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Mnburm TüstMatt -EP. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk 25 Pf. Inserate pro Zeile 10 Ps„ Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Obsrgasse 2S1L. —«^»— WaldmbMM Anzeiger. MÄlsit M des AMraH M AslStÄsrz. Filialen: in Altstadlwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Langenchurs dorf bei Herrn H. Stiegler; in Psn'g bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgaffe; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolksnburg bei Herrn Emil Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Zugleich weit verbreitet in dm Städten Penigs 8««zeu««, Lich teuft ein-Csllnb er g und in dm Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: MLst«dt-Waldenburg, BrüunSdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen« Kuba-Niederham, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, OelSnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. 255. Donnerstag, den 3t. Oktober 1««S. Wtttermlgsausstchten für den 31. October: Ziemlich warmes und trockeues Wetter bei veränderlicher Bewölkung. Barometerstand am 30. Oktober, nachmittags 3 Uhr: 762 mm. Unverändert. Großes Feuer in Skutari. "Waldenburg, 30. Oktober 1880. Es ist in diesen Tagen die Mittheilung verbreitet worden, die Reichsregierung werde, wenn das neue Socialistengesetz, dessen Inhalt bereits bekannt ist, vom Reichstage abgelehnt werden sollte, den letzteren sofort auflösen. Wozu diese Nachricht in Umlauf gebracht worden, ist nicht recht ersichtlich; denn die Kartell- Mehrheit des Reichstages denkt gar nicht daran, die Vorlage zu verwerfen. Die Verhältnisse haben sich soweit geklärt, daß die Stellung der einzelnen Parteien zu dem Gesetzentwurf ersichtlich ist. Mit den Social demokraten werden die Freisinnigen den Entwurf rund weg ablehnen, weil sie sagen, daß durch das Socia listengesetz kein praktischer Erfolg erreicht, die Zahl der socialdemokratischen Wähler nur noch vermehrt worden sei. Im Cenlrum sagt der linke Flügel der Partei dasselbe und wird darum gegen die Vorlage stimmen; die rechte Seite des Centrums ist bereit, das Gesetz zu verlängern, aber nicht auf unbestimmte Zeit hinaus, wie der Gesetzentwurf fordert. Auch in der nationalliberalen Partei kann man sich nicht für eine dauernde Giltigkeit des Ausnahmegesetzes aus- sprechen, sondern wünscht nur eine zeitgemäße Ver längerung, gleichviel in welcher Form, während die conservativen Parteien gegen eine endgiltige Regelung nichts einzuwenden haben. Es handelt sich zunächst also darum, ob die verbündeten Regierungen damit einverstanden sind, daß die Zeitdauer des Gesetzes auf zwei, drei oder fünf Jahre festgesetzt werden wird. Die immerzu wiederholten Socialistendebatten machen Niemandem im Reichstage besondere Freude, und mit Wohlbehagen wird die Reichsregierung einen Vor schlag, die Dauer des Ausnahmegesetzes genau festzu stellen, schwerlich aufnehmen. Aber aller Wahlschein- lichkeit nach dürfte sie ihm trotzdem zustimmen, denn in diesem Falle würde die Zahl der für dieses Gesetz abgegebenen Stimmen doch erheblich größer sein, als wenn am vorliegenden Entwürfe festgehallen würde. Eine Mehrheit ist aber unter allen Umständen zweifel los, und an eine Reichstagsauflösung wegen des So- cialistengesetzes braucht überhaupt Niemand zu denken. Der neue Entwurf bringt Milderungen der bis herigen Bestimmungen; es tauchen aber auch in den der Regierung nahestehenden Parteien Ansichten auf, daß man noch etwas weiter gehen könnte. Der Haupt punkt des Gesetzes sind die polizeilichen Ausweisungen aus den Städten, über welche der kleine Belagerungs zustand verhängt worden ist, und diese Bestimmung ist im neuen Gesetz