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Nummer LOS - SS. Jahrgang >al wöchtl.vezugspreiSt s. September L R.-M. auSschk, steNgeld. Berechnung der Anzeige« nach Rent.-Mark. eise: Die elngespaltene Petttzeile SV f. Familtew« VereinSanz., Gesuche 2V H'. Di« Pent-Reklamezetla S mm breit, 1 l«. Offertengebühr für Selbstabholer > bei Uebersendung b. d. Post außerdem Porto» duschlag. Preis f. d. Einzelnummer 10 Renteu-Pfennig. «eschäftlicher Teil: Josef Fohmann. Dresden. Dienstag 2. September 192^ Im Falle höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung aus Lieferung sowie ErfiUluug v. Anz.-Auftrügen u Leistung v. Schadenersatz. Für undeutlich u. d. Fernspr, übermittelte Anzeigen übernehmen w>r keine Ver antwortung. Unverlangt eingesandte u. mit Rückporto nicht versehene Manuslripte werden nicht aufbewahrt. Sprechstunde oer Reval wn 5 bis 6 Uhr nachmittags, Hauptschristleiter: Dr. JosesAlbert Dresden, Tageszeitung für christliche Politik und Kultur GesNiiiftSstell« der Sächsischen Volk«, Dr„N »nd >v> - . - »resden-A. IS. , scheckkoiitoDresden 147M tell« der Sächsischen Volks,eitnua und Verlag, Saronia-Vuchdnickerei GmbH, ^ 18, Holbeinstrahe 46, Fernruf MW, Post. ^ W» VW ' Ae Well »er Ami' Zur Milk Neil - Redaktion der Sächsische» VollSzeitung Dresden > A. IS. Holbe>»stras;ct^ gernruf W7L2 und WS« s 83. Deutscher Katholikentag Hannover Hannover, den 3t. August 1924. ^ In einer Stadt, die für die deutschen Katholiken Diaspora ist, — sind doch unter 400 000 Einwohnern in Hannover nur 40 000 Katholiken, und unter zwei Millionen Andersgläubigen im Bistum Hildesheim nur 213 000 Katholiken — ist die 6 3. Generalversammlung der deutschen Katho liken nun zu Gast. Festlich ist die Stadt geschmückt jedoch nicht allerwegen auS diesem Anlaß. Noch verschwundene Pracht, noch letzter Nest vom SängerfestI In stattlichen neuen Dekorationen von der Neichseisenbahn und der NeichSpostverwaltung gestellt, präsentiert sich der Bahnhofsplatz. In der Mitte ragen die großen Pylonen, die weithin den Gruß den ankommenden Festteilnehmern entbieten. Ein Wagnis ohnegleichen war der Beschluß, in Hannover die diesjährige Katholikenversammlung abzuhalten. Diese Tagung setzt die im vorigen Jahr unterbrochen« Folge der jährlichen Katholikeiwersammlungen fort. Nach München im Jahr 1922 war Köln für 1923 in Aussicht genommen. Als eine rein religiöse Veranstaltung war diese Tagung gedacht, die, wie es in einem Schreiben des Kölner Lokalkomitees an das Zentralkomitee der Generalversammlung der Katholiken Deutschlands heißt, »nach dem bis in alle Einzelheiten bearbeiteten Programm unter dein päpstlichen Motte: Pax Christi in regno Christi, zu einer außerordentlichen glücklichen und gewissenhaften Vorarbeit für Böikerversöhnung und Völkerfrieden sich gestalten sollte." Wenn damals die Absage aus Gründen erfolgen mußte, die gegenüber heute doch den Wandel der Gesinnung und des Geistes sinnfällig macht, so richtet doch Köln die Bitte an das Zentralkomitee, daß möglichst bald eine Generalversammlung der Katholiken Deutsch lands im Schatten des Kölner Domes, in der Metropole des katholischen Nheinlandes, in dem altehrwürdigen Köln abgehalten werde. Und nun hat Ha n n o v e r daS Wort. Groß ist der Zustrom der Gläubigen auS dem ganzen Lande ,und groß ist die Beteili gung namentlich auch auS den Kreisen des hohen und höchsten Klerus. Den Auftakt des deutschen Katholikentages bildete der in der Ausstellungshalle der Stadt Hannover. Der weite mit Fahnen, Wimpeln und Tannengrün geschmückte Raum war bis auf den letzten Platz gefüllt. Der Feierlichkeit wohnten bei, Weihbischof Straeter auS Aachen, Prälat St« in mann aus Nom, ferner der