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Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Erscheint jeden Wochentag früh S Uhr. Preis vierteljährlich 15 Ngr. — Inserate werden an den Wochentagen nur bi« Nachmittag 3 Uhr für . die nächsterscheinende Nummer angenommen und die gespaltene Zeile mit 5 Pfennigen berechnet. Nr. 271. Montag, den 21. November , IWA Tagesgeschichte. Berlin, 16. Nov. Die eben vollendete Ziehung der Clas sen-Lotterie hat mit den großen Gewinnen der letzten Classe auch einen beklagenswerthen Vorfall hcrbeigeführt. Ein Offi zier oder, nach anderer Lesart, mehrere Offiziere eines Berliner Regiments, spielten zusammen ein Viertellos, und einer dersel ben hatte einem Unteroffizier desselben Regiments den Auftrag gegeben, das Loos zu besorgen, cs gleich in Händen zu behal ten, regelmäßig zu erneuern und sich die erforderlichen Spiel gelder von ihm, dem Auftraggeber, abzuholen. Das war an scheinend auch in allen Classen pünktlich geschehen. Während der Ziehung der letzten Classe läßt der Offizier eines Tages den Unteroffizier rufen und zeigt ihm hocherfreut die Zeitung, nach welcher das gespielte Loos mit 5000 Thlrn. herausgekom men war. Der Offizier giebt gleichzeitig den Auftrag, das Vier tellos schnell hcrbciznholen, indem er dem Unteroffizier ein gutes Douceur zusichert. Der Unteroffizier entfernt sich nnd — er schießt sich sofort in seiner Wohnung. Der Unglückliche hatte das Loos verkauft und die Spielgelder im eigenen Nutzen ver wendet. Dem Wanderer wird aus Konstantinopel vom 3. Novbr. geschrieben: „Das Dampfschiff von Trcbisonde ist gestern hier mit der Nachricht angekommen, daß Selim Pascha das russische Fort von Nikolajewsk eingenommen habe. Es haben bereits zwei ernsthafte Gefechte stattgefunden, und der Verlust der Tür ken wird auf 1000 Mann angegeben. Das Dorf ist mit Sturm genommen worden, und der Stoß der türkischen Hecrcsmassen war ein so gewaltiger, daß die Russen in aller Eile den Platz verlassen mußten. Den nächsten Tag versuchten sie, durch sechs Bataillone verstärkt, das Fort wieder zu erobern, sind aber vom Obersten Hussein-Pascha zurückgeschlagen und yerfolgt worden. Die Zahl der gefangenen Russen wird auf 150 angegeben. Ein gefangener russischer Capitän und 4 Offiziere sind bereits in Konstantinopel angckommen. Das Fort Nikolajewsk liegt auf dem Wege zwischen Batum und Redut-Kale. Selim Pascha hat auch die nöthigen Dispositionen getroffen, um weiter vor- zugchen und über Alexandriowsk und Mochar nach Redut-Kale zu gelangen." (D. A. Z.) Konstantinopel. Ein Extrablatt des „Journal de Con- stantinople" ist gestern in Tausenden von Exemplaren verbrei tet worden. Es ist voll von Kriegs- und Siegesnachrichten und trägt an der Spitze folgende Einleitung: „Die Sache der Türkei ist eine gerechte und sie wird triumphiren. Sie hat für sich die Sympathie Europas, die mächtige Unterstützung Frank» reichs und Englands, die volle Hingebung der ottomanischen Nation und ihres Monarchen; sie hat für sich Gott und daS Neckt, darum rufen wir nochmals aus: sie wird triumphiren!" Diese stolze Sprache stützt sich auf die darauf folgenden Mit» theilungen von dem in Gegenwart des Sultans im Rath der Pforte verlesenen kaiserlichen Hat, welcher die Verlegung der kaiserlichen Residenz nach Adrianopel für das nächste Frühjahr ankündigt, indem der Sultan selbst in's Feld ziehen und dort sein erstes Hauptquartier ausschlagen werde. Dieser Hattischerif deS Sultans ist vom 31. October datirt und lautet: „Mein würdiger Vezir! Ich finde nicht Lobeserhebungen genug für den Eifer und Enthusiasmus meiner Truppen, für die Aufopfe rung und Treue aller meiner Beamten, welche Gefühle von meinen Unterthanen im Allgemeinen bei Gelegenheit aller statt- gchabten Vorbereitungen mir ohne Unterlaß von dem Tage an kundgegeben wurden, an welchem die Wahrscheinlichkeit, daß di» zwischen meiner kaiserlichen Negierung und Rußland obwaltende Differenz zum Kriege führen dürfte, einen ernsten Character angenommen hat. Da nun für jetzt der Kriegszustand eine sichere Thatsache ist, so zweifle Ich nicht im Mindesten, daß mir Jedermann seinen Beistand mit noch mehr Eifer widme« und seine Pflicht erfüllen wird. Da die wahrhafte Ursache dieses Krieges nur in dem lobenswerthen Entschlusse liegt, die geheiligten Rechte und die Unabhängigkeit Meines Reiches auf recht zu halten, so habe Ich, auf die Allmacht des Schöpfers aller Dinge gestützt und unsern Propheten anrufend, beschlossen, mit der Hilfe Gottes in den ersten Tagen des Frühlings bei der Vollbringung eines solchen Werkes gegenwärtig zu sein. Demnach ist es zeitgemäß, schon jetzt für die Vorbereitungen zu sorgen, die Mein Gefolge erheischt, und da als erstes Haupt quartier Meiner Garde Adrianopel bestimmt ist, so ist es dring lich, daß Alles für die unter Meinem Commando stehenden Truppen im Vorhinein vorbereitet werde. Du wirst Dich dem nach im Einvernehmen mit allen Meinen Ministern beeilen, alle angemessenen Vorkehrungen in Angriff zu nehmen. Möge der Allerhöchste aus Liebe zu seinem Propheten bei jedem An lasse Meinem Reiche Sieg und Triumph verleihen und möge« Alle, die zum Erfolge dieser Aufgabe beitragen, in dieser und der andern Welt des Glückes theilhaftig werden." Aus Bukarest wird der „Oesterr. Corresp." telegraphisch