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DK „Wzißeritz-Artung " «schMt »Sch«ntlich drei mal: Dienstag, Donner«, tag und Sonnabend. — Preis »ierteljährlich 1 M. LK Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, eimnonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. - Alle Postan- ftalten, Postboten, sowie die Aaenten nehmen Be stellungen an. für die LSmalicke Umtshauptmannschast MxMiswalde, sowie für die Kömglichen Amtsgerichte und di- Stadtr-the zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 1V Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlaa. — Einge sandt, im redaktionellen »heile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Wchmh-MiH Amtsblatt Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehnc in Dippoldiswalde. " Dienstag, den 8. Juli 1884. 49. Jahrgang. Die Konferenz. Seit acht Tagen ist das so lange schattenhaft ge bliebene Konferenzprojekt endlich zu Fleisch und Blut geworden, denn am 28. Juni haben sich die Vertreter der Großmächte am grünen Tisch in London versam melt, um zunächst über die egyptischen Finanzverhältnisse und deren Regulirung eine Entscheidung zu treffen. Man prophezeiht der Konferenz ein resultatloses Aus einandergehen, und nach dem Schicksale zu urtheilen, welches bisher fast allen derartigen diplomatischen Be- rathungen zu Theil geworden ist, kann man dieser Voraussetzung eine gewisse Berechtigung nicht versagen. Im Interesse einer endgiltigen Regelung der egyptischen Frage im Allgemeinen und der finanziellen Angelegen heiten des Pharaonenlandes im Speziellen kann man allerdings nur wünschen, daß die Berathung, zu der die Botschafter an der Themse zusammengetreten sind, positive Resultate zeitigen möge; andernfalls müßte eine Lösung der so mannigfach verwickelten egyptischen Frage, in welcher so verschiedene Interessen spielen, früher oder später sich auf gewaltsamem Wege voll ziehen. — Wie schon erwähnt, wird sich die Konferenz zunächst mit den Finanzverhältnissen Egyptens be-. schäftigen. Da ist nun vor Allein ein bedenklicher, strittiger Punkt auszugleichen, nämlich die von Eng land vorgeschlagene Zinsherabsetzung-verschiedener Posten der egyptischen Staatsschuld. Allem Anscheine nach sind die übrigen, an der Konferenz theilnehmenden Mächte nicht geneigt, in die Zinsherabsetzung einzu willigen, und da letztere die Vorbedingung einer von England für eine neue egyptische Anleihe zu über nehmende Garantie bildet, so würde diese Anleihe, und somit die Wiederherstellung der egyptischen Staats verwaltung zunächst durch die Konferenz vereitelt; dann erhält aber jede Macht, welche in Egypten Gläubiger rechte wahrzunehmen hat, die Befugniß, dort selbst nach dem Rechten zu sehen, falls nicht ein anderer gemeinsamer Weg, als der von England vorgeschlagene, gefunden wird. Frankreich könnte, falls die Konferenz resultatlos bleibt, sofort ein Truppenkorps nach Egypten senden, ebenso könnten dies andere Mächte. Der Krieg wäre darum noch lange nicht in Sicht. Es ist indeß möglich, daß eine gemeinsame Intervention zur Her stellung der Ordnung in Egypten des Resultat der Konferenz werden kann. - Es wäre nicht nöthig, daß an der Intervention gerade alle Großmächte theil- nehmen müßten. — Es ergiebt sich schon aus dem weingen so eben Angedeuteten, welche Schwierigkeiten die Konferenz gleich in den ersten Wochen ihrer Exi stenz zu überwinden haben wird; dieselben würden aber noch größer sein, wenn sie auch noch an die Re gelung der politischen Angelegenheiten Egyptens heran treten müßte. Der englische Premier hat nun freilich in seiner Einladung betont, daß sich die Versammlung der in London beglaubigten Botschafter nur mit der finanziellen Frage beschäftigen solle, aber ob nicht die eine oder andere Großmacht die politischen Angelegen heiten ebenfalls zur Sprache bringen wird, kann noch nicht unbedingt zurückgewiesen werden. Schließlich hängt ja die finanzielle Neuordnung Egyptens mit seiner politischen Regeneration doch zusammen und ist daher füglich anzunehmen, daß die Konferenz trotz des Sträubens