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Nr. 44. Freitag. Erscheint Dienstagsund Freitags. 10. Juni 1870. PrM pro Quartal ' 10 Ngr. Inserate die , , - > Spalten-Zeile Postanstalten. > 8 Pfg. Amts- und Anzeige-Dlatt der Königlichen Gerichts-Aemter »nd Itadträthe zu Dippoldiswalde und /rauenstein. Ls- Weißerih-Zeitung Verantwortlicher Ne-acteur: Lari Zehne in Dippoldiswalde. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde, am 9. Juni. Der in Nr. 41 dieses Blattes nach der „Constit. Zeitung" erzählte Fall der Weigerung eines Geistlichen (Hünigen in Hermsdorf bei Frauenstein), eine Braut zu trauen, welche nicht nur rechtskräftig geschieden, sondern der — als unschuldiger Theil — die Wiederverheirathung aus drücklich nachgelassen worden ist, befindet sich noch in dem alten Stadium: das Paar ist bis heute noch nicht getraut! Eine dem Bräutigam von der betreffenden Superintendur zugegangene Aufforderung geht dahin, daß von jetzt an alle Kosten und Verläge ihm zufielen, welche zu vermeiden gewesen wären, wenn er an einem dritten Ort sich hätte trauen lassen und nicht auf der Trauung in Hermsdorf „hartnäckig" bestanden hätte. Gleichzeitig wird ausgesprochen, er habe den Frauen- steiner Geistlichen, der sich zur Trauung erboten, nicht „abholen" lassen, und wird ihm dessen baldige Versetzung von Frauenstein bekannt gemacht. Nun hält sich der Mann mit Recht nicht für verpflichtet, die Herbei schaffung eines stellvertretenden Geistlichen auf seine Kosten zu besorgen; meint vielmehr, es sei dies Sache des Pastor Hünigen. — Was soll das Paar nun machen? Sie können nicht getraut werden, so gern sie möchten; sie dürfen aber auch nicht zusammen ziehen, dann lebten sie im verbotenen Concubinat! Wir meinen, hier muß doch endlich ein gemessener Befehl an den Pastor Hünigen ergehen: „Traue alsbald die Leute, oder gehe aus deinem Amte!" — Bei dem am 7. ds. Mts. hier abgehaltenen Ferkel markt waren 56 Stück zum Verkauf gestellt. Davon sind ca. 30 Stück, das Paar von 7*/« Thlr. bis 10 hr Thlr., verkauft worden. — In Schlottwitz bei Glashütte ist am Mitt woch, 8. Juni, in den Nachmittagsstunden die dortige Hauschild'sche Flachsdarre durch bis jetzt unermittelte Ursache vom Feuer verzehrt worden. Zwar ist der Trockenofen stehen geblieben, doch gegen 100 Thaler Flachs mit verbrannt. * Dresden, 8. Juni. Nach einem Berichte im „Volksstaat" hat der hier wohnhafte, der sozial-demo kratischen Partei angehörende Schriftsteller vr. Otto Walster, dem von der Ständeversammlung angenom menen, aber noch nicht veröffentlichen Dissidentengesetze gemäß, die Namensverleihung seines Sohnes, statt der Taufe, selbst vorgenommen. Zeugen waren die Mit glieder des Vorstandes des sozial-demokratischen Arbeiter vereins, darunter der Bürger Bahlteich (Schuhmacher und bekannter Lassalleaner). Bürger Walster gab seinem Sohne den Namen Brutus, die Mutter gab ihm den Namen Arthur, und die Zeugen beniMnten ihn mit dem Vornamen des Agitators Johann Phi lipp Becker zu Genf, der der Bebel-Liebknecht'schen Partei ein Vorbild ist. Ueber den ganzen Vorgang wurde ein Protokoll ausgenommen und von den Anwe senden unterzeichnet. — Von nächsten Sonntag, 12. Juni, an finden aufderLeipzig-Dresdner Eisenbahnwährenddes Sommers an jedem Sonntage wiederum die gern benutzten Extrafahrten zwischen Dresden und Leipzig statt; auf der Linie über Döbeln geht jedoch nur von Leipzig aus ein Zug nach Dresden (nicht also von Dresden auch nach Leipzig). Die Abfahrt dieser Sonn tags-Extrazüge, zu denen die für einfachen Preis ge lösten Billets für Hin- und Rückfahrt gültig sind, er folgt von Leipzig und von Dresden aus früh 5 Uhr, und kann die Rückfahrt bis zum jedesmal darauf folgenden Dienstag unternommen werden (die Courier- und Schnellzüge ausgenommen). — Die Preßhefen- und KornspirituS-Fabrik von Bramsch (Dursthof) in Dresden geht jetzt in die Hände einer zu gründenden Aktiengesellschaft über. — Bei der in diesem Jahre bevorstehenden Volkszählung sollen nicht mehr allgemeine Listen, sondern Zählungskarten für jeden Einzelnen in Anwen dung kommen. Auch soll sämmtlicheS statistisches Material den statistischen Bureau'S zugeschickt werden. Dresden, 5. Juni. In einem ansprechenden Aufsatze des „Kamerad" wird der rühmlichen Thätigkeit des als kenntnißreicher Landwirth dastehenden Grafen zur Lippe-Weißenfeld auf Thum gedacht, die er im vorigen Winter hier entfaltet hat. Derselbe hat nämlich ländlichen Kreisen entstammenden Soldaten hiesiger Garnison, 70 an der Zahl, (natürlich unentgeldlich) Vorträge über: die Gewerbsmittel (Boden, Kapital, Arbeit), die extrasive und intensive Wirthschaft, die Wirthschaftssysteme, die Lehre von den Fruchtfolgen, über das Elementarste aus dem Gebiete der landwirth- schaftlichen Chemie mit Experimenten, über Düngerlehre und über Ernährung und Züchtung der Thiere gehalten. Im nächsten Winter wird der Herr Graf seine dankens- werthe Thätigkeit wieder aufnehmen. — Die schon länger in Aussicht gestellte Einfüh rung sogenannter Eorrespondenzkarten im Bereich des Norddeutschen Bundes wird nun am 1. Juli wirklich ins Leben treten — abermals eine sehr dankens- werthe Erleichterung des brieflichen und insbesondere des geschäftlichen Verkehrs. Es sind dies offene Karten, auf welche man Mittheilungen aller Art, die man nicht