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««twl t!,N« ttüt 7 U,r «n du «k»edtti,n Marien- sirate lZ. ilbonne- Stn»e> I Mar. — «uN»i,e: Lv.Soo Srcuidlarc. Jnscratrir-Iilniialimk auSwjrti: N»»»-»- »t«i» t Voxior in Hambura, verliii, Wicn, Lcipjig, lvasrl, vrcdlau, graiilinrl 0.M.—LiiLU««»»!,, Mcrlin.Leipjt^Wikn. Hambura. Krankjurt a. M., Mtiuchcn. — vaudatL». tiigranr- fart a. W. — t«. Voigt in abcmiiid.— II»r»5. u-lltto, Üul- Usl L Q>. in Paris. TngMatt für Unterhaltung nnd Geschäftsverkehr. Druck und Eigcnthum der Herausgeber: Lltpsch ör Neichardt in Dresden. Verantwort!. Nedacteur: InlkUS Reilhar-t. 8nitt-te»«rdn'Mar<«». «kad» rs angenommen »t, «».« U»r, S-nni^» di» Mittag» 12 Ubr. In Meuiiabi: große »iolicr. »alle S bi» Abd. S Udr. Der Raum einer etn- IpaUiaen Petilzette tollet IL Pfq. Singeiandt di« Zeile 3 Mgr. Line Garantie sür da» nachsttäaiae Erichei- ne» der Inserate wird nicht gegeben. Auiwiirtige Annoncen- Aailrtige von un» unbe- tanmen Nirmen >1 Per- ionen inseriren wir nur gegen Prännmcrando- Zabinng durch Aries- marlen oder Poiletnjnh- lung. 10 Silben losten !>!, Mgr. klutwärtige können die Zahlung auch aus eine DrcrdnerMri»» anweisen. Die Ex». Dresden, Dienstag, 4. Februar 1873. » Politisches. Gegen die kirchenpolitischen Gesetze des CultusministerS Falk schmiedet die katholische Geistlichkeit eifrigst Proteste. Außer dem Bischof Martin von Paderborn hat sich der Bischof von Posen ebenfalls mit einem Proteste an das StaatSministcrium gewendet und der gesamnrte deutsche EpiSeopat soll ihnen folgen. Dis niedere Geistlichkeit wird zu Erklärungen veranlaßt, sie wolle ihrem Oberhirten in dem schweren Kampfe treu zur Seite stehen. Und hinter diesen Protesten droht, wie hie nnd da angedcutet w.rd, der Bannfluch von Nom, die Verhängung des Jnterdicts über den preußischen Staat. Dem Verfasser der Allocution vom 23. Dccember und dem Lobredner der Judith sind solche Streiche schon zuzutrauen. Somit ist alle Aussicht leider Gottes vor handen, daß dieser kirchliche Streit gewaltige Dimensionen an nehmen und eine noch stärkere Aufregung der Gemüther Hervor rufen wird, anstatt daß sich die Gegenwart der dankbareren und nötigeren Arbeit, die socialen Gegensätze zu versöhnen, widmen sollte. Doch wäre uns vor dem Ausgange des Kampfes gegen den Ultramontanismus nicht bange, wenn der Kämpf nicht ge führt und nicht dazu gcmißbraucht wird, einer reactionären Ne gierungskunst für ihre speciellen Zwecke gute Dienste zu leisten. Erheblich unterstützt würde Deutschland in seinem Streite gegen römische Geistcsknechtschast, wenn die italienische Regier ung sich dem Beschlüsse des Ausschusses des Parlaments an schlösse, daß nicht blos die Klöster in Rom, sondern auch die Häuser der Ordensgenerale aufgehoben werden sollen. Tagtäglich werden von den Wiener Zeitungen Bulletins über den Stand der Wahlreform ausgegcben; alle Symptome dieser Schwergeburt, wie Audienzen hervorragender Persönlich keiten beim Kaiser, Reisen und Berufungen Anderer nach Wien u. dergl. werden tiefsinnig besprochen. Die Doctoren kommen immer zu dem Resultate, daß Alles vortrefflich stehe. Wenn man die Tragweite des bevorstehenden Schrittes für Kräftigung de» österreichischen Staatsgedankens erwägt, ist eS nur natürlich, daß der Kaiser ihn nur nach Berücksichtigung aller ihn begleiten den Umstände und nur dann thut, wenn seine Verwirklichung im Reichsrathe mit imposanter Mehrheit gesichert ist. — Auf das Talent der Ungarn in der Verwaltung wirft dis Thatsache nicht das beste Licht, daß in nicht weniger als 2000 Gemeinden die Grundbücher, dieses Fundament allen Credits, unordentlich und