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Nr. 388. Neuster Fahrg. Erscheint: Täglich früh 7 Uhr. Anserute werde» angenommen: bis Abends v,Sonn tags bis Mittags 12 Uhr: Marienflraße 18. Anzeig. in dies. Blatte, das jetzt in 10,000 Exemplaren erscheint, finden eine erfolgreiche Verbreitung. Donnerstag, 17. Rovbr. 1864. Tageblatt säe Unterhaltung und Geschäftsverkehr Mitredacteur: Theodor Drobisch. Abonnement: Vierteljährlich 20 bei uncntgeldlicher Li, sernng in's Hans. Durch die Königl. Pah vicitcljäbrlich 22 Ngr. Einzelne Nummern t Ngr. Auleratenpreise: Fiir den Raum einer geipallcncn Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile 2 Ngr. Druck und Eigenthnm der Herausgeber: It'icpsch H Nlsichardt. — Verantwortlicher Redactcur: Julius Reichürdt. Dresden, den 17. November — Se. König!. Majestät hat dem Einnehmer bei dem Nebenzollamte U. zu Deutsch - Georgenthal, Johann Gottlob Grünberg, die zum Verdienstorden gehörige Medaille in Sil ber verliehen. Ebenso ist dem Reiter der 5. Schwadron des II. Reiterregiments zu Grimma, Friedrich August Schalle für die am I. August dieses Jahrss bewirkte Rettung zweier beim Baden in Lebensgefahr gekommener Reiter derselben Schwa dron die Lebensrettungsmedaille in Silber mit der Erlaub- niß zum Tragen am weißen Bande verliehen worden. — Als vorgestern Mittag Se. königl. Hoheit, Prinz Theodor von Baiern, bekanntlich der Bräutigam Ihrer königl. Hoheit der Prinzessin Sophie, auf der böhmischen Bahn von hier wieder abreiste, hatte Se. Majestät der König ihn bis auf den Bahnhof begleitet. Se. Majestät nahm hierbei Ver anlassung, die gesammten Lokalitäten des am I. August dem Verkehr übergebenen Bahnhofs zum ersten Male in Augen schein zu nehmen. Er wurde geführt von dem Eisenbahndi- rector, Finanzrath Netcke. In Begleitung Sr. Majestät be fand sich auch der Finanzminister, Freiherr von Friesen, Exc. Se. Majestät verweilte nahe an zwei Stunden auf dem Bahnhof und besichtigte dessen Lokalitäten und Einrichtung auf das Eingehendste. Die verschiedenen Vorstände der Ver waltungszweige wurden Se. Majestät von dem Herrn Finanz rath Netcke persönlich in ihren Expeditions-Räumlichkeiten vorgestellt und Se. Majestät nahmen Kenntniß von Allem was den Betrieb der Eisenbahn umfaßt. — Zu Ehren des Namenstages Ihrer Majestät der Kai serin der Franzosen fand vorgestern bei dem hiesigen kaiserlich französischen Gesandten, Herrn Baron Forth-Rouen, ein Ga ladiner statt. Se. Excellenz der Herr Staatsminister Frhr. von Neust brachte den Toast auf Ihre Maj die Kaiserin Eugcnie aus, welchen der kaiserlich französische Gesandte durch einen Toast auf Ihre Majestäten den König und die Königin und die königliche Familie erwiderte. — Dein vom Obercommando der alliirten Truppen aus gesprochenen Wunsche entsprechend, ist wegen deren Rückmarsch durch Holstein und zu Freimachung der hierzu bestimmten vier Etappenstraßen, vom Commando der Bundesexecutionstruppen die mobile sächsische Armecbritzade im östlichen Holstein, zwischen Neustadt und Lütjenburg — Stabsquartier Neu stadt — concentrirt und die mobile hannöversche Armee- brigadc in die unmittelbare Nähe der Elbe, soweit nöthig, verlegt worden. — Einen würdigen Abschluß erhielt das Jubelfest der „Dresdner Liedertafel" dadurch, daß am vorgestrigen Abend die Mitglieder derselben, gelegentlich einer traulichen Vereini gung, ihrem, um das Fest hochverdienten Liedcrmeistcr, Herrn Friedrich Reichel nochmals herzlichen Dank und für seine, zum Feste aufgesührte schwungvolle Composition, das Vaterunser, welches die Sänger mit sichtlicher Liebe und Hingebung ver trugen, ehrenvollste Anerkennung darbrachten, wobei genann tem Herrn ein höchst geschmackvoller Siegelring mit dem Lie dertafelwappen unter herzlicher Ansprache überreicht wurde und Ernst und Frohsinn eine Reihe, auf