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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.03.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-03-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120308021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912030802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912030802
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-03
- Tag 1912-03-08
-
Monat
1912-03
-
Jahr
1912
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Bezug-.Preis str L«tv,,a und Ltorort« durch inlee, Iräarr und LvedUeur« ^mal täglich tn» bau, gebracht: SU Vt- monatl.. !.7u »t. vt«u«Nobrl. Bet uniern Filialen u. La» aahmeßellen odaehaU: 7S Pt. monatl- 2.»«k. oierteliährl. Lurch die Polt: innerhalb Deutlchlanb» und der deutlchen N-lonien oierteliährl. S.SU «I., monatl. 1.2» Mk. ausschl. Poirdestellgeld. Ferner in Belgien, Dänemark, den Donauftoaten. Italien. Luxemburg. Niederlande, Nor wegen, Oe,lerreich. Ungarn, «uhland, Schweden, Schweiz u. Spanien. In allen übrigen Ltoalen nur direkt durch di« EejchästosleUe de» Blatte» erhältlich. Das i-'ripztger Tageblatt «scheint 2mal täglich. Sonn» u. Feiertags nur morgen«. Abonnements-Annahm«: 2»hanni»gall« 8, der unieren Trogern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Pogämtern und Brieslragern. Ll«zeloerraus»pr«t, 10 Pk. Abend-Ausgabe. UtWMrTagMaü s 146S2 l«acht-»schl»U . - I 14«32 lBachtanschlnd) cel.-Ä»schl,!»M «NandelsKeikUng. Amtsblatt des Rates «nd des Vokizeiamtcs der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis fbr Inserate aus Leipzig und Umgeben, di« tspaltlge Petit,eil« LPf. die Neklame. ,ril« I Mk. von auswiiil» ^>i Pi.. Neklamrn ÜÄtMt. Inserate von Behörden im ami- lichen Teil die Petitzeile 8l> Vt Geschäsiran,eigen mit Plahoorschrtste« >m Preis« erhöht Rabatt nach Tarik. Beilagegedühr Lesamt» auslag« s Mk. p Tausend «rkl. Posigebühr. Teildeilag« Hoher. gesterteilte Auiiräa« können nickt zurück gezogen werden Für da» Erscheinen an bestimmten Togen und Plauen wird kein« Earanti« übernommen. Anzeigen»Annahme: I,hanni»,alse bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Elpeditionen de» In- und Ausland«». Druck »nd Berlag «on Fischer äi Riirfte» Inhaber: Paul NLrftea. Redaktion und G«schält»stell«: Iohannisgasse 8. Haupt-Filiale Dre»de»; Seestrage 1, l (Telephon Elt. Nr. 124. /reitsg, den s. Mär; lS!2. ISS. Istzrysng. Die vorlieqeode Ausgabe umfaßt 10 Setten. Das Wichtigste. * Zwischen dem Staatssekretär Delbrück und den Führern der Bergarbeiter fand gestern eine Besprechung über die Lage im Ruhrgebiet statt. (S. des. Art.) * Der amerikanische Senat hat die Schiedsverträge mit England und Frankreich angenommen. (S. Ausl.) * Nach Blättermeldungen soll Amundsen zwischen dem 14. und 17. Dezember 1911 den Südpol erreicht haben. (S. Feuill. und Letzte Dep.) * Bei einem Eisenbahnunglück auf der Waba sch-Eisenbahn in der Nähe von West- Libanon (Indiana) sollen 30 Passagiere getötet worden sein. Oie Sergsrdeiterbemegunz. -i- Die Hoffnungen mancher Optimisten, der englische Bergarbeiterstreik werde in einigen Tagen akebben, haben sich, wie zu erwarten war, nicht er füllt. Die Verhandlungen, die zwischen Arbeiter vertretern und Bergwerksbesitzern teils direkt, teils durch Vermittlung der Regierung geführt wurden, find abgebrochen, und vor nächsten Dienstag ist eine Entscheidung in dem Streik nicht zu erwarten: und ob sie zu diesem Termin bereits fallen wird, ist mehr als fraglich. In England droht zwar noch nicht direkte Hungersnot, aber eine Störung des gesaniten Wirtschaftslebens, wie sie auch im Vorjahre zur Zeit des Eisenbahnerstreiks nicht annähernd zutage ge treten ist. Die Vorgänge in England, so bedeutungsvoll