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Nummer 34 — 25. Jahrgang K.i'al wöch. Bezugspreis: für Januar 3— »K einschl. Bestcllpels. Anzeigenpreise: Die Igesp. Petitzetle SV^, Stellengesuche 29 L. Die Petitreklamezeile. 89 Milli« meler breit. 1 Osfertengebühren für Selbstabholer 20 .Z. bei Uebersendung durch die Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 10 L. Sonntags-Nr. 18 L. Geschäftlicher Teil: IolefFoh mann.Dresden. Leidenksus Lsrl Leim»!«!«' /Nlmspkl 8 Sslikiiiiolko SeiüsnbUiill»!' Sückftsctie Donnerslag, 11. Februar 1925 Im stalle höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung v. Anzeigenaufträgen u. Leistung v. Schadenersatz Für undeutl. u v. Fern« rut iibermitt Anzeigen übernehmen wir keine Ver. aniwortung Unverlangt eingelandle u. m. Rückporto nickt versehene Manuskripte werö nicht ausbemahrt. Sprechstunde d Redaktion 5 bls 6 Uhr nach!ni»ags. Hauptschriftleit.: Dr. Joseph Albert. Dresden. pelrivaren klüle s^ütren O ^rieeli'-ck v, esrlen pillnilrer Ltr. 46 ltuk 27479 lScschäst.'ftelle, Truck und (Verla«, Saronia- Luchdrucker-, (»mbH.. Dresden-A. IK, Holbeinstrik»«;. peninN S27S3. PlNUckeckkontü Dresden Is79? BanNonIo: Basfenae s, Pkrlotckie. Dresden. Für christliche Politik unk .Kultur VtedakUon der SiichsUchen Polki>^«(«»»0 Dresden-AlNl. IS. Holbei»slrn?,e so perurn> 32721 n»d WiM. Der Skandal im Reichs- ernöhrungsministerium Von einer besonderen politischen Seite wird uns aus Berlin geschrieben: Soeben wird bekannt, daß der neue Reichsernäh- rungsminister infolge einer verschleppten Grippe nicht unerheblich erkrankt ist und einen auf mehrere Wochen berechneten Erholungsurlaub antreten muß. Diese Erkrankung des Ministers kommt jedoch nicht von ungefähr. Es erscheint in diesem Augenblick doch geboten, einmal näher gewisse Dinge zu beleuchten. Rich tig ist es ja. daß der bisherige Regierungspräsident von Münster die Berufung als Neichsernührungsminister nur zögernd übernommen hat. weil er damals schon sich ge sundheitlich geschwächt fühlte und vor dem Antritt eines Erholungsurlaubes stand. In echtem Pflichtgefühl aber hat er sich dem Rufe der Partei und dem Rufe des Lan des nicht entzogen. Was aber danach kam, als Dr. Haslinde sein Amt als Neicbsernährnngsminister antrat, mußte seine ohne hin erschütterte Gesundheit noch weiter angreifen. Und dazu müssen wir jetzt einige Worte sagen. Wir haben schon vor kurzem an dieser Stelle auf gewisse Machenschaften im Reichsernährungsministerium hingewiesen. die bewußt darauf abzielten, den neuen Mi nister, weil er Z e n t r u m s m a n n i st, zu sabotieren. Die Angriffe in der „Ostpreußischen Zeitung", die in an deren Blättern in merkwürdiger Uebereinstimmung wie derholt wurden, haben ja gezeigt, auf welches Ziel das Treiben fick richtete. Man hat es doch dort ganz unver- blllyitz-ausgesprochcn, daß dem neuen Minister nur dann eine „Turigkeit gestattet" werde, wenn er die bis herigen obersten Beamten nach freiem Gutdünken schalten und iv alten lasse, wäh rend er sich selber lediglich als eine reprä sentative Persönlichkeit betrachte. Das war schon die Ankündigung einer vollendeten Sabotage. Man stelle sich einmal vor. was früher pas siert wäre, wenn eine derartige Ankündigung gegen einen Minister aus einem Amte heraus erfolgt wäre! In der Zwischenzeit hat es sich aber gezeigt, daß tatsächlich von gewissen Kreisen innerhalb des Ernäh rungsministeriums alles getan wurde, um dem neuen Minister sein Amt zu verekeln. Schon die Art der Einführung war