vor kurzem schrieb daS Eentralorgan der Um stürzler mit der ihm eigene» komischen Selbstüberheb ung, die sächsische Regierung werde nach den groß artigen Worten, die die Herren Auer, Blos und Schönlank im Reichstage über das allgemeine Wahl recht gesprochen hätten, kaum noch wagen, die geplante Wahlrechtsänderung vorzunehmen. Wie man in Sachsen vor den damaligen großen Worten der Re volutionäre nicht zurückgeschreckt ist, so wird man es auch vor den heutigen dumpfen Drohungen nickt thun. Ter Fall Stöcker ist, zur Zeit wenigstens noch, zweifellos ein für unsere inneren politischen Verhältnisse wichtiger Vorgang und es scheint daher gerechtfertigt, dasjenige mitznteilen, was als gewissermaßen aktcnmäßige Unterlage des Falles angesehen werden kann. In dieser Beziehung liegen heute zwei Auslassungen vor. Über die Sitzung des Elfer-Ausschusses geht nämlich der „Kreuzzeitung" von berufener Seite fol gende Mitteilung zu: Nachdem dcrElferansfchuß in seiner Titzung vom 16. Januar folgenden Antrag angenommen hatte: „Der Ausschuß erachtet es für unverträglich mit den Interessen der konservativen Partei, daß ein Mitglied des Elser ausschufses enge Beziehungen zu der ZOtung „Tas Poll" sort- sctzt, welche die konservative Partei bekämpft. Ter Ausschuß nimmt Akt von der Erklärung des Hospredigers Siöcker, daß er diese Haltung deS Blattes „DaS Voll" durchaus mißbilligt und daß er eine den konservativen Interessen entsprechende Haltung desselben hcrbeiznsnhren beabsichtigt Der Ausschuß erwartet von dem Hospredigcr Ltöckcr, daß er, salls ihm dies bis zur nächsten Schurig des Elserausschusses nicht gelingt, eine den Interessen der konservativen Partei eiitsprrchende vi.zweiselhasc Stellung einnchmen und dies öffentlich erklären wird" — sand am I. Februar eine Schmig des Ausschusses statt, um die Stellung des Hrn. Hospredigers Stöcker zu der Zeitung „Boll" erneut zu erörtern. Einige Tage vor dieser Sitzung war den Mitgliedern des Ausschusses von Hrn. Stöcker der nach stehende Antrag zngegangen: „In Erwägung, daß über die sozialpolitische Haltung der deutsch konservativen Partei SffentUcb Mißverständnisse und Miß deutungen hcrvorgetretcn sind, welche den notivcndigen Kampf gegen die Sozialdemokratie und andere fozial-verderbliche Be strebungen be»inträchtigen, wolle der Elfcrausschuß nachfolgende Erklärung erlassen oder guthcißen: 1) Es ist eine geschicht liche Notwendigkeit, die Arbeiterbewegung in ihrer Berechtigung auzucrkcnucn, sofern sic nicht den Umsturz des Bestehenden, sondern auf gesetzlichem Wege einen Anteil der arbeitenden Klassen an der politischen Macht und eine höhere äußere wie innere Lebenshaltung anstrebt. 2) Es ist eine politische Not wendigkeit, die Sozialreiorm ohne Rücksicht daraus, wie die Sozialdemokratie und ihre Führerschaft sie ausnimmt, weiter- znsühren und aus alle produktiven Stände gleichmäßig zu er strecken. 8) Es ist ein« konservative Notwendigkeit, den in der Kaiserlichen Botschaft von 1881 ausgesprochenen Gedanken eines sozialen Ausbaues korporativer Gcuoffcnschastcn aus den Grundlagen des christlichen Volkslebens sestzuhaltcn und seiner Zeit zu realisieren." Dieser Antrag kam am 1. d Mts nicht zur Diskussion, da Hr. Stöcker schließlich ans die Beratung H» Gewicht mehr legte. Aus der Haltung des '„Bolls" während der letzten vierzehn Tage war klar hervorgegangen, daß die Zeitung sich in dem von Hrn. Stöcker gewünschten Sinne nicht zu bewegen beabsichtigte. Bei Beginn der Sitzung erklärte sich Hr. Hospredigcr Slöck.r bcreit, die solgcndc Erklärung zu veröffentlichen: „In meiner „Kirchenzeitung" vom 2ü. Oktober v I habe ich erklärt, daß ich seit Jahr und