sie auch an sich sein mögen, treten aber neuerdings an Beachtungswürdigkeit für uns zurück hinter der Be wegung, die unter den deutschen Bergarbeitern seit einigen Tagen sich oorzuüereiten beginnt. Zwar legen die englischen Arbeiter — von ihrem Stand punkte aus mit Recht — Wert daraus, dast im Aus land nicht zu gleicher Zeit gestreikt wird. Sie halten nicht mit Unrecht für das stärkste Pressions mittel, das auf den englischen Grubenbesitzer Ein druck macht, die Befürchtung, während dieser Zeit Absatzgebiete an das Ausland zu verlieren. Tat sächlich arbeiten zurzeit auch die deutschen Zechen mit aller Macht darauf hin. den deutschen Markt, z. V. die Seehäfen und Berlin, Gebiete, die sonst stark vcn England aus mit Kohle versorgt werden, zu erobern. Aber der Gedanke des Sympathiestreiks scheint unter den Bergarbeitern des Ruhrreviers Loch eine große Anzahl Anhänger zu haben. Denn nur jo ist es zu verstehen, das; gerade jetzt die Bestre bungen, Lohnerhöhungen durchzusetzen, bei einem Teil der Arbeiterschaft zu Disziplinlo izbriteu führten, die gegen den Willen der Führer Teilstreiks hervor- oerufen haben. Rur der Gswerkverein christlicher Bergarbeiter weist mit allem Nachdruck die Stimme der Vernunft zur Geltung zu bringen, ob es aber jetzt, nachdem auch di« Führer der übrigen Bergarbeiter verbände für den Streik gewonnen zu sein scheinen, noch gelingen wird, der Einsicht der Verständigen zum Siege zu verhelfen, ist mehr als zweifelhaft. In 5», Fremüe Erde. Roman von Richard Nordmann. „So viel Vertrauen hast Lu zu dem Mädchen?" Gerhardos schlug wieder die Augen auf — sie leuchteten in einem seltsamen Glanze. „Du kennst dein eigenes Kind nicht, Aristid! Du kanntest überhaupt niemals die Menschen, die dich liebten, du sahst sie alle blost durch dein jähes Tem perament und durch deine Gefühle, die sehr selbstischer Natur und deshalb fast immer verletzt waren. Da durch hast du nicht nur über andere, sondern auch über dich viel Leid gebracht, und ich würde dir das alles jetzt nicht sagen, wenn ich es nicht um Elenas willen täte. Du hast schon em Wesen von dir getrie ben, was dick, geliebt hat — tue es nicht mit einem zweiten. Aristid! Fast scheint es mir unverdient, dast dir der Himmel ein solches Kind geschenkt hat — aber dieses Mädchen konnte nicht anders werden — es ist ja Magdas Kind." Seine Lippen prestten sich übereinander, di« Lider senkten sich ermattet und Palkstrazzi stand noch lang« in wortlosem Sinnen, ohne sich von der Stelle zu rühren. Endlich entrih er sich seinen Gedanken und Empfindungen, drückte die Hand des Freundes uud ging mit gedämpften Schritten aus dem Zimmer hin aus auf den Korridor. Als Pallestrazzi die Tür leise von allsten schlost und sich gegen die Treppe wandte, wich er überrascht zurück. Elena lehnte dort an der Mauer. Ihr Ge sicht war bleich, und ihre Augen schwammen in Tränen. „Willst du zu ihm hinein?" fragte Pallestrazzi leise. „Tue es nicht, er ist bereits zu angegriffen von unserer Unterredung." . „Du darfst mir nicht zürnen, Vater — aber es war mir unmöglich, mich loszureisten. Es gibt ja keine Geheimnisse zwischen euib. die ich nicht kenne —" „Du hast alles gehört?" „Alles." „Um sc besser. Komm', mein Kind, wir wollen ihn morgen gemeinschaftlich besuchen." .Melch «in Mensch stirbt hier!" stich Elena her vor, als sie durch den Flur ins Freie traten. „Und krachten Sie den kleinen Lokalanreiger auf Seite a. Sie finden darin ricdrr etwar, dar Sie inrererriert. den Kreisen der Zechenverwaltungen sieht man der drohendem Bergarbeiterbewegung mit ziemlicher Ruhe entgegen, da recht erhebliche Lagervorräte, namentlich in Kokes und Briketts vorhanden sind. Auch rechnet man immer noch damit, dast ein großer Teil der