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DerMjWLrMer Mschofsweröcrer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt- Mannschaft, der Schulinspektion und des Hauptzollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts, de« Finanzamtes und de« Stadtrats zu Bischofswerda. Unabhängige Zeitung für alle Ständern Stadt und Land. DichtefteVerbreitung inallenBolksschichten Beilagen: Bilderwoche, Unsere Heimat, Frau und Heim, Landwirt« schaftliche Beilage, Iugendpost, Modebeilage. — Druck u. Verlag von Friedrich May G. m.b.H. in Bischosswerda. Fernsprecher Nr.444 und 445 Eeschet«««a*weife: Irden Werktag abends für den folgend. Tag. Bezugspreis für die Zeit einer halben Monat«: Frei ins Hans halbmonatlich Mk.1.20, beim Äbholen in der Geschäftsstelle wöchentlich SV Psg. Einzelnummer 10 Pfg. 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Der zweite Bundesführer, Oberstleutnant v. Dü sterberg, gab die zweite Stahlhelmbotschaft bekannt. Am Montag tritt der Völkerbund zu seiner SO. Rats tagung in Genf zusammen. Rumänien teilt in einer Note mit, daß es den Beschluß vom März zur Beilegung des ungarisch-rumänischen Oplantenstreite» ablehnt. Wie die Pariser Blätter berichten, wird an Stelle von Briand der Sozialist Paul-Voncour Frankreich auf der Völ- kerbundsratstagung vertreten. Chamberlain wird in Paris auf seiner Durchreise nach Gens eine Unterredung mit Briand haben. Aus zahlreichen Städten Italiens werden Protestkund gebungen gegen die italienfeindlichen Kundgebungen in Süds'lawien gemeldet. Die drei deutschen Fremdenlegionäre, die, wie gemel det, von einem im Hafen von Singapore liegenden franzö sischen Transportdampfer geflüchtet sind, sind von der eng lischen Polizei, die sie zunächst verhaftet hatte,, freigelassen worden. Wie verlautet, trifft der deutsche Generalkonsul Maßnahmen, um sie nach Deutschland zurückzusenden. Zu den mit * bezeichneten Meldungen finden di» Leser Aus- führliches an anderer Stelle. Wieder einmal Genf. Rund zwei Dutzend Fragen bilden die Tagesordnung der Völkerbundstagung, die sich in der kommenden Woche wieder einmal in Genf abspielen wird. Glaubt man, daß dies bereits die SO. Tagung Ves Rates feit Bestehen des Völ kerbundes ist? Versucht man einmal nachträglich die positi ven Ergebnisse zusammenzuzählen, so bleibt doch eigentlich recht wenig zu verzeichnen, was das Jubiläum der kommen den Woche zu einem besonders freudigen Ereignis machen würde. Es sind diesmal keine Angelegenheiten der ganz großen Politik, mit denen man sich beschäftigen wird, aber es wäre auf der anderen Seite falsch, die Dinge zu unter schätzen, die sich aus dem umfänglichen Programm heraus heben. Wie immer seit Jahren spielt der ungarisch-rumäni sche Optantenstreit wieder einmal seine Rolle. Nun gut, man wird ihn abermals vertagen, da inzwischen kein neues Moment ausgetreten ist, das eine Lösung in erreichbar« Nä he rücken würde. Und auch die persönlichen Bemühungen des englischen Außenministers Chamberlain, dem dieser Streitfall eine Art persönliche Herzenssache ist, werden an der abermaligen Verschiebung jedes Versuchs zur Klärung wenig ändern können. Der Rat wird sich ferner wieder mit den etwas geheimnisvollen Waffentransporten, die den so genannten St. Gotthard-Fall bilden, beschäftigen; er wird den Bericht jenes Dreimännerkollegiums entgegen nehmen, das zur Untersuchung dieser Angelegenheit eingesetzt ist, und vielleicht sogar sich entschließen, diesen Bericht zu billigen. Für die deutsche Delegation ist dieser Punkt der Tagesord nung nicht so sehr ohne Bedeutung, wie das auf den ersten Blick scheinen mag. Man muß sich erinnern, daß Frankreich