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Dresdner Journal : 18.01.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-01-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188901183
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18890118
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18890118
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1889
-
Monat
1889-01
- Tag 1889-01-18
-
Monat
1889-01
-
Jahr
1889
- Titel
- Dresdner Journal : 18.01.1889
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WIS Freitag den iS. Januar, abends. 188». v-»»U»pr«t», kür Vrv»6oi» viortv^jLkrUvk L St 50 ?k., d«i 6»» X«ü»«rl. äeutsobeo viortvl- MirUvb 5 Sl.; »u»««rk»1d äkS äsut-obso Leicd«» tritt ?o«t- uuä Ktswpotiusetil»^ kü»,u. Xukvu6txui>x«x^dvkrenr kür äev ttLui» «io«r b««p»lt»oeo Avils lllvinvr Lctiritt LV Vater „kn>^«»ai>6t" äi« 2«il« LV ?k. Lei 1'»k«IIsa- uaä Aikeravat« «atipr. ^ukvvdla^. Lrsekeiaear la^livl» mit ituiaakwv ävr 8aaa- aa6 kviarta^v »deaü». k»ra»pr»et>-^o»ot»Ia»»: tlr. 1285. DresdnerIourlml. Lür die Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat Gtto Banck, Professor der (Literatur- und Kunstgeschichte. äoaadm« von ^aküackl^nilir«'« »av^Rrtv: ^r LrantlÄetter, 6owrai«waür äs» Vreväasr ^oaraal»; N»mdarU-SsrUo -Vi«o - I^ipriU- 8»»»I Lr»«I»urrLatlkrt ». n.! ck kvAter,- Svrliv Viv» Nsmdnr^ kr»^ L«jp»tx-kr»vktllr1 ». U Uüaedva: k»rii -Lollckoa-L»rlio-kr»Lllüirt ». U »lutd^vri: />aude ck Ho.,' Lsrlm: /»»ra/icieneit,»/:, SürUt«: ^/ü/ier« ^ac/t/üiüer,' Uvaaovvri V. <8c^ü«»ter,' U»II» ». S: Larct L vo. Heran» x« der: XSm^I. krpsüitioa äs» Vreväaer Journal». Vrvsäsa, Avio^er«tr»«ss LV. kervspreod-^avodlu«»: Ur. 1285. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der BerlagSbuchhändler und Mitinhaber der Firma Bibliographische» Institut Leipzig, vr. jur. Hans Meyer den ihm von Er. Majestät dem deutschen Kaiser und Könige von Preußen verliehenen Kronenordeu IV. Llasse annehme und trage. Bekanntmachung. Da» Königliche Mmisterium der LultuS und öffent lichen Unterrichts ist in der Lage an Zugehörige Seine» Ressort- drei Unterstützungen im Betrage bis zu Einhundert Mark zum Gebrauche einer Kur in Mariendad, nach Befinden freie Wohnung daselbst auf die Kürzest, zu gewähren. Bewerbungen um diese Unterstützungen sind läng sten- bis zum 1b. März diese- Jahres hier einzureichen. Dresden, am 12. Januar 1889. CultuS - M inisterial - Canzlei. Fiedler, Hofrath. Nichtamtlicher Teil. Ketegvaphische Wcrchvichten. Wien, 17. Januar. (W. T. B.) Die „Poli tische Korrespondenz" meldet au» Bukarest: Einer offiziösen Meldung zufolge wird die Unterzeichnung de» definitiven Vertrage- betreffend die Üorrvahme de- Betriebes der sequestrierten Linien der Lem berg-Czernowitzer Bahn durch den Staat späte stens nächsten Montag erfolgen. Sydney, 18. Januar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Das „Reutersche Tel. Bur." bringt folgende Mit- teilung: Der von Samoa hier riugetroffene Dampfer „Lübeck" meldet, daß biS zum 8. d. Mts. auf den Inseln vollkommene Ruhe herrschte. In Apia befanden sich damals die deutschen Kriegs schiffe „Olga", „Adler" und „Eber", der englische Kreuzer „Royalist" und die amerikanische Kor vette „Nipfic". Suakiv, 17. Januar. (W. T. B.) Ein von den hiesigen ägyptischen Behörden nach Khartum gesandter Eingeborener, der sich über die dortige Lage unterrichten sollte, ist