Volltext Seite (XML)
Dienstag. Leipzig. Die Zeitung erscheint mssAuSnahme des Montags täglich und wird Nachmittag- -1 Nhr auS- gcgeben. Preis für das Viertel jahr I'/, Thlr.; jede ein zelne Nummer 2 Ngr. Nr. 176. 31 Juli L8SS. DeuWt Mgmem Zcitiing. «Wahrheit und Recht, Freiheit imd Gesetz!» Zu beziehen durch alle Postämter de- In- und Auslandes, sowie durch die (^rpedition in Leipzig (O-uerstraßc Nr. 8). Jnsertionsgebühr sür den Raum einer Zeile 2 Ngr. Deutschlan d. Die Preußische Correspondenz erfährt „mit Befriedigung, daß dieBe- schlußnahme der Bundesversammlung vom 26. Juli in Betreff der öster reichischen Vorlage über die orientalischeAngelegenheit im Sinne verschon am 19. Juli gestellten Anträge und in vollster Uebcrcinstimmung aller Bun- desglieder erfolgt ist. Der Bund hat dec k. k. Regierung sowol für die ihm gewordenen Mittheilungcn wie für ihre auf Wiederherstellung des eu ropäischen Friedens gerichteten Bestrebungen seinen Dank ausgesprochen, von der Erklärung Act genommen, daß Deutschland unter den gegenwärtigen Umständen keine Veranlassung habe, neue Verpflichtungen einzugehcn oder die schon bestehenden zu erweitern, und endlich die Fortdauer der Kriegsbe reitschaft der Bundcscontingente beschlossen". — Ein berliner Correspondent der Frankfurter Posizcitung that kürzlich des Gerüchts Erwähnung, ein besonderes orientalisches Programm der deutschen Mittelstaaten sei in Verhandlung begriffen zwischen Han nover, Baiern, Sachsen und Württemberg. Jetzt schreibt derselbe Corre spondent: „Ich kann Ihnen heute bemerken, daß die Sache eine zeillang nicht jedes Anhalts entbehrte. Seitdem aber Frhr. v. Beust die Betheiligung Sachsens abgelehnt und, wie öfficielle Berichte nach Berlin gemeldet, Hr. v. Schrcnck sich gegenwärtig im Besitze von Instructionen erklärte, die im Sinne des bekannten Beschlußcntwurfs vom 26. Juli ausgefallen seien, wird in Berlin dieses Projekt als aufgegcben betrachtet." — Ueber die Erderschüttcrungen, welche am 25. und 26. Juli in Mitteldeutschland, in der Schweiz, Frankreich und einem Theil Italiens ge- spürt wurden, sind neuere Mittheilungen cingelaufen, die wir nacheinander hier folgen lassen: Stuttgart, 27. Juli. Gestern Nachmittag 2 Uhr 27 Minuten wurde ein dritter abermals von Südwest nach Nordost oscillirender Erdstoß beob achtet. Derselbe dauerte eine Secunde und war in seinen Wirkungen be deutend schwächer als die beiden ihm vorangehenden, doch so stark, daß in hölzernen Häusern das Gebälk krachte. Von dem am 25. Juli Mittags 2 Minuten nach I Uhr beobachteten Erdbeben liegen außer dem bereits ge stern Mitgetheilten Nachrichten aus Weinsberg, Ludwigsburg, Tübingen, Tuttlingen rc. vor. In der Wohnstube des Thurmswächters in Tübingen wurde ein Mädchen vom Stuhle herabgeschleudert. Ueber das zweite am 26. Juli 10 Uhr 20 Minuten beobachtete liegen dem Würtlembergischen StaatS-Anzeiger von auswärts Berichte von Berg bei Stuttgart und Weins berg vor. In Stuttgart läuteten in mehren Häuser» die Hausglocken und aus vollgefüllten Wassergläsern lief das Wasser zu einem Fünftcl heraus. Auch der Schwäbische Merkur hat eine Reihe Berichte über die beiden ersten Erschütterungen. Wir entnehmen denselben Folgendes: „In Obern dorf fand eben im Ralhhause die Gauversammlung von Landwirlhen statt. Während der Verhandlung, etwa 10 Minuten vor 1 Uhr, bemächtigte sich aller Anwesenden ein panischer Schrecken, man rief: Es brennt, das Nathhaus