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Wochenblatt für »' Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 344. Reichenbrand, Siegmar, Neustadt, Rabenstein nnd Rottluff. ^ SS. Sonnabend, den 30. Dezember Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Anzeigen Verden in der Expedition (Reichenbrand, Nevotgtstraße 11), sowie von den Herren Friseur Weber in Reichenbrand, Kaufmann Emil Winter in Rabenstein und Friseur Thiem in Rottluff entgegen- . genommen und pro Ispaltige Petitzeile mit 1b Pfg. berechnet. Für Inserate größeren Umfang« und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Anzeigerr-Amtahme in der Expedition bis spätestens Freitags nachmittag- S Uhr, bei den Annahmestellen bis nachmittags L Uhr. veretnSinferate müssen bis Freitags nachmittag» S Uhr eingegangen sein und können «icht d«rch Telephon aufgegeben werden. Es wird hiermit zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß Sonntag, den 31. Dezember 1911 — Silvester — die Derkaufsläden offen gehalten werden dürfen: 1. Beim Handel mit Brot und weißer Backware — ausschließlich der Konditoreiwaren — mit Ausnahme der Gottesdtenstzeit — unbeschränkt, 2. beim Handel mit Flelschwaren und Delikatessen vormittags von 7 bis 9 Uhr, mittags von 11 bis 2 Uhr und nachmittags von -1 bis 9 Uhr, 3. beim Handel mit Milch vormittags von 7 bis 9 Uhr, mittags von 11 bis 2 Uhr und nach mittags von 4 bis 9 Uhr, 4. beim Handel mit sonstigen Etz«, Trink- und Materialwaren — einschließlich von Tabak und Zigarren — ingleichcn beim Kleinhandel mit Heizungs- und Beleuchtungsmaterial und allen übrigen Handel vormittags von 7 bis 9 Uhr. mittags von 11 bis 1 Uhr und nach mittags von 3 bis 9 Uhr. Reichenbrand, am 29. Dezember 1911. Der Gemeindevorstand. Versteigerung. Am Freitag, den 5. Januar 1912 soll im hiesigen Gemeindeamts ein Sofa meistbietend versteigert werden. Reichenbrand, den 29. Dezember 1911. Der Bollstreckungsbeamte. Bekanntmachung. Reichstagswahl betr. Nach der Kaiserlichen Verordnung vom 6. Dezember 1911 sind die Neuwahlen für den Reichstag am 12. Januar 1912 Der hiesige Ort umfaßt 2 Wahlbezirke. Wahlbezirk „Rabenstein I" umfaßt das Rittergut Oberrabenstein, die Villenkolonir und das Karolabad, sowie alle Grundstücke, welche die Ortslistcn Nr. 1 bis mit 68 Abt. ^ und 16 bis mit 44 fe Abt ^ tragen. Wahlbezirk „Rabensteiu N" umfaßt das Rittergut Niederrabenstein, die Pelzmühle, die . Pelzmühlenstraße, alle Grundstücke, welche die Ortslisten Nr. 1 bis mit 15 S und 45 bis mit 156 fe Abt L tragen Zum Wahlvorsteher, der die Wahl zu leiten hat. ist für den Wahlbezirk I Herr Gemeinde-Altester Kammerrat Eugen Merkel und Wahlbezirk H der Gemeindevorstand Louis Wilsdorf, zum Stellvertreter für Verhinderungsfälle für den Wahlbezirk I Herr Friedensrichter Bollbrecht Uhlich und GeüielnderÄltester Johannes Esche " - Als Lokal, in dem die Wahl vorzunehmen ist. ist für den Wahlbezirk I das Gasthaus zum „Goldenen Löwen" von Emil Müller hier. Wahlbezirk N das Gasthaus zum „Weißen Adler" von Robert Börner hier bestimmt worden. Die Wahlhandlung beginnt um 10 Uhr vormittags und wird pünktlich um 7 Uhr nachm, geschlossen. Nachdem