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Nummer 177 — 25. Jahrgang 6mal wöch. Bezugspreis für August 3.00 einschl. veslellgeis Anzeigenpreise: Die 1ge,p. Petiizeile »ü^, Stellengesuch« 2V H Die Petitreklamezeile. 8V Milli meter breit. 1 Ossectengebühren für Selbstabholer L. bei Uebersenüung Surch Sie Post außerdem Porio.sulcklag Einzel.Nr tv L. Scmniags-Nr 15 Yeschäftlicher Teil: I. Hillebrand in Dresden. W-NsMM kkr i^ebnenlrsger Ailiitellsrsrtiils! i-«lisrh«88N krseesttsn tloseniräqer ksilbesstrs ü. i. Kübels! li/«e llitil. l>ie!llei>ü..pl!inil»r5!r.rk SMMde Sonnraq, ü. August 1926 Im Jolle höherer Gewalt erlisch« jede verpflicht» aus Lieferung sowie Erfüllung v. Anzeigenaufträgl u. Leistung o. Sckaoenersatz Für undeutl. u S. Feri rus übermitt. Anzeigen übernehmen wir keine Ve antwortung Unverlangt eingesandte u. m Rückport nick« versehene Manuskripte mer> nicht anfbemahr! Sprechstunde der Redaktion 2—3 Uhr nachmitt Hauptichristleit.: Dr. Joseph Albert. Dre voWrelmng ' U>e»chut»oneUe, ^rnn and '<>c».nki LU^onia Buchdrucker«'! GmlrH.. Dresden.'.'!, i. PoUerjlrcche 1?- sserurn' 21012. Bost'checklonlo Dresden 14797 Bankkonto: Nafsenac L 7»riftsche. Dresden. Für chriNLiche Politik usri» Kultur :1»'ednk1tvn der Sächsischen Voltszeliung Dresden «VUlsiadt 1. Policrslrane 17 ^eruru' 20711 und 21012. Karl Lckü-rs Nack, ^ ,nk. Ut. Tu/jcnec ^ . 8cknei«1ennneis,ec ' 0nes«1en - tt., Scklolislcalle 17. I. Livreen Jlattens Aerger über Frankreich Don unserem römischen Vertreter Auf -er Grenze dreier Kutturwetlen ers gibt Länder, wo die Schriftzüge der Kultur uns m merkwürdigen Formen entgegentreten, weil mehrere, einander fremde, ja feindliche Kulturseelen im gleichen Raum aufeinanderstießen und um die Herrschaft mitein ander rangen. Ein solches Land in Europa ist vor allem der Nord - V a ! lr a n, das Gebiet des heutigen Köngreiches der Ser ben, Kroaten und Slowenen, ein Land, hochinteressant für den, der mit den Augen des Knllurhistorikers zu sehen versteht. Von Osten drangen die Wellen des by zantinischen Christentums hierher. Von Norden und Nordwesten kam deutsch-mitteleuropäische Gesittung. Und dann am Ausgange des Mittelalters brach die mohammedanische Flut über das Volk der bosnischen Berge herein, hier, mitten in Europa, ein Stück muselmännischen Orientes schaffend, als die christ liche Sekte der Bogomilen zum Islam übertrat, den die Nachkommen bis heute bekennen. Aber dann ward doch der Halbmond wieder zuriickgedrängt, zur Zeit, als die Habsburger ihre Militärgrenzen immer weiter nach Züden vorschoben und Kolonisten aller europäischen Zungen in den eroberten Gebieten sich ansiedelten. Und an der Küste Dalmatiens, ivo die nackten Karstfelsen zur südlichblauen Adria abfallen, da wehte das Markus banner der Republik Venedig: unter seinem Schatten erblühte dort in den Städten Ragusa, Spalato, Salona eine reiche Kultur, in der die italienischen Anregungen sich mit dem heimischen Slawentum durchdrangen, und die von der reichen Schöpferkraft des kroatischen Volkes Zeugnis ablegte. Dem deutschen Volk dies merkwürdige Land, das auf engstem Raum so viel der Gegensätze vereinigt wie kaum ein anderes Land Europas, erschlossen zu haben, ist das große Verdienst von Kurt H i e l s ch e r. :Nit seinem überaus wertvollen Jugoslawien-Buch*) ist die Sammlung „Orbis Pictus" um einen weiteren mu stergültigen Band bereichert. In dieser, von dein rüh rigen Verlag Ernst Wasmuth herausgegebenen Samm lung liegt eines der allerbedeutendsten buchhändlerischen Unternehmen der Nachkriegszeit vor, auf das der deut sche Buchhandel wirklich stolz sein kann. Die künstle rische Vollendung der hier gebotenen Photographien stellt einen Höhepunkt dar, und aus den Bildern spricht immer die Seele des betr. Landes und Volkes zu dem Beschauer: greifbar erscheinen hier die Landschaften, aus denen sie erwuchs, und die Denkmäler seiner großen Kunst, Zeugen der Vergangenheit, aber doch hinein gerückt in das buntbewegte Leben der Gegenwart. Die Auswahl der Bilder ist stets mustergültig und meisterhaft. Es ist noch deutsche, speziell süddeutsch-alpen- ländische Kultur, die aus den Bildern von Krain und Slowienien zu uns spricht: deutsch mutet das alters graue Ritterschloß an. das auf steilem Felsen über den klaren Wassern des Veldessees thront: noch alpendeut scher, noch österreichischer sind die strohgedeckten Kapel len und die weißen Barockkirchen der Dörfer um die Krainer Seen, die Krcuzbilder unter den Weiden am Wege, die geruhsam-breiten, schindelgedeckten, sloweni schen Bauernhäuser am Fuße des ewig schneebedeckten Triglav und der südsteirischen Steiner Alpen. Aber dann und wann mischt sich schon eine leise Note zarter italienischer Schönheit hinein, die sich ja auf der ganzen Linie der Ostalpen mit der deutschen Kultur berührt: wie ein Vorgefühl italienischer Schönheit schwebt es jedenfalls um die von wildem Wein umrankten Säulen, die das Dach der Villa tragen, die da auf den tiefgrünen See hinausschaut. Aber letztlich läßt es sich doch gar nicht in Worten fassen, was'eigentlich in diesen Bildern liegt: der tiefste seelische Gehalt bleibt unaussprechlich. Erst recht empfinden wir das, wenn wir die fast ins Unwirkliche verschwimmendcn Linien des Schlosses Wördl an der Gurk aus dem Wasser und aus dem schwei genden Grün der Wälder auftauchen sehen: ein roman tisches Märchenschloß, in dem die Gestalten Eichendorsf- scher Novellen daheim sein könnten. Die Szenerie wechselt, sobald wir zur Adria herabsteigen: die öden, nackten Karstberge, eine Wüste von Felsen und Gestein, liegen im Rücken: in hellstes, * Kurt Hielscher: Jugoslawien. Slowenien. Kroatien. Dal matien, Montenegro, Herzegowina. Bosnien, Serbien. Land schaft, Baukunst. Volksleben. Verlag Ernst Wasmuth, Berlin 1P26 ll-l Seiten Text und 1S2 Abbildungen in Kupfertiefdruck). Rom. 7. August sDrahtm.) Schon lange ist man i» Rom gegen Frankreich ein genommen. aber das; neuerdings Abessinien von dem so fein eingefädeUen italienisch-englischen Eise » b a t> n- a b k o m m e » nichts wissen will, sonder» das; es die Sache a u s A n r a t e n F r a n Ii r e i ch s einfach dem Völkerbund i berwies. hat dem Fas; den Bode» am:geschlagen. „Ja. ja. die schimmsten Feinde im Lebe» sind die Verwand ten" — so lagt sich das Faschislenorgan „Fingero" vernehmen — „und genau so geht es auch unter den Völkern zu. Beispielsweise wenn Italien einen wirklich hartnäckigen und hinterlistigen Feind entdecken will, mus; cs ihn unter den lateinischen Völ kern juchen, das heißt unter den ehemalige» Barbaren, die durch uns vor einem Dutzend von Jahrhunderten die Kultur erhielten." 