das Jubelfest bezügliche Toaste würzten. — Der Ertrag des Kirchenconcerts (zum Besten des Bürgerhospitals) soll sich weit über hundert Tha- ler belaufen. — Bekanntlich kann nach unserer Strafprozeßordnung der Angeklagte, im Falle seiner Vorurtheilung die Wieder aufnahme der Untersuchung und zwar selbst nach vollzogener Strafe u. A. auch in dem Falle verlangen, menn er neue Thatsachen oder Beweismittel beibringt, welche allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen geeignet sind, seine Freisprechung oder seine Beurtheilung nach einem miv deren Strafsatze, als dem angcwendeten hcrbeizusühren. Hie rauf gestützt hat wie wir hören, der beim Bezirksgericht Bautzen dermalen noch in Haft befindliche, und bereis in beiden Instanzen wegen Mord zum Tode verurtheilte be kannte Oeconomiescholar Pech neuerdings um Wiederaufnahme der Wider ihn geführten Untersuchung gebeten, das königl. Oberappellationsgericht soll jedoch den dießfallsigen Antrag als unbegründet zurückgewiesen haben — — „Max bringt gute Zeichen mit!" hieß e» gestern Abend, als unser Berichterstatter aus der Versammlung der Stadtverordneten kam und freudig bemerkte, daß die vom Stadtrath für da» Sängerfest auf 1865 darlehnSweise be willigten 78 500 Thaler ebenfalls vom Collegium der Stadt verordneten einstimmig und ohne Debatte Zustimmung er halten.. So wäre denn durch die Bewilligung von beiden Seiten ein großer Schritt vorwärts geschehen, und es steht zu erwarten, daß da» große Längerfest der Residenz Dresden nickt nur einen Nimbus verleihen wird, dessen Strahlen sich WM über di« Grenzen von Europa, ja, man kann behaupten, über de« HM«» Erdkreis verbreiten Verden. — Concert. Unter Leitung des Herrn Hofcapellmeister vr. Julius Rietz gab die königl. Sächsische musikalische Ca pelle Dienstag den 15. November im Hotel de Saxe ihr 2. Abonnemcnt-Concert. Am Gespanntesten schien die Zuhörer schaft an diesem Abende auf die in Dresden noch nicht zu Gehör gebrachte Serenade in v-ckur zu sein, die Mozart im Jahre 1778 componirt hat. Wer erkennt nicht an dem un gemischten chrystallhcllen Weine, der hier gereicht wird, daß nicht bloß die dazu gewählten Trauben prima (Zualilüt waren, sondern auch daß der unsterbliche Kelterer sein Fach aus dem Grunde heraus verstanden hat, wie je Einer? Gleich in dem auf das tVckugio maestoso folgenden ^Uosro ccm 5piriIo hört man einen völlig ausgeprägten ersten Sympho niesatz mit kurzen aber glänzenden Motiven. Ueberaus an- muthsvoll treten in dem auf das Menuett folgenden Concer- tante die verschieden charakterisieren Blasinstrumente auf und fesseln jedes Ohr durch ihr bezauberisch in einander fließendes Wechselspiel. Einem hübschen Rondo folgt sodann ein kräf tiges, contrapunktlich bedeutsames Presto zum Schluß. Mo zart hatte damals, als er diese Serenade schrieb, noch viel Großes auf seinem Herzen; das letzte inhaltschwere Drittheil seines Lebens lag ja noch vor ihm. Aber nichts desto weniger ist das in Rede stehende Werk ein reiner, erquickender Labetrunk, der gewiß bei Niemandem Kopfschmerzen hinterlassen wird. Hier auf folgte die schon öfters vorgetragene Ouvertüre R. Schu- mann's zum Trauerspiel „Manfred", und am Ende des Con- zerts eine von I. Haynds lieblichen Simphonicn, die in v-ckur. Eröffnet wurde das Concert mit einer Concertouver- ture in ^-ckur, componirt von unfern Herrn Hofkapellmeister Vr. I. Rietz. Es ist dies eine sehr interessante, frische und ansprechende Composition, die sich in Ansehung der Gedanken- structur mit Glück an das ^von Beethoven und Mendelssohn in dem Genre Geleistete anschließt, und in Betreff der or chestralen Technik dem Coinponisten große Ehre macht. Das Publikum bekundete sein Gefallen an derselben mit lebhaftem Applaus. A2min Früh. — Der vorgestrige Gastabend des Männ-rgesangvereins „Dresdner Orpheus" hatte