Belegschaften sich dem Streit nicht an- schliesten dürfte und dast der Streik auch wegen unzureichender Streikmittel nicht von langer Dauer sein wird. Jedenfalls ist aber dringend zu wünschen, dast die Grubenbesitzer be rechtigten Wünschen der Arbeiterschaft soweit als möglich entgegenkommen. Denn es ist dringend notwendig, daß durch beiderseitiges Ent gegenkommen eine schwere Erschütterung unseres Wirtschaftslebens, wenn irgend möglich, verhindert wird. Nach den neuesten Meldungen ist die Lage zur zeit sehr ernst. Wenn auch die Entscheidung über den Ausbruch des Streiks erst in den am Sonntag stattfindenden Versammlungen fallen wird, so mehren sich doch schon jetzt die Anzeichen dafür, dast die Arbeiter mit dem Ausbruch des Gcneraisrreiks rechnen. Am Donners tag wurden aus der Zeche „Konstantin der Große" bei Bochum 13 000 „tl Abschlagslöhne mehr gezahlt als in normalen Zeiten, was man als Zeichen dafür ansieht, dost die Bergleute für die kommenden Wochen der Arbeitswoche vor bauen wollen. Auf der Ruhr orter Schiffahrtsbörse wurde in die Charterpartien für Schiffe nach den Niederlanden bereits eine be sondere Klausel ausgenommen, um die Zahlung von Liegetagen zu vermeiden. Von den großen Syndikatsköhlenlagern werden große Mengen Kohlen entnommen, die mit frisch geförderten Kohlenmengen vermischt den gesteigerten Verbrauch erfüllen Helsen. Auf den Zechen geht die Arbeit vorläufig noch in normaler Weise weiter. Wie ernst die Situation auch von der Regie» runq betrachtet wird, geht aus der Tatsache hervor, dast bereits am Donnerstagnachmittag beim Staats sekretär des Innern eine Konferenz mit den Berg- arbeiterführern stattgefunden hat. Der „Berl. L.-A." meldet darüber. Eine Konferenz der Regierung mit den Bergarbeiterführern fand gestern mittag beim Staatssekretär des Innern statt. Es nahmen u. a. teil die Abgg. Behrens (Wirtsch. vgg.). Eiesberts (Ztr.). Sachse (Soz.) und Sowinski (Pole), sowie der frühere Abg. Hue (Soz.). Es verlautet, dast von den Arbeiterteil nehmern an der Konferenz der Standpunkt ver treten wurde, die Regierung möge die Gruben- besitzen veranlassen, die Arbeiterausschüsfe einzuberufen, um ihnen eine bindende Zu sage über die Lohnerhöhung zu machen. Andern falls sei damit zu rechnen, dast von den ZSOOOO Arbeitern am Montag 150 000 die Arbeit nieder legen würden. Die Durchschnittslöhne aus der Zeche „Kaiserstuhl II". Aus Dortmund wird gemeldet: In der großen Bclegjchaftsversammlung der Zeche „Kaiserstuhl II" am Montag war die Behaup tung aufgestellt worden, die Verwaltung habe Lohn kürzungen eintrctcn lassen, anstatt die Löhne zu erhöhen. Hierzu bemerkt die Verwaltung, diese An gaben entsprächen nicht den Tatsachen. Obwohl die Kohlenpreise erst mit dem 1. April eine Erhöhung von etwa 7V—80 Pfg. pro Tonne erfahren, habe die Verwaltung der Zeche „Kaiserstuhl II" bereits Anfang Februar eine Lohnerhöhung eintreten lassen. Infolge dieser Lohnerhöhung auf der ge» nannten Zeche haben die Durchschnittslöhne nickst allein die Höhe der Durchjchntttslöhne des Hoch konjunktur-Wahres 1007 erreicht, sondern diese sogar wesentlich übertroffen. Der Durchschnitts lohn der gesamten Belegschaft der Zeche „Kaiser stuhl II" auf das Jahr 1907 berechnet ergibt einen Lohn pro Mann und Schicht von 5,10 ,<l. Der Durch schnittslohn im Monat Februar 1912 stellt sich auf 5,32 -ll pro Munn und Schicht. * Die I'aflr in England. Die Folgen des englischen Kohlcnarbeiterstreiks für den Handel und für den Verkehr zeigen sich von Stunde zu Stunde schwerer. Allgemeine Ent täuschung erregte es in London, als bekannt wurde, dast die gestrigen Verhandlungen ohne Erfolg ver laufen sind. Vor Dienstag finden nunmehr keine entscheidenden Sitzungen mehr statt. Die