noch dadurch verschärft worden, daß einmal Ausgewiesene nur mit Bewilligung der Landes polizeibehörde sollen zurückkehren dürfen. Es bedarf keiner ferneren Darlegung, um zu erkennen, daß die Ausweisung immer eine sehr harte Maßnahme ist, von der auch unschuldige Familienglieder schwer ge troffen werden. Es scheint aber zweifelhaft, ob die verbündeten Regierungen hierin Concessionen machen werden. Höchstens würde man die geforderte Ver schärfung fallen lassen. Hingegen ist auf einem anderen Gebiete wohl eher Nachgiebigkeit zu erwarten. Die Bcschwerdecommission, welche Proteste gegen auf Grund des Socialistengesetzes erlassene Anordnungen prüft, besteht aus Mitgliedern des Bundesrathes und höchster deutscher Gerichtshöfe, und man muß ihr nachsagen, daß sie gerecht ihres Amtes waltet. Aber der Geschäftsgang ist schwierig, die Entscheidungen beanspruchen viel Zeit. Da er scheint es in der That angebracht, als Beschwerdecom mission ein für alle Male eine Abtheilung des Reichs gerichts einzusetzen, die schnell arbeiten kann. Durch eine erst nach geraumer Zeit wieder aufgehobene poli zeiliche Maßregelung entsteht immer ein schwerer Scha den, der, wenn die Maßregel nicht gerechtfertigt war, doch möglichst verhütet werden sollte. An eine Aufhebung des Socialistengesetzes selbst ist, darüber kann nach der Thronrede und der Begrün dung zur neuen Vorlage kein Zweifel bestehen, in ab sehbarer Zeit nicht zu denken. Die verbündeten Re gierungen erachten den Entwurf als nöthig und halten unbedingt daran fest. Der Zeitraum, in welchem das Socialistengesetz besteht, Hal allen Ordnungsparteien gezeigt, daß sie allein im Stande ist, die Umsturz bestrebungen durch geschlossenes Eintreten gegen die Vertreter excentrischer Pläne zu beseitigen. Es ist f Thatsache, daß die Socialdemokraten in keinem ein- ; ! zigen deutschen Wahlkreise die unbedingte Mehrheit für s ! sich haben, sie haben nur den größeren Eifer und die ! i größere Thätigkeit für sich. Die Socialdemokraten s gewinnen ihre Wahlschlachten durch die Aufbietung des i j letzten Mannes ihres Heerbannes, geschähe von an- j ! derer Seite dasselbe, würde das Resultat ein anderes i ' sein. Die Ordnungsparteien imponiren der Arbeiter- s menge nicht genug, darin liegt das Räthsel der Er- s folge der Agitatoren. Politische rmrnsjchon. Deutsches Reich. ! Dienstag Vormittag fand bei dem deutschen Gesandten ' Le Maistre in Athen ein Frühstück zu Ehren des deutschen Kaisers statt, welchem außer dem Monar- . chen Prinz Heinrich, der Staatsminister Graf Bismarck, ' General von Hahnte, Geh. Rath von Lucanus, Ober- ' Hofprediger Vr. Kögel, Generaladjutant von Wittich und andere Herren beiwohnten. Am Nachmittag machte der Kaiser wiederum einen Ausflug. Abends ist im Schlosse großer Hosball. Auf der Rückreise von Konstantmopel will der Kaiser noch Troja und den Peloponnes besuchen. Nach der türkischen Haupt stadt seibst begleiten die Majestäten nur ihre eigenen Schiffe und ein Aviso. Montag Nachmittag besuchten l der Kaiser und die Kaiserin die Ruinen der Akropolis, s Die Kaiserin erschien in enganliegendem schlichtem i ! Kleide, dunkler Tuchjacke und breilkrämpigem Hut, der Kaiser in Admiralsunifcrm. Eine Absperrung war / nicht erfolgt, Personen aller Stände waren in den i Tempeln und Hallen anwesend, worunter zahlreiche deutsche Seeleute, welche die Majestäten mit jubelndem Hoch begrüßten. Die Majestäten bewegten sich ohne alle Förmlichkeiten inmitten der Menge. Darnach ist also die Kaiserin sehr munter, und die Meldungen, sie werde wegen Unpäßlichkeit die Reise nach Konstantinopel nicht mitmachen, erscheinen wenig glaubwürdig. Diens tag Vormittag fanden bei dem kronprinzlichen Paare große Gratulationscour