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Acht Tage dauerten die Versuche, eine Regierung zu bilden, die im Reichstag entweder über eine Mehrheit oder doch wenigstens über eine starke Minderheit verfügen würde; als diese ersten acht Tage herum waren, mutzte Hindenburg feststellen, daß er den Parteien gegenüber leinen Schritt in der gewünschten Richtung vorwärts gekommen war. Und wenn die Gegensätze zwischen den Parteien schon an sich grotz waren, so war das End ergebnis der ersten Krisenhälfte, daß sich diese Gegen- sätzenoch mehr zu gespitzt hatten. Am schärf sten kam dies in der abschließenden Erklärung des Führers der Nationalsozialisten znm Ausdruck, seine Partei werde lein Kabinett tolerieren oder gar unterstützen, in dem nicht Adolf Hitler selbst die Führung besäße. Hitler hat dies dem Reichswehrminister v. Schleicher ganz unzweideutig gesagt, und er hat es ostentativ vermieden, sich nach Berlin zu begeben und sich damit zu einer Stellungnahme zu dem voraussichtlichen Präsidialkabinett nötigen zu lassen, das die Idee des „politischen Waffenstillstandes" herausgestellt hatte. Bekanntlich hat Hitler seine Ab lehnung auch auf ein etwaiges Kabinett Schleicher aus drücklich ausgedehnt. Weitere ächt Tage hat es gedauert, ehe nun diese Prä- sidialregierung zustande gekommen ist. Ob aber das ur sprüngliche Ziel, das Verhältnis zwischen Regierung und Reichstag besser zu gestalten, nun von dem neuen Reichs kanzler und seinem Kabinett eher erreicht werden kann, wird erst — im Reichstag selbst entschieden werden. Daß gegen Schleicher bereits bei Zusammentreitt des Reichs tages ein Mißtranensantrag vorliegcn wird, ist als ganz zweifellos anzunehmen, und damit rechnet der neue Reichs kanzler gleichfalls. Ebenso dürfte er den Antrag auf Auf hebung derPapenschen Notverordnungen als sicher erwarten; derartige Anträge sind bereits von verschiedenen Seiten her angekündigt worden. Das sind also zwei überaus gefährliche Klippen für die beginnende Fahrt des Staats schiffes unter Schleichers Führung. Bisher ist es in der „Ära der Notverordnungen", also seit zweieinhalb Jahren, ein einziges Mal passiert, daß ein Reichstag die Auf hebung von Notverordnungen beschlossen hat; das geschah am 18. Juli 1930, indem ein sozialdemokratischer Auf- hcbungsantrag mit einer Mehrheit von 15 Stimmen an genommen wurde. Allerdings hatte dies zunächst die rechtliche Außerkraftsetzung der Notverordnungen zur Folge, aber andererseits führte dieser Beschluß zur so fortigen Auflösung des Reichstages und acht Tage später wurden neue Notverordnungen erlassen, die die wesent lichen Teile der früheren wiederherstellten und diese außerdem noch erheblich erweiterten. Noch nicht ganz aus der Erinnerung verschwunden sein mag auch die seltsame Rolle, die am 12. September, in der zweiten, letzten und damit entscheidenden Sitzung des vorherigen Reichstages, auch wieder ein Antrag auf Aufhebung der Juni-Not verordnungen Papens gespielt hat. Damals kam es ja auch zu dem „Beschluß", die Verordnungen aufzuhebcn, nur entbehrte er infolge vorhergehender Reichstagsauf lösung doch jeglicher Rechtskraft. Jetzt aber handelt es sich vor allem um die Notverordnungen des 5. September und der folgenden Zeit, und gegen diese wollen die Natio nalsozialisten ebenso angehen wie die Sozialdemokraten und die Kommunisten; auch im Zentrum fanden die so genannten „sozial"- oder „lohnpolitischen" Teile der Not- verodnung