Mist stimmung im Volke über die einschneidenden Störungen im gesamten Wirtschaftsleben, die der Streik hervorruft, wächst ständig. Man verlangt all gemein, daß die Regierung, wie in Australien, ein Gesetz durchdrücken soll, das das obligatorische Schiedsgericht in allen Differenzen zwischen Arbeitgebern und Arbeitern zur Anwendung bringt. Ueber die gestrigen Verhandlungen liegt noch folgendes Londoner Telegramm vor: Der I nd u st r ie r a t hat sich am Donnerstag bis Dienstag vertagt. Die Regierung hat die Ver handlungen wieder selbst in hie Hand genommen. Der „Daily Ehronicle" erblickt darin eingünstiges Zeichen. 'Das Blatt berichtet weiter, dast die eng lischen Zechenbesitzer neue Vorschläge der Regierung, die indessen nicht bekannt wurden, angenommen hätten. Das Blatt glaubt annehmen zu dürfen, dast der Streik binnen einer Woche beigelegt sein wirb. Vertreter der Zcchenbesitzer von Schott land und Northumberland treffen heute in London ein, um mit der Regierung zu beraten. Die Walliser Grubenbesitzer haben ihre Haltung nicht geändert, und die liberalen schottischen Blätter halten eine gesetzgeberische Maßnahme für notwendig. Eine allgemeine Beratung des Bcrg- arbeiterverbandes ist für diese Woche nicht mehr nach London einberufen worden. In London wird eine allgemeine Steigerung der Brotpreise an gekündigt. Der Grund ist indessen nicht allein der Bergwerkestreik, sondern auch die Steigerung der Preise für Weizen und Mehl. Die Zahl der beschäftigungslos gewordenen Ar, beiter wird auf ungefähr 450 000 angegeben. Englische Arbeitersyndikate gegen den Streik. Aus London wi'-d gemeldet: In den Kreisen der durch den Streik der Kohlenarbciter zum un freiwilligen Ans st and gezwungenen Arbeiter macht sich neuerdings eine Bewegung gegen die Berg leute bemerkbar. Verschiedene Arbeitersyndikate, die besonders die lähmenden Folgen dieses ungeheuren Streiks zu empfinden haben und deren Reserve fonds bald erschöpft sein wird, haben be schloßen, ihren ganzen Einfluß geltend zu machen, um die Bergarbeiter zu veranlassen, dem Streik ein Ende zu bereiten. Es soll aus jeden Fall verhütet werden, dast noch weiter Arbeiter brotlos werden. Die Wirkungen des Streiks in Petersburg. Aus Petersburg wird gemeldet: Durch den Streik in England sind die Kohlen preise in Petersburg, das speziell auf englische Kohle angewiesen ist, auf das doppelte gestiegen. Die sranzöslsche Streikbewegung. Paris, 8. März. iTel.) Aus Lens wird ge meldet: In dem Aufruf, in dem der Vollzugsausschuß des Bergarbeiteroekbandea zum Aus st and am 11. März auffordert, wird erklärt, daß oie Ruhe gehälter zu gering seien und dast das Alter von 55 Jahren, das zum Genuß derselben berechtige, zu hoch ser, La nur wenige Bergarbeiter dieses Alter er reichten. Deshalb habe der Verband im Namen aller Bergleute an die öffentlichen Gewalten die Forde rung gerichtet, die Ruhegehälter mit 730 Franken nach 25jähriger Arbeitszeit und für das 50. Lebens jahr festzusetzen, und für die Witwen und Wai sen das halb« Ruhegehalt verlangt. Ein Gesetz entwurf betreffend die Einführung des achtstündigen Arbeitstages und eines angesichts der stetig steigen- den Lebensbedürfnisse notwendigen Mindestlcchnes sei gleichfalls Len öffentlichen Gewalten unterbreitet worden. Am 11. März, so schließt der Aufruf, darf sich kein Bergmann zur Arbeit begeben. Alle müssen an diesem Tage für die Interessen der alten Berg- leute und des Vergarbeitcrverbandes eintreten. poltbesnttenmünsche in üer Buüget» kommillwn. Die Dudgetkommtssion des Reichstages verhan delte ani Donnerstag über den Postetat Anwesen heit des Staatssekretärs des Reichspostamts und des Reichsschatzamts. Auf Anfrage von nationalliberaler Seit« gctt> der