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„Wel-eri-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis »ierteljiihrlich 1 M. 2b Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- statten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Wcherih -ZeitiW. Amtsblatt Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage de» Blattes eine sehr wirk, same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. dir Spaltenzeile oder veren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirtr Inserate mit entsprechen dem Ausschlag.— Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. für die Königliche Umtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. Nr. 50. Englands Ohnmacht. In London rasselt man noch immer mit dem Säbel und die Engländer singen begeistert ihr „Luis öri- tlllmia, ruls tks vaves", „herrsche England, herrsche über die Wellen", aber an einen ernsthaften Krieg Englands gegen Rußland wegen der Thorr Indiens, wie man die Grenzen Afghanistans nennen kann, glaubt so leicht Niemand mehr, denn Englands militärische und diplomatische Schwäche liegt zu offen zu Tage. Die Herrschaft über das Weltmeer kann England in einem Kriege mit Rußland eher schaden als nützen, denn Rußland ist keine See- und Kolonialmacht und auf den Wellen nicht empfindlich zu treffen, England muß aber sehr sorgfältig vor den russichen Kaper schiffen, welche Rußland nöthigensalls in Nordamerika ausrüsten lassen will, seine weitverbreitete Handelsflotte vertheidigen. In das schwarze Meer darf aber die englische Kriegsflotte nicht, da die Dardanellen für Kriegsschiffe geschloffen sind und Deutschland und Oesterreich der Türkei mit Aufhebung des Berliner Vertrages gedroht haben, falls sie die Dardanellen englischen Kriegsschiffen öffnet. So hätte die englische Flotte als Angriffsobjekte nur Petersburg, Riga und Libau, welche aber durch Küstenbefestigungen und Torpedos ziemlich geschützt sind, zumal gilt das für Petersburg durch die Festung Kronstadt. Aehnlich sieht es mit den Aussichten für die Erfolge des eng lischen Landheeres aus. Man nimmt aus Gründen an, daß England gegen Rußland aus Indien nicht mehr als 30000 wirkliche brauchbare Truppen ver wenden kann, da doch in den englisch-indischen Städten Besatzungen zurückbleiben müssen. Ferner wird Eng land höchstens 30000 Mann aus dem Mutterlands und vielleicht 10000 Mann aus den Kolonien nach Indien senden können, also insgesammt eine Truppen macht, die der russischen nicht gewachsen sein kann. Ueberdies wird es aber außerordentlich schwierig sein, 30000 bis 40000 Mann mit Lebensmitteln, Munition, Kanonen, Pferden, Bagage rc. von England nach Indien und von Indien an die afghanische Grenze gelangen zu lassen. Das ist ein ungeheueres Stück Arbeit, was eine Menge Widerwärtigkeiten im Gefolge haben kann, da die Schwierigkeiten sehr groß und die Truppen nicht an das indische Klima gewöhnt sind. Der Ohnmacht Englands im afghanischen Grenzstreite wird aber noch dadurch die Krone aufgesetzt, daß England unter den übrigen Großmächten keine Bundes genossen oder Freunde besitzt. Die englische Eigennutz- und Krämerpolitik hat es fertig gebracht, der Reihe nach sämmtliche Großmächte vor den Kopf zu stoßen, Frankreich in Egypten, Deutschland in Afrika und Neu-Guinea und Italien im Sudan. Es muß aller dings auch stark bezweifelt werden, daß irgend eine Großmacht ohnedies Lust gehabt haben würde, sich für England gegen Rußland zu schlagen. Die Zeiten des Krimkrieges und der verblendeten Eitelkeit, für England die Kastanien aus dem Feuer zu holen, sind vorbei, selbst für die Türkei. Diese würde in einem neuen Kriege ihre ganze Existenz riskiren, da dann Bulgaren, Rumeliten, Albanesen und Griechen und wahrscheinlich auch Serben und Montenegriner wieder losschlagen würden. So erntet England einmal gründ lich die Früchte seiner egoistischen Krämerpolitik, die nur immer viel Gewinn in allen Ländern heraus schlagen, aber keine Opfer bringen will. Auch brauchen sich die Engländer Rußland gegenüber gar nicht zu beklagen. Freilich tritt Rußland in Asien als Eroberer auf, aber haben die Engländer in Indien, Afrika und den australischen Inseln nicht selbst das Raub- und Ausbeutesystem in Anwendung gebracht. Alle Kolo nien, die England besitzt, besitzt es vermöge des Faust rechts, der List und Bestechung und es heißt nun von dem stolzen Albion: „Mit dem Maße, wie ihr messet, werdet ihr auch gemessen werden". Dienstag, den 28. April 1885. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 27. April. Das am gestrigen Abend zum Besten der Unterstützungskaffe der freiw. Feuerwehrveranstaltete Co ncert war, wie die früheren, wiederum sehr gut besucht und dürfte einen ganz an sehnlichen Reingewinn ergeben. Eingeleitet durch einen Prolog, der mit einem Hoch auf den Protektor der sächsischen Feuerwehren, König Albert, endete, reihten sich dann Couplet- und Musikvorträge nebst zwei ein aktigen Theaterstücken, die sehr flott und munter ge spielt wurden und reichen Beifall ernteten. — Aus Anlaß des Geburtstags Sr. Maj. des Königs versammelten sich die Mitglieder des Militär- Vereins Reinholdshain am 23. d. M. Abends 8 Uhr im Gasthofe zu Oberhäßlich. Die Feier eröff nete Herr Vorstand Dietrich mit einer patriotischen Ansprache, welche mit einem dreimaligen Hoch auf Se. Majestät schloß. Hieran reihte sich ein Kommers, unterbrochen durch humoristiche Vorträge. — Ebenso wurde seitens des Militär-Vereins Groß-Oelsa der Geburtstg Sr. Maj. des Königs im dasigen Gasthofe gefeiert. - Erledigt: die Schulstelle in Obercarsdorf, Kollator die oberste Schulbehörde; Einkommen (außer freier Wohnung und Honorar für Fortbildungsschule) 950 M. 50 Pf.; Bewerbungsgesuche bis 18. Mai bei dem kgl. Bezirksschulinspektor Mushacke in Dippoldis walde einzureichen. Höckendorf. Wie seither, wurde auch diesmal hier der Geburtstag unseres Königs in festlicher Weise begangen. Von einer zahlreichen Versammlung guter Patrioten, der sich auch aus anderen Ortschaften solche angeschloffen hatten, hielt Herr 6unt. smsr. Lehmann eine vorzügliche Festrede, in der er die er habenen Eigenschaften, die unfern König schmücken, begeistert schilderte. Die hohe freudige Erregung der Versammlung fand ihren Ausdruck in dem begeisterten Einstimmen in den von Herrn vr. Wirthgen auf den geliebten König und Herrn ausgebrachten Toast. Nach Gesang und Vorlesung von auf die Geburtstagsfeier Bezug habender Dichtung, wurde noch durch manches treffliche Wort über unfern geliebten Landesvater das gemüthliche Beisammensein verschönert. Frauenstein, 24. April. Eine vom hiesigen Stadtmusikchor und dem der freiwilligen Feuerwehr gespielte Neveille kündete gestern früh 5 Uhr den Bewohnern unserer Stadt den Geburtstag unseres Königs an. In kurzer Zeit prangte die Stadt im reichsten Flaggenschmuck. In den Schulklaffen fand zur Feier des Tages um 8 Uhr Festaktus statt. Abends versammelten sich nach stattgesundenem Zapfenstreich die Mitglieder des Gesangvereins „Liedertafel" im Gasthause „Zum goldenen Löwen" zu einer patriotischen Feier. Herr Lehrer Klein rühmte in der trefflichen Festrede unseren Landesvater als einen weisen Kciegs- und Friedensfürsten. In das vom Herrn Festredner ausgebrachte, sich an die Sachsenhymne schließende Hoch stimmten alle Anwesenden harmonisch und be geistert ein. Paffende patriotische Gesänge und fesselnde Ansprachen (erwähnt sei hierbei die von Herrn Pastor Langer gehaltene, wodurch die Feststimmung ungemein gehoben wurde) bildeten die fernere Festfeier. Dieselbe hielt die Festgenoffen in der angenehmsten Weise bis Mitternacht vereinigt. — Im Nohland'sche» Gasthause hielt gleichzeitig der hiesige Militärverein eine gleiche Feier. Der Vorstand des Vereins, Herr Fleischermstr. Kaden, welcher ebenfalls seinen Geburtstag feierte, hielt eine fesselnde Ansprache an seine Kameraden, welche mit