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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumerationS-PreiS 22^ Silbergr. (^ Thlr.) vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Pränumerationen werden von jeder Buckhandlung (in Berlin bei Veit u. Eomp., Jägersiraße Nr. 2a), so wie von allen König!. Post-Aemtern, angenommen. Literatur des Auslandes. .>1/ 126. Berlin, Donnerstag den 21. Oktober 1847. England. Die Bank von England in der gegenwärtigen Handelskrisis. (AIS Fortsetzung des in Nr. 124 und 12» enthaltenen Artikels.) Unter den zahlreichen Schriften, die gegen das Statut der Bank von England und gegen das von derselben bei der diesjährigen Geldnoth einge haltene Verfahren erschienen, hat besonders eine von Lord Ashburton lAler. Baring) die allgemeine Aufmerksamkeit erregt. „He iiusucml gus vommereisl Oxim« ronsisereä" heißt diese Schrift, in welcher sich der Verf. entschieden gegen die der Bank durch das Gesetz von 1844 auserlegten Be- schränkungcn von Noten-Emissionen ausspricht. Erzogen in der praktischen Schule der alten Handels-Traditionen seiner Familie, behandelt Lord Ashbur ton die Theorie der Finanzwisscnschaft mit einer Geringschätzung, wie man sie von einem ehemaligen Mitgliede der Peelschen Verwaltung kaum hätte er warten sollen. In einer anderen Schrift: „Dke Orimr, »nä Ge Durreuezr", von Herrn John Kinnear, wird der Vorschlag gemacht, in England das System der schottischen Actien-Banken einzuführen. Der Verf. erblickt in dem gleich zeitigen Vorhandensepn mehrerer solcher Institute eine größere Sicherheit für den Kredit, während die Bill von 1844 gerade in der Einheit des Bank wesens diese Sicherheit erblickt. Herrn Kinnear's vergleichende Darstellung der beiden verschiedenen Systeme ist nicht uninteressant, doch hat er vergessen, dabei mit in Erwägung zu ziehen, wie viel die Solidität der schottischen Banken der Stütze zu verdanken hat, die ihnen durch den englischen Kredit und mittelbar durch die Bank von England zu Theil wird. Ein dritter Gegner des Bankverfahrens, Herr Alison, stellt in seiner Schrift „kre« rrsöe anä s fetteres 6urrenc>" die von Sir Rob. Peel zur Geltung gebrachten Freihandels-Grundsätze als unverträglich mit den Fesseln dar, die durch dessen Bill von 1844 der Bank und dem Geldumlaufs. System angelegt worden seyen. ES scheint aber diese Darstellung eben nur eine neue mißverständliche Auffassung des Begriffes der Freiheit zu scyn; die größte Freiheit vermag sich sehr wohl mit Einschränkungen zu vertragen, welche das Gemeinwohl sich aufcrlegt; es wird sich daher immer nur darum handeln, wie weit das Gemeinwohl eine Einschränkung der Banknotcn-Emission oder des Gold - Umlaufes erfordert. Die Extreme find sicher auch in diesen Dingen nachthcilig. WaS die mehrgedachte Bill von 1844 betrifft, so sagt darüber Herr A. Audiganne, der Verf. des in Nr. 124 und 128 des Magazins nach der Uevu« ses seux Mnäez mitgetheilten Artikels über die englische Geld - und Handelskrisis: „Die Reform von 1844 war nicht etwa ein in den BürcauS des Schatz, amtes improvisirtes Werk; ein im Jahre vorher von Sir Rob. Peel nieder- gesetztes Comite hatte vielmehr alle Materialien gesammelt, die zur Beleh- rung über den Gegenstand dienen konnten und die demnächst beim Ablauf des zehnjährigen Dank. Privilegiums von 1834 benutzt wurden. Der in England eingcführte Gebrauch, die Bearbeitung administrativer