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Vas Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichem Bekanntmachungen der Amtshauvtmannschast Weihen, des Amtsgerichts «ud Stadtrat» zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nofle«. Nr.217. — 83. Dienstag, 16 September 1924 Telegr.-Adr.: »Amtsblatt* für Lürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Mni«tge»prrt»: »i« 8,rsp-Itr»r Sl«mqrUr RLowpfnnng, die LgcspalteneJeile der mnMchenBekanntmachungen40»old- psennig, dt« Lgesp«lteneNcktLM«teNe im teMchen Teile loo Voldpsennig. Nachweisungsgebühr 20 Doldnfennigc. Dor- ,e1chrieben««rschei>mn,L- — - . - tag-vnd Platzaorschriftet» werden nach MSglichkeit Fernsprecher : Amt Wilsdruff Nr. 6 berüchsichtigt. Anzeigen annahme di, vor», lv Uhr Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Antigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Radaltanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klag« ringe,»gen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkur, gerLt. 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Zwei Erklärungen über Kriegsschuldsrage und Eintritt Deutschlands in den Völkerbund, die beide auf den Reichsaußenminister Dr. Strese mann zurückgesüh« werden, haben zum Wochen schluß großes Aussehen und Gerüchte von einer bestehenden oder überwundenen Regierungskrisis wachgerufen. Es wurde uns dazu geschrieben: Eine Woche ist es her, seit Macdonald und Herriot ihre Reden auf der Völkerbundtagung hielten, wobei die Frage des Eintritts Deutschlands in den Völkerbund eine sehr erhebliche Rolle spielte; mehr Denn zwei Wochen sind vergangen, als die Reichsregierung z nm Tage, nachdem die Dawes-Gesetze angenommen waren, ; offiziell mitteilte, sie werde der Entente gegenüber den ? H 231 des Versailler Vertrages, der Deutschland und seine Verbündeten beschuldigt, den Krieg verursacht zu haben, in einer Note als unrichtig darstellen. Sie könne ihn des halb nicht mehr anerkennen. Seitdem ist nun ein erbitter ter Zeitungskrieg über die Zweckmäßigkeit und Unzweck mäßigkeit beider Maßnahmen entstanden, der um so tur bulenter war, weil man eine klare Stellungnahme der Regierung nicht erkennen konnte. Die Rechte, Deutsche Volkspartei einschließlich, war für die Absendung der Kriegsschuldnote und Zurückhaltung in der Völkerbund frage, die Linke unbedingt gegen die Notifizierung und für den sofortigen Eintritt, während sich das Zentrum, dem ja auch der Reichskanzler angehört, zurückhielt. Nun gab der nach Berlin zurückgekehrte Reichsaußen- minister Dr. Stresemann in einem engeren Presse kreise eine sozusagen offiziöse Erklärung ab, welche die Stellung beider entscheidenden Persönlichkeiten im ' Reichskabinett, Dr. Marx und Dr. Stresemann, um reißen sollte. Dr. Marx war zur Zeit der Erklärung noch nicht in Berlin, sondern weilte in Süddeutschland, wo er eine Zusammenkunft mit dem ebenfalls in Urlaub befindlichen Reichspräsidenten hatte. Zunächst räumt die Erklärung Dr. Stresemanns mit der Ansicht auf, daß die Kriegsschuldnote eine Konzession an die Deutschnationale nfür deren Zustimmung zu den Dawes-Gesetzen sei, eine Ansicht, die überall in Deutschland verbreitet und begierig von der französischen Presse aufgegriffen wurde, deren Ausführungen dann wieder als Argumente gegen die Notifizierung akzeptiert wurden. Ein wenig erfreuliches Ballspiel. Vielmehr sollte nach dem Schriftstück der deutsche Protest gegen den Artikel 231 schon in London erfolgen auf Anregungen aus dem Reichsrat hin. Aus rein äußeren Gründen sei man aber in London nicht mehr dazu gekommen, habe aber die Erklärung formuliert und sie bei der nächsten entsprechenden Gelegenheit, nämlich der Verabschiedung der Dawes-Gesetze im Reichstag, herausgebracht. Das Verlangen der Deutschnationalen fei nicht die Ursache, sondern eine