dies geschehen, dürfen keine Stimmzettel mehr angenommen werden. Rabenstein, am 29. Dezember 1911. Der Gemeindevorstand. Wilsdorf. Bekanntmachung. Nach 8 22 der deutschen Wehrordnung vom 22. November 1888 beginnt die Militärmeldepslicht mit dem 1. Januar desjenigen Kalenderjahres, in welchem der Militärpflichtige das 2V. Lebensjahr voll endet und dauert so lange, bis über die Dienstpflicht des Wehrpflichtigen endgiltig entschieden ist. Nach Beginn der Militärmeldepflicht haben sich die Wehrpflichtigen zur Aufnahme in die Stamm rolle anzumelden. Es werden daher alle diejenigen, welche nach den vorstehenden Bestimmungen der deutschen Wehr- halb der Zeit^ ^ 6" pf '<h g s h ' 6 f vom 15. Januar bis 1. Februar 1912 behufs der Eintragung ihrer Namen in die Stammrolle bei dem Unterzeichneten sich persönlich an zumelden. Dabei ist von denen, die sich zum ersten Male anmelden und nicht im hiesigen Orte ge boren sind, der hierfür besonders bestimmte Geburtsschein, von den Meldepflichtigen der früheren Jahrgänge aber der Losungs und Gestellungsschein vorzulegen. Gleichzeitig ergeht nach 8 57' der deutschen Wehrordnung an Eltern, Vormünder, Lehr- und Brot- oder Fabrikherren die Aufforderung, den in 8 25 enthaltenen Bestimmungen allenthalben nachzukommen und besonders die unter ihrer Aussicht stehenden militärpflichtigen Personen, welche von hiesigem Orte zeitig abwesend sind, rechtzeitig zur Anmeldung zu bringen. Radrnstein, am 30. Dezember 1911. Der Gemeindevorstand. Wilsdorf. Bekanntmachung. Mit Rücksicht darauf, daß bei unserer Kasse am 2. und 3. Januar 1912 ein starker Verkehr zu erwarten steht, geben wir hiermit bekannt, daß auch die am 4. Januar 1912 bewirkten Spareinlagen für den Monat Januar voll verzinst werden. Die Sparkassenverwaltung zu Rabenstein, am 30. Dezember 1911. Meldungen im Fundamt Rabenstein. Gefunden: 1 Sack Futter. Der Gemeindevorstand zu Rabenstein, am 29 Dezember 1911. . ^Zur öffentlichen Kenntnis wird hiermit gebraHASktz>sür^die hiesig?Eeniemde Herr Karl Reichel von hitr als Feaerlöfchdirektor und Herr Mar Schraps von hier als Stellvertreter auf drei Jahre wiedergewählt worden sind. Rottluff, am 27. Dezember 1911. Der Gemeindevorstand. Adreßbuch der Stadt Chemnitz. Das Adreßbuch der Fabrik- und Handelsstadt Ehemnitz für das Jahr 1912 liegt für die hiesige Einwohnerschaft in» hiesigen Gemeindeamte — Kassenzimmer — znr unentgeltlichen Einsichtnahme aus. Rottluff, am 28. Dezember 1911. Der Gemeindevorstand. Hinter Wolken leuchtende Sterne! Original-Roman von Karl Schilling. Jetzt hob sic jäh den Kopf. Sic hatte ihn kommen hören. Schnell stand sie anf. Die Flut von Rosen rieselte von ihrem schlanken Körper herab; wie eine Gestalt aus dem Märchenlande stand sie inmitten des Blumcnwalles. Nun beugte sic sich nieder und bahnte sich, indem sie mit der Hand fürsorglich und zart die Rosen beiseite legte, einen Weg zu den, Geliebten. Diese an sich unbedeutende kleine Handlung trug in Helmers Seele ein zuversichtliches Glücks- gefllhl. Er sagte sich: Wer so fein nnd liebevoll mit den Blumen umgeht, dessen Gemüt ist tief und gut. Mit großer Herzlichkeit faßte er daher Elfridens Hand und zog