geradezu beleidigend für den neuen Mann. Während es sonst üblich ist, daß der Staatssekre tär eines Ministeriums den neuen Minister einführt und begrüßt, hat man gegenüber Dr. Haslinde diese einfachste Anstandspflicht vollständig außer acht gelassen. Der Staatssekretär ist überhaupt nicht erschienen und der empfangende Beamte hat es nicht für nötig gehalten, an den Minister die einfachsten Höflichkeitsworte zu richten. Als dann der Minister an seine Arbeit heranging, fand er auf Schritt und Tritt Hemmungen vor, so daß er sich letzten Endes vollständig isoliert fühlte. Tat sächlich ist diese Isolierung bewußt vollzogen worden, und man weiß in unterrichteten Kreisen, daß von seiten gewisser Persönlichkeiten das Wort gefallen ist: „Wir me r o e n ihn schon mürbe machen!" Von ande rer Seite ist glatt gesagt worden: „Wir werden ihn nicht unterstützen!" Wenn man weiter hört, daß hier ein „Großmeistec vom Stuhl" mit das treibende Ele ment ist. wenn man ferner weiß, daß es sich um die von dem Grafen Kanttz hochgezüchtete Schicht handelt, die konsequent jeden katholi schen odergar Zentrumseinspruck im Reichs- ernübrungsministerium bekämpfte und den Abbau dazu benutzte, um dieses vorwiegend für die Wahrnehmung der Interessen der katholischen bäuerlichen Bevölkerung so wichtige Ministerium zu einer Hochburg der Rechtsparteien und der Antiklerikalen sowie der Loge zu machen, dann ist man über die Zustände im Neichsernährungsministerium im Bilde. Soll es so weiter gehen? Soll das Zentrum wieder einmal einen seiner besten Männer opfern? Sollen die Intriganten trimphieren? Hier erwächst nicht nur eine Pflicht der Partei, son dern auch eine Pflicht der gesamten Oeffent- lichkeit, nach dem Rechten zu sehen. Hier gibt es nur ein Mittel, rücksichtslosestes Durchgreifen und Ausmerzung derjenigen Persönlich keiten, die an solcher Sabotage schuldig sind. Die Dinge im Reichsernährungsministerium haben sich nach gerade zu einem Skandal herausgebildet, demgegen über Partei und Öffentlichkeit nicht untätig bleiben dürfen. Im Anschluß an die geschilderten Zustände im Reichsernährungsministertum wollen wir auch gleichzei tig die Frage klären, wie es mit der Vertretung von Zentrums angeh origen im Ministerium Die Bedeutung -er Konferenz -er Kleinen Entente in Temesvar AT. Wien. 10. Februar. Am heutigen Mittwoch kommen in Temesvar die drei Außenminister der Kleinen Entente zu einer Konferenz zusam men. Jugoslawen hatte ursprünglich die Abhaltung der Kon ferenz für den 19. Februar in Veldes vorgeschlagen, womit auch die Tschechoslowakei einverstanden ivar, da aber eine Bespre chung über die Stellungnahme der Kleinen Entente in der ungarischen Banknotensälscheraffäre von großer Dringlichkeit ist, so wurde für den 10 Februar eine eintägige Konferenz in Temesvar angescht. Später wird in Veldes eine neue Konferenz abgehalten, gelegentlich welcljer die übrigen Punkte des schon früher festgesetzten Programmes besprochen werden, lieber die Bedeutung dieser .Konferenz liegt hier eine inter essante Darstellung vor, in der gesagt wird, daß die Zu sammenkunft von Temesvar vielleicht dazu bestimmt ist, eine neue Phase in der mitteleuropäischen Politik einzuleiten. Man hat in der letzten Zeit eine Lockerungder kleinen Entente beobachten können und pessimistische Beurtei ler sprechen gelegentlich von ihrer bevorstehenden Auflös u n g. Tatsache ist. daß wesentliche Interessen der drei Staate». Tsche- chosloivakei, Jugoslawen und Rumänien in verschiedenen Richtungen lausen. Gemeinsam