hierher zurückgekehrt, nachdem er dir Reise von Khartum hierher in 24 Tag«« »urückgelegt batte. Derselbe überbrachte ein Schreiben von Slatin Bey, welcher noch in Khartum gefangen ist. Aus demselben geht her vor, daß Lupton in der Gefangenschaft gestorben sei, aber keinerlei neue, zuverlässige Nachrichten in Khartum bezüglich Emin Beys vorlägea. Nur verlaute g.rüchtweise, daß die «quatorialprovinzen in die Gewalt der Mahdisten gefallen feien. Alle in Khartum lebenden Europäer befänden sich bei guter Gesundheit. Dresden, 18. Januar. Rußland im Jahre 1888. Die Stellung Rußlands zu den übrigen europäischen Macht, n und die Haltung der russischen Presse dem Aus ande gegenüber ist im Laufe deS verstossenen Jahres im großen und ganzen ziemlich unverändert geblieben. Die panslawistischen Blätter setzten die Deutschenhetze mst ungejchwächten Kräften fort und fchoben in ihren Neujahrsbetrachtungen die Ursache aller Sorgen, zu denen die politischen Verhältnisse im vergangenen Jahre Anlaß gaben, Deutschland zu, welche» seine Militärmacht in einer Weise entwickelt habe, die eine Gefahr (1, für Rußland bedeute. Daß der Friede erhalten geblieben sei, verdanke man vornehmlich der Haltung der Engländer (?) und den wirren Zuständen in Frankreich. Dagegen wurde von sehr angesehenen russischen Blättern auf der anderen Seite auch wieder her vorgehoben, daß Rußland von Deutschland keinen Angriff zu befürchten habe, so lange man die Deutschen in Ruhe ließe. In der Anerkennung dieser Thatsache scheint eine gewisse Bürgschaft da'ür zu liegen, daß das deutsche Reich dem Nachbar im Osten doch einen gewissen Respekt einfiößt und daß di« Hoffnung auf Aufrechterhaltung deS bisherigen ungetrübten Ein vernehmens mit Rußland eine wohlbegründete ist. In einem dieser Tage erschienenen Aussatze widmet der »Hamb. Corr." den Vorgängen in Rußland während des verflossenen Jahres eine bemerkenswerte Betrach tung, der wir das Nachstehende entnehmen: Es waren keineswegs günstige Aussichten, mit denen das russische Reich in das verflossene Jahr ein trat. Dessen Verlauf hat denn auch weder der aus wärtigen Politik der Regierung sonderliche Erfolge, noch den inneren Zuständen eine nennenswerte Fort entwickelung gebracht. Dennoch dürste man jenseits deS Njemen mit dem Ergebnis des Jahresabschlusses zufriedener sein, als an der Jahreswende 1887/88. Die Erhaltung des Weltfrieden», zu der das nicht- offizielle Rußland sicherlich nicht- beigetragea hat, ist auch dem Zarenreiche zu gute gekommen. Es hat sich finanziell und wirtschaftlich gegen das Vorjahr ver bessert. Der Rubelkurs ist, nachdem er infolge der Angriffe eines Teiles der deutschen Presse auf die russischen Werte aus den denkbar niedrigsten Stand herabgesunken war, wieder merklich in die Höhe ge gangen. Die Ernte war eine gute, der Handel hat sich gegen Ende des Jahre- reger entfaltet, und dem Finanzminister Wyschnegradski, dessen rosige Budget aufstellungen selbst in Rußland eine scharfe Kritik her- vorgerufen haben, ist es nach mehreren Mißerfolgen schließlich sogar gelungen, durch französische Vermittelung eine erhebliche Anleihe im Au-lande auszuuehmen. Da- Reich ist vor großen Erschütierungen und inneren Krisen bewahrt geblieben. Die Männer, welche der Tod dem Reiche ent:iß — Graf Adlerberg, Baron, Jomini, Graf Loris Melikow, Marineminister Schesta kow — waren mit Ausnahme des letzteren, der