Senior der Zentrumspartei, Reichs- und Land lagsabgeordneter Herold, Geheimrat Porsch, Fürst Löwen stein, Vizepräsident Abgeordneter Dr. Bell, sowie als Ver- treier für die offizielle Welt, Reichsminister Dr. Höfle, für di« preußische Negierung der Oberpräsident für die Provinz .Hannover, Noöke, der Regierungspräsident des Regierungsbezirks Han nover von Velsen, der Oberbürgermeister der Stadt Han nover, der Polizeipräsident von Hannover und sofort. Der Vorsitzende des Lokalkomitees Steiger eröffnete die Feier mit einer Begrüßung der erschienenen Gäste, in der er besonders hervorhob, daß sich auS dem Auslände zahlreiche Glau ibensbrüder, sogar aus Amerika eingefunden hätten. Die dies jährige Generalversammlung der Katholiken Deutschlands sei in eine Stadt der Diaspora verlegt worden, deren Einwohner nur zu einem Zehntel Katholiken seien, die aber gerade deshalb umso deine in der Marienkirche in Hannover ruhen. Er teilte mit, daß die Rheinlandkommission di« Abhaltung der Katholikenversamm lung in Köln verbot, ein erneutes Zeichen für die Tatsache, daß jvir in Deutschland noch nicht frei seien. Weit« Gebiet« unseres Landes litten unter der Herrschaft fremder Mächte. Der Redner schloß unter donnerndem Applaus mit dreifachem Hoch auf den Heiligen Vater und das deutsche Vaterland. Danach ergriff der Oberpräsident NoSke das Wort, eS sei ihm eine groß« Ehr« und Freude, die deutschen Katholiken in Hannover begrüßen zu können. Er gedenke stets mit Freuden der guten Zusammenarbeit mit Männern des katho lischen Glaubens, in denen er in schwersten Stunden des Vater landes treue Kameraden gefunden Hab«. Auch die Beratungen dieses Katholikentages würden sicher dazu beitragen, djft Kräfte im Volke zu wecken, die das beste für das Vaterland wollen. Danach hieß Oberbürgermeister Lelnert hie treu zu ihrem Glauben stehenden katholischen Männer und Frauen willkommen. Die Stadt empfind« es als Auszeichnung, sie beherbergen zu dürfen. Sie lasse deshalb zu ihren Ehren die Fahnen von den städtischen Gebäuden flattern. Von den übrigen Rednern wurde einmütig dem Gedanken Ausdruck gegeben, daß der gute Katholik auch immer noch stets ein guter Deutscher gewesen sei. Von den rheinischen Rednern wurde betont, daß dies in besonderem Maße von den Katholiken des besetzten Gebietes gelte, U. a. ergriff auch der Reichsminister Dr. Koeste das Wort. Er überbrachte die Grüße deS noch in Berlin zurück gehaltenen Reichskanzler Marx und des Arbeitsministers Dr. Brauns und führte etwa folgendes aus: „Meine Damen und Herren! Ich darf feststellen, daß Herr Reichskanzler Marx sich um das deutsche Bolk durch das er folgreiche Verhandeln in London ein Niesenverdienst erwerben hat, das erst die Nachwelt in seiner Bedeutung richtig erkennen wird, und wenn auch heute weite Kreise des deutschen Volkes für das, was in London erreicht ist, kein Verständnis habe», bei ihnen, sehe ich voraus, daß sie die Tragiveite der Beschlüsse in London ermessen. Die Katholikentage sollen Aufbauarbeit leisten. Ich darf mit der größten Genugtuung feststellcn, daß die deutschen Katholiken in den lehten Jahren in führender Stel lung an der deutschen Politik gestanden haben. Und das konn ten sie auf Grund der Weimarer Verfassung, die ihnen freie Be tätigung im vollen Umfange garantiert. Wir haben nationale Gesinnung immer so aufgefaßt, daß sie nicht in Äußerlich keiten erfolgt, daß der wirklich Nationale und wirklich Vater ländische auch in Zeiten der Not sein bestes gibt, um dem deut schen Volke zu Helsen. Auch wir denken mit Begeisterung an die große Zeit zurück. Auch wir singen mit Begeisterung das Lied „Deutschland über alles". (Bravo.) Aber wir wissen auch, daß die