nicht ungern aus Anlaß des St. Gotthardfalles einmal den Apparat der Völkerbundsinvestigation in Bewegung setzen würde, um so «inen Präzedenzfall zu schaffen, auf den man sich im geeigneten Falle dann päter Deutschland gegenüber berufen könnte. Diese französische Tendenz gewinnt gerade in diesen Tagen an Aktualität, wenn man sich das Echo ver gegenwärtigt, das in einem Teil der Presse des Auslandes die Hamburger Phosgen-Katastrophe erweckt hat. Haben doch nicht nur französische und englische Blätter im Zusam menhang hiermit auf die Möglichkeit von der Völkerbunds untersuchung gegen Deutschland hingewiesen, sondern es ist ein solches Wort auch im englischen Unterhaus gefallen, wo der gleiche Herr Chamberlain, der auch diesmal wieder per sönlich in Genf über den St. Gotthardfall und seine mögli chen Konsequenzen verhandeln wird, erklärt hat, man werde sich nach näherer Klärung der Hamburger Angelegenheit mit der Frage befassen, ob die Grundlagen für ein Eingreifen des Völkerbundes gegeben seien. Das war gewiß vorsichtig ausgedrückt und sollte vielleicht nichts weiter sein, al» eine verschleierte Ablehnung der Wünsche einiger radikal deutsch gegnerischer Abgeordneten, aber daß der englische Außenmi nister überhaupt noch von der Möglichkeit einer Investiga tion sprechen konnte, ist bezeichnend genug. Der St. Gott hardfall gewinnt sicher durch solch« Erwägungen für Deutsch land erheblich an Bedeutung. Bon den weiteren Punkten des dieswöchigen Genfer Programms, die Deutschland unmittelbar berühren, ilt wie der einmal der deutsch-polnische Streit über die Minderhei tenbehandlung in Oberschlesien besonders zu beachten. Den äußeren Anlaß für die Wiederaufrollung dieser Fragen bil den diesmal zwei Beschwerden, und zwar eine, die von pol- nischer Seite ausgeht und sich auf ein«n Fall bezieht, in dem in Beuchen Uebergriffe gegen reichsdeutsche Polen vorge kommen sind und eine zweite weit erheblichere, die vom Deutschen Volksbund in Kattowitz, der Organisation der Deutschen in Ostoberschlesien, gegen die polnische Haltung in der Minderheitenfrage wieder einmal eingebracht werden nußte. Die polnische Beschwerde dürfte dem Rat keine gro- ;e Arbeit machen. Die Schlägereien in Beuchen, auf die sie ich bezieht, sind vom deutschen Gericht sofort und zwar recht charf geahndet worden durch Bestrafung derjenigen Deut- chen, die an der Ausschreitung beteiligt gewesen waren; und ras objektive Urteil des Gerichts hatte den deutschen Raufbol den ganz ausdrücklich vor Augen gehalten, daß Gewalt ge gen die Angehörigen einer volksfremden Minderheit nicht das mindeste zu tun habe mit Deutschbewußtsein und Natio nalempfinden. Der bedauerliche Zwischenfall ist also so rasch, gründlich und gerecht in Deutschland beigelegt worden, wie man es leider bei ähnlich gelagerten Fällen in Polnisch-Ober schlesien fast niemals hat feststellen können. Ganz anders liegt es mit der Kattowitzer Beschwerde. Wie ost schon hat die deutsche Minderheitenschule in Ostoberschlesien den Völ kerbund beschäftigt! Wie oft schon ist Polen nicht nur in Genf, sondern erst recht vor dem internationalen Gerichts hof in Haag mit seiner renitenten Auffassung unterlegen! Aber immer wieder versucht Polen durch eine Hintertür in die klar umrisseNen Rechte der deutschen Minderheit einzu dringen. Kurz vor Pfingsten war in Ostoberschlesien wie der einmal die Zeit zur Schulanmeldung gekommen. Kaum drei Wochen vorher hatte das Haager Gericht festgestellt, daß niemand anders als der Erziehungsberechtigte zu bestimmen habe, welcher Nationalität sein Kind angehört, und es hatte Polen sehr nachdrücklich darauf hingewiesen, daß nach den