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SäcklMe Mittwoch, 2. November 1921 Redaktion und Geschäftsstelle; Dresden-A. 18, holbeinstraste 4S Nr »SS 2V. Jahrq. Fernsprecher: «edaktion 32723 - Geschäst»ft«>e 32722 Postscheckkonto: Dresden Re 14787 vezuesvrelSi BierteljährliH tret Haus AuSanlie .V mit illustrierter Beilage 10.73 Aufgabe li 13.S3 st euijchlietziich PostbcstcUgciü. Preis der (liuzeluummcr eo jv!s Liichiiilhe BolkSzettiing erichem! an allen Wochen!ne,on narinn. — ZpreürMnde der Bedakilonc 3 bis 8 Uhr nachm. Anzeige», tünnahme Vs» Geschüitsaiijeigen bis I« Uhr. von gamilienaiizechen bis II Uhr vorm. — Preis für die Petit-Spallzetle aller Anzeigen > .<!» im Pekiameteil 4.— — Für undeutlich geschriebene sowie durch Ferniprecher aulgegebene Anzeigen lünnen wir die «erantwortiichleii iiir die Richtigkeit der Textes nicht übernehmen Die ArttwrDrt Berlin, 31. Oktober. Der deutsche Botschafter i» Paris hat auf die Note der deutsche» Regierung vom 27. d. M. fol gende Antwortnote erhalte»: Eure Exzellenz haben durch Ihre Note vom 27. Oktober diese? Jahres mir »lirgctcilt, daß die deutsche Regierung ge mäß der von den alliierten Möchten am 20. Oktober d. I. ge- krossenen Entscheidung über die Festsetzung oer Ihren,re zwi schen Deutschland und Polen in Oberswlc'die in dieser Entscheidung vorgesehenen Delegierte», deren Name» ohne Verzug mitgcteilt werden müssen, bezeichnen tu i r d. Ich habe die Ehre, Ihnen zur Kenntnis zu heiligen, tmä die alliierten Möchte von dieser Mitteilung Kenntnis ge» ».»innen haben, aber sie können nick» zugeben, dass die von ihnen n»f Grund des Artikels 88 des Vertrages von Ver sailles getroffenen Entscheidung irgendwie eine Verteilung dieses Vertrages darstellt. Infolgedessen betrachten sie den P r vt e st der deutschen Regierung als unbegründet» null und nichtig. Sie wolle» von der Mitteilung, die ihnen von Eurer Exzellenz gemacht worden ist, nur die be dingungslose und vorbehaltlose Erklärung der deutschen Re gierung zuriikkbchalteii, das; sie sich alle» Anordnuiigen der Entscheidung vom 20. Oktober mit den sich daraus ergebende» Folge» füge» wird, wie sie der FriedenSbertrng Deutschland auferlegt. Die BerhandlungSkommtssion für Oberschlesien (Eigener Draht bericht der „SLchs. V0 l ksz c t t g.") Berlin» 31. Oktober. Nach der Entscheidung der Boiscbaf- terkonserenz find vier Kommissionen für Oberfchlesien zn er nennen: 1. eine .Kommission zur Führung der WirtsclgiftSber- hrendlnngcn und der Verhandlungen übee den Minoriiätenver- trag. Hierfür sind ernannt worden Neichsminister a. D. Schif fer und Staatssekretär Lewald. Die Ernennung der übrigen Kommissare steht noch aus. 2. Eine gemischte Kommission für Oberschlei,en, bestehend ans zwei Deutschen und zwei Polen, die in Oberschlesien gebürtig sind, sowie einem Präsidenten neutraler Nationalität, der vom Völkerbünde zu ernennen ist. Als Vertreter hierfür kommen in Frage Geheimer Bergrat Bnnzel und von preußischer Seite der Bcuthener Bürgermeister Dr. Stepban. 8. Ein Schiedsgericht, für das ein deutscher Schiedsrichter zu designieren ist. Die Persönlichkeit hiez-für ist noch nicht bestimmt, t. Die GrenzfestseiningSkommission. kür die als deutscher Kommissar der Gesandte von Trondler und als Unterkommissar Graf Podewils ernannt sind. Polnische Drohbriefe Eigener Drahtbericht der „SSchs. v0 lk«zet tg.'l Nqbnlk. 