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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.04.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-04-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080403026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908040302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908040302
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-04
- Tag 1908-04-03
-
Monat
1908-04
-
Jahr
1908
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BezugS-Preit Abend-Ausgabe S Lazeiqev-Preis Ar L«iv»ta »iw vor«» dmch »vier« Trt,«r lüli bv-Lilrxr, «1 Ha»» gebracht« L»»gad« ch «»« «ra«i»> vrenrttttzrllch S vi.. moaaotch I Lt., Bllltaab« > kmorae»» a« adead») »tertrl- lidrlich 4.L0 M.. monalltch l.5O M. v»rch bl» D»ü da,leben: fl »ml tügllch) mnrrhald Deurlchland» ,»d der deutichen goto nie» viert,Ijtbrlich b.2b M., »loaaUich l.7b vt. -u«Ichl Post» betzellqeld, ür Oesterreich 9 u 66 tt, Ungarn 8 2 »irroltthrlich. Fernn ,n Bel» -ie». Dbnemart. dea Lanaukaalen, Frank reich. Aralie», vurrmdara «lederlaad«, -iorwege». tiustland Schweden, Schwelt und Spaniern An alle» übnaen Staate» nur direkt durch die Itlved d «l «rhtltlich. Bbonnement-Ännadtne> A»g»g»<pl»tz 8, bei uniere» Lrilaer». Filialen, Speduoure» und Lunadmestellen, ioiou Postämter» nnd Briefträger». Dl» «uMne «»mmer koste» Ist Vfß, kstedaktto» »ud Erve ditto»! Jodaanidgalse 8. Televbou «r. I4SSL Rr. 14SS3, Rr. I4SS4. rWigerTaMall Handelszeitung. Amts Klatt des Mates nnd des Nolizeiamtes der Stadt Leipzig. sstr g»s«r»t, an« tjewgt» »ad Umgebung di« S gespalten« Petitzrile L> PI., sinauzikü« Snzeigea ist) Ps„ Beklauten I M : ve» au«wärt« SV Pf., «-Namen l.Ä) «; dm»Kurland SVPs., stnani. Anzeige» 7LP>.. stieklamen 1^0 M. Inserat« ». Bebtrde» in. amtlichen Peil 4V Pt. Beilage,«büdr b M. p. Lausend exkl. Post gebühr. Geichästran »eigen an bevoriugler Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. Festerteill« Äulträge können nicht jurürk» gezogen werben. Für da« Erscheinen an bestimmten Tagen und Plötzen wirb keine Barann« übernommen. Un»eigen-Annahme, Kuguitu-platz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Lrpeditionro de« Ja» und vutlaaLe«. HmiVt-SUlal« verlt»! I«rl Lunlker, Herzog!. Bayr. Hosbuch- handluag, Lü-owstrahe 10. (Telephon VI, Sir. 4603-, Nr. SZ Freitag 3. April 1908. 102. Jahrgang. Das wichtigste vom Tage. * In B a d e n hat sich Minister v. Bothmann scharf gegen die Ein führung der Schiffahrtsabgaben ausgesprochen. (S. Dtschs. R.) * Der amerikanische Senat hat die Ernennung Hills zum Botschafter in Berlin bestätigt. (S. Ausl.) * Die Großherzogin von Luxemburg hat gestern in Santa Margherita Ligure vor den Abgeordneten der Luxemburgischen Kammer als neu ernannte Statthalterin den Eid auf die Verfassung geleistet. * In die Betrugsaffäre des russischen Staatsrats Pawlow ist auch die russisch-chinesische Bank verwickelt. (S. Ausl.) * Montenegrinische Offiziere in Petersburg erhielten Befehl zur sofortigen Heimreise. (S. Ausl.) Die englischen Finanzen. Aus London berichtet unser Korrespondent: Der am 31. März erfolgte Abschluß des englischen Finanzjahres hat sür die Staatsfinanzen ein glänzendes Ergebnis geliefert. Staats kanzler ASguith hat im abgelaufenen Jahre durch Mehreinnahmen über daS Präliminare einerseits und durch Einschränkungen der Aus gaben andererseits ein Plus von nahezu ^Millionen Pfund erzielt, was zwar hinter dem 5,4 - Millionen - Plus des Vorjahres ein wenig zurückbleibt, aber immerhin einen kolossalen Ucberschuß bedeutet, um welchen den englischen Finanzministcr manche seiner kontinentalen Kollegen von Herzen beneiden werden. Asquith hat überhaupt mit seinen Budgets