Parallelaktion gewesen, ebenso die bekannten Forderungen dieser Partei nach Beschleunigung der Räu mungsfristen und Nichteinhaltung des Londoner Paktes bei Verzug der Gegenverpflichtungen auf der Ententeseite. Auch das ist von der Regierung bekanntlich akzeptiert und dadurch sind 48 Deutschnationale zum Ja-sagen ver anlaßt worden. Nun sei Dr. Stresemann für die sofortige Noti fizierung gewesen; statt dessen mußte man aus technischen Gründen dazu greifen, Herriot und Macdonald durch der- trauliche Briefe des Reichskanzlers über den ge planten Schritt zu unterrichten, mit dem Erfolg, daß in Paris diese Vertraulichkeit sofort gebrochen wurde. Wann nun die Notifizierung erfolgen werde, werde durch einen Kabinettsbeschluß entschieden werden; Dr. Strese« mann sei aber der Ansicht, daß sie erfolgen müsse, solle nicht die deutsche Regierung sich um jede Autorität im In- und Ausland bringen. In der Frage des Völkerbundes stellte sich der Außenminister auf den Standpunkt, daß Zurückhal- tung das einzig richtige fei, ein deutscher Anttag um Aufnahme nicht in Frage komme, besonders deshalb, weil eine amtliche Anregung dazu von England oder Frankreich her nicht erfolgt sei trotz einiger deutscher Sondierungen. Beste Gelegenheiten für eine vertrauliche oder offene Erklärung seien auf der Gegenseite nicht aus genutzt worden. Dr. Stresemann knüpfe an den Eintritt überhaupt zwei Voraussetzungen: die Erledigung der Kriegsschuldfrage im Sinne der Reichskanzler- erklärung und die Anerkennung Deutfchlands nicht nur als „gleichberechtigte* Macht, sondern als Großmacht, die einen Sitz im Völkerbund r a t verlangen müsse, überhaupt bringe ein Eintritt Deutschlands die ganze Frage des VölkerbundstatSts ms Rollen; denn dies sei von den „Siegerstaaten* geschaffen worden, macht inhalt- lich und formell daher jede Gleichberechtigung Deutsch lands unmöglich. Da diese beiden Voraussetzungen bis her nicht sichergestellt seien, müsse man in der Völker- bundfrage um so mehr zur Zuruckhaltung übergehen, als erste vertrauliche Anfragen darüber aus Ablehnung ge stoßen sind. „ . Diese aufsehenerregende Erklärung aus Regterungs- kreisen, die Dr. Stresemann anscheinend besonders nahe- stehen und daher wohl seine eigentliche Meinung zum Ausdruck zu bringen iy der Lage sind, wird zweifellos zu Kriegslchulck unci VSIKerbunck. London, 15. September. Der Berliner Korrespondent -es Observer schreibt über die Frage der Kriegsschuld, daß die ganze Frage im wesentlichen vom innerpolitischen Standpunkt aus betrachtet werden müsse. Dir ganze Frage entwickele sich in einem Kabinetts- lamps zwischen dem klerikalen Zentrum und der Deutschnationalen Volkspartei. Das auswärtige Problem der Frage ist in den Partei- kämpstn fast vollkommen verloren gegangen. Tatsächlich wäre die ganze Wilhelmstraße zum Unterschied von der Partelmaschmerie von der absoluten Kurzsichtigkeit der Regierungspolitik überzeugt, sehe aber lein Mittel, sie zu verhindern. Deutschland wäre mit dem gegen wärtigen Kabinett unzusrieden. Aber niemand außer den Sozialisten Wune den Reichstag auslösen. Der Burgerblock wäre trotzdem eine Unmöglichkeit geworden, da -er linke Flügel des Zentrums zu stark ist. Der Korrespondent schreibt weiter im Zusammenhang mit dem Eintritt Deutschlands in den Völkerbund, daß dieses Problem eng im Zusammenhänge mit der Kriegsschnldfrage stände, aber, und dieser Satz ist außerordenllich charakteristisch, es wäre außerordentlich schwer für einen Außenstehenden, sich über diese merkwürdigen Mam- seste deutscher Mentalitäten eine Meinung zu bilden, die kmmer kom mende Pläne und Aktionen ankündigen, bevor sie noch eingeleitet sind. Barthow Botschafter irr Berlin. Eigener Fernsprechdienst des ,,Wilsdruffer Tageblattes". Berlin , 15. September. Der französische Botschafter m Berlin De Magerie wird