1. November. Im Kreise Rhbnik erkalten viele Deutsche Drohbriefe, in denen ihnen eine kurze Frist (S bis 8 Wochen) gestellt wird, um für immer zu verschwinde«. Die Briefe tragen den Stempel Polnische Kreisleitung mit einer unleierlichen Iliner- sckrisi. Aus Loslau wird der Abzug zahlreicher Deutscher gemeldet, die sich vor dem polnischen Terror in Sicherheit bringen Wie aus Kattotvitz gemeldet wird, ist die berüchtigte Besowka PolSka mit Siammpapieren versehen worden und bat bereit« ihre verbreche risch« Tätigkeit in den Gebieten, weiche den Deutschen zugesproRen worden sind, ausgenommen. Der Zweck dieser geheimen Organi sation besteht zurzeit darin, in diesen Gebieten möglichste Umuhrn hervorzunlfe». Der deutsch-amerikanische Frieden Parts, 31. Okt. Nach einer Meldung der ..Chicago Tribüne" aus Washington wird der Geschäftsträger der Bereinigten Staate» in Berlin Dresei da» amerikanische NatirikattonSdo kn- ment zn m Friede 11 Svertrage nächste Lösche in Berlin über geben und die Ra'ifikation des Reichstage» in Empfang nehmen. Im Anschluß daran wird i„ den Bereinigten Staaten die Prokla mation hes FriedeiiSznstandc» erfolge» nnd die Ernennung vo» amerikanischen Konsuln In Deutschland bekannkgcgeben werden. Die Konsuln würden wahrscheinlich ihre Tätigkeit noch vor Ernennung de« amerikanischen Botschafter» für Berlin anfnehmen. Das Ruhrgebiet (Eigener Drahtbericht der „Sachs. V0lk»zei tg.") Pa»i», 1. November. Hier heißt «S. daß e» nn Plane Frank reich» liege, he! allernächster Gelegenheit seine Fanaarmc nach dem Aubrgebict auszustrecke«. Wenn auch von französischer Seite die bestimmtesten Abneigimgsvertiiche gemacht werden sollten, und diese» Dementi auch von London ans Unterstützung erkält, I» besteht doch zweifellos dieser geheime Plan Frankreichs. Man wird bemerken, wie sich eine besonder» französische Vorliebe ans Koblenz und Kö'n al» Vorposten erstreckt. Ledebonr auf dem französischen Sozialisten« kongretz Pari», 30. Oktober. Auf dem Sozialistenkoiigreß erschien in der heutigen Vormittagssitzung der Vertreter der dentscl>e>i Unabhängige» Sozialisten der Reichstags-Abgeordnete Lede bonr. Er wurde vom Präsidenten des Kongresses, Maherek, leb haft begrüßt. Der Beifall der Versammlung beim Erscheinen des deutschen Reichstagsabgeordnetcn wurde vom Präsidenten al» ein Frühen der Entspannung der Geister bezeichnet, nm zn einer voll kommenen Verbrüderung der Völker zn gelangen. In der Nach- mittagssitzung sprach Ledebonr. Er erklärte, die Wiederherstellung der Internationale ohne Ausschluss irgend einer sozialistischen Gruppe, sogar mit Einschluß der Kommunisten, die auch Arbei tervertreter seien, sei notwendig. Jedoch erklärte Ledebonr cS für erforderlich, daß jeder nationalen Partei ihre Unabhängigkeit in Fragen der Taktik belassen werde. SS sei von Wichtigkeit, daß alle ausländischen sozialistischen Parteien, insbesondere die fran zösische, energisch gegen den Militarismus nnd den Imperialis mus ihrer Negierungen vergingen, damit sie den deutschen Sozia listen ihre Aufgabe am .Kampfe gegen den „Chauvinismus, das Alloentschcum und den Militarismus" e. leichterten. Ledebonr pre.ch in französischer Sprache. In der M 0 n t a g s s i tz n n g stellte Rena udet mit Be dauern fest, daß immer noch ein großer Teil der Sozialisten der zweiten Internationale nngehörc, so daß an eine Arbeit der Wiener Internationale unter solchen Umständen nicht zn denken sein Düe Einigkeit der Sozialisten müsse in der Hauptsache von Deutschland nuSgeheu. Wen» sich die deuischen sozialistischen Par teien einig wäre», könnte die Internationale wieder hcrgestellt werden. Renaudel forderte Leüevonr ans, für diese Eiiügteit zn arbeiten. Ledebonr antwortete, baß die deutschen Unabhängigen zn opfern bereit wären, nm die Einigkeit wieder herzustelten, doch glaube er, daß auch das vom Wiener Kongreß geschossene Werk nicht zn verachten sei. Tank dem Einvernehmen der deuischen und der französischen Arbeiterklasse sei das Projekt der Repara tion ausgearbeitel worden, das zn den glüctlichen Abmachun gen von