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Amts Blatt des Königl. Amtsgerichts und des Stadtrathes Vorm. 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- puSzeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. Äbonnements - Preis Viertel; chri. 1 Ä. 2S'Ps. Auf Wunsch unentgeltliche Zu- , senoung. Als Beiblätter: l . Jllustrirtes Sonntagsblatt (wöchentlich); 2 ^andwirthschaftliche Beilage (monatlich). Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. KefcHästsstelren: Buchdruckereien von A. Pabst' Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-Bureaus vonHaasen- stein L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Mosse und. G. L. Daube L Comp Z" Wutsnitz B ch W Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Rmgegend. Zns-rate H sind bis Dienstag und Freitag und °-b-" Reunuudvi-rffgster Jahrgang. SounabcuS. 3». Januar I8S7. Montag, den 1. Februar 1897: Biehmarkt in Königsbrück. Der Zug nach der GroWadt. Ueber die Gefahren des „Zuges nach der Stadt" äußerte sich neulich in einem Borlrage der Strasanstalts- Director Roßmy. In das ihm anvertraute Männer-Ge- fängniß zu Hoheneck in Sachsen wurden vom Juni 1887 bis Juni 1896 6508 Verurtheilte eingeliefert, unter denen nicht weniger als 926 Knechte waren. Das Leben aus dem Lande war ihnen zu eintönig geworden. Verwandte, Freunde, Bekannte hatten ihnen von dem Leben in der Großstadt so verlockende Schilderungen entworfen, baß sie dem Landleben den Rücken kehrten. Die hohen Zahlen in dem Hohenecker Anstalts-Verzeichniß bekunden deutlich, was aus ihnen zum großen Theil in der verpesteten Großstadt luft geworden ist. Der Director Roßmy stellte aus den Fragen, die er an die seiner Obhut anvertrauten Sträf linge über ihren Libensgang richtete, fest, daß fast in allen Fällen die „Freude am Genüsse" die ehemaligen Landbe wohner hatte straucheln lassen. All ihr Denken und Handeln war nur darauf gerichtet, die Mittel zu einem ausgiebigen Sinnengenuß zu erhalten. Anfangs versuchten sie es aus ehrliche Weise durch redliche Arbeit. Aber der Genuß stumpft die Sinne ab und mindert die Lust zu anstrengen der und ausdauernder Thätigkeit. Es war immer das aile Lied. Der redliche Arbeitsverdienst reichte nicht mehr aus, um allen Liebhabereien des Gaumens und Versuchungen des Sinnenreizes zu genügen. Man warf sich daher auf die leichte Seile, lehnle sich auf gegen Ordnung und Ge- fetz, borgte, so lange der Credit ausrelchle, und stahl oder betrog, wenn die Gelegenheit dazu sich bot. Tas Ende vom Liede war Arbeitshaus oder Zuchlhaus. Herr Roßmy theilte aus seinen Erfahrungen folgende interessante Einzel heiten mit: „Wir pflegen die Eingelieferten eingehend zu prüfen, nicht bloß aus ihren äußeren Lebensgang, sondern auch aus geistige Befähigung, auf Gemülhs- und sittlichen Zu- stand, forme auf Schulbildung. Beim Eingehen auf die Religion liegt die Frage nach Kenniniß der zehn Gebote nahe. Die Mehrzahl der Züchtlinge macht meistens ein sehr verdutztes Gesicht ob dieser Zumulhung; doch die meisten finden sich verhältnißmäßig noch gul ab. Auffällig ist nur, daß von 100 Gefangenen 80 mrsugen, wenn es sich UM Aufjagen des drillen Geboies handelt, während ihnen die übrigen Gebote ziemlich geblieben sind. Von dem Gebot „Du sollst den Feiertag