der fremden Vertreter und der zahlreichen Abordnungen statt. Daß Kaiser Wilhelm bei der Galatafel das Hoch auf das griechische Königs paar und Griechenland in griechischer Sprache aus brachte, hat sehr begeistert. Aus Konstantinopel werden die Schilderunngen von ganz außerordentlichen Festvorbereitungen für das deutsche Kaiserpaar auf ein bescheidenes Niveau zurückgeführt. Von der Nachricht, der Sultan habe Geschenke im Werthe von Millionen bestellt, ist nichts wahr, und auch die Einrichtung für die kaiserliche Wohnung hält sich in den üblichen Grenzen. In tür kischen Regierungskreisen verlautet, der Sultan werde den russischen Kaiser einladen, im nächsten Früh jahr von der Krim aus Konstantinopel zu besuchen. Der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin hat seine Reise nach Südfrankreich zum Winteraufenl- halt angetreten. Nach Privatmittbeilungen ist der Zustand des kranken Fürsten ungünstiger, als bisher bekannt war. Besorgnißerregend ist eine Lungenaffec- tion, welche Blutauswürfe zur Folge gehabt hat. Mit neuen Achtmillimeter-Gewehren ist in der ganzen Reichsarmee zuerst das Gardejägerbataillon in Potsdam ausgerüstet worden. Dasselbe hatte die neuen Waffen aus Spandau erhalten. Jetzt sollen Truppen theile des 8. und 10. Corps an die Reihe kommen. Der Finanzausschuß ües bayerischen Abgeordneten hauses genehmigte 21,560,000 Mark zur Herstel lung von Doppelgeleisen, erhöhte auf Ersuchen des Ministers von Crailsheim wegen der inzwischen überall gesteigerten Fabrikpreise und Steigerung des Betriebes die Position für neue Locomotiven und Waggons um °/4 Millionen. Die vom Wolff'fchen Telegraphenbureau in Berlin verbreitete Nachricht, der erste Vorsitzende der deutsch- freisinnigen Fraction des Reichstages, Freiherr Schenk von Slausfenberg, wollte kein Mandat wieder an nehmen, stellt sich, nach Berliner Zeitungen, als falsch heraus. Herr von Stauffenberg ist wohl leidend, denkt aber nicht daran, aus dem politischen Leben auszu scheiden. Neue Streitigkeiten zwischen dem Sultan von Zanzibar und der deutschen ostafrikanischen Ge sellschaft waren aus Ostafrika gemeldet worden. Nach speciellen Berichten ist der Kernpunkt des Zwistes folgender: Der Sultan, hinter welchen sich die eng lische ostasrikanische Gesellschaft gesteckt zu haben scheint, behauptet, die deutsche Schutzherrschaft über Nord- Witn-Land sei vertragswidrig; er verlangt deshalb die Rückgabe der Waarenhäuser, welche die deutsche Gesellschaft ohne Recht besetzt habe. Der Sultan von Witu hält nach wie vor die Steuergebäude besetzt und erklärt, er erkenne nur deutsche Behörden an. In dem Gefecht zwischen der deutschen Schutztruppe und den Aufständischen in Ostafrika, in welchem Letztere mehrere Hundert Tode verloren haben sollen, comman- dirte, 'wie noch bekannt wird, der Reichscommissar Wißmann nicht selbst, sondern sein Stellvertreter Freiherr von Gravenreuth. Wißmann ist noch in Mpuapua. In der bayerischen Kammer begann Dienstag die Plenarverhandlung über die Malzaufschlagvorlage. Der Finanzminister sprach eingehend dafür, eine Ab stimmung erfolgte noch nicht. Dem Bundesralhe ging eine Vorlage zu, betreffend die Subvention der Postdompferverbindung mit Ostafrika. Dieselbe ermächtigt den Reichskanzler, diese Dampferverbindung deutschen Unternehmern für die Zeit bis zu 10 Jahren unter einer Beihülfe von höchstens 900,000 Mk. jährlich zu übertragen. Die Fahrten sollen mindestens alle vier Wochen stattfinden; die anzulaufenden Häfen bestimmt der Reichskanzler. Die Fahrten sollen spätestens 12 Monate nach dem Vertragsabschluß beginnen. ^esierrellq-Ungarn. Zahlreiche jüngere Erz Herzöge sind beim neuesten Avancement befördert worden, darunter auch zum