war bisher das Bedürfnis, einander die Grenzen zu garantieren uns bedroh liche Umwälzungen, besonders in Ungarn, gemeinsam zu ver hüten. Dieser wesentlich politische Inhalt des Bündnisses war also negativ und trug den Charakter des Provisoriums an sich. Vielleicht ivar es gerade das Fehlen einer positiven politischen Zielsetzung, das die iveilere Machtentwicklung der kleinen Entente verhinderte. Heute steht sie nun vor der Entscheidung, ob es ihr gelingt, durch ein positives Programm, das den Interesse» aller Beteiligten dient, neues Leben zu erhalten, allerdings vielleicht auch neue Formen, oder ob sie bedeutungs los, vielleicht gar liquidiert werden soll. In Prag denkt man daran, einen positiven politischen Inhalt zu finden und durch zusetzen. Man will den wirklichen Frieden in Mitteleuropa Herstellen oder, wie es gern genannt wird, das mittel europäische Locarno herbeiführen. Das kann im Augen blick nur heißen: Ausgleich zwischen Ungarn und seinen drei in der kleinen Entente vereinigten Nachbarn. Die akute Gegner schaft soll hier ebenso aufhören, wie sie zwischen Deutschland und seinen westlichen Nachbarn aufgehört hat. Die Einigung wird zwei wichtigste Gegenstände umfassen müssen, wenn sie zu einem wirklich definitiven Zustand führen soll: die terri torialen Ansprüche Ungarns und die Königs frage. lieber die tschechoslowakischen Pläne wird unter anderem mitgcteilt: Die Tschechoslowakei null anscheinend zu einer definitiven Regelung gelangen, und sie wird dabcl nicht umhin können, den Weg des Kompromisses zu beschreiten. Sie wird aus vielen Gründen bestrebt sein müssen, durch Zugeständ nisse die Sicherheit vor künftigen irredentistischen Bestrebungen Ungarns in der Sloivakei zu erbauten Man darf nicht ver gessen, daß es in der Slowakei maguarische Grenzgebiete gibt, die nicht nur außenpolitisch, sondern auch innenpolitisch dis Quelle von endlose» Schwierigkeiten bilden. In früheren Jahren wurde gelegentlich in Prag angedeutet, daß diese Grur gebiete als Kompensation für einen wirklichen Friedensschluß mit Ungarn sehr wohl in Betracht kommen könnten. Vielleicht bietet die nächste Zeir Gelegenheit, sich dieses Gedankenganges zu erinnern Eine definitive Befriedigung Ungarns müßte auch die Lösung der Könlgssrage in sich schließen. Daß sie auch vom innerpolitischen ungarischen Standpunkt aus segensreich wäre, ist sicher. In Vndapcst wird aber stets hiiimgenigt. daß die Tschechoslowakei vorläufig »och jede positive Lösung der .Königs frage verhindere Die Prager Bersion klingt ivesenttich anders. Tort widerstrebt inan nach wie vor der legitimistischcn Lösung, also -er Thronbesteigung des Ercherzogs Otto ivei! diese Lösung die Gefahr in sich schließe daß sie den Anfang einer monarchistischen Wiederherstellung von Oesterreich Ungarn be deuten Könnte. Dagegen wird mau wahrscheinlich in abiehbarer Zeit aus Prag die betonte Kundgebung hören können, daß die Tschechoslowakei sich einer beliebigen anderen Lösung der Königsfrage nichi iviedersetzcn wird. Tic Prager Regierung be trachte! grundsätzlich die Königsirage als eine innere Angelegenheit Ungarns, in die sie sich nicht einzumischen hat. wenn gegen schädliche außenpolitische Konsequenzen die not- ivendige Sicherheit gegeben erscheint. Es fragt sich nun. ob in Ungarn selbst die Bereitwilligkeit zur Herstellung eines solchen Desiniitvismus gefunden werden könne. Der Ausgang der F ä ! s ch u n g so i s ä r e soll darüber Klarheit bringen, und damit wäre auch der Standpunkt gekennzeichnet, von