eine mitunter sehr scharfe Ablehnung. Obwohl über, die Verhandlung des jetzigen Reichs kanzlers mit den Parteiführern und Gewerkschaftsvertre tern nur wenig in die Öffentlichkeit gedrungen ist, weiß man doch wohl, daß nun diese so heftig kritisierten Teile der Notverordnungen Gegenstand jener Verhandlungen gewesen sind. Nur ein mit allen Wassern gewaschener Prophet könnte aber sagen, ob dabei Ergebnisse hcraus- gekommen sind, die den Gang der Dinge im Reichstag wesentlich beeinflussen werden. Wie denn überhaupt die ganze Krise nicht gelöst, vorläufig auch nicht einmal äußer lich beendet zu sein scheint! Sie Elsenbahnabsindung für Sachsen. Berliner Regierungskrise verzögert die Erledigung. Der bayrische Streit um die Eisenbahnabfindung und die dazu bekannt gewordenen Äußerungen des Staatsrats Schäffer, wonach die Reichsregierung eine Aufwertung der Eisenbahnabfindung abgelehnt habe, rücken auch die sächsischen Ansprüche auf die Auszahlung der Eisenbahn abfindung wieder in ein aktuelles Interesse. Bei den Dres dener Regierungsstellen liegt eine ähnliche Absage des Reiches noch nicht vor, Wohl aber verlautet, daß die Reichs regierung infolge der Kabinettskrise beim Staatsgerichts hof eine Verlängerung der Frist für die Entgegnung auf die sächsische Klage bis 5. Dezember erbeten hat. Die lange Dauer der Berliner Regierungskrise wird Wohl aber zu einer weiteren Fristverlängerung führen. Die sächsische Klage lautet bekanntlich auf Zahlung von 22,3 Millionen Mark Zinsen aus der Eisenbahnforderung und wird von der sächsischen Regierung auch weiterhin nachdrücklichst verfolgt werden. Sie erste KabmetisMung. Deutsche Abrüstungsnote. Reichskanzler von Schleicher hat sich am Sonnabend mittag zum Reichspräsidenten begeben, um ihm seine Ministerliste zur Bewilligung vorzulegen. Anschließend daran fand die Sitzung des alten Kabinetts statt und dar auf traten die Mitglieder der Regierung Schleicher zu einer ersten Besprechung zusammen. Diefe Besprechung galt im wesentlichen außenpoliti schen Fragen und den Instruktionen, die Außenminister von Neurath, der sich am Montag wieder nach Gens be gibt, dorthin mitnehmen soll. Als Grundlage der kommenden Auseinandersetzungen über die A b rüstun g s fr a g e hat Deutschland in den Hauptstädten der beteiligten Länder eine Note überreichen lassen, die den deutschen Standpunkt in der Frage der Gleichberechtigung und zu dem ganzen Abrttstungsproblem noch einmal entwickelt und eingehend begründet. Deutsch land hat sich in dieser Note, so wird gemeldet, bereit er klärt, seinen Wehretat während der nächsten fünf Jahre nicht zu erhöhen unter der Voraussetzung, daß im Nahmen des jetzigen Etats den deutschen Bedürfnissen für die Entwicklung seiner Hccresmacht Rechnung getragen wird. Um klar in Erscheinung treten zu lassen, daß Deutschland mit seinen Wünschen nicht auf eine Aufrüstung hinaus will, hat man also das Angebot gemacht, für die nächsten fünf Jahre keinerleifi n a nziclleMehr- aufwendungen für Rüstungen zu machen. Eine der hauptsächlichsten Aufgaben des Kabinetts Schleicher wird die Frage der Arbeitsbeschaffung sein. Zu diesem Zweck ist der Präsident des Landgemeinde tages, Dr. Gereke, zum Reichskommissar für Arbeits beschaffung, Siedlung und Osthilfe ernannt worden. Er wird im Einvernehmen mit den zuständigen Stellen in erster Linie die Frage der Arbeitsbeschaffung bearbeiten. Es wird wahrscheinlich durch die von Schleicher beabsich