Englands auch letzterer Angelegenheit näher treten'wird. lieber die Dauer der englischen Okkupation muß sich sogar die Konferenz aussprechen, da die Ver längerung derselben über das Jahr 1887 hinaus von der Zustimmung der Mächte abhängig gemacht werden soll. Weiter werden dann voraussichtlich die franzö sischen Bevollmächtigten die von England im Prinzips bereits zugestandene Neutralisirung Egyptens und des Suezkanals auf's Tapet bringen; diese Frage ist aber recht heikler Natur und vorsichtiger Weise hat darum auch Mr. Gladstone ausdrücklich erklärt, daß dieselbe erst gegen Ende d«r Okkupation auf die Tagesordnung gesetzt werden soll. 7 Eine Angelegenheit von höchster Wichtigkeit, mit welcher sich zu befassen die Konferenz gerade jetzt den besten Anlaß hat, ist die Schiffskontrole im Suezkanal in sanitärer Beziehung. Es ist bekannt, in welch' laxer Weise die betreffenden Behörden in Suez und Port-Said diese Kontrole üben; der Fall der „Sarthe", durch welches Schiff die Cholera aus Tonkin nach Toulon verschleppt wurde, zeigt dies in glänzender Weise, und die im Süden Frankreichs nun grassirende Epidemie macht es der Konferenz geradezu zur Pflicht, dem Sanitätswesen ani Suezkanal prüfend näher zu treten. — Im Uebrigen können natürlich die eventuellen Beschlüsse der Konferenz, was die Vor gänge im Süden Egyptens anbelangt, nicht im Min desten etwas an dem Laufe der Dinge ändern. Und hier, an der Grenze Ober-Egyptens, wo sich demnächst die Heeresmassen des Mahdi mit der anglo-egnptischen Armee zu messen haben werden, liegt die eigentliche Entscheidung über das Schicksal Egyptens, nicht aber auf dem grünen Konferenztische in London. «Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 7. Juli. In der am vorigen Freitage stattgefundenen Versammlung des Gewerbe vereins, an welcher auch mehrere Damen und an dere Gäste theilnahmen, hrelt Herr Lehrer Böhme aus Dresden einen, mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag über das Wollregime oder die durch vr. Jäger-Stuttgart angeregte Reform des Bekleidungs wesens. Nur Erfahrungen wolle er, Redner, mit theilen, und er thue das, von dem Wunsche beseelt, die durch das Wollregime empfangene Wohlthat auch weiteren Kreisen zugänglich zu machen. Den Bestre bungen vr. Jägers und seiner Gesinnungsgenoffen seien oft unlautere Motive untergeschoben worden, auch gebe es so viel sonderbare und thörichte Ansichten über das Wollregime, daß er dazu beitragen möchte, in dieser Hinsicht aufklärend zu wirken. Herr Böhme behandelt nun zunächst in freiem Vortrage als allge meine Grundlage die Eigenschaften der Wolle als eines schlechten Wärmeleiters, der die Körperwärme besser zusammenhalte und das Eindringen der äußern Luft (kalter und heißer) hindere. Die Wolle halte also im Winter warm, im Sommer kühl. Ferner zeichne sich die Wolle aus durch ihre Nichtempfänglichkeit für Nässe und Feuchtigkeit. Die chemischen Eigen schaften der Wolle seien nur erst durch vr. Jäger bekannt geworden. Sie verhalte sich gegen die schlechten Ausdünstungen des Körpers negativ, feindlich, und stoße sie ab, gegen die guten aber positiv, freundlich, sie nehme sie auf, und die Wäsche und Oberkleidung aus reinen porösen Wollstoffen werde durch den Ge brauch nicht übel- sondern wohlriechend. Herr Böhme, der sich in völliger Normalkleidung vorstellte, forderte hierauf mehrfach auf, sich davon an seiner Kleidung zu überzeugen. Der Vortragende ging nun zur Be schreibung der einzelnen Bekleidungsgegenstände, näm lich des Hemdes, der Beinkleider, Strümpfe (mit Zehen), des Kragens, der Manschetten, der Handschuhe, des Taschentuchs, der Kravatte, der Schuhe, des Rockes und Hutes über, die nach vr. Jäger sämmtlich aus dem reinsten Wollstoffe angefertigt sein müßten. — Nach einer Erholungspause ging Herr Böhme auf die Frauenkleidung über, die jetzt schon im Ganzen viel vernünftiger sei, als die der Männer, die aber eben auch von Wolle hergestellt werden müßte. Nachdem nun noch die Lagerstätte ä la Jäger, nebst Schlafkutte und Schlafsack vorgezeigt und beschrieben