ganz unzuverlässig geführt sind. Der französische Verfassungsausschuß hat nun seine müh same, geisttödtende Arbeit vollendet. Da die Eonservativen zu schwach sind Thiers zu stürzen, haben sie wenigstens Alles gethan ihn einzubalsamiren. Abgewendet wurde die Aufmerksamkeit von ihrem Werke durch die Untersuchung über die Vorgänge bei Proklamirung der Republik, Auspflanzung der rothen Fahne in Lyon und der Bildung der Vogesenarmee durch Garibaldi wäh rend de» Krieges. Der von Gambetta seiner Zeit zum Präfekten von Lyon ernannte Challemel-Lacour hatte sich über seine revo lutionäre Propaganda und die von ihm bewirkte Verschleuder ung von Kriegsmaterial und sonstigeArmeclicserantenwirthschaft zu vertheidigen. Es gelang ihm infolge seiner Bercdtsamkcit ziemlich durchschlagend; da kehrte sich der Sieg gegen die Republi kaner, als der Chef eines Infanterie-Bataillons, der ebenfalls Deputirter ist, berichtete, daß, als er den Befehl gegeben hatte, die rothen Fahnen von einigen Dörfern zu entfernen, der Prä fekt Challemel-Lacour den Gegenbefehl ertheilte: Schießt Alles nieder! Dieser bestritt zwar die "Wahrheit dieses Befehls, aber abgesehen davon, daß die Franzosen das 1'usiIIori-moi tour Io mouckv! bei allen Gelegenheiten im Munde führen und man täglich hören kann, wie sich politische Gegner einander mit Todt- schießen bedrohen, so ist eine solche Drohung in so aufgeregter Zeit sehr wahrscheinlich und die Nationalversammlung tadelte die revolutionäre Wirlhschaft in Lyon, die eine Abwehr der „Prussiens" so aufgehalten hatte. Die Untersuchung über die Bestechung nordamcrikanischer Congreßmitglicdcr fördert täglich neue Verruchtheiten zu Tage. Ein schmachvolles Bild nach dem anderen wird aufgerollt; am beschämendsten wäre es, wenn das Untersuchungseomitö einen parteiischen Beschluß faßte. Jetzt will man der empörten öffent lichen Meinung nur einem Sündenbock vorwerfcn; das Volk fühlt aber, daß die gleichmäßig entehrte republikanische und demo kratische Partei sich wiederhcrstellen mäße!, indem sie alle Schul dige wie räudigen Schafe aus der Halle des Congrcsses jage. Ebenso skandalös ist, daß auch der Senat nicht rein ist. Der Senator Caldwell in Kansas ist angellagt, seine Erwählung der frechsten Korruption zu verdanken. Einen gefährlichen Neben buhlerum das Ehrenamt soll er gegenZahlung von 22,000Doll. zum Rücktritt bewogen und die Majorität der Staats-Legislatur durch Geldgeschenke erkauft haben. Verschiedene Eisenbahn- Korporationen hielten es von der größten Wichtigkeit, im Senate einen Vertreter zu haben, der ihnen mit Leib und Seele angehört und sck,offen die nöthigen Fonds vor. In Louisiana ist ein ebenso unsauberes Sch.»spiel. Dort haben, infolge der Aemt.-r- jägcrei 2 Präsidenten ihr Amt angetreten und behaupten im Rechte zu sein. 6 Senatoren sind in das demokratische Lager übergetreten. Sie werden von ihren bisherigen Gesinnungs genossen selbstverständlich als erkaufte Verräther gebrandmarkt und man gratulirt sich mit sauersüßer Miene, daß man sie los geworden ist. Keineswegs treten wir den streitenden Parteien zu nahe, wenn wir behaupten, „daß es uns fast will bcdünkcn, als wenn alle Beide stinken." Locales und Sächsisches. — I. k. H. die Frau Kronprinzessin ist vorgestern Abend von Sigmaringcn wieder hier eingetroffen. — Der erste Viccpräsident des Oberappellationsgerichts vr. Siebcnhaar, seither Comthur II. Klasse des Verdienstordens ist zum Comthur 1. Klasse dieses Ordens befördert. Der Geheime Justizrath Thicmann hat das Ritterkreuz des Verdienstordens erhalten. — Landtag. Schluß der Generaldebatte über die Steuerreform In der I. Kammer. Präsident