tigte Abänderung der Notverordnung des Reichspräsiden ten ein Betrag von rund 700 Millionen Mark an Steuer gutscheinen zur Verteilung an die öffentliche Hand frei werden. Innerhalb dieser Abgrenzung soll eine Arbeitsbeschaffung durch die öffentliche Hand ver sucht werden. Freundliches Auslandsecho. Das Kabinett Schleicher hat im Ausland eine freund liche Begrüßung gefunden. Die fr a n z ö s i s ch e P r e s s e betont die große diplomatische Geschicklichkeit des bis herigen Reichswehrministers und erwartet unter Um ständen auch eine Besserung der französisch deutschen Be ziehungen. In der englischen Presse wird anerkannt, daß die Ernennung Schleichers nach Lage der Dinge die beste Lösung der deutschen Krise war. Die amerika nischen Zeitungen stehen der Ernennung Schleichers im allgemeinen freundlich gegenüber und betrachten ihn als den starken Mann. In Italien steht man im Gegen satz hierzu in Schleicher vor allem diejenige Persönlich keit, die durch ihr Verhandlungsgeschick und ihre versöhn liche Negierungsführung geeignet sei, die Lage in Deutsch land zu entspannen und zu beruhigen. Der Zusammentritt -es neuen Reichstages. Zur Reichstagseröffnung am Dienstag, der man allenthalben mit Spannung entgegensieht — die Tri bünenkarten sind längst vergriffen —, werden die letzten Vorbereitungen getroffen. Im Sitzungssaal ist man damit beschäftigt, die Verteilung der Sitzplätze entsprechend der veränderten Zusammensetzung des Hauses neu zu regeln und die Namenschilder der Abgeordneten anzubringen. Von einer Entfernung der jetzt überzähligen 21 Sitzplätze ist Abstand genommen worden. Die Sitzung wird nach voraufgegangenen Fraktions beratungen um 15 Uhr von dem nationalsozialistischen Abgeordneten General Litzmann als dem Alterspräsidenten mit einer Ansprache eröffnet werden. Es ist zu erwarten, daß die Kommunisten auch diesmal einen Vorstoß mit angeblich besonders dringlichen Anträgen unternehmen werden, obgleich ihnen ohne Zweifel bekannt ist, daß für die Erledigung solcher Anträge die Eröffnungssitzung keine geschäftsordnungsmäßige Handhabe bietet, es sei denn, daß kein einziger Abgeordneter widerspricht. Die Wahl des Präsidiums und der Schriftführer soll nach den bisherigen Plänen am Mittwoch erfolgen. Es ist aber auch möglich, daß, wie bei der Eröffnung des vorigen Reichstages, diese Wahl bereits in der ersten Sitzung am Dienstag vorgenommen wird. Oer neue Reichsarbeitsminister. Der neue Reichsarbeitsministcr, Geheimer Rat Dr. Friedrich Syrup, wurde im Jahre 1881 in der Provinz Hannover geboren. 1903 bestand er das Examen als Diplomingenieur. Anschließend studierte er Rechts- und Staatswissenschaften. Als preußischer Beamter war er in den Provinzen Hannover. Rheinland. Oberschlesien und Pommern tätig. 1918 wurde er zum Vortragenden Rak im preußischen Handelsministerium ernannt. Bei Kriegs ende wurde Syrup dem Demobilmachungsministerium überwiesen. 1920 trat er in den Reichsdienst als Präsident der Reichsarbeitsverwaltung über. Im Jahre 1927 wurde er zum Präsidenten der Neichsanstalt für Arbeitsvermitt lung und Arbeitslosenversicherung ernannt. Am 18. Juli dieses Jahres wurde Dr. Syrup Reichskommissar für den Freiwilligen Arbeitsdienst. * Die amtliche Mitteilung über die Ernennung -er Regierung von Schleicher. Reichspräsident von Hindenburg hat den Reichs- Minister, General der Infanterie a. D. von Schleicher zum Reichskanzler ernannt und ihn bis auf weiteres mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Reichs wehrmini st ers beauftragt. Reichskanzler von Schleicher ist gleichzeitig für die Geltungsdauer der Verordnung vom 20. Juli 1932 zum Reichskommissar für das Land Preußen bestellt worden. Aus Vorschlag des Reichskanzlers ernannte der Reichs präsident den bisherigen Reichsminister ohne Geschäftsbereich, Dr. Bracht, zum Reichsminister des Innern, den Präsidenten der Reichsanstalt sür Arbeitsvermitt- lung und Arbeitslosenversicherung und Reichskommissar sür den Freiwilligen Arbeitsdienst, Geheimen Rcgierungs- rat Dr. Syrup, zum Reichsarbeitsministcr. Ferner bestätigte der Reichspräsident aus Vorschlag des Reichskanzlers den Reichsminister Freiherr» von Neurath in seinem Amte als Reichsminister des Auswärtigen, den Reichsminister Grasen von Schwerin- Krosigkals Reichsminister der Finanzen, den Reichsminister Dr. Gürtner als Reichsminister der Justiz, den Reichsminister FreiherrnEltz vonRübkE nach als Ncichspost- und Reichsverlehrsminister, den Reichsminister Dr. Popitz als Reichsminister ohne Geschäftsbereich. Außerdem ernannte der Reichspräsident den Präsi denten des Deutschen Landgemeindetages, Landrat a. D. Dr. Gereke zum Neichskommissar für Arbeitsbeschaffung. Auf Vorschag des Reichskanzlers hat ferner der Reichspräsident die Reichsminister Dr. Warmbold und Freiherr von Braun in ihren Ämtern als Reichs- wirtschaftsministcr und als Reichsminister für Ernährung und Landwitschaft bestätigt. Hindenburgs Schreiben an Papen. Reichspräsident von Hindenburg hat an den scheiden den Reichskanzler von Papen nachstehendes Schreiben gerichtet: „Sehr geehrter Herr Reichskanzler! Ihrem Anträge um Entlassung aus den Ämtern des Reichskanzlers und des Neichskommissars für das Land Preußen habe ich durch die anliegende Urkunde entsprochen. Schweren Herzens und nur veranlaßt durch Ihre persönlichen Vorstellungen lasse ich Sie in Würdigung der mir vorgctragenen Gründe aus diesen Ämtern scheiden; mein Vertrauen und meine Achtung für Ihre Person und Ihr Wirken bleiben unvermindert. Während Ihrer leider nur einhalbjährigen Tätigkeit als Reichskanzler und als Neichskommissar für Preußen habe ich Ihre hingebende und verantwortungsfreudige Arbeit, Ihre selbstlose Vaterlandsliebe und Ihre vornehmen Charaktereigen schaften hoch schätzen gelernt. Ich werde die Zeit der Zu sammenarbeit mit Ihnen nie vergessen. Für alles, was Sie in diesen schweren Monaten für unser Vaterland getan haben, spreche ich Ihnen im Namen des Reiches wie eigenen Namens meinen tiefempfundenen Dank aus. Mit den besten Wünschen für Ihr Wohlergehen und mit kameradschaftlichen Grüßen verbleibe ich Ihr stets ergebener (gez.) von Hindenburg." Ebenso hat der Reichspräsident dem scheidenden Reichsminister des Innern, Freiherrn von Gayl und dem Reichsarbeitsminister Schäffer in persönlichen Handschreiben seinen Dank und Anerkennung sür die geleisteten Dienste zum Ausdruck gebracht. Eine Kundgebung des scheidenden Kanzlers. Der aus seinem Amt scheidende Reichskanzler von Papen erläßt folgende Kundgebung: „In dem Augenblick, wo ich das Kanzleramt, in das mich das Vertrauen des Herrn Reichspräsidenten berufen hat, an meinen Nachfolger abgcbe, liegt es mir am Herzen, allen Freunden im Lande zu danken, die in den ver flossenen sechs Monaten die Arbeit der Neichsregierung um die Wiedergewinnung unserer inneren und äußeren Freiheit, um die Grundlegung eines neuen und besseren