fällt ein rc. Alles stürzte zum Hause hinaus und fand kaum Athem zur Erholung. Da klärte es sich auf: es war eine ziemlich starke Erdetschütterung, von Norden nach Süden sich bewegend. In einem dem Rachhause nahe gelegenen neuen Hause war ein Kamin theilwcise einge stürzt. Der Barometerstand war unverändert geblieben. Aus Reutlingen wird von mehren Erdstößen von größerer oder geringerer Heftigkeit berich tet. Ganz ähnlich sprechen sich Briefe aus Altensteig, Calw, Eningen, Unterhausen, Neuffen, Hechingen, Sigmaringen, Zainingen auf der Alb, Rottweil, Freudenstadt, Aulendorf, Konstanz, Radolphzell, Stockach, vom Bodensee, St.-Gallen rc. aus." Aus Lindau vom 26. Juli wird der Allgemeinen Zeitung geschrieben: „Das gestrige Erdbeben wurde gleichzeitig an mehren Orten des Bodensee ufers, ferner in St.-Gallen, Heiden, Leimnau rc. gespürt. Die Richtung deS StyßeS scheint von Südwest gegen Nordost gewesen zu sein. Auf den vorgestrigen heißen schwülen Tag war bei bedecktem Himmel ohne Gewitter eine plötzliche Abkühlung eingetreten. Der Erschütterung folgte am Bodcn- seeufer ein heftiger Platzregen bei scharfer südwestlicher Luftströmung." In dem St.-Galler Tagblatt lesen wir: „Am 2S.'JuIi, Mittags um I Uhr, bei trübem Wetter und mittlcrm Barometerstände, wurden die Be wohner hiesiger Stadl (St.-Gallen) und Umgebung durch eine Erderschüt- terung aufgeschreckt, wie sie mit solcher Heftigkeit wol niemals in unserer Gegend wahrgenoinmen worden. Dem ersten, schon ziemlich spürbaren Stoße folgte sogleich ein zweiter ungleich stärkerer, der die Häuser heftig erschütterte, sodaß einzelne Wände krachten und Risse in denselben entstan den, die schwersten Gegenstände in den Zimmern hin- und herbewegt wur den. Manche eilten, Schlimmeres befürchtend, aus den Häusern auf die Straße r: Genf, 25. Juli. Heute überraschte uns ein Erdbeben, das mit bisjctzt hier wenig gekannter Siärke 10 Minuten dauerte. Ich erkundigte mich anderwärts und erfuhr, baß es zur selben Zeit, 12 Uhr 18 Min., in einem Umkreise von mindestens zwei Stunden mit gleicher Wirkung sich zeigte. Wir hatten etliche eingestürzte Kamine zu beklagen. Die Erschül- terung äußerte sich mehr wellenförmig alö schlagförmig, da sich ein Stei gern der Erschütterung fühlen ließ. Die Witterung war seit zwei Tagen schwül, die Lust drückend; kurz vor dem Erdbeben fielen leichte Regentro pfen, und erst nach dem Erdbeben selbst entluden sich die düstern Wolken, ohne daß sich ein Gewitter damit äußerte. n Genf, 26. Juli. Ich muß meinem gestrigen Bericht noch einen wei tern folgen lassen. Das Ihnen gestern in der Eile gemeldete Erdbeben, welches sich auch in Lausanne, Chambery, Turin rc. (nach den uns zukom menden telegraphischen Berichten) verspüren ließ und namentlich heftig in Bern, wo cs erst nach 1 Uhr sich äußerte, ging von Westen nach Osten. Noch nie erinnert man sich, in Genf eine so heftige Erschütterung verspürt zu haben. Zwei Häuser litten bedeutenden Schaden, die Glocken läuteten, Kamine stürzten ein rc. Heute Morgen 10 Uhr und einige Minuten (5, so ich nicht irre) äußerte sich ein neuer schwacher, um 2 Uhr 20 Minuten ein heftiger Stoß. In Mailand fanden am 25. Juli, 56 Minuten, 20 Sekunden Nach mittags, fünf Sekunden lang anhaltende Erdschwingungcn von Ost nach West statt. Am 26. Juli, Vormittags 11 Uhr 12 Minuten -10 Sekunden, fan den in Mailand wieder drei Erderschüttcrungen in Zwischcnfristen von 15 Sekunden, doch