demnächst seinen hiesigen Posten ver lassen und in Rom an Stelle von Varerre, der wegen zu hohen Alters zurücktritt, die französische Botschaft übernehmen. Als aussichtsreichster Kandidat für den französischen Botschafierposten in Berlin gilt der Präsident der Reparationsfommissivn Louis Barthou, der selbst den Wunsch zu erkennen gegeben hat, den Berliner Posten zu übernehmen, nachdem durch Annahme des Londoner Abkommens die Reparationskommission von ihrer früheren Bedeutung viel emgebützt hat. Amerikanische Kapitalbeteiligungen am Rhein - Main Donaukanal (Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdrusser Tageblattes".) München, 15. September. Wie die „Welt am Sonn tag" meldet, sind die Verhandlungen der amerikanischen War burggruppe mit der Nhem-Mam-Donau-A.-G. zu einem ge wissen Abschluß gekommen. Das amerikanische Großkapital hat sich grundsätzlich bereit erklärt, das Kapital für den mitteleuro päischen Großschlffahrtsweg in weitgehendem Maße zur Ver fügung zu stellen. Di« Verhandlungen dürften im Laufe der kommenden Woche endgültig zum Abschluß gebracht werden. Benesch als Gefolgsmann Frankreichs. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 15. September. Der tschechische Außenminister Benesch hat dem Sonderberichterstatter des Pariser „Soir" in Genf erneut seine Auffassung in der Frage der Schiedsgerichts barkeft dargelegt. Benesch hält daran fest, daß gegenüber dem Angreifer Gewalt angewendet werden muß. Zu der Frage, welche Sanktionen er anzuweichen gedenkt, äußerte sich Benesch ausweichend. Auf alle Fälle werde er auf der Feststellung bestehen, daß ein obligatorischer Schiedsspruch ohne Sanktionen einen Trugschluß bedeutet. Das Problem kann nur dann ge löst werden, wenn die drei Frage": Schiedsspruch, Abrüstung und Sicherheiten ein ungeteiltes Ganzes bilden. Benesch stellt sich also rückhaltlos auf den französischen Standpunkt. Die letz ten Sätze Veneschs drücken die Ueberzeugung aus, daß die dritte Kommission ihre Arbeiten zu einem! positiven Abschuß bringen werbe. Die gegenwärtige Tagung des Völkerbundes, so äußerte sich Benesch, sei die wichtigste, die seit dessen Bestehen einberufen worden ist. Elemente! reift nach London. Paris, 15. Septemsber. Der „Matin "meldet, daß der Finan.Mimster Clemente! sich nach London begeben wird, um eine Regelung in der französischen Kriegsschuldenfrage mit Eng land zu erzielen. Auch hat er die Absicht, nach Beendigung der Budgetdebatte, und wenn die politische Situation es erlaubt, sich nach Washington zu begeben. Der Vormarsch auf Peking. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Neuyork,15. September. Meldungen aus Mukden be sagen, daß hundert Meilen westlich von Peking bei Shcmgai an der Grenze zwischen Chini und der Mandschurei gekämpft wird. Mandschurische Truppen versuchen auf zwei Seiten gegen Peking vorzlchringen. einer erheblichen Verfchürfungver inneren Aus einandersetzung führen, da mit der Erledigungs- art dieser außenpolitischen Fragen, wie oben angedeutet, starke innerpolitische Gegensätze parallel lausen. Daher Wird die Beschlußfassung des Kabinetts namentlich ange. s«hts dieser überaus starken Festlegung der politische« Stellungnahme Dr. Stresemanns sehr bedeutungsvoll sein, um so mehr, als das Gefühl allseitig ist, daß die Re gierung in der Behandlung all dieser Fragen eine nicht gerade geschickte Hand bewiesen hat. Schwanken ist immer falsch, gleichgültig ob im Krieg oder in der Politik. Die erste Folge der Stresemannschen Erklärung waren natür lich deutliche Ankündigungen einer begonnenen Regie- rungskrise. * Abschwächung oder Mißverständnis. Die geschilderte Sachlage wurde nun noch verwickelter durch eine später in Berliner Blättern erscheinende sog. „authentische Auslegung* der Stresemannschen Darlegungen, die angeblich von beLzmierrichteter