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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.08.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-08-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192308129
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230812
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230812
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-08
- Tag 1923-08-12
-
Monat
1923-08
-
Jahr
1923
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117. Iskrg Ur. 190 Dur« di« Post in Deutschland monauuv d ^EAEEgLNPkkiS. A5,p.24wLl br.ws>«;eUe M.7000, vezugs^rets. M. 200000; Ausland M. 450000 etnschl. M, M M auSW.Jnstreni^M.12000. Sonderpreise: Famtltenanz.v.Priv. Porto. Erscheint täglich morgens, autzer Montags. Höhere Gewali W^W II I I M M^ M M MM MM MM mw Zek>eM^SOO.Seleg«ndettSan;.iprtv.Naiur)u Stellcnangev.mm Ichlietzt Erfüllung aus. Schrtilleit.. GeichSIlSst.. Druckerei Leipzig. M M N R M R. M- Zeile M^OOO. Siellenges wm-Aetle M.2500. am,l.Bckannim.Doppel ZodanntSgasse 8 ttzcrnsprecher Ortsgespräche Sammel«Nr.: 708811, 4t wm-Al^M.isogy.s.auSw M.24000.Rekl 72auobr.mm-Zl.M.44OOOs ausw. Ferngespräche 170Ä-17092); ebenda u. in allen Filialen Anzeigen-u. MEIOO.AuSlandranz.m.valutaausschl. Bet Wiederh.Nachlast Platz- Abonnement-Annahme; auchnimml jedes Postamt Bestellungen an. u.Datenvorsch.unverbtndl.vrfUll.-OrtLeip,ig. Postscheckk.Letpz 3001 Da» «eip,ig«r Daseblatt eattiUt die amtNchea B-ranntmach»»»»«« de» PoU,eipr»ttdi««S wnrslnummsr 20000 liHaek som-l-g, a-» 12 August IS2Z Ssrn-^uszsd« Vie neuen Steuergesetze I». Leipzig, 11. August. Mit einer Schnelligkeit, die man sonst nicht gewohnt ist, hat der Reichstag die neuen Steuergesetze verabschiedet. Aber es gibt jetzt nicht mehr viel zu überlegen und was geschieht, muß schnell geschehen, wenn die Wogen nicht über uns zusammenschlagen sollen. Allzulange hat man gezögert und auf den rettenden Engel aus dem Himmel, Amerika oder England, ge wartet. Nun gibt's kein Besinnung mehr, son dern nur ein schnelles Ja- und Amensagen zu allen Maßnahmen, die das Land zu beruhigen und den weiteren Verfall der Währung aufzu- halten vermögen. Erst wenn dieses Ziel erreicht ist, darf man sich wieder auf sich selbst besinnen, darf man nachdenken und dies und jenes, was noch einer besseren Anpassung an die Zeitverhält nisse bedarf, entsprechend korrigieren. Me neuen Steuergesetze scheinen, nach dem Stande von heute gesehen, einen Eingriff in die Substanz darzustellen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, wird sich allerdings erst dann übersehen lassen, wenn die wichtigsten der neuen Steuern, (Einkommensteuer, Körperschaftssteuer und Rhein- und Ruhropfcr) fällig werden. Und bis zum 25. August, an welchem Tage die ersten Zah lungen zu leisten sind, kann sich manches geändert haben. Me gegenwärtige katastrophale Zah lungsmittelknappheit kann verschwun- den sein. Die Wirtschaft hat ja im Laufe der Zeit gelernt, sich von heute auf morgen einer rasenden Geldentwertung anzugleichen. Sie wird selbstverständlich versuchen, die geuen Steuern abzuwälzen und das gegenwärtige Chaos au dem Markte der Zahlungsmittel scheint die beste Vor aussetzung zu sein, daß dies nicht ganz erolglos bleibt. Die Lage ist heute doch so, daß niemand mehr einen Begri von