Tag die Haltung des „Volk" gegenüber der konservativen Partei östcr schars gemißbilligt habe; die Redaktion des „Volk" hat diese Thaisache ausdrücklich an erkannt. Hugleich habe ich die Linie bezeichnet, auf welcher das „Volk" meines Erachtens sich halten muß. Nach den stattgehabten Auseinandersetzungen ist cs selbstverständlich, daß ich das „Volk' zu meinen Veröffentlichungen erst dann wieder benutzen werde, wenn es die von mir bezeichnete Linie innehält." Er motivierte diese Erklärung folgendermaßen: er kon statiere, daß er von jeher ein eifriger Vorkämpfer für konfer- vative Politik gewesen sei; er habe besonders in Berlin erheb liche Resultate erzielt, er habe durch seine Bewegung aus Berlin eine kirchlich positive Stadt gemacht und bei den Wahlen eine erhebliche Stimmenzahl an seine Fahne gefesselt; er habe die von ihm begründete christlich-soziale Partei als eine Gruppe der Konservativen betrachtet, und es seien auch nie Bedenken dar über laut geworden, ob seine christlich-soziale Politik mit dem Programm der konservativen Partei im Einklang stehe. Schwierigkeiten seien erst entstanden, als vor anderthalb Jahren die sogenannten „Jungen" sich in der christlich - sozialen Partei aufgethan; er habe sich bemüht, die Bewegung im Zaume zu halten, und h^be gegen die von Hrn. Naumann eingcleitcte Be wegung eine scharfe Stellung eingenommen. Das „Volk" sei feiner Zeit unter feiner Mitwirkung gegründet worden, um ein für die Masse geeignetcs, konservative Grundsätze verbreitendes Blatt zu haben. Er bemühe sich, so aus die Haltung des Blattes einzuwirkcn, daß es in seiner Sprache nicht verletzend gegen die konservative Partei anstrete und konservative Grund sätze nicht verletze. Er könne möglicherweise bald — vielleicht in wenigen Togen — Wandel schaffen dadurch, daß ein ge eigneter Redakteur angenommen wcrde. Ganz die Beziehungen abbrechcn könne er nicht, da das Blatt unentbehrlich sei sür die Beeinflussung der Masse in dcm Sinne, wie er die soziale Politik ausfasse. Im Augenblick mißbillige er, wie er wieder hole, die Haltung des Blattes rücksichtslos Bon scitcu der Mitglieder des Ausschusses wurde die von dein Herrn Hofprediger Stöcker angebottne Erklärung für un genügend erklärt: Das „Volk" habe feit langer Zeit die konser vative Partei in hestigster Weise angegriffen, und obgleich man es sür vollständig unzuträglich erachtet habe, daß Herr Hos- predigcr Stöcker als Mitglied des ElscrauSschusscs mit diesem Blatte Beziehungen unterhalte, habe man ihm seit Monaten Zeit gelassen, um Remedur zu scbaffcn. Nach der von ihm be absichtigten Erklärung bleibe cs lediglich in das Ermessen des Herrn Hospredigers Stöcker gestellt, ob und wann er die Be ziehungen zum „Voll" wieder ausnehmcn wolle Ter Elser- ausfchuß könne dies nicht allein in Herrn Stöckes Ermessen st.llen Es wurde darauf von Herrn v. Manteuffel dcr Entwurf sür eine von Herrn Hosprediger Stöcker zu gebende Erklärung vorgclegt: „In Anbelracht, daß die Tendenz, welche das „Boll" gegenwärtig vertritt, mit lonservativcn Grundsätzen unvereinbar ist, und die konservative Partei, der ich angehöre, schädigt, cr- kiäre ich, daß ich mit dicscin Blatte, aus das ich schon lange einen maßgebenden Einfluß nicht mehr besitze, nichts mehr ge mein habe und jede auch nur mittelbare Berantworllichkcit für dessen Inhalt ablchne." Hr. Stöcker wandle gegen die Formulierung dieser Er klärung ein, daß die gesamte Tendenz und gesamte Haltung des „Volkes" doch nicht reprobiert werden könne: in kirchen- politischen und auch in vielen sozialpolitischen Dingen entspreche das „Voll" ganz seiner Auffassung. Man kam Hrn. Stöcker in dieser Beziehung