oder staatSükonomischer Fragen besonderen Comites zu überlassen, die nicht aus Mitgliedern der Re gierung oder aus Beamten bestehen, trägt dort gewöhnlich die segenreichsten Früchte. Die gründlichen Untersuchungen des Bank-Comitö'S (commee on banking) hatten dem Sir Rob. Peel eine Menge von Anhaltpunkten geliefert, die er für seine Ideen zu benutzen wußte. Sein Bank-Reformplan war in der That eben so gründlich durchdacht und kühn, wie nur irgend eine Finanz- Maßregel, die in der letzten Zeit seiner Verwaltung von ihm auSging. ES handelte sich gewissermaßen um eine vollständige Revolution im Papiergeld- Systeme des Landes. Die Bill betraf außer dem großen Etablissement in London, mit seinen ausgedehnten Gerechtsamen und seiner Function als Re- gicrungSbank, alle Häuser, welche Noten, su porbeur nach Sicht zahlbar, ausstellten: also sowohl die Provinzialbanken (eoumr^ dank«) als die Actien- Banken (joinr-scoesi bsnk») und die Privatbanquiers (private banger«). Die Errichtung neuer Noten.Banken wurde sofort untersagt; in Betreff der be reits bestehenden achtete man zwar, unter gewissen Garantien, die Rechte, die einmal erworben waren, behielt sich jedoch vor, auch diese abzulösen und das Recht, Papiergeld zu crewen, künftig in der Hand einer einzigen Bank zu centralistren. Die Verfassung der Bank von England, so weit sie die Regulirung ihres Banknoten-Umlaufes betrifft, ist nach den Ideen Adam Smith'S und Ri- cardo's eingerichtet, welche Herr Loyd in einigen lesenswerthen Schriften als maßgebend bei dem Mechanismus dieses kolossalen Institutes empfohlen hatte. Diese Prinzipien, die allerdings den Fehler haben, daß sie allen Operationen, ohne Unterscheidung der Zeitumstände, dieselbe unabänderliche Norm vorschreiben, gehen von dem Axiom aus, daß der Geld- und Bank noten-Umlauf einen direkten Einfluß auf die Marktpreise übe, und daß man durch die geringere oder größere Emission von Papiergeld auf die Zurückhal tung oder den Abfluß des baaren Geldes wirke. Die Bill von 1844, die das Bankwesen, welches so lange der bloßen Routine überlassen gewesen war, jenen Prinzipien unterwarf, ist, ungeachtet ihrer Unvollkommenheiten, als der Anfang einer neuen Aera in der Geschichte der Banken zu betrachten. Demnach brach diese Bill auch mit den bisherigen Ansichten in Bezug auf die Mittel, das Gleichgewicht zwischen dem Papier- und dem Metallgelde zu erhalten und die Schwankungen in den Verhältnissen dieser beiden Elemente des industriellen und Handelsverkehrs zu beherrschen. Man gab nämlich nicht zu, daß die Rücksicht auf die beständige Realisirbarkeit der Banknoten schon allein hinreichend sey, die Bank von einer zu starken Noten-Emission zurückzuhaltcn. Deshalb machte man die Summe der auszugebenden Noten von der Summe des in den Kaffen der Bank befindlichen Goldes abhängig, so daß über einen gewissen Betrag hinaus, der durch Staatspapiere gedeckt ist, jede Banknote ihre Deckung immer in baarem Gelbe bei der Bank haben muß. Diese Bestimmung gewährte allerdings eine Garantie gegen die Wie derkehr früherer Unbesonnenheiten, wo man sich manchmal eine Erleichterung für den heutigen Tag durch Bereitung furchtbarer Verlegenheiten für den morgenden erkaufte; aber sie führte andererseits auch durch ihre Allgemeinheit große Unzuträglichkeiten herbei. Zunächst hatte man sich dadurch die Mög lichkeit abgeschnitten, die Circulation zu vermehren, selbst wenn ein