dem Werte der Mark hat. Und eben die Mark soll ja der Wertmaßstab für andere Sachen und Vermögenswerte sein. Die Löhne gleiten von heute auf morgen. Was heute festgesetzt wird, ist morgen derart von den Preisen überholt, daß eine ungeheure Unruhe das ganze Land erfaßt hat. Notgeld erscheint in For men, wie sie die Notwendigeit, schnell handeln zu müssen, gebiert. Die Banken geben Verrech nungsschecks aus; eine Gesellschaft eine Gesell- schäft holt ihre Notgeldscheine aus früherer Zeit hervor und überstempelt sie auf einen höheren Betrag, eine dritte Gesellschaft erklärt, daß jeder ihrer roten, durchlochten Devisencoupons eine Million gelte — und die Druckereien im ganzen Reiche sind damit beschäftigt (wenn nicht gerade einmal gestreikt wird, so daß auch die Reichs- bank ihre Kassen schließen muß), Papier zu Geld zu machen. Welchen Wert soll solches Geld haben? Man nimmt es widerwillig noch in Zahlung aus Gewohnheit und der Not ge- horchend. Man weiß, daß man mit den paar Millionen, die man heute beommt, bestimmt nicht bis zur nächsten Lohnzahlung auskommt. Eine ungeheure Erregung und Verbitterung hat allenthalben Platz gegriffen und das einzige Lob, das in diesem höchst unlöblichen Zustand gespen- det werden kann, gebiert dem deutschen Volke, das selbst in diesen schwersten Tagen seine Ruhe und Besonnenheit nicht verloren ha.t Die offensichtlich vorhandene innere Erregung der Volksmassen hat freilich schon genügt, die rasche Verabschiedung der Steuergesetze herbei zuführen, die vor Monaten hätten beschlossen werden sollen und uns damit die heutigen Zu-^ stände jedenfalls erspart hätten. Dieser Er-" regung auch wird das Parlament bei der Prü fung der Frage nach der Fortdauer des Kabi netts, das für diese Zustände verantwortlich zeichnet, Rechnung tragen müssen. Es onnnt ja noch hinzu, daß das Sterzinsgesetz dem Neichsfinanzminister eine große Verantwortung gegenüber der öffentlichen Meinung auferlegt, die eine zumindesten unbelastetete Persönlichkeit für dieses Ressort erheischt. Das Steuerzins gesetz ist in letzter Stunde abgeändert worden, um eine Valorisierung der Steuern zu er- reichen. Die festen Zinssätze der ursprünglichen Fassung sind wcggefallen und deren Festsetzung in die Hand des Finanzministers gelegt worden. Es wird notwendig sein, daß die Festsetzung unter strenger Kontrolle der Öffentlichkeit er folgt; denn eben auf der Valorisierung wenig stens der Steuerrückstände liegt der Haupttoi: der vom Reichstage jetzt beschlossenen Gesetz». Wie weit eine Steuerüberwälzung von Er folg begleitet sein wird, wird wesentlich auch da von abhängen, wie weit die Reichsbank In ternierungsmaßnahmen des Reiches unterstützt. Man bedenke, daß der Reichsbankdiskont gegen wärtig noch immer 30 Prozent beträgt, während man auf dem freien Weltmarkt für Papiergeld heuk täglich 2 vis 2 N Prozent, das sind 720 bi» 1000 Prozent jährlich zahlen muß! Me Reichs- bank muß auf den Geldmarkt einwirken, muß dem Geldmärkte die Verfassung geben, daß di« Steuern tatsächlich auch von denen getragen wer den. die sie nach Absicht des Gesetzgebers tragen sollen. Man hat von der Reichsbank noch nicht gehört, daß sie irgendwelche Maßnahmen er greifen wolle. Fast wichtiger noch als ein Kabi- . nettswechsel ist dementsprechend heute ein Die Große Koalition gesichert Der