dadurch entgegen, daß man die Haltung des „Volkes" nur in einzelnen wichtigen Fragen als mit den konservativen Grundsätzen unvereinbar erklärte und dcr von Hrn v Manteuffel vorgcschlagenen Erklärung die nachstehende definitive Fassung gab: „In anbctracht, daß die Haltung, welche das „Voll" gegen wärtig in wichtigen Fragen cinnimmt, mit konservativen Grund sätzen unvereinbar ist und die konservative Partei, der ich an- gehöre, schädigt, erkläre ich, daß ich mit diesem Blatte, aus das ich jchon lange einen maßgebenden Einfluß nicht mehr besitze, nichts mehr gemein habe und jede auch nur mittelbare Berant wortlichleit sür dessen Inhalt ablehne." In dem Verlaus der Diskussion wurde Hrn Stöcker auch schließlich von denjenigen Mitgliedern des Elfer-Ausschusses, die ihm am nächsten stehen, entgegengehalten, daß er die jetzt amcndiertc Erklärung wohl acceptieien könne, da sie mit feiner ganzen Auffassung und seinen Erklärungen sich decke: er habe die Haltung deS „Bolks ' gegenüber dcr konservativen Partei und deren Leitung aus das schärfste gemißbilligt, und cs ftche dem nichts entgegen, daß er seiner Zeit die Beziehungen wieder auf- nchme, sobald daS „Volk" eine mit konservativen Grundsätzen verträgliche Richtung eingcschlagen habe. Von diesen Mit gliedern des Elfer-AuSjchusseZ wurde Hrn. Stöcker die aus schließliche Verantwortung dasür zugeschoben, salls nach den ge pflogenen Verhandlungen eine Verständigung nicht erzielt werden sollte Bei der daraussolgenden Abstimmung wurde die von Hrn Stöcker vorgeschlagene Erklärung mit neun gegen zwei — Stöcker, Baron v. Durant — Stimmen sür unannehmbar er klärt und der amendierte Entwurf des Hrn. v. Manteuffel als die von Hrn. Stöcker zu erwartende Erklärung bezeichnet und zwar mit demselben Stimmenverhältnis Aus die durch den Vorsitzenden an Hrn Stöcker gerichtete Frage, ob er diese vom Elser-Ausschuß gebilligte Erklärung abzugeben gedächte, lehnte Hr. Stöcker dies ab; er motivierte dies damit, daß man seine Zustimmung sür ein Beugen des Nackens aussassen und dies ihm seine Stellung bei seinen Anhängern im Lande verderben wcrde. Er zeigte nunmehr seinen Austritt aus dem Elser-Ausschuß an und knüpfte daran die Erklärung, daß damit auch fein Aus tritt aus der konservativen Partei erfolge Er gab Kiefer Er klärung einen praltifchen Ausdruck, indem er feinen Austritt ans dcr konjervativcn Fraktion des Hauses der Abgeordneten dcm anwesenden Vorsitzenden derselben anzeigte. Aus der Mitte des Elser Ausschusses wurde Hr. Stöcker von verschiedenen Seiten daraus aufmerksam gemacht, daß von einem Nackenbeugen in seinem Falle auch bei Annahme der vom Ausschuß gebilligten Erklärung gar keine Rede sein könne: um Nackenbeugen könne es sich nur dann handeln, wenn man Grundsätze aus OpportunitätSgründcn oder, um Nachteile zu ver meiden, ausgebe — Von einem prinzipiellen Konflikt zwischen ihm und der Ausfassung deS Elser-Ausschusses sei keine Rede. Auch aus dem von ihn, gestellten Anträge, betreffend die soziale Politik, würden sich auch nicht unmittelbare grundsätzliche Dif ferenzen ergeben, wenn auch nicht verkannt werden könnte, daß über die Opportunität und auch eine präzisere Fassung des Antrages Erörterungen notwendig sein würden. Bon ver schiedenen Seiten aus dcm Elscrausschuß wurde Hrn. Stöcker auch bemerkt, daß sein Austritt aus dem Elscrausschuß nicht notwendig seinen Austritt ans der Partei nach sich zöge: was sür einen dcr Leiter dcr Partei unzuträglich gewesen fei, — seine Beziehung zum „Volk" — fei dies nicht iu demselben Maße für ein Mitglied der Partei Tie an Hrn. Stöcker ge richtete Bitte, seincn Austritt aus der konservativen Partei