die Errötende an seine Brust. Da wandte sic ihm das Angesicht zu, und cs kam wieder jenes rätselhafte dunkle Leuchten in ihre blinden Augen, es war, als wolle sich ihm die ganze reiche Seele offenbaren. Mit Staunen und Ent zücken gewahrte Helmer zum erstenmal dieses seltsanic Spiel der Natur, und im warmen Tone rief er aus: „Elfe, wie schön sind doch deine Augen, wie wunderbar schön!" Da senkte sie in holder Verwirrung ihr Antlitz und eine Träne, schwer und brank, stahl sich unter den Wimpern hervor. Heller leuchtete die Sonne, lauter jubilierten die Vögel, süßer dufteten die sterbenden Rosen, und drinnen lag in friedlicher Verklärung die Tote. Ihr Geist umschwebte segnend das Brautpaar, das dort vor der Laube in ernstem Gespräche saß. Helmer war freudig überrascht, mit welch klugem Sinne seine Braut erfaßte, was er ihr darlcgte, und frohe Zuversicht erfüllte ihn, mit welcher Seelengroße sie sein Wohl über alles stellte. Ehe die Sonne in Mittagshöhe stand, überreichte ein Bote dem Herrn Professor vr. Becher den endgültigen Be scheid Helmers: „Ich gestatte mir die Mitteilung, daß ich im vollen Einverständnis mit meiner Braut der ehrenvollen Berufung nach Herrnstadt für 1. Oktober frcudigst zu folgen gedenke." III. »Und auch die Menschen, Eie kommen und gehen, Um sich zu trennen, Um sich zu sehen." Leben und Tod ringen mit einander, aber dem Leben wird der Sieg. Die Erde hatte sich über Frau Kändlers Sarg geschloffen, nun mußte die Allmutter Zeit auch die Herzwunde allmählich schließen. Den Tagen von Sonnenglanz war trübes Wetter ge folgt, und heute rieselte feiner Regen unaufhörlich herab. Elftide hatte nicht vermocht, der Mutter die letzte Ehre zu geben. Ihr Abschied von der Toten, das Schließen des Sarges erschütterte sie so, daß ihr Schmerz in heißer Leiden schaft aufbrach; sie rang die Hände, jammerte und weinte und war selbst Helmers Trostgründen und Koseworten un zugänglich. Es schien, als wäre ihr erst heute die ganze Schwere ihres Verlustes bewußt geworden, als empfände sic erst heute, welchen Reichtum an Liebe sic hcrgeben müsse. Helmer war in großem Kummer. Der plötzliche wilde Ausbruch ihres Gefühls überraschte ihn und erfüllte ihn mit Bangen um die zarte Gesundheit des geliebten Mädchens. Auch er litt. Seine feinfühlige Seele verletzte es tief, daß Schwester und Bruder so wenig Teilnahme und Ver ständnis für ihn zeigten, und der Tatsache seiner Verlobung wie etwas Unmöglichem gegenüberstanden. Von beiden war auf sein Schreibe» bald brieflich Antwort gefolgt. Die Schwester klagte vier Seiten lang ihr unglückliches Lebens los, das ihr die ewige Krankheit ihres Mannes, die Er ziehung der wilden Kinder bereite und schloß daran die hausbackene Mahnung, er solle bei Gründung eines eigenen Hausstandes ja alle denkbare Vorsicht walten lassen und nur ein Mädchen aus bestem Stande, das kerngesunde und reich sei, wählen. Die Verlobung mit Elftide erwähnte sie über haupt nicht. Helmer nahm den Brief, zerriß ihn und warf ihn ins Feuer. Von dem Briefe seines Bruders las er nur die Eingangs zeilen: „Lieber Manfred! Was du mir mitteilst, läßt mich und meine Frau an der Gesundheit deines Verstandes