heiligen" haben sie lein Verständnlß inehr. Vielen ist eben die Gewohnheit, den Sonnlag in Saus und Braus, — mil Schlemmen und Prassen zu verleben, so in Fleisch und Blut übelgegangen, daß sie sich gar nichl mehr der Enlheiligung desselben durch den maßlosen Genuß bewußt sind. Aus der Glelchgilligkeil gegen das drille Gebol folgt seine Mißachtung. Somit ist eS auch natürlich, daß Tausenoe nicht mehr das Be- dürsniß fühlen, nach der Last der Wochenarbell einmal in das Gotteshaus zu gehen. Aus der Verachtung der FelertagS- heiligung bildet sich aber auch schnell die Verachtung der übrigen Gebote heraus, die ihren Ausdruck finden in allerlei Gesetzüberlretungen, Vergehen und Verbrechen, unter denen bezeichnender Weise die FleijcheSsünden, die gegen Leben, Gesundheit und Ehre der Mitmenschen, sowie die gegen die Staatsgewalt gerichteteten Straslhalen eine so hervor ragende Stelle einnehmcn. Doch nicht nur in sittlicher, sondern auch in körperlicher Beziehung ist der Schaden leichl nachzuweisen, den viele Derjenigen erleiden, die dem allge meinen Zuge nach der Sladl solglen. Bel den meisten Sträflingen halte die Albens- und Lebenskraft im Rausche gröbster Sinnenlust schwer gelitten. Genug, die Nachiheile des Wegzuges vom Lande sind außerordentlich, und jeder Lanomunn sollte es sich tausend Mal überlegen, ehe er den Flieden des Landlebens auf nichtige Hoffnungen hin PreiSgiebl." Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Beiträge für dielen Theil werden gegen Vergütung dankend angenommen. Pulsnitz. Die Frage über die Einführung der elektrifchen Beleuchtung hat am hiesigen Orte so lebhaftes Interesse wachgerusen, daß es sich wohl lohnt,peinige An haltspunkte zu geben, um dem Publikum in der Wahl der Beleuchtung, sowie in der Vertheilung und Bemessung der Lampen zur Hand zu gehen. Die Bogenlampen eignen sich infolge der bedeutenden Leuchtkraft, welche sie entwickeln, hauptsächlich für die Beleuchtung großer Räume und Flächen, wie Straßen, Höse, Lagerplätze, hohe Arbeits säle rc. Eine Bogenlampe zu 200 Normalkerzen braucht 180 Watt, zu 350 Normalkerzen 240 Walt, zu 600 Normalkerzen 330 Watt, zu 900 Normalkerzen 500 Watt, zu 1200 Normalkerzen 660 Watt. Bei einem voraus sichtlichen Strompreise von 6 Pfg. per 100 Wattstunden würden sich die Kosten für eine 200kerzige Bogenlampe auf ca 10 Pfg- 350 „ „ „ 15 600 „ „ „ 20 900 „ „ „ 35 1200 „ 46 pro Bogenlampe und Brennstnnde stellen. Hierbei ist zu bemerken, daß Bogenlampen am zweckmäßigsten paarweise, eventuell in getrennten Räumen zu verwenden sind, indem eine ungerade Zahl von Bogenlampen denselben Strom verbrauch wie die um Eins höhere gerade Zahl hat. Die Glühlampen werden für eine wesentlich geringere Leuchtkraft angefertigt; sie eignen sich daher besonders zur Beleuchtung von Läden, Restaurants, Bureaus, Wohn räumen rc. Die gebräuchlichsten Lichtstärken sind 8, 10, 16, 25, 32 Normalkerzen. Die 8- und 10-kerzige Glüh lampe entspricht einer kleinen Petroleumlampe; sie wird meist zur Beleuchtung untergeordneter Räume benutzt, als Corridore, Kammern, Boden- und Kellerräume. Die 16-kerzige Glühlampe ist diejenige, welche sich am meisten eingebürgert hat. In ihrer Leuchtkraft entspricht sie einer gulen Petroleumlampe. Der Stromverbrauch einer 16-ker- zlgen Glühlampe stellt sich auf ca 55 Watt; nach dem oben angenommenen Strompreise berechnen sich dann die Kosten pro Glühlampe und Brennstunde auf ca 3,, Pfg. Es sttllt sich somit elektrisches Glühlicht ungefähr 2>/z bis 3 n.al höher im Preise als Pelroleumlichk. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß beim elektrischen Licht, welches auch eine Feuersgefahr fast ausschließt, wieder wesentlich gespart wird, indem dasselbe im Augenblick ein- und aus geschaltet werden kann. Brennt z. B. in einem Laden gewöhnlich nur eine Lampe, so können beim E'ntreten der Käufer augenblicklich 2, 3 und mehr Lampen zum Brennen und dieselben beim Verlassen des Ladens wieder sofort zum Verlöschen gebracht werden. Außerdem bedarf das elektrische Licht keiner besonderen Bedienung; während bei Petroleum-Beleuchlung die täglich sich noihwendig machende Reinigung und Füllung der Lampen verhältnißmäßig viel Zeit und Arbeit in Anspruch nehmen. Es ist auch nicht außer Berücksichtigung zu lassen, daß Elektricität das schönste und gesündeste Licht erzeugt, während mit der Verbrennung von Leuchtgas, Erdöl u. f. w. unabwendbar Verbrennungsgase verbunden sind, welche die Lust ver schlechtern, ihren Wärmegehalt erhöhen und den menschlichen Organismus schädlich beeinflussen. Bei Abnahme von großen Strommengen zu Beleuchtungszwecken wird ein entsprechender Rabatt gewährt werden. Die Glühlampen können fest und transportabel angebracht werden und ist dazu jeder vorhandene Beleuchtungskörper verwendbar. Die Elektromotoren kön nen fast in jedem Raume aufgestellt werden. Der Platz, wel chen sie beanspruchen, ist geg nüber anderen Betriebskräften verschwindend gering. Beispielsweise braucht ein einpferdiger Motor eine Flüche von 440 mm Länge und 500 mm Breite, ein solcher von 5 Pferdestärken eine Fläche von 600 mm Länge und 800 mm Breite. Im Durchschnitt kann man pro Pserdekraft einen Stromverbrauch von rund 1000 Walt annehmen. Legt man nun für Krastzwecke einen Strompreis von 2 Pfg. pro 100 Wattstunden zu Grunde, so kostet eine Pferdekraft pro Stunde 20 Pfg. Besonderer Erwähnung bedarf noch die vorzügliche Selbst- regulirung des Elektromotors, welche darin besteht, daß der Motor nur gerade so viel Strom ausnimmt, als er zu seiner Krastlieserung braucht. Wenn daher der Motor nur zur Hälfte belastet ist, so wird er auch nur ungefähr den halben Strom verbrauchen. Daß diese Molore ganz besonder- dazu beitragen, das Handwerk gegen die Groß ¬ industrie wieder konkurrenzfähig zu machen, ist zweifellos. Die Berechnung des Stromverbrauches geschieht durch Elektricitätsmesser, welche von der Verwaltung des Elek- tricitätswerkes zur Verfügung gestellt werden oder von derselben käuflich erworben werden können. Für die Ueber- lassung der Elektricitätsmesser wird vom Elektricitäiswerke eine Miethe erhoben, welche sich nach der Größe der Anlage richtet. Ein Elektricitätsmesser für 10 Glühlampen kann pr. Monat Mk. 1 losten, für 25 Lampen Mk. 1,25. „ 50 „ „ 1,75. „ 150 „ „ 2,50. Was die Einrichtungskosten anbelangt, so richten sich diese je nach der Größe und Eleganz der Räume und nach der gewünschten Bequemlichkeit. Man kann pro Glühlampe 10 bis 15 Mark annehm-n ohne Beleuchtungskörper, pro Bogenlampe Mk. 100 las Mk. 120. Vorhandene Beleuch tungskörper können