des Haufes der Abgeordneten, wenn überhaupt, erst nach reiflicher Überlegung anszusprcchen, lehnte er mit dcr Motivierung ab, er sei es seiner Stellung im Lande und seinen Freunden im Lande schuldig, Klarheit zu schaffen, und er lege Gewicht dar auf, daß fein Austritt aus dcr Partei gleichzeitig mit feinem Ausscheiden aus dcm Elferausschuß bekannt werde Die konservativen Fraktionen des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten haben auf den ihnen ron den Mit- qlicde.n des Elserausschusscs gehaltenen Bor:rag das Verhalten desselben einstimmig gutgeheißcn. Hofprcdiger Stöcker selbst gicbt in der voll ihm her.iusgegcbcnen „Deutschen Evangelischen Kirchen zeitung" eine Darstellung der Gründe, die zu seiner Trennung von der konservativen Partei geführt haben, Betreffs der beiden Erklärungen gegen das „Volk", die in der Sitzung des Elfer Ausschusses am l. d Mts. zur Beratung standen und von denen die erstere, von Stöcker vorgelegte, abgelehnt wurde, äußerte er sich: „Sachlich war dcr Untcrschicd dcr bcidcu Erklärungen gar nicht fo sehr groß; abcr cs war niir aus mancherlci Gründen völlig unmöglich, die zweite anzunchmcn. In meiner Kirchen- zeitung hatte ich die Punkte, in dcncn ich die Haltung des „Boll' feit geraumer Zeit gemißbilligt habe, klar bezeichnet, in dcr zweiten Erklärung waren „wichtige Fragen" genannt; abcr nicht definiert. ich am „Boll zu tadeln hotte, war die Stellung zu der konfcrrativcn Partei und zu Irr tümern der jüngeren Christlich-Sozialen, fowie der radikale Ton der Regierung gegenüber; in dem Wescmlichen dcr sozialen Reform, in der Kirchenpolitik, in manchen sittlichen Fragen, wie Tnell, Bekämpfung dcr Ünsittlichkrit und dcr Trunksucht war mir die entschiedene Stellung des „Volk" lieber als die Haltung mancher Konservativen. So konnte ich die andere Er klärung mit gutem Gewißen nicht abgebcn. Ich war bereit und sprach das auch aus, meine Beziehungen zum „Volk" ab- zubrcchm, bis es die von mir gezogene Linie innehaltcn würde; abcr weiter konnte ich nicht gehen. Übrigens spielten in die dreistündigen Debatten die sach lichen Unterschiede in den sozialen Auffassungen der Christllch- Sozialcn und der Konservativen schon lebhaft hinein. Sie sind in dcr That der eigentliche Trcnnungsgrund. Schon feit Jahren und besonders in dcr letzten Zeit haben die agrarischen Inter essen und Notstände beunruhigend aus die früheren sozialpoliti schen Auffassungen der konservativen Partei cingewirkl Gewiße Aeußerungen in der „Konservativen Korrespondenz" wie in den parlamentarischen Reden waren mit meiner christlich-sozialen Anschauung nicht mehr recht vereinbar Um diese Verhältnisse zur Klarheit zu bringen, hatte ich sür dieselbe Sitzung des Elser- ausschusses den salzenden Antrag gestellt (ES solgt nun dcr oben mitgeteilte Antrag von den drei verschiedenen No twendig keilen u s. w D R d „Dr. I"). „In Erwägung, daß über die sozialpolitische Haltung dcr dculschkonservativen Partei öffentlich Mißverständnisse und Mißdeutungen hervorgetreten sind, welche den notwendigen Kamps gegen die Sozialdemokratie und gegen andere sozial- verderbliche Bestrebungen beeinträchtigen, wolle der Elser- ausschuß nachfolgende Grundsätze ausjprcchen oder gut- Kuust und Wissenschaft. * Nene bemerkenswerte Anwendungen der Röntgen- schen Strahlen hat Direktor Schultz Henke als Ergebnis feiner in den letzten acht Tagen angestellten Versuche gestern der in der Berliner Kriegsakademie versammelten Deutschen Gesellschaft von Freunden der Photographie vorgelegt Dem Genannten ist es in Verbindung mit Prof Goldstein u. a gelungen, die Röntgenschen Strahlen als ein sicheres Mittel zur