allerdings eine noch nicht ausgefüllte Lücke hinter- lasiev hat, politisch längst tot. Von nihilistischen Unternehmungen ist keine einzige sichere Kunde >n die Welt gedrungen, und es steht noch dabin, ob die Ent- glesung des kaiserlichen Elsenbahnzuges bei Borli am 29. (l7.) Oktober, welche den Zaren und seine ganze Familie in unmittelbare Todesgefahr brachte, aus eine That der Nihilisten oder auf die bekannte unausrott bare Korruption des russischen Beamtentums zurück- zusühren ist Für die letztere Annahme spricht der bisherige Verlaus der Untersuchung, sowie die That sache, daß Kaiser Alexander 1Il. die Demission des VerkehrSministers Possje' unmittelbar nach dem Un fall angenommen und einen energischen Deutschen, den General v. Paucker, zum Nachsolger Possjets er nannt hat. Wenn man also in Rußland mit einem Scheine des Rechts die Ergebnisse des Jahres 1888 für zu friedenstellende erachten kann, so wird man dies frei lich nur in mangelnder Erkenntnis der thatsächlichen Verhältnisse thun können. Den Politikern an der Newa und Moskwa mangelt eben, wie jeder Tag lehrt, jegliches Verständnis dafür, daß der Friede und die Ruhe, welche ungestört geherrscht Haden, lediglich eine Folge de» Zwanges von außen und der Stagnation im Innern gewesen sind. In ihrer auswärtigen Po litik steht die zarische Staotskuvst genau aus demselben Fleck, wie zu Beginn de» Vorjahres. E» ist bekannt, daß die Mißerfolge in der bulgarisch»« Frage, da» unfreiwillige Ausscheiden Rußlands aus dem Drei- Kaiser-Bunde, das Bekanniwerden deS engen Zusam menschlusse» der mitteleuropäischen Mächte und die Durchkreuzung der Pläne der russischen Aktionspartei durch den Fürsten Bismarck das St. Petersburger Kabinett veranlaßt hatten, sich grollend von jeder dip lomatischen Initiative zurückzuziehen. Das unthätige Abwart, n war zum politischen Programm erhoben und de» slavophilen Drängrrn im Reiche als.Bewahrung der völligen Aktion-freiheit" mundgerecht g macht wor den In dieser Stimmung war man in da- neue Jahr getreten, und das Schlagwort von der »völligen AktionSfreiheit" beherrschte dessen ganze erste Hä'fie Die Regierung hüllte sich in undurchdringliches Schwei gen und schien nur darauf bedacht, durch Verstärkung de Heeres und der Marine, namentlich der Flotte im Schwarzen Meere, die militärische Leistungsfähigkeit zu erhöben und die Streitkräfte an der deutschen und österreichisch ungarischen Grenze, angeblich zu Defensiv- zwecken, zu vermehren. Die unabhängige Presse ober gefiel sich darin, die bulgarische Frage ohne Unterlaß zu behandeln und gegen die mittel europäische „FriedenSliga" in unerhörter Weise zu Hetzen. Die Veröffentlichung des deutsch-österreichi schen Allianzvertrages und die große Rede des Für sten Bi marck am 6. Februar im deutschen Reichstage schufen in dieser Richtung leider kernen Wandel rm „befreundeten" Nachbarreicke. Trotzdem war es un verkennbar, daß diese Rede, sowie die einmütige Zu stimmung der deutschen Reichsboten zur Wehr Vorlage und zum Anleiheges'tz dem russischen Chauvinismus einen Dämpfer aujsetzten. Tie schweren Schicksals- schläge, welche Deutschland bald daraus trafen: der Tod Kaiser Wilhelms I. und das Siechtum und Ende sein s Sohnes — wirkten auch rn Rußland ver söhn« nd. Die Unruhe, mit der man den ersten Re- gitruvgShandluugen Kaiser Wilhelms II. an der Newa entgegensah, wich gleichsalls und machte