'Run wird das Sündenregister Frankreichs hervorgehott: Hoffentlich wollen die ergebenen Freunde Frankreichs — so heißt es — die Brüderlichkeit nicht auf de» Krieg von 185»!) aus dehnen. der persönlich von Napoleon III. gegen die öffentliche Meinung gewollt war. Jedenfalls aber sei klar, daß fast jeder Tag von 1800 bis 1920 einen von der französis ch en Poli tik inszenierleu i t a l i e n s e i „ d l i ch e n Akt ausweisc. Der Schabernack von Tunis liege seit 44 Fahren immer noch schwer auf Italien und aus 184 000 seiner Söhne. Dann Aigues-Mortes! Am 18. August 1893 wurden 400 italienische Salinenarbeiter von der französischen Bevölkerung überfallen. Das Ergebnis war: 30 Tote und 100 Verwundete auf Seiten der Italiener. Giolitti gabIieh mit einer disziplinarischen Bestrafung des Bürgermeisters von Aigues Morles zufrieden. Dann bemerkt das faschistische Blatt wörtlich: „Die ganze öffentliche Meinung Frankreichs ist in dem Sinn orientiert, Italien zu mißachten: heute noch kan» man in den französischen Schulbücher» lesen: Die Italiener ernähren sich von Makkaroni und einigen Gemüsen. Auf der Insel Sizi lien findet man noch Briganten." Italien schaut nach Tunis, und ganz Europa erkannte ihm stillschweigend das Recht zu, es zu besetzen. Frankreich be mächtigt sich Tunis, was von der schwarzen Chronik als „Be trügerei aus amerikanische Art" gebrandinarkt wurde. Italien faßt festen Fuß auf der äthiopischen Hochebene, Frankreich sendet von Gibuti aus den Abessiniern Gewehre und Kanonen, Frank reich hetzte Abessinien auf, bewaffnete es und führte es in den Krieg gegen Italien. Dogali und Adua sind die Früchte der französischen Politik. Italien entschied sich. Tripolis zu besetzen, und Frankreich lieferte den Türken: Kanonen. Gewehre, Flug zeuge. Nicht vergessen sei der Zwischenfall mit den Schiffen Carthago und Manouba. „Da verdanken iv i r e sD e u t s ch- land, daß wir nicht ini Rücken angefallen wurden." Italien südländisches Sonnenlicht getaucht, fällt die Küste Dal matiens znm Meere ab. 'Nicht nur südländische, manch mal an tropische Pracht erinnernde 'Natur, auch südlän dische. italienische Kultur umfängt uns in den uralten Städten, die dort inmitten von Oliven- und Orangen pflanzungen am Gestade des vielbesungenen Meeres lie gen: Ragusa, Trau, Spalato, Sebenico, Salona, Cattnro. Die Uebcrreste spätrömischer Bantitanik stehen dort noch: des gewaltigen Diokletian Kaiserpnlast zu Spalato. das Mausoleum, nachmals zur Kathedrale umgebaut. Die Kunstdenkmäler zweier Jahrtausende sind hier in buntem Nebeneinander wohlerhalten: noch erhaltene römische Tempel neben den Denkmälern der christlichen Frühzeit und aller folgenden Kunstperioden bis herab zu der Zeit, da Venedigs Seemacht aufhörte zu sein und die Städte der Adria verarmten. Aber gerade dem Umstand ist es zu danken, daß hier das Alte so gut und so gänzlich unberührt erhalten blieb. Wie lange noch? — Trau ist eine „Kleinstadt der Republik Venedig, in der die Zeit stehen blieb": der Markuslöwe über dem Stadttor kündet noch von der Glanzzeit der meerebeherrschenden Serenissima. — Anders Ragusa, das kroatische Du- brownik, auf den Trümmern des antiken Epidaurus erbaut, im Kranze seiner agaven- und valmenprangen- den Gärten, und gegenüber, aus glitzernden Meereswel- ivolüe noch Anatolien gehen. Frankreich funk England) schicke» es