ernstlich zweifeln. Löse sofort deine verrückte Verlobung auf. Soll ich als Mediziner dir . . ." Abscheu und Ekel erfaßte» Helmer vor solcher Denkart. Mit düsteren Miene» sah er dem Verknistern des Papierens nach. Tränen stiegen in seine Augen. Jetzt erst verstand er, wie es Elftide zu mute sein mußte, so hilflos und einsam inmitten der fühl losen Welt zu stehen. Sein eigenes Geschick ähnelte ihrem; und dieses Gefühl der Uebereinstimmung vertiefte seine Neigung für die geliebte, machte ihn in seinen Entschlüssen fester und verklärte ihm die Zuknnftsfreude, in Elfe die Fülle der Liebe zu finden, nach der er sich sehnte. — Frau Kändler wurde nicht »»beweint zur letzten Ruhe getragen. Elfridens Verwandtschaft hatte sich fast vollzählig eingefunden. Allerdings, groß war der Kreis der Kändler'schen Familie nicht, aber alle einte ein biederer Sinn und eine erfrischende Herzlichkeit. Mit Ausnahme von Elfridens Tante, Auguste Neubert — einer sehr Willensstärken Frau — reiften alle bereits heute in den Abendstunden wieder ab. Gegenwärtig saßen sic im groben Wohnzimmer Kändlers und sprachen in liebevoller Weise von der Geschiedenen oder tauschten ihre eigene Schick sale aus, so daß Helmer bald das Gefühl des Fremden verlor und auch ihnen sein Herz erschloß. Alle erwiesen ihm höchste Achtung, und aus aller Augen grüßte ihn ein Strahl demütiger Dankbarkeit, daß er ihnen die schwere Sorge um Elfridens ferneres Geschick in so edler Weise abgenommcn hatte. Elfe war auch anwesend und zwang sich zur Fassung. Helmer hatte sie aus dem einsamen Kämmerlein geholt, ihr die rinnenden Tränen getrocknet, und nun saß sie an seiner Seite, stumm und ernst, wie ein verschüchtertes, krankes Vögclein. Nur wenn er heimlich ihre Hand suchte und leise drückte, schien die Starrheit von ihr zu Weichen und ein stilles Freuen ihre Züge für Augenblicke zu beleben. Besondere Neigung empfand Helmer für seinen Nachbar, den alten Provisor Kehrbach, den Onkel von Frau Kändler. Beim ersten Anblick hielt er ihn für einen Prediger. Das feine, durchgeistigte Gesicht, die silberweißen langen Haare, die großen treuen Kinderaugen gaben ihm etwas Patriarcha lisches. Auch er war durch die Tränenbäche des Lebens geschritten und vor zwei Jahren glaubte er am gebrochenen Herzen sterben zu müssen, als man ihm nach fast vierzig jähriger glücklichster Ehe sein Weib in die dunkle Erde hettete. Ein noch junger Mann, ein Bruder von Elfridens ver storbenem Vater, bemühte sich sichtbar um Helmers Gunst. Seine Stellung in einem Bankhause ließ ihm Muße, sich der Musik zu widmen, und da er von Elfe gehört hatte, ein wie feinsinniger Freund und Kenner edler Tonwerke l)r. Helmer war, so spannen sich bald zwischen beiden Männern Fäden des Verständnisses und der Zuneigung. Fräulein Maler, eine Jugendfreundin von Frau Kändler, mußte der Verstorbenen sehr nahe gestanden haben. Eine lange beschwerliche Bahnfahrt war ihr nicht zu viel gewesen, um der Heimgegangenen die letzten Blumen auf die Bahre zu legen, ein Opfer, das besondere Anerkennung verdiente, da sic selbst kränkelte. Helmer ließ unwillkürlich ab und zu seinen Blick auf dem alternden Mädchen ruhen. Ihre