Wiesbaden geführt hätte. Die Unabhängigen haben das Kabinett Wirth, als es von den Alldeutschen bedroht war, unter st ich t, denn obwohl die Bürgerlichen Gegner der Unabhängigen seien, gäbe es welche, die den Unabhängigen gegenüber Wohlwollen bekundeten, und dazu gehöre auch das Kabinett Wirth. Wirth sei zwar ein Bürgerlicher, doch habe er Eharakter. ES gebe auch So zialisten ohne Eharakter. Wirth habe selbst erklärt, daß er bei einem Kampfe gegen die Arbeiterktassc uns deren Seite stehen würde. So habe man noch nie einen Ministerpräsidenten sprechen hören. Die Wohnungsnot im besetzten Gebiet (Eigener Draht bericht der „Sächi V 01 kS ze i tg.'l Berlin, 1. November. Ueber die Aussichten der Woh nungsnot im besetzten Gebiet werden der „Deutschen Allgemei nen Zeitung" von zuständiger Stelle folgende Feststellungen initgeteilt: Bis zum V. Oktober >921 waren für die BescchuikzS- trnppcn in Düsseldorf rund 1800 möblierte Wohnungen beschlag nahmt, und zwar sowebl einzelne Zimmer, wie auch größere Wohnungen, bestehend aus Küche, Schlafzimmer, Wohnzimmer und Eßzimmer. Davon wurden am 6. Oktober noch benutzt 620 Wohnungen. Es standen mithin leer rund >180 Wohnun gen. In Kasernen und Massengnartierru tagen am 6. Oktober rund 2700 Unteroffiziere und Mannschaften. Die oben ge nannten Wohnungen waren ausschließlich für Offiziere und Säbelchargeu mi: ihren Familienangehörigen bestimmt. Die Besatinngc-oehürde weigert sich, die I!8o leerstehenden Wohnun gen für die Ziviibebötkernng freizugeben. Die badischen Landtagswahlin Karlsruhe. 31. Oktober. Nach dem vorliinsigeii Ergebnis der gestrigen Landtagswnhlen sind gewählt: Dentschnativiiaie 7 Abge ordnete, Landbnnd 7 Abgeordnete, Wirtschaftliche Vereinigung 1 Abgeordneter, Zentrum 31 Abgeordnete, Demokraten 7 Abgeord nete, Sozialdemokraten 20 Abgeordnete, Unabhängige Sozial demokraten 2 Abgeordnete, Kommunisten 3 Abgeordnete, zusa m- men 8 6 Abgeordnete. Die alte Koalition, be stehend a»S Mehrheitssozialdemoiraten, Zentrum nnd Demokraten, zählt demnach 61 Abgeordnete. Der verstoßene Land tag setzte sich ans 107 Abgeordneten zusammen. Mithin ist bis her eine Berringerung drr Mandate nm 21 eingetreten, wnS neben der verminderten Walilbeteiligmig aus die Abnahme der Zahl der Wahlberechtigten znrnckznsühren ist. 'Ans je 10 000 Stim men entfällt ein 'Abgeordneter. Umbau des Besoldungssystems Berlin, 3l. Oktober. Im BeamtenanSschuß des Reichs tage» machte Ministerialdirektor von Sch lieben ein gehende Mitteilungen über die geplante Teuernugs- aktiv» nnd die Neuregelung der Besoldung der Beamten, so wie über den Stand der Verhandlungen mit den Gewerkschaf ten. Im Anschluß hieran fand eine Besprechung der Mitglie der des Ausschusses mit den Vertretern der Gewerk schaften statt. Hierbei ergaben sich sowohl zwischen Regie rung und GewerlscEaften als auch unter diesen selbst zunächst erhebliche MeinnugSverschiedenheiien. Die Gewerkschaften gaben die Erklärung ab. daß diese den denkbar größten Wert auf rascheste Durchführung der geplanten Maßnahmen legen. Die Verhandlungen der Vertreter des Reichsfinanz- m i n i st r r i u m L mit denen der gewerkschaftlichen Beamten- vertreter dauerten am Sonnabend bis in die späte Nacht. Sie habe», so viel man hört, zn einer vorläufigen Einigung ge führt nnd bringen einen Umbau des ganzen V e sol lt n n g s s h st e m S. Es ist zu rechnen mit einer Erhöhung der Grundgehälter um da« Doppelte in der unteren Gruppe, ansteigend bis zum Vierfachen in drr Gruppe 13. Ter Ortsznschlag wird »m ein reichliches Drittel erhöht. Der Kindcrzuschlag beträgt künftig für Kinder bis zum Alter von 8 Jahren 15» Mark, bis 1t Jahre 200 Mark, bis 21 Jahre 2kl» Mart, daneben wird zum Grundgehalt, zum Ort«. Zuschlag nnd znm Kinderznschsag ein Te » e r » n g S z » s ch l a g vo» 28. ». H. gewahrt. Der Streik der Gasthausangestellten (E zenrr Dradtbericht der „Süchs. V »l k S z e i t g ") Berlin. 