Regierungsvertreter der Hoffnung Aus, druck, daß die Oberpraktikanten wahrscheinlich bis 1920, spätestens bis 1921 in Postinspektorstellen eingerückt sein werden. Ihre Einreihung in das Verzeichnis der höheren Beamten für llmzugskosten und Tage gelder werde binnen kurzem erfolgen. Don natio nalliberaler Seite wurde weiter der Antrag gestellt, den Reichskanzler zu ersuchen, in einem Nach tragsetat den Oberpostvssistentcn und gleichgeordne ten Beamten unter bestimmten Voraussetzungen ein« persönlich« Zulage von 300 .tt zu gewähren. Diese Leamtentategori» sei tatsächlich bei der Besoldungs reform ungerecht behandelt worden. Di« Regie - rungsvertreter wenden sich mit großer Schärfe gegen diesen Antrag, der von größter Tragweite wäre uno zahllose neue Anforderungen nachziehcn würde. Eine Schädigung dieser Veamtenkategori« sei bei den verschiedenen Reformen nicht «ingetreten. Eine Zu sammenlegung verschiedener Beamtenkategorien wie sie in verschiedenen Fällen eingetreten sei, berechtige selbst ich habe ihn eine Zeitlang gehaßt und für den Bedrücker der Arbeiter gehalten." Pallestrazzi schritt finster sinnend neben ihr her. „Auch meine Schuld!" entrang es sich seinen Lippen. „Zn den letzten Jahren, wo er krank war, haben die Leute gewirtschaftet, die —" Er ballte die Hände. „Aber ich werde ihnen Heimleuchten! Die sollen es büßen! — Dieser Alfiades — er und kein anderer ist es, der die Situation ausgenützt und mit den Arbeitern getan hat. was er wollte. Uebrigens konnte er das alles nicht so ganz allein gehandhabt haben, er mußte an den Buchhaltern seine Helfers helfer finden, um das alles so durchführen zu können." „Lu wirst der Sache auf den Grund gehen, Vater?" sagte Elena in flehendem Tone. „Das An denken Friedrich Gerhardos und unser Name müssen rein dastehcn." „Sei ruhig, es wird geschehen", versetzte Palle- strazzi, dann nahm er Elenas Hand, legte sie in sei nen Arm, und so, schweigend, aber voll tiefer Gedan ken, gingen ne nach Hause. Kurze Zeit, nachdem Pallestrazzi von Gerhardos geschieden war, erschien der erst« Buchhalter mit einer anscheinend wichtigen Meldung, die der er mattete ltzerhardr. jedoch mit dem Bemerken zurück wies, er könne sich heute in keine geschäftlichen Aus einandersetzungen einlassen, man möge sich an den anderen Chef oder an den Verwalter Alfiades wenden. Der Buchhalter atmete bei den letzten Worten er leichtert auf, dir Aufregung, die sich deutlich auf sei nem Besicht gespiegelt hatte, schwand, und sichtbar beruhigt wollte er das Zimmer verlaßen, als ihn Gerhardos noch eine Weile zurückhielt. „Ich bitte Sic. sich morgen früh um neun Uhr bei mir «inzufinden. ich habe dringende Maßnahmen mit Ihnen zu besprechen. Vorläufig das «in«: Unsere Firma wird liquidiert." Der Buchhalter wich betroffen zurück und starrte seinen Chef an. „Liquidiert —? Und was geschieht mit dem Per sonal?" „Das sollen Sie morgen erfahren, heut« bin ich zu schwach zu diesen Auseinandersetzungen. — Bringen §i« mir morgen sämtliche Beleg« der Englischen Bank mit, ich will meinem Kompagnon genaue Rech nung darüber legen, wie hoch sich unser bei d«r Bank von England deponiertes Barvermögen beläuft. Alles Weitere — morgen." Fünfzig Schritte von Gerhardos' Wohnung war- tet« der Verwalter Alfiades in eiller Maulbeer- pflanzung. und als er den Buchhalter aus -em Hause treten sah. konnte er seiner Unruhe nicht gebieten und so lange warten, bis dieser in den Garten trat, sondern «r eilte ihm aufgeregt entgegen und rief schon von weitem: „Nun?" „Bis jetzt wurde über Pacht usw. zwischen den beiden nicht gesprochen, wie cs scheint. Aber sie haben sich offenbar ausgesöhnt, und morgen kommt s zu großen geschäftlichen Auseinandersetzungen, denn die Firma wird liquidiert, und