großes Glück, denn auch das erste, von ihm 1906 eingebrachte, wenn auch von Austen Chamberlain im letzten Jahre der konservativen Verwaltung ausgearbeitete Budget ergab in der Praxis einen Ucberschuß von 3^ Millionen Pfund Sterling, so zwar, daß die Gesamtrechnung des liberalen Kabinetts bisher ein Plus von 13^ Millionen zeigt, welche auto matisch in den Fonds zur Tilgung der Staatsschulden flössen. — Das glänzende Resultat d«S gegenwärtigen Rechnungsabschlusses ist um so be- merkenswerter, als im Vorjahre die Einkommensteuer für die Erwerbs- kategorien unter 2000 Pfd. Sterl. jährlich (verdientes Einkommen) um 3 Pence im Pfund Sterling herabgesetzt wurde, während alle sonstigen Erwerbsstufen bei der noch vom Südafrikanischen Kriege her verbliebenen, drückend hohen Erwerbssteuer von 1 Schilling im Pfund Sterling, also bei 5 vollen Prozent zu verharren hatten. Der Schatzkanzler hatte einen Ab fall der Revenüen in diesem Jahre von 2 Millionen Pfund Sterling ins Budget gestellt, und erzielte dagegen eine Mehrcinnahme von 1^ Millio- nen Pfund Sterling. Ueberdies wurden 1^ Millionen in den Ausgaben erspart, was zusammen die eingangs erwähnte beträchtliche Ueberschuß- summe ergibt. Das Plus der Revenü erstreckte sich gleichmäßig über alle Kategorien der Staatseinnahmen, mit Ausnahme des Stempelgefälls, welches mit 30 000 Pfund Sterling hinter dem Voranschlag zurückblieb. Aus dem Manko in dieser Position ersieht man deutlich, daß der englische Handel in einer Periode des Rückschwunges aus der früheren Hochkonjunk tur begriffen ist, was sich übrigens im nächsten Jahre höchstwahrscheinlich noch deutlicher äußern dürfte. In Endziffern ausgedrückt, hatte Asquith die Eingänge mit rund 152,8 Millionen veranschlagt, und sic beliefen sich auf rund 156,5 Millionen, und er stellte Ausgaben von rund 153 Millionen ein, wovon aber nur 151^ Millionen wirklich verausgabt wurden. Die Frage ist, wie sich die Aussichten des nächsten Finanzjabres gestalten werden. Der realisierte Ucberschuß von rund 5 Millionen fließt, wie be merkt, dem Staatsschuldenfonds zu, beziehentlich wird er seinerzeit zur Abtragung der Staatsschuld verwendet werden. Das Budget für 1908/09 scheint sich nicht ganz so rosig zu stellen, denn erstlich wird sich der Vor anschlag für die Marine nicht unwesentlich erhöhen müssen, um dem not wendig gewordenen erhöhten Schiffsbauprogramm Großbritanniens ge recht zu werden, und zweitens wird der Schatzkanzler in diesem Jahre sein Versprechen im Hinblick auf die schon im Vorjahre angckündigte und sogar mit einem Nestci von 2^ Millionen Pfund Sterling sozusagen bevor schußte Finanzierung der im liberal-radikalen Negierungsprogramm stehenden Arbciter-Altcrspensionen einlösen müssen. Dieses ganz bedeutende Vorhaben wird mit einem Kapitalaufwand von 25 bis 30 Millionen Pfd. St. von den konservativen Rechnern veranschlagt, und dürfte, selbst wenn nur eine kleine Abschlagszahlung an die Forderungen der Radikalen erfolgen sollte, immerhin 5 bis 8 Millionen Pfund Sterling in Anspruch nehmen. Die Quelle, woraus dieses Erfordernis gedeckt werden soll, bildet schon seit Jahr und Tag den Gegenstand der emsigsten Spekulationen in beiden Lagern, und niemand vermag zu sagen, wie Asquith sich aus der verzweifelten Affäre ziehen wird. Ter Umstand, daß nicht bloß die Einkommensteuer trotz des tiefsten und wohl auf lange Zeit gewährleisteten Friedens noch immer auf exorbitanter Höhe steht, wie ja auch noch andere „Kricgsstcuern" von den Schultern des Steuerzahlers und Konsumenten nicht abgenommen wurden, läßt eine weitere An ziehung der Steuer- unü Zollschraubc nicht zu. Tie „Times" deutet an. daß Asquith ohne „Raid" auf den neuen „Sinking Fund" keinen