Rücktritt des Ministeriums Cuno wahrscheinlich Berlin, 11. August. (Eig. Tel.) DteSihung der Sozialdemokratischen Frak tion endete damit, daß beschlossen wurde, in die große Koalition einzutreten. Es kann kaum zweifelhaft sein, daß der er freuliche Beschluß der Sozialdemokratie das EndedesMinisteriumsCuno bedeutet. Die teils in der politischen und sozialen Rich tung, teils in persönlichen Unzulänglichkeiten ihrer Mitglieder begründete Unfähigkeit dieser Regierung, dem deutschen Volke unter den un geheuer ernsten Umständen dieser Zeit die rechte Führung angedeihen zu lassen, war längst aller Söelt klär. Lediglich die aus parteipolitischen Er wägungen hervorgehende Schwierigkeit der Nachfolge verhinderten bis jetzt die Liquidie rung einer für das Wohl des Staates nachgerade unerträglich gewordenen Situation Im besonde ren wa. en es dir Sozialdemokraten, die de n Kakinett Cuno das Loben verlängerten, in dem sic ihre von >l!en auf dem Bode i der Ver- sa"ung stehenden Parteien für nolwci.dig er achtete Teilnahme an e.r.er neuen Regierung ablehnten. Darin ist nun mit dem Beschluß der sozialdemokratischen Fraktion eine entscheidende Aenderung eingetreten und es steht somit einem Regierungswechsel, der so rasch und glatt als möglich vollzogen werden sollae, kein Hindernis n;ehr im Wege. * . Trotz der krampfhaften Bemühungen der Kom- munistcn, die gesamte Arbeiterschaft Berlins zum dreitägigen Generalstreik zu drängen, ist man in ge werkschaftlichen Kreisen nach wie vor sehr zuversicht- lich. Rach der Aeüßerung eines der bekanntesten Führer der Gewerkschaftsbewegung, der zugleich sozialdemokratischer Abgeordneter ist, zu unserem Berliner k.-Derichterstatter, kann die politische und wirtschaftliche Entspannung schon in den allernächsten Stunden erwartet werden. Heute mittag ist die sozialdemokratische Reichstags fraktion zu einer Sitzung zusammengetreten, in der die Entscheidung über die Stellungnahme der Bartei zum Kabinett Cuno fallen wird. lieber den Aus- gang dieser Sitzung herrsche kaum noch ein Zweifel, da die gesamte Sozialdemokratie ein weiteres Verbleiben des Kabinetts Cuno im Amte für unmöglich halte. Der Reichskanzler warte nur den Entschluß der Sozial demokratie ab, um, falls dieser Entschluß für ihn ungünstig aussallen sollte, sofort seinen Rück- tritt dem Reichspräsidenten zu erklären. Würde dies zutreffen,-so wird cs zu einer Ab stimmung im Reichstag über den Mißtrancnsantrag der Kommunisten am Montag aller Voraussicht nach gar nicht kommen. Mit der Demission des Kabinetts Cuno aber wäre die erste und wichtigste politische Forderung der Arbeiterschaft erfüllt. Da mittler- weile auch die Notenpresse ihre Tätigkeit wieder voll ausgenommen hat und die Stockung der Ausgabe von Zahlungsmitteln am Montag behoben sein dürfte, da ferner auch schon am Montag eine wesentliche Besse rung ans dem Lebensmittelmarkt der Großstädte zu erwarten ist, so dürfte sich die tiefgehende Erregung in der Arbeiterschaft ziemlich rasch legen. Den be sonnenen Elementen wird dann die Möglichkeit ge- geben sein, das deutsche Wirtschaftsleben wieder in seinen geregelten Gang zu bringen. vrettagiger kommunistischer General streik in Berlin Berlin, 11. August. (Eig. Te l.) Der 15er Aus schuß der Berliner Betriebsräte, der rein kommuiu- stisch ist und von den