Seite stammen soll, die mit Dr. Stresemanns Gedankengängen und Absichten vollkommen vertraut sein will. Die ver- öffentlichten Darlegungen seien teilweise in ihren diplo - malischen Zweckabsichten nicht ganz klar erfaßt, teilweise aber auch sehr unvollständig wiedergegeben worden. Was die Notifizierung der Kriegsschuld erklärung betrifft, so stehe zwar Dr. Stresemann auf dem Standpunkt, daß die angekündigie Notifizierung auch erfolgen müsse. Aber es sei durchaus irrtümlich, anzu- nehmen, daß er nun in dem Kabinettsrat am Montag die sofortige Absendung der Notifizierung fordern würde. Dr. Stresemann habe ja schon kundgetan, daß es ihm durchaus bewußt sei, wie wichtig die Wahl des rich. ttgenZeitpunktesfür diesen Akt sei. Er verschließ« sich durchaus nicht den Erwägungen, die auf die Schäd lichkeit einer sofortigen Aktion Hinweisen, und denke viel- mehr an einen gelegeneren Zeitpunkt im Zusammenhang mit anderen zu erwartenden Ereignissen and Vorgängen, über die jetzt Näheres noch nicht zesagt werden kann. Die Reichsregierung habe sich prim ffpiell, aber nicht zur sofortigen Absendung der Notisizie. cung verpflichtet. Ebenso sei die Grundtendenz der Ausführungen zm Völkerbundsfrage vollkommen mißverstanden worden. Dr. Stresemann denke zwar noch immer etwas skeptisch darüber, ob der Völkerbund all die hohen Ziele, die er sich stellt, auch wirklich erreichen wird. Aber er seinichts weniger als ein Gegner eines Beitritts Deutschlands rum Völkerbund, und er ver- wneye uw mcyl rm mrnvesten den großen Vorteilen, die Deutschland von einer aktiven Mitwirkung an aktuellen »olitischen Problemen, die demnächst im Völkerbund zur Verhandlung gelangen, haben könnte. Aber die Absendung !ines deutschen Aufnahmegesuches nach Genf sei nach Dr. Stresemanns Ansicht unzertrennlich an die Erfüllung be- timmter Voraussetzungen geknüpft. Es darf erstens in völkerbundkreisen kein Zweifel darüber herrschen, daß ein klufnahmeantrag Deutschlands nicht die neuerliche llnerkennungdesVersaillerSchuldspruchs icdeute. Und zweitens müsse Deutschland die Sicher- -eit haben, daß es nach Absendung des Aufnahmean- irages auch wirklich einen Sitz im Völkerbundrat erhält. Diese Sicherheit besteht aber nach Ansicht Dr. Stresemanns sis heute durchaus nicht. Die Hauptmächte hätten ja Nittel und Wege genug, über diesen Gegenstand eine entsprechende, aber bestimmte Mitteilung ,ach Berlin gelangen zu lassen. Auf diesem satz habe der Schwerpunkt der Stresemannschen Ausfüh- mngen gelegen. Wenn auswärtige Blätter von einer ent- tandenen Regierungskrisis, von Gegensätzen im siabinett gesprochen hätten, so sei das hinfällig. Man iönne vielmehr mit Sicherheit behaupten, daß zwischen Dr. Stresemann und Dr. Marx volle über- tinstimmung herrsche, da Dr. Stresemann in den ein- leinen Phasen der Vorgänge stets nur in vollem Einver- ßändnis mit Dr. Marx vorgegangen sei. MMu der M-regiem Private und Gemeinde« solle« nachfolgen. Die angekündigten Maßnahmen der Retchsregierung zur Einleitung eines Preisabbaus wurden bekanntge geben. In erster Linie kommt es darauf an, Voraus setzungen für den Wiederaufbau der Wirtschaft zu schaffen. Die Wirtschaft kann nur dann wieder aufleben, wenn es gelingt, die aus der Inflationszeit stammenden Belastun gen des Wirtschaftslebens soweit wie möglich zu beseitigen, tnsbesnodere das noch immer teilweise überdem Frie densstand liegende Preisniveau zu senken. Diese Hemmungen einer gesunden Entwicklung sollen be seitigt werden und zu diesem Zweck werden nachstehende Anordnungen getroffen: Ermäßigung der Gütertarife. Vom 18. September ab werden die derzeitigen Frachten der Normalklassen des Güter- tartss, die Sätze deS Tiertarifs und die Frachten des allge meinen Kohlenausnahmetartfs um 10 Prozent ermäßigt, letztere iedoch nicht unter die VorkrieaSlätze. Kerner wird der