dein man zuminöestens in Prag zur Föl schungsangelegenhoit in Temesvar Stellung nehmen will. Eine ungarische Regierung, die wirklich Frieden machen will, werde nach diesen Prager Ansichten allein den Einsluß störender un bedenklicher Elemente im Lande zu beseitigen wissen Es liege also an Ungarns gutem Willen, jetzt selbst Ordnung zu machen, sonst werde es möglich sein, die öfsentlichc Mei nung von ganz Europa gewissermaßen zum Selbstschutz auszurufen. Zu dieser Prager Darstellung wird von rmnanisclzer diplo matischer Seite erklärt, daß die eintägige Konferenz in Temes var kaum so weitgehende Ergebnisse traben könne. Die Außen minister der kleinen Entente würden in Teniesvar zunächst nur jene Fragen bespreche», die eine unmittelbare Stellungnahme zu den Vorgängen in Ungarn notwendig machen Jedenfalls werde aber in diesem Belang die Konferenz wichtige Resultate ergeben. für die besetzten Gebiete aussieht. In ihrem Kampf gegen den Reichsminister Dr. Marx ist nämlich die „Kreuzzeitung" bei dem Vorwurf der Begünstigung von Zentrumsanhängern im Ministerium und Reichs- Kommissariat für die besetzten Gebiete in Koblenz ange langt. Folgendes ist der tatsächliche Verhalt: Der Reichskommissar bildet mit seinen Behörden einen selbständigen Teil des Etats des Reichs ministeriums für die besetzten (gebiete; die beiden ande ren Teile sind 1 die politische Abteilung und 2. die Ver- waltnngsabteilung. Nun sollte man annehmen, daß ge rade die politische Abteilung in bezug ans die parteipoli tische Zugehörigkeit der Referenten einigermaßen den Parteiverhältnissen im besetzten Gebiet entspräche. Dem ist aber nicht so. Es sind heute — einschließlich dreier Herren, die noch im Etat des Neichskommissariats in Koblenz geführt werden — tatsächlich nenn Referenten in dieser Abteilung des Rheimninisteriums tätig. Von diesen sind Angehörige der Deutschen Volkspartei drei Herren, darunter ein preußischer Landtagsabgcordneter, der Deutsch-Demokratischen Partei zwei Herren, dar unter einer, der nächster Anwärter für ein Reichstags mandat ist, ferner ein Sozialdemokrat, ein Deutsch- nationaler und — zwei Zentrnmslente! Das Zentrum besitzt also ganze 22,2 Prozent der vorhandenen Reseren- tenstellcn, während die beiden Rechtsparteien mit 44.4 Prozent die wichtigsten Rollen inne haben. Den beiden Linksparteien fallen 33.3 Prozent zu. Setzt inan nun gar noch als Wertmesser für die Bedeutung der einzelnen Referenteilstellen die Zahlen der jeweiligen Besoldungs gruppen als Rechnungsgrnndlage, so fallen den zwei Rechtsparteien 36,6 Prozent und 16.4 Prozent, also 47 Prozent zu, den Linksparteien 22,6 Prozent und 16,4 Prozent, also 36 Prozent, während das Zentrum in dem weiten Abstand von 20 Prozent folgt. Außerdem ist bei drei der wichtigsten Stelleninhaber der natürliche Grund satz verletzt, daß die Referenten nach Möglichkeit aus dem besetzten -- heute darf man wohl im Hinblick auf die erfolgte Räumung sagen, besetzt gewesenen — Ge biete stammen. Es handelt sich danach also nicht nur nicht um eitle Begünstigung von Zcntrumsleuten in dieser Verwaltung, sondern um eins im Verhältnis zu der Vertretung der Zentrumspartei in der rheinischen Bevölkerung ge radezu auffallende Benachteiligung der Z e n t r u m s p a r t e i. was aber natürlich die Skandal presse der Rechten nicht davon abhalten wird, weiter gegen Marx zu Hetzen. Für Mitteilung geeigneter Adressen »n die wir probenmnnmern unserer Teilung rcvecks xVerbung versenden können sind wir jederzeit dankbar!