unvor hergesehenes Ereigniß es erheischte und die Umstände es gestatteten. Mit Banknoten, die immer der Summe des in den Kaffen befindlichen baaren Gelees entsprächen, hätte man eigentlich keine Papier-Circulation mehr, sondern es würde dies eine Metallgeld. Circulation seyn, nur unter einer be quemeren Form. Endlich aber verurtheilte man sich im voraus und für alle Fälle, wo cs wahrscheinlich ist, daß das sich vermindernde baare Geld aus dem Lande geht, zur Einziehung der Noten, d. h. zur Jsolirung des Geld marktes. Dies also ist die nachtheilige Seite der Bill von 1844. °) Die Noten-Ausgabe gegen Nicdcrlegung von Staatspapieren ist gewisser maßen auf 14 Mill. Pfv. (S4l Mill. Thlr.) beschränkt, wovon 11 Millionen der Betrag des Bank-Kapitales ist, welches sich in den Händen der Regiernng befindet und durch Consols repräsentirt wird, und drei Millionen inSchatz - kammcrscheinen bestehen. Wenn die Bank von England Staatspapiere über diese Summe hinaus besitzt, so darf sie die entsprechende Summe von Banknoten nur in gewissen vorhergesehenen Fällen und nicht ohne königliche Genehmigung ausgeben. Die Creirung von zwei Millionen Pfund „Bank- Po st.BillS", die die Bank ebenfalls ausgiebt, um den Postdienst zu er leichtern, gehört nicht hierher. Diese Summe von zwei Millionen ist gewiß nicht übertrieben groß in einem Lande, wo die von der Post beförderten Gelder während des letzten Dienstjahres allein K Mill. Pfv. (40 Mill. Thlr.) be tragen haben. Im Durchschnitt belaufen sich die von der englischen Bank ausgegebene» Noten gewöhnlich auf ungefähr 20 Mill. Pfd. (138 Mill. Thlr.) ohne die obgedachten 2 Mill. Bank-Post-Bills. °°) Es werden daher K Mill, durch ') Um die Prinzipien der Bill von 1844 auf die Bank von England vollständig in Anwendung zu bringen, hat man dieses Institut in zwei Departements eingetheilt. Da- eine, dem die DiSkontirung obliegt (baoüiog siepartment) und das dem Handel gegenüber alS einfache» Banguicrhau« austriti, blieb zugleich mit deu Functionen der Staatsbank bekleidet und erhält für die von ihm besorgte Zinsenzahlung der Staatsschuld eine jähr liche Provision von 248,000 Psd. (1,674,000 Thlr.), wovon jedoch 180,000 Psd. abgehen, die an den Staat als Abgaben zu entrichten sind. DaS andere Departement si-E är- partment) beschäftigt sich einzig und allein mit der Ausgabe der Bankuotcn. Dieses De partement hat sich niemals, weder um die vorhandenen Mittel des baohinß ücpartment, noch um die Bedürfnisse dcS Handel- oder der Industrie zu bekümmern; cS macht lediglich einen Ueberschlag von dem baarcn Gelde, daS sich in der Bank befindet) und berechnet seine Emissionen danach mit einer ganz mechanischen Regelmäßigkeit. "i DaS gesetzliche Maximum der Papier-Circulation anderer englischer Etablissement-, die zur Ausgabe von Noten bi- jetzt noch berechtigt sind, beläuft sich auf 8,«48,000 Psd., so daß in Allem 28—so Mill. Pfd. (180 — 200 Mill. Thlr.) Papiergeld in England cirkuliren können. Im Monat August d. I. belief sich diese Circulation i» England uu auf 2« und im ganzen Bereinigten Königreich auf 24 Mill. Pfd. Sterl. Die in Groß britanien und Irland cirkulirenden Valuten in Handelswechseln rc. werden dagegen au 100 Mill. Pfd. Sterl, geschätzt. — Die Bank von Frankreich hatte im zweiten Quartal d. I. 221 Mill. FrcS. (kl ^ Mill. Thlr.) und die preußische Bank im Monat Scptcmbe d. I. iti,M,ä00 Thlr. Banknoten im Umlauf.