nationale Gesinnung mehr verlangt, als diese Äußerlichkeiten. Nur aus diesem Wege sind die Möglichkeiten gegeben, unseren Brüdern an Rhein und Ruhr die Freiheit wiederzugeben. Darin liegt die ungeheure Bedeutung des Lon doner Paktes, daß endlich Rhein und Ruhr du Charakter der Reparationsprovinz verlieren, daß endlich das gesamte deutsche Bolk, die gesamte dcutsckze Wirtschaft, die Lasten zu tra- gen hat. und ich meine, das, was unsere Brüder an Rhein und Ruhr für die Einheit des deutschen Volkes geleistet haben, kann überhaupt nicht wieder vergolten werden. Wir können mit Recht verlangen, auch als Katholiken, daß endlich einmal die Lasten abgenommen werden, daß das gesamte Bolk seinen Teil dazu bei trägt, denen im besetzten Gebiet zu Helsen und Erleichterung zu bringen. Meine Damen und Herren! Katholikentage sollen Wiederaufbauarbeit leisten. Wir wollen eine ganze Reihe sozi aler und wirtschaftlicher Fragen beraten. Ich will hassen, daß der Katholikentag mithilft zum Ausbau des Deutschen Reiches, daß endlich bessere Zeilen dem Deutschen Reiche beschieden werden." Der gegenwärtige badische Iustizminister Trunk hatte den Gruß des katholischen Volkes vom Oberrhein überbracht. Der Vorsitzende des Münchner Katholikuomitees übermittelte Grüße aus Süddeutschland, ein katholischer Presseveteran Han- kamer aus Essen, Herr Markert aus Techno bei Chicago, Herr Schoppe aus Kattoivitz, Herr Direktor Treiber aus Stuttgart, versicherten, teilweise in fröhlich-humoristischer Form, ihre Glück wünsche von der Ruhr, aus Amerika. Schlesien und der letzte Redner aus Schwaben, in dem er zugleich den Katholikentag für das nächste Jahr nach Stuttgart einlud, wo der iressliche Oberhirt des schwäbischen Landes, Bischof Keppler von Rot tenburg sein goldenes Priesterjubiläum feiert. SlMlüg in ttt We Der Himmel hat ein Einsehen gehabt. Gestern abend und heute nacht zwar schwere Rege »falle, daß die Straßen heute früh wl« frisch gespült sind. Al»er he-ute früh hat daS Wetter gehalten. DaS viele Wasser gestern hat weder der Begrüßungsversammlung noch den Kommersen unserer Studenten besonderen Eintrag getan. Die Kommerse des C. V. und des U. B., welche gestern abend stiegen, hatten sogar die besondere Auszeichnung, daß der Herr Nuntius Paccelli in Begleitung des DiözesanbischofS von Hil desheim und deS Herrn Weihbischofs Straeter von Aachen ihnen beiwohnte. Der K. V. feiert seine Jubelgeneralversamm- lung erst nach dem Katholikentag in Hannover, so daß auch der Kommers erst später stattfindet. Heute in aller Frühe schon ungewohntes Leben auf allen Straßen, vom Bahnhof und von den Außenvierteln zogen die Kolonnen der Männer- und Jung,»äm,ervereine herein, an der Spitze die Fahnen und Mustkchöre, alle zu den einzelnen Ver- sammlngSplätzen, von wo dann der gemeinsame Anmarsch nach dem Schützenplatz stnttfand. Welch ein Bild war das: Die Zehn tausende von Menschen, der nach Hunderten zählende Fahnenwald inmitten der hundertjährigen Bäume, Linden, Eschen, Eichen, da zwischen hie und da di« schneeweißen Arme schneeweißer Birken und die Luft erfüllt von dem Geflüster der allzeit geschwätzigen Pappeln. Milten auf dem großen Platz trug ein Musiktempclchcn den Altar, an dem der pästlich« Nuntius Paccelli selbst die PonWkalmeffe las. Unweit davon die freistehende Kanzel, von der herab der hochmürdige Bischof Dr. Christian Schreiber, der andäch tig lauschenden Menge Worte der Ntahnung und des Segens verkündete: Die Pflicht, zu hören auf die unfehlbare Kirche, aber auch das Versprechen ewigen Lohnes und zeitlichen Heiles für jeden, der dem göttlichen Worte folgsam ist. Und dann strömten die Massen zurück — vorbei an dem Prachtbau des neuen hannoverschen