Unterscheidung echter von falschen Perlen zu erkennen. Er hat einen Schmuck photographiert, der teils aus echten teils aus unechten, aber ganz vorzüglich nachgcahmten Perlen besteht. Nach dem der Schmuck dreiviertel Stunden den Röntgenschen Strahlen ausgesetzt war, trat der Unterschied beider Arten klar zur Erscheinung Die echten Perlen zeigten sich als dunkle, undurchsichtige Mafien, die unechten Perlen aber waren durchscheinend und ließen deutlich den Draht er kennen, durch den sie am Schmuck befestigt sind. Er wähnenswert sind auch die Versuche, die Direktor Schultz- Henke mit verschiedenen Holzarten gemacht hat Die Ver suche wurden angestellt, um zu erfahren, durch welche Holzarten die Röntgenschen Strahlen am besten hindurch- gchen; cS wurden gewählt gewöhnliches Kienholz, Maha goni und Nußbaum Die Aufnahme brachte das wichtige Ergebnis, daß auch die seine Maserung der Hölzer von den Strahlen wiedcrgegeben wird. Es berechtigt dies zu dcr Hoffnung, daß e« bei weiterer Vervollkommnung des Verfahren« noch gelingen werde, die Gewebe de» mensch lichen und tierischen Körper« nachzubilden Die Aufnahme zeigte, daß an sich da« Kienholz die Strahlen am besten durchläßt, daß beim Kienholz aber die dunkrlbleibenden Harzstreifen störend wirken, infolgedessen dem Ebenholz der Vorzug zu geben sein würde sür die Herstellung dcr Kassettenschieber. Mahagoniholz ist weniger durchlässig, Nußbaumholz ganz erheblich dunkler. Daß auch die Knochen nicht absolut unüberwindlichen Widerstand den Strahlen darbieten, zeigte das Bild einer vor acht Tagen aufgenommencn Hand, deren einer Finger mit einem Kettenring geschmückt war. Auf dem Bilde konnte man bei genauerer Betrachtung unter den Knochen die Ketten deS Ringes erkennen Ganz wunderbare Bilder ergaben die Aufnahme einer Schlange, eines Molches und einer Blindschleiche, jeder einzelne winzige Knochen war deutlich und klar zu erkennen. Professor Goldstein wiederholte in derselben Sitzung seine schon vor acht Tagen gezeigten Experimente mit Kathodenstrahlcn und erweiterte sie noch durch den Nachweis, daß die Kathodenstrahlen auch chemische Wirkungen Hervorrufen. So wird beispielsweise Kochsalz unter dcr Einwirkung der Kathodenstrahlcn vio lett gefärbt Professor Goldstein zeigte ferner, daß es auch Kathodenstrahlcn giebt, die dcm Magnct nicht ge horchen * Die Ergebnisse, die l)r. Selle aus dcm Gebiete des Photographieren« natürlicher Farben erzielt hat, sind hochbcdeutend Wenn es, was ohne Zweifel dcr Fall sein wird, gelingt, die jetzt noch etwas lange Exposition auf ein geringeres Zeitmaß herabzusetzen, dann dürfte auf dem Gebiete der Photographie eine vollständige Revo lution eiutrcten. Da« Publikum wird ohne Zweifel den farbigen Ausnahmen vor den fchwarzwcißcn den Vorzug geben Die Versuche, Farbenphotographicn herzustellen, gehen in ihren ersten Anfängen bi« nun Anfang« dieses Jahrhundert« zurück. Schon in Goethe« Farbenlehre, die >8!0 erschien, wird der Versuche Seebecks gedacht, der al» lichtempfindliche Platte Papier mit einem Aufstrich von feuchtem, am Licht grau gewordenen Ehlorsilber nabm. Sechzig Jahre später machte Poitevin Papier sür Farben lichtempfindlich, indem er e« in verschiedene Wder tauchte. In Pan« beschäftigte sich Becquerel mit der einschläglichen Frage. Er brachte auf eine Silberplatte vermittelst der Elektrolyse bis zu einer gewissen Tiefe eine Ehlorschicht, sodaß er eine lichtempfindliche Schicht auf glatt-spiegelnder Unterlage erhielt Im solate Lippmann, der 18SI mit seinen Ergebnissen an die Öffentlichkeit trat, nachdem durch O Wiener die von Zenker ausgestellte Theorie dcr Farbcn- crzeugung durch stehende Lichtwellen