worden waren, verbreitete sich Herr Böhme über die günstigen Einwirkungen der Wolle auf die Gesundheit und be wies an seiner eigenen Erfahrung, daß durch die Nor malkleidung ein rascherer Blutumlaus und eine be deutende Abnahme des Wasser- und Fettgehaltes im Körper, dafür aber eine bedeutende Kräftigung der Muskeln eintrete. Schließlich wurde noch über die Reinigung der Bekleidung gesprochen und der Kosten punkt erörtert. Beim Ankauf freilich seien die Jäger- schen Bekleidungsstücke theurer, aber durch größere Haltbarkeit, durch Wegfall vieles Benöthigten (Ueber- zieher, Westen, Regenschirme rc.) und besonders durch den außerordentlichen Gewinn an Kraft und Gesund heit stellten sie sich schließlich als bedeutend billiger heraus. Man habe berechnet, daß ein Normalge kleideter innerhalb 3 Jahren 180 M. spare. — Die zur Ansicht vorliegenden Gegenstände waren von Herrn Schneider Walter beschafft, und gewann man durch dieselben eiu vollständiges Bild von der in der That schon in bedeutendem Fortschritte begriffenen Reform. Der nahezu 2 Stunden währende Vortrag erhielt die Aufmerksamkeit der zahlreichen Versammlung bis zum Schluß rege, und wurde Herr Böhme durch allseitigen Applaus für seine Mittheilungen reichlich belohnt. — Ehefrauen, welche ihre Kapitalien in die Ehe einbringen, können sich, so weit diese Kapitalien in 3 prozentiger Sächsischer Rente bestehen oder angelegt werden, durch Eintrag in das Staatsschuldbuch die Vortheile wieder zu eigen machen, deren sie durch die neuere Gesetzgebung in Bezug auf die früheren Vor zugsrechte wegen ihrer Einbringensforderungen in der Hauptsache verlustig gegangen sind. Eltern, welche ihre sich verheirathenden Töchter mit Kapitalausstattung versehen, werden daher unter Umständen gut thun, wenn sie dieselben in Gestalt von 3prozentiger Rente gewähren, welche auf den Namen ihrer Töchter im Staatsschuldbuch eingetragen ist. Das Gesetz, welches die auf die Einträge in's Staatsschuldbuch bezüglichen Bestimmungen enthält, ist bereits publizirt, aber der Zeitpunkt seines Inkrafttretens ist noch nicht bestimmt. Wahrscheinlich wird es der I. Oktober d. I. sein. — Als am 6. Juli Nachmittags zu dem 3.40 von Kipsdorf abgehenden Zuge in dieser Station rangirt wurde, entgleiste, da vergessen worden war, den Schienenvorstecker zu entfernen, eine Lokomotive und passirte der 4.41 hier fällige Zug erst gegen 7 Uhr unsere Stadt. — Verletzungen von Personen sind nicht vorgekommen. — Die am Sonntag Nachmittag in hiesiger Gegend aufgetretenen Gewitter haben doch an einigen Stellen Schaden angerichtet; namentlich hat es weiter hinauf im Gebirge, in der Gegend von Ammelsdorf und Zaunhaus, auch Schloßen in der Größe von Hasel nüssen gegeben. — Beide Weißeritzen schwollen nach dem Regen wieder bedeutend an. — Für nächste Neichstagswahl wird in unserem Wahlkreise wiederum der bisherige Vertreter, Hr. geh. Hofrath Ackermann in Dresden, als Kandidat auf gestellt. Mit Ausnahme eines sozialdemokratischen Kandidaten dürfte wohl kaum ein Dritter in unserem Wahlkreise in Frage kommen. — In Saida bei Kreischa ist am Sonntag Vor mittag 8 Uhr in einer im 2. Stock gelegenen Kammer des Hausbesitzers Carl August Müller ein Gebund Stroh verbrannt und ist der Brand, ohne weiteren Schaden zu verursachen, durch die Gemeindespritze recht zeitig gelöscht worden. Frau Müller soll vor Ent stehung des Feuers in der betr. Kammer mit Vor richten der Betten beschäftigt und soll hierbei der vier jährige Hohn mit anwesend gewesen sein. Muthmaß- lic.') ist der Brand durch letzteren veranlaßt worden und böswillige Brandstiftung ausgeschloffen. — Am Sonnabend früh gegen 3 Uhr ist in Ruppendorf das Hausgrundstück Ferdinand Wein holds total durch Feuer vernichtet worden. Dem Ver- muthen nach liegt Brandstiftung vor. Arauenstein, 4. Juli. Im vorigen Monate wurden in hiesiger Sparkasse in 204 Posten 21,488 M. 51 Pf. ein-, und 20,925 M. 80 Pf. in 137 Posten zurückgezahlt. Die Gesammteinnahme betrug in 307 Posten 26,966 M. 15 Pfg. Die Gesammtausgabe in 160 Posten 27,869 M. 62 Pf.