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wöchentliches Unterhaltes-und Herausgegeben Zee» Jahrgangs Intelligenzblatt. fürs Jahr i8iZ. igtes Stück. — —————————-s—, , i » — donnabends, -er» rz. May. Bruchstücke «US der Brieftasche einer alten Jungfer. I. ÄHkder ein Tag vorbey und noch keinen Mann, wieder «inen Tag alter und noch un» verheiralhet! Aelter? — garstiges Wort — und wenn -auch alter, dennoch bin ich nicht häßlicher, denn mein Spiegel Lagt es mir, und mein Spiegel lügt nicht! Zwar haben meine Blicke nicht mehr das glänzende Feuer der früher» Jahre, doch sind sie gewiß »och sprechend genug, um den Mannern faße Wünsche -fühlen zu lasten; zwar muß ich die Echnürbrnst etwas mehr pressen als sonst, doch entsteigen ihr noch halb unterdrückte Seufzer genug, — ach! daß sie laut würden, und verständlich den Männerherzen und rüh rend! zwar muß ich täglich etwas mehr kougs auflegcn; doch fand neulich der ein« quaruerte Offizier meine Wangen recht rosig. Mei» täglich alter und immer alter? — Wird auch alle Pariser Kunst im Stande scyn, mir die Reize zu ersetzen, »ach denen die rohen Mannsleute sehn? — Noch ei» Mittel, noch «in Mittel verlieh mir die Vor sehung , nicht im ledigen Stande zu sterben. Ich bin reich, und wo nicht reich, doch ver mögend — und goldnen Netzen ist am schwersten zu entgehn. Ich muß alles an- wenden, alle Minen springen Lassen, alle Pfei le abschieße«, denn wie Lange ist's , daß ich schon meinen s^sten Geburtstag feyerte? — Wie schwer zählt es sich zurück, wenn man etwas weiter in die Zahlen ist. Ich mag auch die Männer alle durchgehen, die ich mir ersehnte, so finde ich keinen, der außer Artig- feilen mir mehr und solidre Dinge sagte. — Ach! mir ist jedes Wesen recht, wenn eS nur ein Mann ist. Die unverständigen, losen, naseweisen, jungen Mädchen werden frcylich wie Blumen umhüpft; allein, was haben sie, als ihre Jugend, ihre flücht'gen Reize, ihre Uncrfahrtnheit und Unverstand? Kann da- 4*9)