Gewerkschaften und der frei gewerkschaftlichen Betriebsrätezcntralc als illegal angesehen wird, hat heute mittag eine Vollversamm- lung abgehalten, um die sofortige Proklamie rung des Generalstreiks in Groß-Berlin und den sofortigen Eintritt in den Streik zu beschlie ßen,^ der sich bis zum Dienstag ausdehncn soll. Die Wirkung dieses Beschlusses wird sich erst nach mehreren Stunden, vielleicht auch erst am Montag, voll übersehen lassen. , Unzweifelhaft werden die Kommunisten diesem Beschluß folgen und in den Streik eintreten. Die sozialistischen Gewerkschaften haben sich bereits heute morgen gegen den, von den Kommunisten schon seit Tagen propagierten Generalstreik ausgesprochen. Die sozialdemokratisch organisierte Arbeiterschaft wird also dieser von den Kommunisten ausgegcbenen General- streikparol« keine Folge leisten. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß die Arbeiterschaft durch die Rot der letzten Wochen stark radikalisiert ist. Die Kommunisten versuchten trotzdem immer wieder, den Generalstreik in den Vordergrund zu schieben, aber jedes Mal mit dem gleichen Miß- erfolg. Die Konferenz erklärt schließlich, daß die Re- gierung Cuno schuld an der schwierigen Situa tion habe und daß ihr deswegen kein Vertrauen cntgcgengebracht werden könne. An die organisierte Berliner Arbeiterschaft wird die dringende Auf- fordcrung gerichtet, zur Erreichung der Ziele nur dem Rufe der Gcwerkschaftsorganisationen zu folgen. Im Anschluß daran hat der engere Ausschuß der Ge- wcrkschaftskommission beschlossen, die sofortige Durch führung verschiedener Maßnahmen zu fordern, dar unter Einführung einer wertbeständigen Entlohnung, automatische Anpassung der gesamten Sozialversichc- rungen an die Geldentwertung, Sicherstellung aller Lebensmittel und Bedarfsartikel, Deckung aller Staats- und Gemcindeaucgaben durch Goldbelastirng des Besitzes, Sicherung gegen Einschränkung und Schließung der Betriebe, sofortige gesetzgeberische Enischeidung zur Verwirklichung dieser Forderungen verlangt und schließlich betont, daß die Veseiti- gung der Regierung Cuno eine Not- wendigkeit sei, da sie für die Durchführung dieser Maßnahmen keine Gewähr biete. Die Streikbewegung in Mitteldeutschland Zettz, 11. August. In der gestrigen Betriebsräte- tagung der Zeitzer Reviere wurde einstimmig eine Entschließung angenommen, mit der sich der Grup penrat hinter den am 9. August ausgebrochenen Kampf stellt. Er unterstützt restlos die Fordcrung auf Zahlung von 10 Millionen Mark. Der Streik wird fortgesetzt. Die Notstandsarbeitcn werden verrichtet. In Mitteldeutschland ist ähnlich wie in Berlin und an anderen Orten eine steigende Erre gung unter der Arbeiterschaft unverkennbar. Dem Streik der Bergarbeiter im Rositz-Mcuselwitzer Ge biet schloffen sich heute die Braunkohlenarbeiter im Zeitz-Weißenfelser Gebiet an. Gestern tagte in Zeitz der Gruppenrat der Betriebsräte des Zeitzer Reviers. Hierbei wurde mitgrtilt, daß die Grubcndirektionen zur sofortigen Zahlung von drei Millionen Mark je Arbeiter bereit wären. Die Be triebsräte lehnten das Angebot als ungenügend ab. Auf dem Marktplätze in Zeitz kam es zu Demon strationen. Die Demonstranten zogen vor das Ge fängnis und forderten die Freigabe der politischen Gefangenen, die auch erfolgte. In Mansfeld ist die Stimmung ähnlich, da die