rechten Spielraum zur „Manipulation" haben wird. Selbstverständlich schlagen die konservativen Blätter aus den unvermeidlichen Notwendigkeiten des zu gewärtigenden Budgets 1908/09 emsig Kapital, und blasen mit vollen Backen die Schutzzolltrompete, das einzige dein Reiche noch offenjtehendc Mittel, ferne Revenüen zu erhöhen. Ter indirekte Zoll ist bekanntlich die Hauptpanacee der TorieS, welche die Zeit von 1850 hcrbcisehnen, in der die Revenü zu 66 Prozent ans der indirekten und zu 34 Prozent aus der direkten Steuer gedeckt wurde, während erstere jetzt 104^ Prozent beträgt und die direkte Steuer 50 Prozent einbringt. Man darf unter solchen Um- städnen auf das diesjährige Budget gespannt sein. . Die Vorsengesetznovelle. Ergänzend zu unserm gestrigen kürzeren Bericht über die An nahme der natwnalliberalen Komprornißanträae in der Kommission geben wir noch ausführlich die wichtigsten Bestimmungen der Novelle in der Fassung wieder, die ihnen die Kommission gegeben hat: Die 53—60 im Regierungsentwurf, 88 56—63 (Verbindlichkeit von Börsentcrmingeschästen) ändern den Wortlaut der Regierungsvor lage nur redaktionell. Die 88 61—62 betreffen die Fondsbörse. 8 61 lautet nach dem Kompromißbeschluß: Börsenterminzeschäfte in Anteilen von Vermerks- und Fabrikunternehmungen sind nur mit Genehmigung des Bundesrats zulässig. Der Bundesrat kann Börsentermingeschäste in bestimmten Waren und Wertpapieren verbieten oder die Zulässigkeit von Bedingungen ab- hängig machen. 8 62. Durch ein verbotenes Börsentermingejchäft in Anteilen von Bergwerks- oder Fabrikunternehmunzen (8 61 Abf. 11 sowie durch ein Börsenterminqeschäst, das gegen ein von dem Bundesrat erlassenes Berbot verstößt (8 61 Abs. 2), wird eme Verbindlichkeit nicht begründet. Die Unwirksamkeit erstreckt sich auch aus die Bestellung einer Sicherheit. Tas auf Grund des Geschäfts Geleistete kann nicht deshalb zuruck- gesordert werden, weil nach Abs. 1 Satz 1 eine Verbindlichkeit nicht de- standen hat. Hierzu hatte das Zentrum das Berbot der Börsentermingeschäfte beantragt: die Wirtschaftliche Bereinigung wollte die Zulassung von zwei mit Dreiviertelmehrheit gefaßten Generalversammlpngsdeschlüssen abhängig machen. Beide Anträge wurden abgclehnt. Die 88 63 und 68 betreffen die Produktenbörse. Sie lauten nach den Kommissionsbeschlüssen: 8 63. Börsentermingeschäfte in Getreide und Er zeugnissen der Getreidemüllerei sind verboten. 8 64: Durch ein verbotenes Börsentermingeschäst in Getreide ober Erzeugnissen der Getreidemüllerei wird eine Verbindlichkeit nicht be- gründet. Die Unwirksamkeit erstreckt sich auch auf die Bestellung einer Sicherheit. Das Recht, das aus Grund des Geschäfts Geleistete deshalb zurück- zusordern, weil nach Abs. 1 Satz 1 eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat, erlischt mit dem Ablauf von 2 Jahren seit der Bewirkung der Leistung, es sei denn der zur Rückforderung Berechtigte vor dem Ablauf der Frist dem Verpflichteten gegenüber schriftlich erklärt hat, daß er die Herausgabe verlangt. 8 65: Die Vorschriften der §8 48—64 finden keine Anwendung auf den Kauf oder die sonstige Anschaffung von Getreide oder Erzeugnissen der Getreidemüllerei, wenn der Abschluß nach Geschäftsbedingungen er- folgt ist, die der Bundesrat genehmigt hat, und als Vertragschließende nur beteiligt sind: 1) Erzeuger oder Verarbeiter von Waren derselben Art, wie die, welche den Gegenstand des Geschäfts bilden, oder 2> solche Kaufleute oder eingetragene Genossenschaften, zu deren Geschäftsbetrieb der Ankauf, der Verkauf oder die Beleihung von Getreide oder Erzeugnissen der Getreidemüllcrci gehört. In den Geschäftsbedingungen muß festgesetzt sein: lj daß im Falle des Verzuges