Rulle schildert in anschaulicher Weise die Schwierigkeit der Steuer reform. Wen» von der einen Seite behauptet werde, die Ein kommensteuer führe zum Despotismus und zur Demoralisation des Volks, Andere wieder die Einkommensteuer so streng durch geführt sehe» wollen, baß jedes ihr entzogene Capital constscirt werde, so liege zwischen beiden Anschauungen eine solche Kluft, daß ein Mittelweg wohl angezcigt sei. Dieser sei um so schwie riger, als die 2. Kammer keinen positiven Beschluß gefaßt, sondern eine» Trümmerbaufen von Beschlüssen der l. Kammer hcrübcrgcscndct habe, die nun mit altem Ernste und großer Gcwissenhafitgkeit einen praktischen Weg cingcschlagcn habe. Die Thatsachcn machten die Neuschaffung der Steuergesetz gebung zur gebieterische» Pflicht; man möge mit abseitigem guten Willen an das Werk hcrantrctcn. (Beifall.> Adg. Seiler verwendet sich mit großer Wärme für die Entlast ung des Grundbesitzes. Rcf. v. E r d m annodorss legt die Roihwendigkcit dar, nicht blöd schön auöichcndc, prächtige all gemeine Principicn über die künftige Steuerreform auszupellen, mit denen nicht viel anzusangcn ist, da ihnen alle Welt zu stimmen könne, weil sich Jeder die Ausiübrnng anders denke, sondern einmal mit fester Hand und klarem Willen die Sache praktisch anzufassen. Bei der Ausarbeitung der Principien und ihrer Umwandlung in greifbare GcietzcSparagraphen zeige sich erst die Schwierigkeit. Sic zu überwinden und ein ver bessertes Steuersystem praktisch ins Leben cinzuiührcn, das sei das Strcbzicl der Deputation gewesen, Verbcsserungövvrsci'lägc weise sie nicht zurück. Der Finanzminister v. Friesen recht fertigt die Regierung zunächst darin, daß sic nur mit großer Vorsicht und Bcdachtsamkcit vorgcgangen ist; lieber lasse er sich in Stcucrfragcn den Vorwurf einer gewissen Schwer fälligkeit alö einer übereilten Ncuernngssucht machen. End lich habe er sich aber doch dem Gedanke» befreunden müssen, daß mit bloßen Verbesserungen nicht durchzukommcn sei, son dern daß man mit dem ganzen bisherigen Stcucrsvsiem bre- cven müsse, da es an einer gemeinsamen Steuer gefehlt habe, unter die man sowohl Grund- als Gewerbe- und Pcrsonal- sicucr, selbst wenn man sie verbessere, bringen könne, um ihr Vcrhäitniß zu einander gerecht scstiustettcii. Der Minister scbließt sich den Vorscviägcn der Tcpntation an, da sie ein Eompromiß tarstcllcn. Eine Steuerreform sei vorzugsweise eine praktische Frage, cS komme hierbei weniger darauf an, ein comeinentes Lvstcm durcvzuführcn, als etwas Brauch bares hinzustcllen, daö den doppelten Zweck erfülle: Geld in die Staatscaffen zu führen nnd gerecht und mit möglichst wenig Beschwerden für den einzelnen Steuerzahler verbunden zu sein. Dieb seien die Eigenschaften dcö v. ErdmannSdorfs'- schcn Vorschlags, der die bisherigen Steuern verbessere, sie sämmilich aus einen und denselben Nenner zurückführe und unö einen praktischen Versuch einmal mit der Einkommen steuer machen lasse. Gefiele unö diese Einkommensteuer, so habe Sachsen die Möglichkeit, soviel als es wolle, auf kiese Steuer zu werfen und die anderen Steuern auf ein Mini mum zu rcduciren. Bei umgekehrten Erfabrungcn trete das umgekehrte Verhältnis; ein. Damit wurde die Generaldebatte geschlossen und die Kammer wendete sich in vier ernstlicher Arbeit gewidmeten Lage» der Specialbcratlmng zu. Gestern wurde das Stcucrgcsctz mit einigen Anträgen auS der Mitte der Kammer mit 30 gegen 9 Stimmen iv. Schütz, Graf Ein siedel, Graf Schönburg. v. Millitz, v. Sahr, v. Egidv, v. Metzsch, Martini, v. Zcbmcm angenommen. — ll. Kammer. Eisenbahndebatte. Der Be richt über die Proiccte Oranienbaum - Leipzig