1. November. Die wiederholt angeknndigte Ber- schärsung deS'GasthauSstreikS wird jetzt durch die Organisation der Arbeiterschaft in die Wege geleitet. Der Afabund und der AnSichnß der Gewerkschaftskvmmission Eerlin und Umgegend erlassen einen Aufruf, der den Lieferungsstreik für alle bestreikten Betriebe an- orbnet» verbunden mit Saalsperre nnd Algage aller PersanmUnngen in den in Mitleidenschaft gezognen Betrieben. Den Streikenden wird bescheinigt, daß sie „in einer geradezu vorbildlichen Selbst beherrschung" bisher den Kamps geführt hätten, eine Behauptung, di« sich wirtlich curgencbts der bekannten Ausschreitungen der letzt«» Tage nnd Aachen sehr »igrntümlich ansnimmt. Der Weg unserer Politik Von Dr. Als ans Steiger, Berlin Seit Bütte Mai führt Reichskanzler Dr. Wirts, als verant wortlicher Leiter die deutsche Reichspolitil. Er hat dies Ge« schüft übernommen zu einem Zcitpnnkr, als die schwierigstell Folgerungen aus dem Friedeusvertrag von Versailles zn ziehet» waren. Er hat sich nicht gescheut, offen zuzugestehen, daß ec seine Politik darauf einrichte, die van Deutschland verlangtem Wiedergntmnchnngsleistnngen so schnell und so umfangreich als möglich zn erßstiim. Wegen dieses ausschlaggebenden Punktes im Programm seiner Politik unterlag nad unterliegt seine Aussassnug gerade der Kritik der politisch rechtSorientierlen Kreise. Tie letzten Oktobertage brachten die Entscheidung über Oberschlesien. Diese wiederum führte zn politischen Fol ger nn gen, zn denen vor allem der Rücktritt des Kabinetts ge hört, ferner die Verhandlungen über die Verbreiterung der R e g > e r n n g s b a s i S und schließlich die Wiederbe- r u s n n g A irths ans den Posten des Reichskanzlers. Tie Entscheidung über Oberschlesien ist als ein Verstoß gegen dia Bereinbarnnge» des Friedensvertrages angesehen und so beurteilt worden. Es ergibt sich »eit der Regierungserklärung vom 26. Oktober, die eine erdrückende Mehrheit fand, immer stärker und immer deutlicher der Protest der rechtsgerichteten Kreise, die seit Mitte Mai dieses Jahres die Geschäftsführung des Reichskanzlers bekämpften. Jetzt erheben sie den Vorwnrf, daß die Entsendung von Delegierten snr die Verhandlungen mit Polen eine Auer-, kennnng des Macytspruches der Entente darstellte. Sowohl das Programm der Erfüllung vom Mai wie daS der unter Protest hmgcnomuienen Entscheidung über Oberschlesien sind Belastungen für jene» Kabinett. Man darf deshalb nur noch die Frage stellen, ob ein anderer Ausweg möglich ge wesen wäre. Auch eine andere Frage darf heute erörtert tuet den; nämlich die, ob der Politik des Reichs kan z- lerS irgendein Vorwurf gemacht werden könne. Die Entscheidung über Oberschlesien gründet sich ebenso auf de» Friedeusvertrag, den die Alitierten nach ihrem Gutdünken anSlegen nnd anivenden. Die Forderungen nach den Wiedergut- niachttiigskelstiingtM finde» ebenfalls im Friedensvertrag eine Stütze. Mit automatischer Pünkrlichkeit wenden sich deshalb all diese Fragen wiederum der ersten Frage zu, ob wir jede Folge rung aus de», Friede,isoertrag zu übernehmen verpflichtet sein sollen. Zwar stellt der Friedensvertrag ein Statut auf über den zu schaffenden Völkerbund. Aber dieses Statut gibt ja gerade keinerlei Möglichkeit, die deutschen Interessen zu vertreten. Die von der äußersten Rechten vorgeschlagene 'Außerachtlassung des FriedenS von Versailles wäre allerdings das einfachste und leich teste Mittel, um jede Verpflichtung und jede Leistung deutscherseits ab-ulehnen. Ein solches Verfahren hat jedoch