sich wieder des zahlreichsten Zuspruchs zu erfreuen. Nach dem sehr gut executirten ersten Theile (Jnstrumcntalconcert vom Witting'schen Musikchore) brachte der Orpheus im zweiten und dritten Theile 10 Lieder (darunter 4 mit Instrumentalbegleitung) in der gelungensten Weise zu Gehör, von dem wir die „Hymne an Hertha" von Kunz um deswillen besonders hcrvorheben, weil diese, eine besonders schwierige Composition ohne Instrumentalbeglei tung, ausgezeichnet vorgetragen wurde. Der „Gondelfahrer," von Franz Schubert, sowie Lied für Tenorsolo und Chor aus der Oper: „Die Nibelungen," sodann Soloquartett „An die Heimath" von I. G. Müller und „Stumm" von C. Kreutzer (das letztere besonders Heiterkeit erregend) mußten auf stürmi sches Verlangen wiederholt werden, auch die übrigen Gesänge wurden durch lebhaften und verdienten Beifall belohnt. Das Witting'sche Musikchor spielte wie immer, sehr exact, um so lieber hätten viele der Anwesenden am Schluß auch noch einen Jnstrumentalsatz gehört. — lieber die vorgestrige Gerichtsverhandlung erfahren wir gelegentlich Folgendes: Der frühere Präsident der 2. Kammer im Jahre 1849, der Webermeister Fr. ek. Newitzcr aus Chemnitz hatte am 16 September v. I. bei Gelegenheit einer Nationalvcreinsversammlung auf dem Linkeschen Bade eine Rede gehalten, in welcher die Staatsanwaltschaft die Verbreitung staatsgefährlichcr Lehren fand. Der Gerichtshof hat sich wahrscheinlich bei seinem gestern bereits mitgetheiltcn frei sprechenden Erkenntnis; mit von der Erwägung leiten lassen, daß der Angeklagte in sehr trunkenem Zustande befindlich ge wesen war. Er hatte, nach seiner eigenen Angabe, bei dem Diner des volkswirthschaftlichen Congrcsses, welches der Ver sammlung vorherging, 2 Flaschen Wein, 1 Flasche Champag ner und aus dem Bade noch 2 Seidel Bairisch Bier getrun ken. Zu bedauern ist es daher, daß man beim Erkennen dieses Zustandes den sonst so geachteten Mann zum Sprechen nöthigte. — Wie in den verschiedensten Kreisen der Dresdner Einwohnerschaft auf das bevorstehende Eängcrfest reflectirt wird, davon gab die Rede des Herrn Vorstands vom hiesigen Sängerfcst-Ausschuffe bei dem Licdertafeljubiläum einige sehr humoristische Beispiele. Derselbe erwähnte, daß während der Localfest-Ausschuß noch gar nicht gewußt habe, wo die Fest halle hin zu stehen komme, sich schon ein — Portier meldete; während man noch lanw nicht die Bierfrage gelöst habe, schon ein — Sodawasserfabrikant um Concessionirung cingekommen sei; ja, daß während man von manchen Seiten das Fest mißtrauisch betrachte und schon vor demselben Katzenjammer verspüre, ein hiesiger Kaffeegartenbcsitzer sich bereit erlärt habe, auf dem Festplatze ein Etablissement im Style der — „Zu friedenheit auf der Vogelwiese" herzustellen. — Abermals war die vorgestrige Gewerbevereinsver sammlung so zahlreich besucht, daß an hundert Mitglieder keinen Platz mehr finden konnten und wieder fortgehen muß ten. Es wurde zunächst das in gestriger Nummer unseres Blattes abgedruckte Schreiben des Sängerfestausschufses ver lesen, und dann ein Schreiben aus dem Fragekasten, welches Beschleunigung der Hausbauangelcgenheit räth. 12 neue Mitglieder werden ausgenommen; 12 Herren lassen sich an melden. Die Exkursionsrechnung weist dies Jahr noch einen kleinen Ueberschuß nach, während andere Jahre Hunderte von Thalern zü Exkursionszwecken aus der Kasse entnommen wor den waren. Herr Partikulier Busolt setzt seinen Reisebe richt fort und beschreibt unter Vorlegung vieler, die Sache veranschaulichender Zeichnungen die Berliner Ofenfabrikation, die Berliner Kaffcelokale, die kalorische Maschine von Wind hausen, die Architektur aus der Hansazcit in Greifswalde, Strahlsund, Wismar, Rostock, Schwerin, Lübeck, Kopenhagm, die Museen zu Schwerin und Kopenhagen, die Häfen von Lübeck und Kiel, eine