nnd Meißen- Jessen wirb von dem Rcf. Map einsiwcilcn zurückgezogen, da sich inzwischen die Verhältnisse verändert haben. Daö Pro jekt einer Ebemnitzibalbahn wird cinslwcilcn vertagt, nachdem ein vom Abg. Pornitz gestellter und von Ludwig befürworteter 'Antrag auf EonccssionScrtbcilung mit 32 gegen 2-1 Stimmen abgclehnt worden war. Gcithain-Flöha wirb obnc Weiteres abgclchnt. Längere Debatte verursachen die Bahnprosckte im Ocisnitz Gerödorfcr Kohlenrevier. Zuletzt wird der Dc- pntationöantraa in folgender Fassung der Abg. v. Zaim und Jungnickcl einstimmig angenommen, welcher Res. Map bci- gcstimmt: Die Ermächtigung zum Bau einer Koblcnbahn Gcrsdorf-St. Egidlcn abzulelmcn, vielmehr bei der Regierung zu beantragen, daß der Glanchau-StollbcrgcrElscnbabngcscll- schait anigcgcben werte, die nicht unmittelbar von der Glau- chau-Stoubcrger Bahn berührten Kohlenwcrke teS Oelsnitz- Lugauer Reviers, falls dicKohlcnwcrksbcsitzcr dies verlangen, durch auszubanende Schleppbahncn mit ihrer Hauptbahn zu verbinden. Gräser batte wegen voraussichtlicher Rentabilität der Glauchan-Stollberger Balm deren Bau auf Staatskosten beantragt, Esche verlangt, daß die Kohlenwcrksbcsitzcr die Balm zu bauen erlaubt erhalten sollten, Krause gegen diese letztere Ansicht gesprochen und als Anwalt für den Bau durch die Leipziger Erctitanstalt plaidlrt, Walter, v. Könncritz und v. Zahn den verbesserten Devutatlonöantrag empfohlen, Jung nickcl den Zusatz „iallö die Kohlcnwerköbcsitzcr es verlangen" gestellt und Penzig und Kürzel für billige Frachtsätze sich er klärt. Der Antrag der Deputation, der Gesellschaft Mehl- theuer-Plauen zu gestatten, ihre Linie selbstständig von Mehl theuer nach Glauchau zu führen, wurde, nachdem sich Kreller hiergegen erklärt, mit 24 gegen 23 Stimmen abgclehnt; hin gegen die Zweigbahn Zwiesel-Berggieshübel einstimmig ge nehmigt. Bei dem Proickt einer Linie Wcischlitz-Hof kam die Kammer zu einem Seitensiück der rechten Elbuicrbahn. Gegen diese Bahn sprach Starke, da der sächsisch-bavrischcn Bahn hierdurch ein guter Theil des stwdcutschen Verkehrs von Hoi ans entzogen würde und der Landtag dafür zu sorgen habe, daß die Staatseinnahmen, nicht zu Gunsten hoher Dividenden der thüringischen Privatbabngeseltschast geschmälert würden, zumal die dortige Gegend sich gegen daö Zerschneiden der Fluren durch 4 ziemlich dicht nebeneinander lausende Bahnen sträube. Kreller bestätigt den Mißmuth der dortigen Acker bauer über Zerstückelung ihrer Felder und fügt hmzu, daß dort jetzt ein solcher Mangel an Arbeitskräften herrsche, daß kaum die anderen 3 Bahnen im Bau gefördert werten könn ten. Man möge wenigstens den Bau der Bahn vorläufig sistircn. Lr. Rcntzsch und Körner empfehlen hingegen inEvn- segucnz ihrer Anschauungen über freie Bewegung die Con- ccssionöertheilung, da ja bei Expropriationen reichlich Ent schädigung gewährt werte und stets daö allgemeine Wohl den Wünschen Einzelner voranzugeben habe. Kleinliche Rücksichten Einzelner müßten schweigen, wo es sich um große Verkehrs hahnen handle. Hingegen warnt v. Einsiedel vor dem leicht fertigen Ertheilcn von Eonccssioncn, da hierdurch nahezu eine Unsicherheit desGrundclgcnkhumS entstehe. Auch Günther bittet, nickst zu Gunsten des Auslandes und von Privaten die Inte ressen des Staats und seiner Bahnen zu schädigen. -Nachdem Map noch entgegncte, daß die projcktirtc Linie mindestens 2-3 Stunden abseits der StaatSbahn lausen würde, daß ohne Grundstückszerschncidungcn eine Bahn zu bauen nickst möglich sei und daß leicht die Leipzig-Dresdner Bahn sich daraus berufen könne, daß man ihr ebensowenig Concurrcnz machen dürfe, alö