bald einer freudigen Genugthuung Platz, als der junge deutsche Herrscher mit seinen Kriegsschiffen auf der Rhede von Kronstadt erschun und bald darauf als Gast des Zaren russischen Boden betrat. Ter Umstand, daß Kaiser Wilhelm von ollen Staaten zuerst Rußland seinen Besuch abstottete, das persönliche Auftreten des hohen Gastes und nicht minder der imponierende Eindruck, den das deutsche Geschwader auf die Russen auSüble, bewirkten einen zeitweiligen völligen Umschwung in den Anschauungen der leichlbewegiichen russischen Ge sellschaft. Die jedem gewagten Unternehmen abholde „höchsteigene" Politik des Zaien wurde p ötzlich populär, und selbst slawophile Zeitungen begannen die thörichte Hoffnung zu hegen, der deutsche Kaiier werde die Lösung der orientalischen Frage zu Gunsten Rußlands in die Hand nehmen oder zum Mindesten sich wieder von Osterreich-Ungar ob und dem Nachbarn im Osten zuwenbeu. Je kindischer die Erwartungen waren, welche man in Rußland an die politischen Folgen der Peterhofer Festtage knüpste, desto größer mußte die Enttäuschung fei». Sie ist denn auch nicht ausgeblieben, und die slawophile Presse hat im Herbste die alte Hetze gegen die Nachbarn und die .Friedensliga* mit frischen Kräften wieder ausgenommen. Dennoch hat der Besuch des deutschen Kaisers eine beruhigende Nachwirkung ausgeübt und vor allem ein bedeutsames Ergebnis erzielt. Er hat die Stellung des Zaren gegenüber den slawophile» und panslawistischen Heißspornen im Reiche befestigt und seiner persönlichen Politik ein vom Miß trauen gegen Deutschland befreites und darum ziel- bewußteres Gepräge verliehen. Gerade die deutsche Feuilleton BacchuSzug am K. K. Hofburgtheater zu Wien von Rudolf Weyn, Photographie. Reue Erwerbung der König!. Abgußsammluvg, Zwinger. Vorläufig ausgestellt im Oberlichtsaale der antiken Abteilung: Abgüsse: Wiederholung de- Kopfe- der kuidifchen Aphro dite von Praxiteles, gefunden in Trolles (Klein asien), im Besitz des Hrn. Prof. vr. v. Kaufmann »n Berlin, Geschenk des Eigentümer». AreSkopf polykletischen Stile», au- der Samm- lung der Louvre in Pari-. Goethebüste von Trippel, Original in der Großherzogl. Bibliothek zu Weimar. Tritollenzug, Relief von einer Tischplatte; nach der durch eine Pause Ludwig Richters erhaltenen Komposition Moritz v. Schwind- modelliert von Prof. Broßmann; Geschenk de- Besteller». Abbildungen: Eherne Weiheschilde und Silberschalen phö nikischer Arbeit, iu der Höhle de» idäischen Zeus auf Kreta ausgegraben von vr. Halbherr. Neuentdeckte Wandmalereien au- dem König»- palaste von Mykenä. Zwei ägyptisch-griechische Bildnisse in Kupjerlichtdrucken nach den von Theodor Graf auf gefundenen u id gegenwärtig iu Berlin ausgestellten enkaustischev Malereien au- den Gräbern von Sl Fayjum. „Nun, nun! Ich verstehe mich doch sonst aus Ihr Innere» gut. Mir scheint, e- sitzt eine Pfeilspitze m einer Ihrer leicht verwundbaren Herzkammern, wie leicht könnte sich ein chronische» Übel dabei herauSbilden." »Ferne Eulenspiegeleien h utel Auf Ehre, was ich Ihnen beichten will, ist verteufelt ernst." „Ohne Umschweif denn zur Sache!" »Sie ließen mich im Ecksalon zurück als der Her zog Sie zu sich ries. Ich schwelgte . . " .In Verzückung über etliche Studienköpfe aus Frauen-PorträtS", unterbrach der andere ironisch. .Ihr psychologischer Scharfblick verdient meine höchste Bewunderung," unterbrach Werber, doch alle