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Anton Bruckner gilt mit Recht als der größte Sohn Oberösterreichs. Am 4. September 1824 kam das „Tonerl“ in Ansfelden zur Welt, als erstes von elf Ge schwistern, von denen nur fünf lebensfähig blieben. Der Vater, der auch Anton hieß, war Lehrer. Anton der Jüngere wurde auch Lehrer und blieb dem Schulmeisterberuf treu bis zum 31. Lebensjahre —länger als sein Wiener ,,Amtskollege“ Franz Schubert! Der dreizehnjährige Junge Anton Biuckner kam beim Tode des Vaters zunächst auf das Chorherrenstift St. Florian. Die drei Erziehungsjahre dort wurden für das ganze folgende Leben bestimmend und grundlegend; das größte Erlebnis wurde für den Jugendlichen die Orgel. Mit der Ablegung der Lehrerprüfung in Linz wurde der Grund gelegt für die pedantische Gewissenhaftigkeit in geistigen Dingen, die Meister Bruckner sein Leben lang beibehielt. Im ersten Lehramt im weltverlorenen Nest Windhaag war es nötig, dem übermäßig bescheidenen Lehrergehalt etwas nachzu helfen durch allerlei Tanzmusik. Hier, beim ,,einfachen“ und „zwiefachen“ Ländler, hat er sicher den typischen Bruckner-Rhythmus (Achtel wechselnd mit der Triole) kennen- und liebengelernt! Er wurde nach Kronstorf und Linz versetzt, die ent scheidende Förderung der Orgelstudien wurde wiederum in St. Florian erreicht, wo Bruckner als frommer Katholik die ersten Bachschen Werke kennenlernte, hier „sammelte“ er als ßojähriger die ersten Organistenzeugnisse. Die triumphale Prüfung auf Grund der Zeugnisse seines Lehrers Simon Sechters in der Wiener Piaristen- kirche — berühmte Leute wie Otto Dessoff, Josef Hellmesberger und Johann Herbeck waren zugegen — erbrachte die künftige Anstellung am Wiener Konservatorium: 1868 wuide der 64jährige Anton Bruckner endlich Konservatoriumsprofessor, er wurde Universitätslektor für Musiktheorie, er wurde Doktor honoris causa. Bruckner hat 11 Sinfonien geschrieben, eine „Schul-Sinfonie“ und die „Nullte“ mit eingerechnet, die bei der Wagner Verehrung Bruckners harmonisch, in der Instrumen tation und in der Ausdehnung ausnahmslos wagnernahe sind. Der 4. Sinfonie in Es-Dur gab Bruckner selber den Namen die „Romantische“, wobei er den Hinweis auf die Naturmystik und das heimische Volkstum der Sinfonie andeutete. Der erste Satz atmet Sehnsucht nach dem Walde, nach seiner Heimlichkeit, nach seinem tiefen Frieden und stimmt den Hörer ernst und feierlich — braucht außerdem ein ganz aus gezeichnetes Orchester mit hervorragenden Instrumentalisten für die mehr oder minder symbolischen Naturschilderungen. Ein dankbarer Hymnus jubelt dem Schöpfer dieser Waldschönheit zu. Beim zweiten Satz, der einem Trauermarsch ähnelt, in demdieViolon-Celli und die Bratschen klagende Melodien singen, hat Biuck ner vielleicht an die Natur als Trösterin im Leid gedacht. Denn das Ende des Satzes, verklärt und geströstet, wird zum Sieg über alles Leid. Und Ehrensache, daß in der Romantischen Sinfonie im dritten Satz, im Scherzo, das Waldhorn dominiert! Wie ein gemächliches Tänzchen klingt das Scherzo-Trio zum aufgeregten Waidmanns leben. Das Finale der 4. Sinfonie gehört formal zu den schwierigsten Brucknersätzen, die Themen sind nicht so schlicht, wie wir sie sonst kennen. Aber wir hören mit Leichtigkeit, daß sich aus der Nebel- und Dämmerungsstimmung der Einleitung mit dem Thema in Horn und Klarinette bald wieder die feierliche Stimmung des ersten Satzes findet. Wenn man will, kann man dann den Schrecken des Waldes, den Wald in Nacht und Sturm gespenstisch hinein- oder heraushören, der im Gegensatz steht zu einem Abschnitt anmutiger Träumereien. Mit Klängen, die, gewollt oder unge wollt, an Wagners gewaltigen Nibelungenring erinnern, geht die Romantische Sinfonie zu Ende. Ein kluger Musiker hat einmal geäußert, alle Sinfonien Bruckners seien Orgel-Improvisationen des Meisters. Die 4. Sinfonie gehört zuallererst hierzu. Prof. Dr. Hans Mlynarczyk LITERATURHINWEISE: Robert Haas: Anton Bruckner, Potsdam 1934 Serge Morex: Bela Bartök, Zürich 1952 Vorankündigung: Nächste Konzerte im Anrecht A 11./12. März 1961, jeweils 19.30 Uhr Einführungsvorträge jeweils 18.30 Uhr 4. März 1961, 19.30 Uhr 9. Außerordentliches Konzert Dirigent: Prof. Heinz Bongartz Solistin: Janine Andrade, Paris Freier Kartenverkauf! 7. Philharmonisches Konzert 6065 Ra III-9-5 261 1,4 ItG 009/17/61