minder heftig als am Vortage statt. Die Schwin gungen von gestern wurden, eingctroffencr Meldung zufolge, gleichzeitig auch in Turin und Verona verspürt. In Strasburg wurden Möbel von der Stelle gerückt, die Krvnen- leuchter an der Decke und Gemälde an den Wänden schwankten. Beson ders auf der Plateforme des Strasburger Münsters wurde die Wirkung der drei Stöße beobachtet. Die Pendeluhr des WärterhäuSchcns blieb auf 1 Uhr weniger drei Minuten stehen, das Wasser in den auf der Plateforme aufgestellten Reservoirs bewegte sich infolge der Erschütterung um drei Cen- timeter und schwankte über das Baffin hinaus. Die große Uhr auf der Plateforme dagegen blieb im Gange. In Kolmar wurde die Wirkung schwä- schcr, in Mühlhausen stärker verspürt. In Besancon dauerten die Schwingun gen 20 - 30 Sekunden, und einige Plafonds im zweiten Stock bekamen Sprünge. Besonders heftig war die Erschütterung in der Citadellc. In Lons- le-Saulnier wurde das Erdbeben stark verspürt, der Schrecken utiter den Leu ten war groß; zwei Schornsteine stürzten ein. Seit 1819 ist dies das fünfte Erd beben, das im Jura beobachtet wurde. Um I0'/r Uhr Abends wurde in Lons-le-Saulnicr laut der Sentinelle du Jura eine neue, jedoch so schwache Bewegung verspürt, daß dieselbe nur „von einigen Personen" bemerkt wurde. In Dijon wurde besonders am elektrischen Telegraphen eine „sehr starre Oecillation" beobachtet. In Lyon war die Oecillation so schwach, daß die Personen, die sich im Freien befanden, nichts davon spürten; in den Häu sern dagegen wurde die zweite Erschütterungswclle im Umkreise zwischen den Plätzen des Terreaux und des Cordelier so stark verspürt, daß die Schel len läuteten und Weiber schreiend aus den Häusern stürzten. In der Bi bliothek hörten die dort mit Lesen beschäftigten Herren die 120,000 Bände und 1600 Manuskripte knistern und aneinanderschlagen. In der Almo- sphare wurde durchaus keine merkbare Veränderung beobachtet. Namhafte Beschädigungen kamen nicht vor. Preußen, t Berlin, 29. Juli. Auf die Auffodcrung des hiess, gen Oberbürgermeisters Krausnick in Bezug auf die entlassenen Beamten und Geistlichen aus den Herzoglhümern Schleswig und Holstein (Nr. 174) haben sich vorgestern im Sitzungssaale des Berlinischen Ralhhauscs eine nam- hafte Anzahl der hervorragendsten und angesehensten Männer aus den ver schiedenen Lebenskreisen der Hauptstadt versammelt, uni zu beralhen, in welcher Weise sür die Unterstützung der hartbedrängten deutschen Männer aus den genannten Herzoglhümern am wirksamsten ein Mittelpunkt für den ganzen Umfang des preußischen Staats geschaffen werden könne. Der Versammlung wurde, nachdem Oberbürgermeister Krausnick in eindringlich, ster Weise auf die Pflicht Preußens wie des gesammten deutschen Vater landes, den in bitterster Noth lebenden wackrrn Männern hülfreich beiz», springen, hingewiesen und den tiefsten Eindruck auf die Versammelten durch die genauere Schilderung der Lage dieser sür ihr deutsches Vaterland be geisterten Männer hervorgerufen hatte, Kenmniß von einem Cabinetsschrci» den gegeben, worin der König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen der Thätigkcit für die in Rebe stehenden hütfSbcdürftigcn Beamten und Geist- lichen die innigste Theilnahme zollt und den reichsten Segen in dem preußi schen Staate wünsch». Diese Mittheilung wurde von den Versammelten mit der freudigsten Genugthuung entgegengenommen und Alle erklärten sich für