der nicht säumige Teil die Annahme der Leistung nicht ablehnen kann, ohne dem säumigen Teile eine angemessene Frist zur Bewirkung der Leistung zu bestimmen: 21 daß nur eine Ware geliefert werden darf, die vor der Erklärung der Lieferungsbereitichaft (Andienung) von beeidigten Sachver ständigen untersucht und lieferbar befunden worden ist: 31 daß auch eine nicht vertragsmäßig beschaffene Ware geliefert werden darf, wenn der Mmderwert nach der Feststellung der Sachverständigen eine bestimmte Höhe nicht überschreitet und dem Käufer der Minderwert vergütet wird, fowie, daß ein von den Sachverständigen sestgestellter Mehrwert bis zu einer bestimmten Höhe dem Verkäufer zu vergüten ist. 8 66: Wird ein auf Lieferung von Getreide oder Erzeugnissen der Getreidcmüllerci lautender Vertrag in der Absicht geschloffen, daß ledig- lich der Unterschied zwischen dem vereinbarten Preise und dem Börsen oder Marktpreise der Lieferungszcit von dem verlierenden Teile an den gewinnenden gezahlt werden soll, so finden die Vorschriften des 8 64 auch dann Anwendung, wenn es sich nicht um ein verbotenes Börsen- ternrinqcschäft handelt. Dies gilt auch dann, wenn nur die Absicht deS einen Teiles auf die Zählung des Unterschiedes gerichtet ist, (der natio nale Kompromißantrag lautete an dieser Stelle: „wenn nur die Absicht des einen Teiles lediglich auf die Zahlung des Unterschiedes gerichtet ist"! der andere Teil aber diese Absicht kennt oder kennen muß. Die Vorschriften der §8 762, 764 des B. G. B. bleiben bei einem auf die Lieferung von Getreide oder Erzeugnissen der Getreidemüllere'. lautenden Vertrag außer Anwendung. Feuilleton. Ein ganzes Buch — ein ganzes Leben. Marie von Ebner-Eschenbach. * Der neueste Hanr von Aahlenberg. Derselben Dichterin, !ie das seltene Talent besitzt, ihr Antlitz stetig zu wechseln und dort, wo sie hinpackt, interessant zu sein, die uns heute historisch kommt, um morgen als ein heftiger Angreifer unserer Kultur zu erscheinen, ist von dem Gesichtswinkel der Wahrheitsliebe aus jetzt ein schönes harmonisches Buch gelungen, dessen freimütige Art ganz dazu angetan ist, zum Freund und Berater eines einsichtigen Lesepublikums zu werden: „Der liebe Gott" (Verlag Vita). „Komische kleine Schachfiguren schienen die Menschen auf einem großen Brett, das Europa hieß, worauf sie immerzu irgendwo die Köpfe aneinanderstießen." So sieht Martina, die mehr als eigenartige Heldin des neuesten Kahlenbergschen Romans, Geschichte und Menschen. In ihrem Köpfchen wirbeln sich Gott und die Welt und — darin liegt das Wesentliche dieses ausgezeichneten Erziehung?- und Charakterbuches — die Geschlechter bunt durcheinander. Dieser fertige Mensch in dem halb- flüggen Kinde Martina, dieser Frechdachs von Spatz, besten Krankheits geschichte allein schon eine der treffendsten Anklageschriften gegen unsere skrupellose Art von heute, ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Nach kommenschaft zu heiraten, bedeutet, sind eminent klar konzipierte Charak- tere, die der Dichterin um so höher anzurechnen sind, als sie sie in den Dienst einer Tendenzsache gestellt hat. Denn wir wissen doch alle: wo die Tendenz beginnt sich breit zu machen, hat die Kunst gewöhnlich ihren Platz verloren. Im „Lieben Gott", der famosen Apologie der Wahr heitsmethode in der Erziehung, wird die bloße Absicht, der Gedanke inner halb der Arbeit, in seiner reichen Fülle an gut gesehenen und warm ge- schilderten Szenen zu einem Stück Leben durch ein Temperament erschaut. Wenn wir den Wablspruch Kahlenbergs: „Die Erziehungskunst ist die begriffene Natur", hören, wissen wir, worauf die Dichterin hinzielt. ES ist aber trotzdem merkwürdig und muß wohl an dem typischen Emp finden