der Staat solche sich machen ließe, wird die Eonzcision lür Weischlit-Hof mit 37 gegen 25 Stimmen ab- gelchnt. Stoch wurde Eonccssion ertbcilt für Kreyia-Nowcin; in Bezug aus Löban-Metschen trat die Kammer dem von uns mitgcthciltcn DeputationSberichtc bei. — Obwohl sich das gestern Nachmittag blitzschnell durch die Stadt verbreitende Gerücht: die geliebte Königin sei ge storben, erfreulicherweise nicht bestätigt, ist doch dasBesindcn der hohen Patientin ein nicht unbedenkliches. Die hohe Frau, wie immer an den Werken der Humanität innigen Antheil nehmend, hatte vergangenen Dienstag der Einweihung der 5. Kleinkindcr- bcwahranstalt auf der Blasewitzcrstraße beigewohnt und sich wahrscheinlich hierbei eine Erkältung zugezogen, die sie von Donnerstag an an Zimmer und Bett fesselte. Die nächsten Verwandten des Königshauses wurden von der Erkrankung der Königin telegraphisch in Kenntnis; gesetzt, die Kronprinzessin Carola eilte von Sigmaringen hierher. Die Krankheit zeigte sich alsbald als ein acuter Lungenkatarrh, mit Ficbererschcinungen verbunden. Die Nacht zum Montage verbrachte nach einem Bulletin des Leibarztes I)r. Fiedler die Königin mit ruhigem Schlafe, obwohl das Fieber fortdaucrte. Das Allgemein befinden war gestern befriedigend, so daß die beiden königli chen Prinzen der Sitzung der 1. Kammer beiwohnen und an der Abstimmung über die Steuerreform Theil nehmen konn ten, auch der König Nachittags 4 Uhr noch, wenn auch schwerbekümmerten Herzens an der Hostafcl erschien. Die hohe Patientin verbrachte den Nachmittag zwar unter fortwährendem Fieber, jedoch ohne viel Husten. Das Bemühen des Mediciyal- rath vr. Fiedler ist auf Beseitigung des Fiebers gerichtet, das bei seiner Fortdauer leicht den Lebenskräften der hohen Frau bedenk lich werden könnte. Die Königin sicht bekanntlich im 73.LcbenS- jahre, sie ist in München am 13. November 1801 als Zwillings tochter des Königs Marimilian I., Joseph, von Bayern geboren. Aus der Ehe, in die sie am 10. November 1822 mit dem da maligen Prinzen Johann trat und deren Jubiläum vor Kurzem erst das ganze Land mitfcierte, entsproßten 9 Kinder: die Prin zessin Marie, der Kronprinz Albert, die Prinzessin Elisabeth, die Prüfen Ernst und Georg, die Prinzessinnen Sidonie, Anna, Margarethe und Sophie, von denen nur noch der Kronprinz und Prinz Georg, sowie die jetzige Herzogin von Genua am Leben sind. Möge der hohen Frau eine baldige rasche Genesung beschic- den sein. — Mit dem Winter hat s dies Jahr keine Art. Vorgestern früh war bei circa 7 Grad Kälte alles fest gefroren, man rüstete sich zum lang entbehrten Schlittschuhlaufen — gestern schlug das Wetter dem Baromctrius ein Schnippchen, indem 3—4 Grab Wärme cintraten. Der große Gartenteich durfte nur von einer beschränkten Zahl Eislaufer betreten werden. Diese liefen auch unverdrossen durch Dick und Dünn, obwohl einzelne Stellen ganz unter Wasser standen. — Gestern Vormittag in der zehnten Stunde wurden auf der Stiftsstraße im .Hause Nr. 13 die Einwohner der dritten Etage, besonders die Familie eines Maurers von dem wilden Rufe „Feuer" aufgeschrcckt. In der Wohnung des Letzteren waren die Hellen Flammen ausgebrochen und trieben nun die Leute in ängstlicher Hast durcheinander. In Abwesenheit der Eltern hatte ein vierjähriger Knabe, welcher mit seinen 3 kleinen Geschwistern allein im Zimmer zurückgelassen worden war, ein Streichhölzchen angcbrannt, ein Licht damit angezündet und unter ein Bett ge leuchtet. Dadurch war das letztere in Flammen aufgegangen. Gin Gärtner hatte von unten den Rauch aus den Fenstern herein dringen sehen und war sogleich zur Hilfe herbeigeeilt. Dm er-