Begeisterung in das dreifache Hurrah auf ihren erhabenen Protektor und Kriegsherrn einstimmten. Erwähnt sei auch die mit großem Beifall aufgenom mene, von Herrn Amtsrichter Heldner gehaltene Fest rede. Wünschenswerth wäre es gewesen, wenn alle Vereine in unserem kleinen Städtchen eine gemein 51. Jahrgang. schaftliche Festfeier veranstaltet hätten. Man beabsich tigt, dies in Zukunft zu thun. — Vorgestern feierte Herr Gastwirth Wehner hier sein 25jähriges Ehejubiläum. Dem hochgeachteten Jubelpaare wurden von nah und fern zahlreiche Glück wünsche und Geschenke dargebracht. Möchte es dem selben vergönnt sein, dereinst das goldene Jubiläum feiern zu können. — Die im Jahre 1883 neugegründete hies.Bäcker- Innung hielt vorgestern ihr Osterquartal ab. Nach abgelegter Rechnung wurde ein neues Mitglied als Meister ausgenommen, sodaß die Innung nunmehr aus 8 Meistern besteht. Ferner wurden ein Lehrling losgesprochen und vier ausgenommen. Zum Schluffe gab Herr Obermeister G. Mühle die Einladung zu dem vom 17. bis 19. Mai in Freiberg stattfindenden Bäckerverbandstage bekannt, welcher sämmtliche hiesige Jnnungsmeister Folge leisten werden, falls sich nicht ein besonderes Hinderniß einstellt. — 26. April. Gestern ging der Steyer'sche Gast hof in Nassau durch Kauf in den Besitz des Herrn Gastwirth Wehner hier über. Heute früh starb der bisherige Besitzer, Herr Gastwirth Steyer, und wird nun seine bisherige Wohnung mit dem stillen Käm merlein auf dem Friedhöfe vertauschen. Der Ver storbene hat sich durch seine Originalität und seinen derben aber gesunden Humor in den weitesten Kreisen bekannt gemacht. — Der wetterwendische, sonst so griesgrämige April ist Heuer zu seinem Vortheil und der Menschheit Freude ganz aus seiner Nolle gefallen. Fast glaubt man sich bei der ungewöhnlich hohen Temperatur in den Hochsommer versetzt. Infolge der günstigen Wit terung ist die Feldbestellung (Kartoffellegen, Säen rc.) in hiesiger Gegend ziemlich beendet. Möchte sich bald ein mariner und längerer Gewitterregen einstellen und die dürstenden Felder und Wiesen erquicken. Von dem Gewitterregen in voriger Woche ist unsere Gegend nur sehr wenig getroffen worden. Dresden. Nach den Vorschlägen des Ordnungs ausschusses soll der Festzug zum VI. deutschen Turnfest folgenden Weg nehmen. Die Aufstellung wird, wie bekannt, auf dem Albertsplatze und den auf denselben strahlenförmig einmündenden Straßen vor sich gehen. Von hier aus soll der Zug die Haupt straße (Allee) entlang und über die Augustusbrücke dirigirt werden. Hiernach beabsichtigt man, denselben an der linken Seite des Schloßplatzes vor und an der rechten Seite desselben zurück, über oen Theaterplatz nach dem Postplatze zu leiten. Nachdem ein Umzug nach der Wettinerstrabe und zurück erfolgt ist, schlägt man vor, die Wilsdruffer Straße entlang nach dem Altmarkte, am Nathhause vorüber, schräg nach dem Siegesdenkmale und um den ganzen Altmarkt nach der Seestraße zu marschiren. Darnach soll der Zug die Seestrabe, Pragerstraße, Ferdinandstraße passiren, um über den Georgplatz, Gewandhaus- und Moritzstraße nach dem Neumarkte (Stadt Berlin) zu gelangen. Ein Gegenzug rechts nach der Landhausstraße, durch dieselbe nach dem Pirnaischen Platz und durch die Pirnaische Straße nach dem Festplatze am Kgl. Großen Garten beenden den Weg des Zuges. Nach den Be stimmungen des Ausschusses der deutschen Turnerschaft darf der Festzug nicht über 2 Stunden dauern. Die Aufstellung hofft man in einer Stunde zu bewältigen. Es würde demnach der Zug sich früh 11 Uhr in Be wegung setzen und gegen 1 Uhr auf dem Festplatze anlangen. Den Beginn desselben bilden nach obigen Bestimmungen die ausländischen Turner, den Schluß der Dresdner Turngau. Die Reihenfolge der übrigen Gaue ist verloost morden. Der Ausstellungsort sämmt- licher Gaue wird in der Festschrift mitgetheilt, die Sachsen werden sich voraussichtlich in der Alaunstraße und auf dem Bischofsweg aufstellen.