nach Griechenland. „Was auch Iicki-N vorhat, Frankreich wide Hetzt sich: Fiumk Dalmatien. Kanurun. Sie Eisenbahn Ernthräo-Somalia . - Dieser Waschzettel, so meint dos römische Blatt, dürste wohl dem fran;ösisehe» Botschafter nicht besonders behagen, aber heute sei man so weil gekommen, das; die öfjent iche Meinung über den Wert der italienisch-französischen Freundichaft nicht n:e>>r länge, iin unklare» gehalten werden dürfe. Einen Komm «'u hierzu wird uns der Leser erlassen. Die Gerüchte verstummen mchl London, 7. August. sDrahtb.' Wie der diplomatische Korrespondent des „Dai.h Tele graph" schreibt, treten die Gerüchte wieder stärker hervor, das; Dr. Schacht sich erboten Hobe, bei der Stabilisierung des französischen Franken mi-zinvirken gegen eine baldige Räumung des Rheiiilanves. Es sei allerdings schwer, diesem Gerüchten Glauben zu so .ii. Man behaupte ebenfalls neuerdings, daß Dr. Schacht Belgien einen ähnlichen Antrag gemacht habe unter der Bedingung, das; dieser Staat dem Deutschen Reiche die Bezirke E n p e n und Malme dp wieder zurückgebe. Nach Auffassung des diplo- malischen Korrespondenten sind diese Gerüchte mit der größten Vorsi cht zu behandeln. Dr. Schacht habe keine Vollmachten, sich mit territoria len und politischen Frngen zu befassen, aber eS sei Tat sache, daß diese Gedanlengänge in finanziellen und wirt schaftlichen Kreise» vorhanden seien, allerdings alliierten «ns neutralen, als in dcntschc» Kreisen Besatzungse» leichkerungen Mainz, 7. August <Drah1ber.>. Me Wagners Südwestdeutscher Nachrichtendienst aus un terrichteter Quelle erfährt, beabsichtigt die srgnzösische Regie rung, demnächst eine» großen Teil der verheiratete,, B-satzungs. angehörigcn durch unverheiratete abzulösen. Die Maßnahme werde auf die Ersparnispolitik zurückgesührt. da man in Paris eine Sonderzulage für verheiratete Offiziere und Be amte abgclehnt habe. Die Verwirklichung dieser Anordnung würde zweifellos die starke Wohnungsnot im besetzten Gebiet« mildern. len emportauchend, die Kiosterinsel Lacroma: wiederum möchte sich hier ein Vergleich mit der trauinhast-schönen Eichendorffschen „Meersahrt" nufdrüngen. Aber es ist doch keine Märchenwelt, sondern geschichteschwangere Wirklichkeit. In Rogusvs Strotzen wandelten die gro ßen Genien der altkroatischen, in ihrer Vollendung bis heute nicht wieder erreichten Literatur: Betranic-Cznvcic. Marin Drzic, Najleskavic f1516—1587), der große Epiker Ivan Franjin Gnndulic, Gazarvvic, der Dramatiker Gjan Gjora Palnwtic (1606—1667). An italienischem Vorbild wuchs diese Kultur empor, wurde aber durchaus selb ständig und eigenartig, so daß jüngst der polnische Kul- turphilasoph Konieczm; das Wart „italv-kraatische Kul tur" prägen kannte. — Man vertiefe sich in diese Bil der: den Luzaplatz, den majestätischen Rektorenpalast, und dann in die lieblichen Idyllen der verschwiegenen Klvstergärten! Man sehe, in wie scharfen Umrissen sich alles in der klaren, durchsichtigen Luft des Südens von einander abgrenzt, wie Land und Meer und Himmel sich voneinander abheben: dann versteht man. wie an diesem Gestade auch echt slawische Menschen, ohne ihrem Sla wentum etwas zu vergeben, zu Trägern einer echt süd europäischen Gesittung werden konnten) Ganz anders drinnen in den Bergen Bos niens und der Herzegowina. Dort reiht sich