bestehenden Verträgen nicht einmal eine absichtlich falsche Angabe eines Vaters die polnischen Behörden zu einer Nach prüfung der Angabe oder zu einer Herausnahme aus der Minderheitenschule berechtige. Dennoch hat Polen bei den letzten Schulanmeldungcn von den Eltern eine Erklärung verlangt, daß ihr Kind lediglich die deutsche Sprache spreche, und es von der Bejahung dieser Frage abhängig gemacht, ob eine Aufnahme in die Minderheitenschule deutscher Spra che erfolgen dürfe. Nicht genug damit wurden, im krassen Widerspruch zu dem Haager Urteil, Strafen auf eine un richtige Beantwortung der Frage gesetzt. Behörden und pol nische Kompfverbände arbeiteten in trautem Verein zusam men, um daneben noch die deutsche Elternschaft einzuschüch tern und die deutsche Schule dadurch zu entvölkern. Und selbst nach Abschluß der Schulanmeldungen hört der Terror nicht auf: an Anschlagsäulen und sogar den Gemeindetafeln wurden die Ellern als Verräter öffentlich gebrandmarkt, die eine Anmeldung zur deutschen Schule vorgenommen hatten. Wahrlich Stoff genug also für den Völkerbundsrat, um den Polen wieder einmal sehr eindringlich ins Gewissen zu re den. Vorausgesetzt, daß man sich nicht durch eine Vertagung um die Erörterung der Kattowitzer Beschwerde herumdrückt, wird man in Genf nicht anders können, als ihr resüos Rech nung zij tragen. Aber wird das die Lag« der Deutschen im polnischen Ostoberschlesien tatsächlich in Zukunft bessern? Wird Polen sich nicht vielmehr wieder einmal mit ironischem Lächeln über alle Entscheidungen, die gegen seinen Stand punkt ausfallen, Hinwegsetzen, wie es das in zahlreichen Fäl len getan hat? Die deutsche Reichsregierung wird di« Pflicht haben, nicht nur während dieser Völkerbundsratstagung den Kampf des deutschen Volkebundes nachdrücklichst zu unter stützen. Diese Pflicht hat gerade das Auswärtige Amt in besonderem Maße, weil diese Behörde einmal des lieben Friedens willen den Polen in der Schulfrag« den kleinen Finger gereicht hat. Man weiß im Auswärtigen Amt, wel che Mühe es gemacht hat, diesen kleinen Finger wieder zu rückzuziehen und wird sich fortan hüten müssen, auch nur kn kleinsten vom klaren Rechtsstandpunkt Polen gegenüber abzuweichen. Was sonst auf der Tagesordnung des Rate» in der kom menden Woche steht, ist von minderem Belang. Denn der Bund der Völker hütet sich wohlweislich, di« Dinge, di« den Frieden Europas weit ärger bedrohen, als irgendeiner der jetzt zu behandelnden Streiffälle, auch nur zu berühren. Die Telephonverbindungen nach Genf arbeiten langsam. Man hat doch noch nichts gehört von Dalmatien, noch nichts von den Tausenden von Gewehrschüssen, die das Wort Kriegs gefahr aller übrigen Welt recht deutlich in die Ohren gebrüllt haben. Für den Völkerbund sind Italien »md Jugoslawien auch heute noch die lieben und einträchtigen Brüder, die da» Rosenband der Liga der Nationen umschließt, wie olle, all« Staaten und Völker, EinezweiteStahlhelmbotschast Der S. Reichsfrontsoldatentag in Kambrrrg. Hamburg, 1. Juni. Die erste öffentliche Kundgebung des Stahlhelms sand am Freitag um 20 Uhr in den beiden großen Festsälen des Etablissements Sagebiel statt.'Die Po lizei hatte starke Kräfte aufgeboten, um Zwischenfalle zu verhindern. Beide Säle waren überfüllt und mit schwärz- weißroten und den Landesfahnen geschmückt. Unter den Ehrengästen sah man zahlreiche ehemalige Generale in der alten feldgrauen Uniform. Nach dem Einzug der Fcchnen verlas der zweite Vundesführer Oberstleutnant v. Düster berg die zweite Stahlhelmbotschaft. Diese besagt: Der Stahlhelm kennt den Krieg und wünscht deshalb den Frieden. Nur Wille und Kraft zu Vertei digung, ferner