des werdenden Menschen liegen, den hier Kahlenberg in seltener Reinkultur geschaffen hat, daß auch wir Männer jeden Zug seelischen Wachsens dieses forschen Mädels miterleben. In der Geschichte gehörte ihr .Herz heimlich allen Empörern und Rebellen; jenen Bauern, die Luther wie tollwütige Hunde totzuschlogen empfahl, der französischen Revolution, den Märztagen von 48. Die da ein Drama „Danton" dichtet, das mit den Versen beginnt: „Und auf die stolzen Trümmer, auf die Ruinen jener alten Welt, auf all den Schutt van Himmel, Erd' und Hölle pflanzt sich der Freiheit blutige- Panier." Die die ganze Daseinstragik de» Mädchens, daS die Kraft, Mannesarbert zu tun, in sich spürt, mit jedem Atemzuge ihres Tagewerks durchmacht und sich die kühnen, ach allzu kühnen Flügel verbrennt, so es einmal den Mut zur Wahrheit findet. Es hieße ein eigenes Kapitel Zeitkritik schreiben, die deni Verfasser gar übel bekommen mag, würde ich hier von dem alle Grenzen unserer Erziehungskultur auf deckenden Widerspiel erzählen, das in der Geschichte der Martina Vogg» sandt, während der kurzen Spanne Zeit im Stift, von der ersten Rcli- gionsstunde bis zur Konfirmation immer und immer wiedcrkchrt, um sich schließlich am Ende, als die Lüge beginnt, dem reifen Charakter in dem unreifen Körper des Kindes unerträglich zu werden, zu einem einzigen großen Leid auszuwachsen. Da ein Mensch zu vollem Lebensbegreifen hinaufstrebt und von denen, die ihm emporhelfen sollen, armselig genug gehemmt wird — das ewige uralte Menschenleid! Die Dichterin dec Martina wird es nicht aus der Welt schaffen, so wenig wie größere Ge stalten menschlichen Elends. Aber sie hat aus ihrem Wege zu einer bis aufs intimste vertieften Lebensbeobachtung vielleicht als erster vollwertiger Künstler ihre Hand an eine Wnndc unserer Zeit gelegt, die erst dann ver narben wird, wenn wir Menschen großdenkend genug geworden sind, unsere Kinder mit dem Mittel und dem Werkzeug der Wahrheit zu er ziehen. V7iII^ Davon. * Der Geldmarkt im alten Rom. Die heutigen schwierigen Geldverhältnisse lassen cs als nicht un- interessant erscheinen, einmal einen Blick zurück zu tun in ähnliche Zeilen des Altertums und zu sehen, wie man damals derartigen Krisen zu begegnen suchte. Wir entnehmen die nachstehenden Ausführungen dem soeben in der bekannten Sammlung „Aus Natur und Geisteswelt" erschienenen Buch: Die ständischen und sozialen Kämpfe in der römischen Republik von Privatdozent Dr. Leo Bloch. (Nr. 22-1 (Leipzig, B. G. Teubner. Preis geh. 1 .<(, in Leinwand geb. 1,25 .^), das eine interessante zusammenfassende Darstellung der wechselnden Formen, die die soziale Frage in Rom, entsprechend der Entwicklung der äußeren Macht annimmt, unter stetiger Bezugnahme auf die entsprechenden Erscheinungen der Gegenwart enthält. Als radikales Heilmittel gegen Schwierigkeiten auf dem Geld märkte betrachtete man in Rom wie auch sonst im Altertum da? ZinS- verbot. Freilich hat man immer bald einsehen müssen, dag das ein sehr zweischneidiges Schwert sei. Die Geschichte des römischen Zinsfußes zeigt uns besonders deut lich, wie wenig durch derartige radikale Maßregeln das Uebel an der Wurzel angefaßt wird, wie sogar für die Bedürftigen die Laqe dadurch noch verschlimmert werden kann. Das Zwölstaselrecht hatte mit dem Münzjystem zugleich die erste Regelung des Kreditwesens einqcfübrt, indem es die Unze vom Äs, d. h. ein Zwölftel des Wertes als jährlichen Höchstzins gestattete und eine Ueberschreitung a'.s Wucher streng be strafte. Die licinischen Gesetze batten dann den Zinsfuß einfach ausgc- hoben, und zwar mit rückwirkender Kraft, so daß ein seit zwölf Jahren ausständiges Darlehen damit einfach getilgt war. vorausgesetzt, daß