leicht für elektrisches Licht eingerichtet werden. Die Kosten für die Anschlußleitung vom städti schen Leitunasnetz bis in daS Grundstück des Abnehmers pflegt das Elekiriciiätswerk zu tragen, wenn die Anmeldung rechtzeitig ersolgt, sodaß der Anschluß mit der Einrichtung des Werkes gleichzeitig erfolgen kann. Später müßte eventuell der Abnehmer die Kosten dafür tragen. In den nächsten Tagen werden nochmals unter den Hausbesitzern und Geschäftsinhabern Fragebogen, aus welchen auch die Bedingungen der Abgabe des Lichtes ersichtlich sein wer den, zur Vertheilung gelangen. Da diese Zeichnung als Unterlage sür die endgiltigen Entschließungen über die Herstellung einer Elektricitäis - Anlage in hiesiger Stadt dienen soll, so wird den Interessenten empfohlen, die Bogen gewissenhaft, die Ausführung des Unternehmens thunlichst fördernd auszufüllen. PulSnitz. Der Geburtstag Sr. Mas. des Kaisers am Mittwoch, den 27. Januar ward auch in unserer Stadt festlich begangen. Früh fand Reveille statt und am Abend versammelten sich die Mitglieder des hiesigen Kgl. Sächs. Militär-Vereins nebst ihren Frauen im Saale des Schieß hauses, um den allerhöchsten Geburtstag durch Concert, Theater und Ball zu feiern. Geladen und zum großen Theil erschienen waren serner die Spitzen der kaiserlichen und königlichen Behörden, sowie die Vertreter der Stadt. Die Festlichkeit verlief 'n gehobenster Stimmung, wozu namentlich zwei von Mitgliedern gespielte Theaterstücke viel mit beitrugen: 1. Der Pfarrer von Leuthen, ein hi storisches Festspiel aus der Zeit Friedrichs II , 2. Des Kaisers Geburtstag, ein Festspiel aus der Gegenwart. Die Spieler ernteten sür ihre wirklich zum Theil außerordent lichen Leistungen in der Darstellung der ihnen übertragenen Rollen reichen Beifall der Zuhörer. Der Schluß des zweiten Stückes endete mit einem dreifachen Hoch auf Se. Maj. Kaiser Wilhelms II., in welches die gejammte Zuhörerschaft begeistert einstimmte. Alsdann fand der gemeinschaftliche Gesang der Hymne -. Heil Dir im Siegerkranz u. s. w. statt. Der nachfolgende Ball hielt die Festtheilnehmer bis zu den Morgenstunden in recht fröhlicher Stimmung zusammen. Pulsnitz. Wenn heute die agrarische Bewegung in immer weitere Kreise dringt, wenn ihre Berechtigung und besonders die traurige Lage unseres Bauernstandes immer allgemeiner anerkannt wird, so liegt das in erster Linie daran, daß die Wahrheit sich immer, trotz aller Versuche sie zu unterdrücken, Bahn bricht. Wenn aber heute schon unsere Gegner mit der agrarischen Bewegung rechnen müssen, so zeigt daS, daß dieselbe zu einer großen Macht angewachsen ist und daß die Herren, welche an der Spitze stehen, den richtigen Ton gefunden und die richtige Schneide haben. Als Spitze muß man in erster Linie den Vorstand des Bundes der Landwirthe betrachten und der Bund konnte thatsächlich keine geeigneteren Personen finden, wie Herrn Hauptmann v. Plötz und den leider erkrankten Or. Suder- land. Ihnen treu zur Seite stand aber die agrarische Presse und es ist ein besonders großer Verdienst des Leiters der „Deutschen Tageszeitung" Ör. Oertel, wenn erstens dieses agrarische Blatt in der kurzen Zeit seines Bestehens zu einem der leitenden Blätter in Deutschland geworden und wenn mehr und mehr Aufklärung über die wahren