Gleichberechtigung in der wehr stärkste aller Nationen sicherndenArieden. Eine er folgreiche deutsche Außenpolitik müsse ihre Anstrengungen zunächst nach innen richten. Der Stahlhelm fordert den Widerruf der Krieg sschuldlüge und lehnt eine« machlpolikisch beherrschten Völkerbund ab. Er lehnt den Verzicht auf den für Deutschlands Wirtschaft notwendigen Ostraum ab. Er lehnt ferner die zu einer Kriegsentschädi gung gewordenen Reparationen ab und ist gegen die Umwandlung derselben in bürgerlich-rechtliche Schuld- verpslichtungen. Der Stahlhelm erkennt die durch den Bol schewismus drohende Gefahr. Der Stahlhelm Wendel fich ferner gegen die Ueberfremdung der deutschen Wirtschaft und fordert die Führer der Wirtschaft auf, fich ihrer nationalen verantwonung den deutschen Arbeit nehmern gegenüber bewußt zu werden. Jin Anschluß daran nahm Franz Seldte das Wort zu einer längeren Rede, in der er u. a. erklärte, daß der Stahl helm allein die Freiheit Deutschlands wünsche. Dann fuhr er fort: Der Stahlhelm trägt di« Tradition der stolzen, alten Armee. Aber seine eigentliche Art und Kraft besteht in etwas ganz Neuem. Durch unsere Botschaft von Hamburg geht der Geist und das Streben des Stahlhelms nach Machtwillen: Einigkeit ist die Grundlage aller inneren und äußeren Politik. Der Stahlhelm, der der Vorkämpfer der deutschen Freiheitsbewegung sein will, er klärt, daß das deutsche Volk sein Schicksal verdiene, wenn es nicht die Kraft aufbringe, im politischen Kampfe auch mit dem Stimmzettel das Lebensrecht seines Staates zu vertei digen. Der Stahlhelm erkläre, daß er fick der Einheitsfront für diesen Kampf bedingungslos zur Verfügung stelle. Wir brauchen die Freiheit des oeutschen Menschen, die Freiheit für die Reichweite und Betätigung unserer deutschen Kraft. Wir brauchen eigenes Land zum Siedeln, -um Arbeiten, zum Leben und zum Ansatz unserer Ueberkraft. Wir erstreben den deutschen Mann, der den Begriff des charakterstarken Gentlemans in sich birgt: Lebenskenntnis und Geistesklarheit, Selbstbewußtsein und Unbefangenheit, Mäßigung und Herzensgüte, Tapferkeit und Freisein von Alltagskram. Will man aber so denken, dann kann man nur in einem freien Lande leben, und es wird bei der Bit terkeit des Kampfes auch der beste Mann «irres Tages vor die Tatsache gestellt, daß man letzte Entscheidung nicht durch Geld abkaufen kann, sondern daß dann das Blut seine Sprache spricht. Die Kundgebung schloß mit dem Deutschlandlied und einem dreifachen Front Heil. Zwischenfälle haben sich, so weit bis jetzt bekannt, nicht ereignet. « Ueberfall auf Stahlhelmen Hamburg, 1. Juni. In der vergangenen Nacht wurden 7 von auswärts zugereiste Stahlhelmer am Neuen Stein weg von einer Menschenmenge hart bedrängt. Herbeiae- rufene Polizeibeamte mußten, da die Menge auch auf ste eindrang, von den Gummiknüppeln Gebrauch machen; ein Beamter wurde durch einen Steinwurf verletzt. Schließlich gelang es, die Ueberfallenen in Sicherheit zu bringen. Parteiführer Ohne Partei? lieber die Unlust der Sozialdemokraten zu einer Koali tion mit der Dolkspartei ist schon viel geschrieben und ge sprochen worden. Beinahe ebensoviel Hai man davon gehört, daß Herr Dr. Siresemann nichts desto trotz der idealeÄußen- Minister für eine Weimarer Koalition wäre. Nun ist es soweit, daß aus diesen beiden Tatsachen di« Folgerung ge zogen wird: Sozialdemokratische Unterhändler, an der Spitze Herr Loebe, bemühen sich, dem langsam genesenden Herrn Dr. Siresemann klar zu machen, daß er auch al» Fachminlster willkommen wäre, ohne gleichzeitig seine Partei mitzubringen. Man will den Parteiführer, aber man will nicht die Partei. Gin« Situation, er Komik