der gesetzliche Zins von 8'xi Prozent regelmäßig daffir enirich'el worden war. Derartige Gesetze erscheinen uns heute mir Recht als General bankrotte, und so wurden sie von den Gläubigern damals ganz gewiß auch aufgefaßt, wenn auch damals, da die Kapitalrente keine wesentliche Rolle spielte, das Verbot nicht so verhängnisvoll war wie in ent wickelteren Zeiten. Uebrigens steht der Fall nicht vereinzelt da. In den Zeiten der Unerfahrenheit und Unentwickeltheit auf volkswirtschaft lichem Gebiete hat man sich gar nicht so selten mit solchen Radikal mitteln zu helfen versucht. Erst die Erfahrung hat die Schattenseiten solcher Operationen würdigen gelehrt. Auch der athenische Gesetzgeber, der wegen seiner milden Weisheit von allen Parteien und zu allen Zeiten hochgeschätzte Solon, hat noch radikaler die Ueberschuldung des athenischen Kleinbauernstandes gehoben. In Rom ist übrigens „Schuldenerlaß" noch in der späteren Zeit der Bürgerkriege neben „Landverteilung" und „Mieterlaß" ein wirksamer Köder in der Hand der Parteihäuvter gewesen; auch Cäsar hat damit stark agitiert. Gewiß muß zugegeben werden, daß für den Augenblick durch jenen Generalbankrott zahlreichen kleinen Existenzen Luft gefasst werden konnte. Aber eine Bürgschaft sür dauernd gesunde Verhältnisse war von einem gesetzlichen Zinsvcrbole keinesfalls zu erwarten. Die nach- teiligen Folgen stellten sich auch schnell genug ein. In kurzem stockte überhaupt jeder Kredit. Die Kapitalisten gingen wohl ihres bisherigen mühelosen Gewinnes verlustig, aber dafür war auch für die Geld bedürftigen nirgends mehr Hilfe zu finden. Da aber in solchen Fällen das Bedürfnis um jeden Preis seine Befriedigung zu schaffen pflegt, so blieb den Leuten nicht recht etwas anderes übrig, als das Gesetz in aller Heimlichkeit zu übertreten. Bei der Höhe der Wucherstrafen war das natürlich ein großes Risiko, für das sich etwa bereitwillige Kapi talisten durch die Größe des Beridienstes entschädigen mußten, so daß die Lage durch das scheinbar so volksfrcundliche Zinsverbot erst recht mißlich war. Zehn Jahre nach dem licinischen Gesetz sah man sich darum veranlaßt, den alten Zinsfuß von 8Xi Prozent gesetzlich wieder zuzulassen. Die Angaben unserer Quellen über die Zinsgcsctze dieser Zeit sind um so weniger anzuzweifeln, als sic den inneren Zusammen- Hang der einzelnen Tatsachen gar nicht erkennen und rein sachlich die äußeren Ereignisse berichten: höchstens mag die Datierung nicht immer genau sein. So war man wieder zum alten zurückgekchrt, freilich nur um sich wieder von seiner Unbrauchbarkeit zu überzeugen. Es währte auch gar nicht lange, so seufzte wieder alles unter dem hohen Zins, und wieder mußte die Gesetzgebung helfen. Dieses Mal versuchte man cS mit einem Mittelwege, indem man den alten Höchstzins auf die Hälfte, auf eine halbe Unze vom Pfund — 4'^ Prozent herabsetzte. An diciem Schwanken sieht man so recht die Schwierigkeiten dieser Uebergangs- zeit, in der das allmähliche Vordringen der Geldwirtschaft die alten Lebensformen ablöstc. Indessen auch der berabgesehtc Zins scheint die an ihn geknüpften Erwartungen nicht erfüllt zu haben. Auch mit diesem Zinsfüße, mag er nun den Kapitalisten zu niedrig oder den Ent leihern zu bock gewesen sein, ließ sich die Kreditsrage nicht lösen. Reu- wütig kehrte man wieder zu dem unbedingten Zinsvcrbote zurück, und zwar, wie die Ucberliestrunq berichtet, süntuntnwanzig Jahre nack, her licinisch-iertischen Recicluna der Kreditverhältnisse. Da? war ein böser Z'ckzackkurs, der an sich schon eine gedeihliche Entwicklung des Kredit verkehres hätte verhindern müssen; ober die Geldwirtichaii war damals
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