Liebespftile sind stumpf im Vergleich. . . aber nein, zuerst eine Frage!" .Nun?" , Wird die Verbindlichkeit eine- Ehrenwortes durch stlllschwe'gendeS, besser gesagt, passive- Zugeständnis beeinträchtigt?" Lederholz sann eine Weile nach, ehe er erwiderte: »Verstand ich Sie recht, so besteht in Ihrem Falle kein ausdrücklich gegebenes Ehrenwort, nur ein abverlaugteS, dem Sie keinen Widerstand entgegen setzten. .Allerdings." .Was nicht recht-giltia besteht, schließt jede Auf- rechthaltung au-, vom gesetzlichen Standpunkt wenig sten-." .Aber die Klippe de- moralischen Standpunkte-, ist sie uuumschiffbar?" »Au- den Präliminarien läßt sich noch kein Bild vom Friedeu-abschlnß machen. Darf ich bitten, iu Ihrem Bericht- au-führlicher zu werd-a?" Sybilla Holm. Erzählung von L. Pauly. (Fortsetzung.) Werber fühlte sich in heitere Stimmung dadurch versetzt. Sie war ihm ein Balsam für firn Leiden. „Auf Ehre! Ich zählte die Minuten der Ewig keit, weil ich Ihnen ein Loblied zu Füßen legen will." „Mir?" „Vorausgesetzt — Sie gestatten!" komplimentierte der blonde Offizier und machte die Honneur» an seiner Kopfbedeckung. »Nämlich: Ich bin fest durchdrungen — Sie sind ein gewitztes HauS, Lederholz, und ein Halbgott dazu, oder mit dürren Worten gesagt, ich wünsche wieder Ihren vtelbewährten Rat." »Hohe Würden können leicht Bürden werden, und übergroße Freigebigkeit erregt bei mir nur zu leicht Argwohn, Baron, ich warne Sie also..." Werber lachte wieder. „Rufen Sie alle verfügbaren Geister ihre» Scharf sinn», Lederholz Ich bin verzweifelt — zum Tot- schießen." „Die Kugel, die man mit lachendem Gesicht ab- feuern will, sucht kein schlimme» Ziel; ich vermute, Sie leide» an LiebeSgram." „Verschwenden Sie Ihren Scharfsinn nicht an un rechter Stelle, ich bitte Hie." Politik hat eS dem Kaiser Alexander ermöglicht, seinen von den Nationalisten unablässig avgeseindeten Minister deS Auswärtigen als seinen Vertrauensmann beizu- bchalten und Herrn v. Giers zu dessen fünfzigjährigem Dienstjubiläum im Oktober zwar nicht außerordentlich au-zuzeichnen, aber doch der Fortdauer seines Ver trauens zu versichern. Ja, der Kaiser konnte sich sogar gestatten, die vom slawischen Wohlthätigke'tS- verein al- Gegenstück zu den Tagen von Peterhof im Juli in Kiew arrangierte Feier zum Gedächtnis der Taufe des alten Rußj in gewissem Sinne zu ignorie ren. Daß der Kaiser von Kiew fernblieb, erregte um so weniger Unzufr edenheit, als die Eröffnung der bis Samarkand kertiggebellten TranSkasplbahn den will kommenen Anlaß bot, einen sogenannten Sieg der russischen Kultur im Osten zu seiern Dann riesev die Nachrichten über die Aufnahme, welche das Kaiser paar im Kaukasus sand, allgemeine Befriedigung her vor, zumal ein persischer Abgesandter und eine Depu tation der Tekinzen dem Zaren huldigten. Aus der Rückreise ereilte die kaiserliche Familie, wie bereits erwähnt, das Unglück bei der Station Borki. Wie ein von Gott gethanes Wunder ist im Zarenreiche durch Dankgebete diese Errettung gefeiert worden, die zugleich dem Ansehen des Zaren wegen der sichtbaren Gnade, die über ihm gewaltet hat, sörderlich war. Einige Aufregung hat dann noch gegen den Schluß deS Jahres der Konflikt mit Persien hervorgerusen, der wegen einiger den Engländern vom Schah gewähr ter Vergünstigungen bei der Schiffahrt auf dem Karun und wegen d,r Nichtbestät'gung des russischen Kon sul» Meschhed