al« zutreffend erwiesen worden war. Lippmann gab der lichtempfindlichen Schicht al« Grund einen Oueckfilberspiegrl Seitdem find die Versucht erweitert worden In Berlin sükrte auch im vergangenen Jahre vr. Neuhauß recht gelungene farbige Photographien vor. Aber betont wurde das seltene Gelingen dieser Auf nahmen und die erstaunlich lange Erpositionszeit. Bei allen diesen Versuchen geschah die Ausnahme sämtlicher Farbcntöne auf einer Platte. Gerade hierin mag die größte Schwierigkeit bestanden haben Ihr ist I>r Selle aus dem Wege gegangen, indem er im Einklänge mit den drei Hauptfarben des Prisma; drei Platten nahm, für Rot, Gelb und Blau-Violett, und die auf Gelatinchäut- chcn ausgetragenen Diapositive übereinanderlegte, sodaß ganz wie beim Trcifarben-Druckoerfahrcn eine Mischung dcr Farbcn bi« zu den feinsten natürlichen Abtönungen herauskam Da« ältere Verfahren, die sämtlichen Farben mittelst einer einzigen lichtempfindlichen Platte aufzuneh- mcn, ist also mit überraschendem Erfolg zu Gunsten der drei Platten fallen gelassen worden. Es dürfte nicht lange dauern, daß auch die letzten Hindernisse, die der ausgedehnten Anwendung de« Verfahrens in der Praxis noch im Wege stehen, hmwezgeräumt werden und photo graphisch farbige Auknafimcn in allen Atelier- hergcstellt werden können Da« Übermalen der schwarzwrißcn Pho tographien, dieser Notbehelf, hat dann ein Ende und eine neue Blüte der Photographie dürste anbrechen AuS dem englischen Musikleben. Im vorletzten Montag- Konzert gab e« eine neue Sonate sür Cello und Piano in A moll von Signor Piatti zu hören E« ist das die fünfte, die sich ihren ältercn Geschwistern würdig anreihl Ein ausdrucksvolles I-nrxo geht in ein ^Nexro über, wclchcS schön« Passagen sür das Saiteninstrument bietet. Ter zweite Satz, „Intermezzo" betitelt, hat ein sehr melodiöses Thema und drückt Erinnerungen an das sonnige Italien aus, das Finale ist cin effektvolles Musikstück Tic Sonate wurde von Frl Fannn TavicS und Piatti vorzüglich gespielt und fand eine sehr günstige Ausnahme beim Publilum Im letzten Montags-Konrert kam Smetanas Ouartett in welches vor zwei Jahren zum ersten Male in den Montags - Konzerten ge spielt worden ist, zu einer Wiederholung. Lady Halle, die Herren Rins, Gibson und Piatti, die es gestern spielten, waren mit Ausnahme deS letzten auch damals die AuS- führcnden, und obgleich man nicht sagen kann, daß sie ganz den Geist der slawischen Musik erfaßt haben, geschah dem Wcrke diesmal doch schon mehr Gerechtigkeit. Frl. Eibenschütz, die an dem immer gern gehörten BrahmS'schcn Trio inOmollop 10t teilnahm, spielte noch Schumanns „Klucke-, Nympbonique^". Es ist nur zu bedauern, daß die intelligente Künstlerin ihren Hang zu überhetzten Tempis immer noch nicht beseitigt hat — Hr Henschel eröffnete Ende de« vorigen Monats die zehnte Saison seiner Symphonie-Konzerte TaS Programm sür diese Serie enthält vorzugSiveise Beethovenschc Musik Nur der „KarsreitagSzauber auS Parsisal" machte im ersten Konzert eine Ausnahme DaS Hauplstttck bildete des Meisters t-n,oll-Symphonie, die vortrefflich gespielt wurde Dann folgten die Fidelio - Luverture und das Triple - Konzert. Ein junger Pianist, Mack Hamburg, hat sein erste« Konzert vor einem großen Publikum in dcr St. James Hall am 28. Januar gegeben Er ist ein Schüler Le- schetizky« und macht seinem Lehrrr alle Ehre; seine Technik ist vorzüglich und sein Vortrag zeigt musikalische Bildung, wenn auch noch- keine Tiefe der Empfindung. — Im vor letzten Halle Konzert in Manchester, das unter Mr CowenS Lcitung stattfand, spielte Hr Hugo Becker Volkmann«
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