wir —" „Sitzen in der Tinte!" stieß Alfiades erbleichend hervor. „Mauro, cs bleibt uns nichts andres übrig — du wirst sehen — ich habe kein Weib und Lu keine Kinder — überlegen wir nicht weiter —" Sie redeten noch lange und erregt miteinander, und als sie sich trennten, flüsterte Mauro: „Wenn's zum Aeustcrsten kommt, dann weißt du ja, was zu tun ist — erwischen lassen wir uns nicht." „Nein, wozu gäb's denn Eildampfer", gab Alfiades mit einem zynischen Auflachsn zurück. „Aber für alle Fälle wollen wir uns einmal die Leute prä parieren und es den Arbeitern verkünden, daß sie nun Knall uno Fall rausgeworfen werden. Kann uns ja nichts schaden. Die beiden Chefs haben ihre Millionen auf der Bank von England im trockenen, uns wir. die Arbeiter, wir armen Hizpde —" Er stieß den Freund und Genossen in die Seite und lachte roh arff, der andere lacht« mit, und so schritten sie weiter. Zwei Tage, ehe das große Schulfest stattfind«n sollte, landete das Schiff auf San Marina, das Dok tor Alexander Gerhardos mit seiner Frau von der Hochzeitsreise beimbrachi«. Der junge Ehemann schien ernst und ze> streut, uno auch Rafaela blickte etwas mißmutig und verdroßen, als sie auf dem Molo stand und von Tonio, ihrer Großmutber und ihrem Vater zum Willkommen umarmt wurde, die bloß die Rückkunft der jungen Frau abgewattet hat- ten, um gleich am nächsten Tag« noch Venedig zu fahren. „Du bist verstimmt, mein Beffchen?" fragt« die alte Gräfin unruhig, als sie mit Rafaela allein vor- ausschritt. „Ach —" Rafaela sandte einen verzweifelten Blick gegen den .Himmel. „Diese Langweile! — Groß, mama — nach drei Tagen wußten wir beide nicht mehr, was wir miteinander reden sollten. Hätten wir auf der Rückfahrt nicht Epaminandos getroffen, hätte ich rein verzweifeln müßen! Aber Alexander geriet darüber außer sich — er wollte mir den Ver kehr verbieten, und Las liest ich mir nicht gefallen. Nun grollt er, allein das gilt mir gleich, «r soll auch kennen lernen, daß ich einen Willen habe und nicht eine Sklavin bin." Als sie Len Molo verließen, um die kurze Streck« nach ihrem Heim zu Fuß zurückzulegen, stießen sie an der Ecke Ler Strada Kyriako auf eine große Gruppe von Leuten, in deren Mitt« der Verwalter Alfiades und sein Vetter, der Ries« Hektor Alfiades. standen. Die beiden Männer sprachen lebhaft in die Leute ein. ihre Wort: schienen großen Eindruck zu machen und eine tiefe Bewegung hervorzurufen. Man sah bctroffene, erschrockene Gesichter, Fragen und Ausrufe schwirrten durcheinander, und der Ver walter sowie sein Vetter, der Aufseher, überstürzten sich fast mit ihren Antworten uns weiteren Aus führungen. Als Alexander vorüberging, flogen die Mützen von den Köpfen, und es entstand Stille — «ine peinliche Stille. Später beobachte»» er von Le» Fenstern seines Hauses, wie ganze Scharen von Arbeitern durch oie Straßen zogen und heftig be rieten, und da fiel cs ihm ein, daß übermorgen der Tag des Philippas und di« Schuleiwweihung sei und daß die ganze Aufregung offenbar nichts anderes als die Vorfreude zu dem großen Feste war. Aber er täuschte sich. Von den Kirchen San Philippas, Kyriakos und Georgis' klangen die Glocken, über der Insel lag blendende Maiensonnc. und das Meer schimmerte in Myriaden von gebrochenen Goldsternen und rosigen Lichtern. Das Singen der Vögel und Sum men der Bienensckwärme, die über den Blüten kreisten, vermiscytu sich mit dem abtzedämpften Surren der Menge, die flüsternd und wispernd vor dem Schulgebäude'stand und des Augenblicks harrt«, wo der lbcistlichr auf di« vor dem Hause errichtete Estrade treten und die feierliche Ansprache halten würde. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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