entstand. Jndeß auch dieser Konflikt wurde bald beigelegt, ohne daß Rußland Konzessionen zu machen brauchte. In ihrer inneren Politik hat die russische Regier ung an dem reaktionären System Tolstoi sestgehal en, ohne indeß, wie bisher, über die Projektenmachern hinauSzukommen. Nicht ein einziges bemeikenswertes Gesetz ist veröffentlicht worden. Die Zasatzbestim- mungen zu dem berüchtigten AuSländerukas aber, die im Frühjahr erlassen wurden, atme» durchaus den Geist slawophiler Unduldsamkeit. Der Minister deS Innern, Graf Tolstoi, hat nicht» weiter g-than, als den Feldzug vorzubereiten und zu eröffnen, den er längst gegen die Londschafteinstitutionen geplant hat. Er begann mit der Suspendierung emer Kreis-Semstwo im. Gudernium Nowgorod, und es schien, als billige der Zar das Vorgehen seines Ministers. Inzwischen hatte Graf Tolstoi sein Projekt einer Reform der Provinzialveisassung dem Reichsrate unterbreitet unk stieß hier wie im Ministerkomitee auf unerwarteten Widerspruch. Tie slawophilen Elemente in der Re gierung benutzten die Gelegenheit, gegen den ihnen unbequemen aristokratischen Minister Sturm zu lausen, der auch von seinem bisherigen Verbündeten Pobedo- noszew bekämpft ward. Wie sich Kaiser Alexander entscheiden wird, ist nicht bekannt; doch dürsten die Tage des Graseu Tolstoi als Minister des Innern gezählt sein. Sein Sturz würde einen Sieg der Slawophilen bezeichnen. Gerade das Jahr 1888 hat gelehrt, daß das Slawophilentum trotz seiner demo kratischen Neigungen an orthodoxem Fanatismus und nationaler Unduldsamkeit nichts zu wünicheu übrig läßt. Lagesgeschlchk. * Berlin, 17 Januar. Se. Majestät der Kaiser weilte am heutigen Tage noch m Bückeburg Die Rückkehr wird hier gegen Mitternacht erfolgen. Wie der „Reichsanzeiger" meldet, hat Se. Maje stät der Kaiser dem StaatS- und Justizminlster Ur. v Friedberg unter Belassung des Titel- und Ranges eines StaatswinlsterS die nachgesuchte Dienstentlassung zu erteilen geruht. Werber beherzigte den kameradschaftlichen Wink und erzählte von dem Wunsch der Gräfin Clotilde, ihn sprechen zu wollen. „Ein Stelldichein in aller Form? fragte Cederholz beinahe erschrocken. „Ruhig, mein besorgter Mentor, eS war nur der Schemen eines tSts-ä-tots." „So?" Diese Frage des Adjutanten entsprang dem leb haftesten Interesse. „Aus Ehre! Die Gräfin kam, wie sie verheißen hatte, und behändigte mir unerwartet mit bezaubern- dem Erröten ein Maroquinetui. Sie fragte zugleich, ob sie irrte, daß ich mit Baron Zollen in rerwaudt- jchafilicher Beziehung stehe, denn die wir übergebene Kostbarkeit sollte eine Spielschuld des verstorbenen Freiherrn Holm bei meinem Vetter decken." „So — nichts weiter?" „Leider rein!" „Bedaure, Baron, Sie i» diesem Falle einer mir zugefügten bittern Enttäuschung auklagen zu müssen. Elegische Ergüsse, TodeSgedavkev, abnorme Erwar tungen bleiben unerlaubte Mittel, mit denen Sie mich auf die Folter spannen wollet,. Welche Geuugthung wollen Sie mir bieten?" Werber lachte. „Selbst dem Kapitalverbrechen steht eine Berteldi- gung zu; ich will Ihnen rasch einen Vorschuß auf die meinige geben. Darum hören Sie: Wie ich das Verwandt schaftsrecht mit Zollen anerkannte, weiß ich »icht wehr; aber ich that e», worauf die himmlische Frau mich bat, ich möge Zolle» jenes Etui, dessen Inhalt ich noch nicht kannte, überreiche»/
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