zur Voraussetzung, daß mit irgendeinem Mittel der Macht dem feindlichen Machtwil len erfolgreicher Widerstand geleistet werden könnte. Diese Frage ist nicht mit ja zu beantworten. Hier gibt eS nur ein glattes: Unmöglich. Immer wieder führen die Gedankengänge über die Erfüllbarkeit des Friedensvertrages, über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des deutschen Volkes, über die Enischeidmig betr. Oberschlesien zu der unglückseligen Ausrottung der Tchiildjrage. Es ist ein Verdienst der Politik des Reichskanz lers, daß sie geflissentlich eS vermeidet, ans die E r ö rte - rung der Schuld frage ein zu gehen. Ich möchte wün schen, daß alle deutschen Volksgenossen sich allmählich dieser Taktik anschließen. Es wird dadurch dem Frieden im Volk genützt und dein Willen der Feinde entgegengearbeitet, die vielleicht doch im mer noch mit einer Zersvlitterung im Innern des deutschen Vol kes rechnen. Aus der geschichtlichen Entwickelung ergibt sich also, daß sowohl der Natronalversannittung ia Weimar wie dein ihr fol genden Reichstag jede Möglichkeit fehlte, von dem Friedeusvertrag von Versailles auch nur einen Artikel zn entkräften oder gar un wirksam zn mache». Ist den Leuten, die heute noch die Unterzeich nung des Friedensvertrages als einen Fehler ansehen, ans dev Politik, die man in Frankreich betreibt, immer noch nicht klar geworden, daß die Nichtniiterzeichnnng eine endlose Kette von „Sanktionen" zur Folge gehabt hatte, wie sie wegen verhältnis mäßig geringer Kleinigkeiten mm schon wiederholt verhängt wor den sind znm Schaden des deutsche» Voltes? Ist den Vertretern der ständigen Ablehnung iminer noch nicht bekannt, daß tm Juni 1010 die Durchführung der schärfsten 'Maßregeln ans militärischem Gebiete durch Frankreich geplant war? Wissen diese Leute nicht, daß diese militärische Aktion auf die Zerreißung Deutschlands ab- ziette? Wer mit dem nüchternen Verstände den Friedensvertrag als einfache Tatsache, als eine unvermeidlich gewordene 'Notwen digkeit ansieht, der muß zngebe». daß die ReichSpolittk auf gar keinem anderen Wege gehen konnte, als den Dr. Wirth beschritte» hat. Man muß aber noch weiter gehe». Man muß davon spreche»!, daß es gerade diesem viclgeschmähten „Kanzler der Erfüllung" in wvchenlangea schwierigen Verhandlungen gelungen ist, eine Ein- keitsbasis für das große Probte», der Wiedergutmachungen zu schaffen. Diese Basis umsaßt Kapital, Arbeit Handel und L a n d w i r t s ch a s t. Sie bat zum Ziel, den Anstrengungen aller Kräfte möglichst lange den Wiedergntmachuilgsansprücheit der Gegner zu genügen. 'Aus diesem Wege war Reichskanzler 'Wirth der erste, der positiv pratttfche Politik betrieb, nachdem das vorher geübte System des Protestes zur Ohnmacht verurteilt worden war. Ist es der deutschen Oeffenttichkeit nicht anfgefallen, daß die beiden Septembertagungen bedeutender politischer Par teien über die Bühne gelaufen sind, ohne daß irgend ein sach licher Tadel der Politik des ersten Reichsbeamten hatte zuteil wer den können? In Görlitz haben die Sozialdemokraten ge tagt. und in keinem einzigen ihrer Beschlüsse gegen die vom Reichskanzler inaugurierten Politik Steilung genommen. Nnd in Heidelberg hat die deutsche Bolkspartei ebenfalls in tagelanger! Erörterung zum politische» Weg des Reichskanzlers sich geäußert, ohne ihm in irgendeiner Form einen Tadel anSsprechen zn kön nen. Sind das nicht die besten Beweise dafür, daß verantwor tungsvoll denkende Parteien links und rechts vom Reichskanz ler erkenn,» und zugestehcn, daß er sich keinerlei Nnter- tassung schuldig gemacht habe? Ist da» nicht ein Beweis dafür, daß trotz otiäger noch nicht bekehrter chauvinistischer Gruppe» die Politik des Kanzlers den richtigen Weg geht?