Bergarbeiter mit dem gestern erhaltenen Lohn von 2(4 Millionen Mark den Haushalt nicht bestreiten können. Die Streik stimmung nimmt zu. Nach einer Meldung aus Wittenberg-Luther- stadt brodelt es auch in der chemischen Industrie. Fortgesetzt finden Versammlungen statt. Die Arbeiter beschlossen, in jeder Betriebsabteilung die Abwehr formationen zu mobilisieren und bereit zu halten. Aus Piesteritz wird eine ähnliche Erregung gemeldet. Bei -den gestrigen Lohnverhandlungen in der chemischen Industrie kam ein Ergebnis von 257 Prozent heraus. Die erweiterte Lohnkommission lehnte diese Regelung ab, so daß mit dem Streik zu rechnen ist. In Bitterfeld fand vormittags eine Demon- stration der Hausfrauen auf dem Marktplatz statt. Ilm Plünderungen vorzubeugen, wurden die Ge schäfte auf polizeiliche Veranlassung geschloffen. Die Unruhen in Ratibor Breslau, 1l. August. (Eig. Tel.) Die gestrige:: Unruhen in Ratibor haben 4 Totc und 24 Ver wundete gefordert. Unter den Toten befinden sich 17jährige Mädchen und ein Beamter der Schutz- Polizei, der von der erregten Menge gelyncht worden ist. Vier Geschäfte wurden geplündert, dar unter 3 Wasfenladen. Die geraubten Waffen wur- den von den Demonstranten im Kampf gegen die Schutzpolizei verwendet. Der Polizei gelang es erst in den Abendstunden, die Ruhe wiederherzu stellen, nachdem Schutzpolizei aus Gleiwitz zur Verstärkung hcrangekommen war. Die Gewcrkschaf- ten verlangten in Verhandlungen mit dem im Auto herbeigeeilten Oberpräsidenten von Schlesien di« Freigabe der Verhafteten und die Zurücknahme dec Gleiwitzer Schutzpolizei. Dafür verpflichteten sie sich, die Arbeiter wieder zur Ruhe zu bringen. Den Ge werkschaftsführern gelang es schließlich auch, die Ar- beiter zum Perlaffen der Straßen zu veranlassen, doch bleibt die Lage weiterhin gespannt, da die Be triebe noch immer kein Geld zur Auszahlung der fälligen Löhne erhalten haben. Ein neuer Stützungsversuch für die Mark Berlin, 11. August. (Eig. Tel.) Die Spitzen organisationen von Handel, Banken und Industrie haben sich bereit erklärt, der Reichsregierung einen größeren Betrag zur Stützung der Mark zur Verfügung zu stellen. Die daraufbezüglichen Verhandlungen mit der Reichs regierung schweben noch. Die heutige Meldung des „Vorwärts", daß die genannten Organi sationen einen Fonds von 200 Millionen Gold mark bereitgestellt haben, trifft in dieser Form nicht zu. Die Regierung soll lediglich einen noch näher festzusctzenden Betrag in Devisen gegen entsprechende Beträge von Goldmaranleihc erhal ten. Es ist aber zu erwarten, daß der so geschaffene neue Jnterventionsfonds nicht zu einem aber maligen finanziellen Stützungsexperiment ver wandt wird, sondern der Sicherstellung der für den Import nötigen Devisen dienen soll. Die Importeure würden durch die Benutzung dieses Fonds der Notwendigkeit enthoben sein, von Fall zu Fall Devisen für die notwendige Wareneinfuhr sich zu beschaffen, wodurch indirekt in gewissem Sinne einer Entwertung der Mark vorgebeugt werden könnte. Weitere Besprechungen zur Rege lung des Wirtschaftsverkehrs stehen bevor und werden von Seiten der Industrie und des Handels auf der Grundlage der Befreiung der Wirtschaft von jedem Zwang geführt werden. Vie Notenpresse lauft wieder Berlin, 11. August. Amtlich wird durch das Wolffbureau mitgeteilt: Nachdem die Arbeit in der Reichsdrilckrrci gestern nachmittag wieder aus genommen wurde, wird die außergewöhnliche Stockung in der Belieferung mit Zahlungsmittel:' behoben sein. Die am Sonnabend sich ergebenden Fehlbeträge werden voraussichtlich bereits am Sonn tag und Montag nachaelicsert werden, sobald auch die PrivatdrUlkereien die Arbeit wieder aus genommen haben, wird in wenigen Tagen eine regel nläßige, ausreichende Zah - lungsmittelvcrsorgung gesichert sein. Zur weiteren Behebung der augenblicklichen Schwierigkeit entschlossen sich die Banken und die In dustrie zu folgenden Maßnahmen: Die Banken ziehen gegenseitig Schecks aufeinander, die in- dustriellen Werke werden mit kurzer Frist Notgeld und Gutscheine ausgeben. Angesichts der schwierigen Lage, in welche die gesamte Bevölkerung durch die Knappheit der Umlaufmittel geraten ist, darf be sonders vom gesamten Einzelhandel erwartet werden, daß er dieses vollgesichcrte Ersatzgcld ohne Anstände in Zahlung nimmt. Englands Antwort Keine selbständige Politik zur Rettung Deutschlands. London, ll. August. (Eig. Tel.) Die heutigen Morgcnblätter bemühen sich mit dem Nachweis, wie energisch die Regierung in ihrer neuen Note an Paris und Brüssel ausgetreten sei. Ihre Mit teilungen beschränken sich jedoch darauf, daß England in seiner Note erklären soll, cs könne Deutschland nicht auffordern, bedingungslos den passiven Wider stand aufzugebcn da die englischen Kronsuristen er- tlärt haben, daß Frankreich nicht das Recht habe, ohne Zustimmung der übrigen Alliierten außer in dem altbesetztcn Gebiet militärische Sanktionen an- zuwenden. Weiter werde die Note nochmals den alten englischen Plan von der Pariser Konferenz vorschlagen mit der Einschränkung, daß die Repara- tionskommission beauftragt werden soll sestzusteUcn, was und wieviel Deutschland zahlen könne. England müsse von Deutschland oder den Alliierten als Rück zahlung ihrer Schulden soviel erhalten, wie es an Amerika zu zahlen habe. Werde Deutschland durch eine verfehlte und unwirtschaftliche Politik zahlungs- unfähig gemacht, so werde automatisch Englands Fordcrung an die Alliierten auf Rückzahlung ihrer Schulden beschränkt werden. Da in dem neuen Schriftstück kein Wort vor- kommen soll über Englands Entschlossenheit, eine selbständige Politik der wirtschaftlichen Rettung Deutschlands zu verfolgen, wenn Frankreich und Belgien auf diesen englischen Vorschlag nicht ein gehen, ist man in der Regierungspartei und in der Opposition bezüglich der Zweckmäßigkeit dieses neuen ^Schrittes wenig hoffnungsvoll gestimmt. Wechsel im Reichsbankdirektorium. Die politische Regierun gift erst in zweiter Linie für den Ver fall der deutschen Währung verantwortlich, denn der Schutz der Währung ist nicht ihr, sondern der RSichsdank anvertraut. Die bisherige Reichs- bankkitung war der Zeit nicht gewachsen, sie hat die Reichsbank lediglich als irgendein Bank- > geschäft betrachtet und nicht genügend beachtet, daß ihr eine höhere Zweckbestimmung zutommc. Unter voller Anerkenntnis früherer Verdienste wird man an der Notwendig leit, hier ein« Aende- rung herbeizufiihren, nicht vorbei kommen. »merlsiimtsÄer Lemmarltl riOL 7,. ? varttn I.u»U<»n Vorliü:«« Ll II. II 000024 41LLK6? Lür!t.ü ^m»lerU Voi >>>.-«' t'v'jiüt
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