Windmühle in Hamburg mit Selbst stellung und Jalousienflügeln, den Michaclisthurm und die Nikolaikirche daselbst mit ihrer neuen Orgel, die Stadt Hildes heim mit ihrem goldncn Thurm und Leihhaus und die Marienburg bei Nordstemmen; führt die Versammlung über Braunschweig, Magdeburg, Halle, Giebichcnstein nach Salz münde, wo der Kommerzienrath Bolze segensreich schaffend wirkt. Es wird erwähnt, daß Bolze mit 9000 Thlr. ange fangen habe, und daß jetzt auf seinem 13 — 14,000 Morgen umfassenden Besitzthum, welches 36 Bauer- und 5 Ritter güter einschlicßt, 500 Ochsen, 180 Pferde, 20 Dampf maschinen und einige tausend Menschen arbeiten. Durch die humanen Gesinnungen des Besitzers entstand ein Waisenhaus, eine Kinderbewahranstalt, eine Arbeitcrkaserne für 300 Arbei ter, (ein Arbeiter zahlt jährlich 1 Thlr. Miethe), eine Schule, eine Kirche, ein Hospital und Krankenhaus. In einer chemi schen Versuchsanstalt sind I Direktor und 4 Assistenten be schäftigt. Eine Ziegelei mit 20 Oefcn fertigt viele Millionen Ziegel und bereitet das Material für die Berliner Porzellan- fabrik vor. 30 Kähne fahren für das Etablissement täglich auf der Saale, 30 Wagen für 60 Ctr. Kohlen auf den von Bolze angelegten Chausseen. Die Zuckerfabrik liefert jährlich 50,000 Ctr. Zucker. Der Vortragende erwähnt besonders noch der hier üblichen Biegung der Radfelgen als sehr vor- theilhaft. — Von hier aus werden die Hörer nach dem Eisenwerke Bochum und dann nach der Koblenzer Brücke ge führt. — Allgemeiner Applaus dankt dem Vortragenden. Herr vr. Pctermann legt hierauf ein neues, Wohlfelles Schriftchen vor, welches die Verhältnisse der einzelnen Gewerbe in einzeln zu kaufenden Heftchen bespricht. Das 1. Heft wird in der Bibliothek ausgclcgt. Es behandelt das Schneiderhandwerk. Herr K. G. Schöne legt Proben einer verbesserten Decken schalung, die das Abfallen des Putzes zu hindern und die Be rohrung zu ersparen bestimmt ist. Es sind mit Ruthen ver sehene Schaallatten, welche in hiesiger Schmelzmühle angefer tigt werden. Eine Probe davon liegt im Lesezimmer, am See 23 I. zur Ansicht aus. Herr Kaufmann Junghähnel hat eine große Sammlung Peraamentpapicre aus der rühm-» lichst-bekannten Fabrik von Vieler und Kohlmann in Löbau mitgebracht. Die Erfindung der Anfertigung solchen Pa- Pieres rührt vom Apotheker Hoffmann her, der, als man ihm in Deutschland kein Patent auf sein Verfahren gab, > nach England ging und dort ein reicher Mann wurde. Jenes Papier läßt Nässe nicht durch und wird nicht von In sekten und Mäusen angcsrcssen, eignet sich deshalb zum Ver binden von Frucht-Gläsern und Büchsen besser als die auch weniger appetitliche thierische Blase. Es wird das ^ Papier mit giftfreien Farben gefärbt und von Condito- ren vielfach verwendet. Zu Urkunde», Pässen, Baurissen wird es oft gebraucht. Schöngepreßte Calicopapiere werden von Buchbindern verarbeitet, glatte Papiere von Hut- und Mützenmachern zu Einlagen. Auch als Unterlagen für Kin der und Kranke eignen sic sich Der Inhaber der hiesigen Kochlehranstalt Herr Wels, empfiehlt diese Papiere gleichfalls und zwar aus eigner vielfacher Erfahrung. — Die kleineren Mittheilungen wurden abgebrochen, um in nächster Sitzung > fortgesetzt zu werden. — Der Thicrschutzvercin sichert jedem Dienstmann, ohne Unterschied der Farbe des Instituts, eine angemessene Beloh nung zu, auf dessen Anzeige eine an Thieren verübte Miß handlung zur Bestrafung gelangt. — Wir werden um Auf. ahme des Nachlehenden er sucht: „Abermals nahen die Taselfreuden der v rschredrnen Gesellschaften und in Stunden, wo Frohsinn und Geselligkeit die Herzen mehr als je erheben, wird so Mancher zu kleinen Neckereien verleitet. Dahin gehölt leider das Werfen mit Flaschenkorken, Brotkrumen, Nußschalen und am Schlutz der Tafel nicht selten sogar mit Servietten. E» hat die» den