Rathauses, das wie ein Märchenschloß inmitten der herrlichsten Parkanlagen vor einem geheimnisvollen See gelagert ist; vorbei an der uralten Burg und an dem staatlichen Schloß, in dessen Hose lang« Reihen Schau lustiger stehen, um die prächtigen Räumlichkeiten einer Besichtigung zu unterziehen. Noch dem Festgottesdienst, der von strahlendem Sonnen schein begünstigt war, fand im festlich geschmückten Hannoverschen Festsaal die erste sesWeiie Bersmuil« statt. Die Vereine marschierten in geschlossenem Zuge zu ihren großen Versammlungslokalen. Ein prachtvolles Bild bot sich dem Beschauer dar, ein Bild, das umso hinreißender wirkte, als es sich in einer Diasporastadt abwickeite, die ein derartiges machtvolles und majestätisches Bekenntnis katholischen Glaubens noch nie gesehen hat. Besondere Begrüßung durch die dichtspalierte Hannoversche Bevölkerung fanden die Arbeit-rvcreine. insbesondere die in ihrer Pracht aufmirschrerri'den Bergleute aus dem Rnhrrevier, dann die Gesellen- und Männerver eine. Einen besonderen Glanzpunkt der Veranstaltung bot der farbenprächtige Aufmarsch der farbentragenden studentischen Verbindungen und der iivcigei: Korporationen Inzwischen hatten sich die Mitglieder des Zentralkomitees, an der Spitze Fürst Loewenstein, ferner die Mitglieder des Lokalkomitees unter Führung des Reichstagsabgeordnelcn Oeko- nomierats Steiger und viele geistliche und weltliche Persön lichkeiten eingesunden. Vor allem wurde der Präsident DDr. Par sch immer wieder lebhaft begrüßt. Auch der Mgeordnete Herold wurde herzlich willkommen geheißen. Mit stürmi schem Händeklatschen wnrde der Vertreter seiner Heiligkeit des Papstes, der Nunlius Paccelli empfangen, der in vollem Ornat erschien. Mit ihm waren verschiedene Bischöfe, Prälaten und Ordensleute. Die Versammlung wird eröffnet durch den Vorsitzenden des Lokalkomitees, Reichslagsabgeordneten Steiger, mit dem ka tholischen Gruß: „Gelobt sei Jesus Christus." Unter jubelndem Beifall begrüßte Steiger den päpstlichen Nuntius, die Bischöse, Prälaten und Geistlichen, den Präsidenten des Reichstages, die Minister des Reiches und der Länder und alle übrigen erschiene nen führenden Persönlichkeiten des deutschen katholischen Le bens. Der Vorsitzende begrüßte sodann alle Teilnehmer des Katholikentages und schilderte die großen Schwierigkeiten, die der Abhaltung des Katholikentages in dieser Diasporastadt im Wege standen, die aber mit echt karholisckem Opfermut über wunden wurden. Es wird sodann durch den Hochwürdigen Propst Seeland im Aufträge des DiözesanbischofS Dr. Josef Ernst die Adresseanden HeiligenVal er zur Verlesung gebracht. Das Schreiben -es Papstes wird von der Versammlung stehend angehört. Der Papst spricht den Gruß an die Generalversammlung aus und erteilt ihr den Apostolischen Segen. Der Hl. Vater gedenkt in seinem Schrei ben Ludwig Windthorsts, den er als Vorbild für die Kirche rühmt. Der Hl. Vater versichert, daß er keine Zweifel habe, daß die Katholikenversammlung in Hannover einen glncki- lichen Verlauf nehmen werde. Er habe um deswillen keinen Zweifel, weil er die bewunderungswürdige Einsicht und Aus dauer kenne, mit der die deutschen Katholiken dem Schutze der katholischen Sache sich widmen. Mit besonderer Würde gedenkt der HI. Vater der Tätigkeit der Katholiken Hannovers für die Förderung des Gottesdienstes, für de» Schutz des Glaubens und für die Pflege werktätiger Nächstenliebe. Der Hl. Vater erteilt der Generalversammlung den Apostostlischen Segen. Der Präsident des Lokalkomitees Steiger bringt den Dank und das Trengelöbnis zu dem Hl. Vaier zum Ausdruck in einem „Hoch", in das von der Versammlung mit vollem Herzen eingestimmt wird. Das Präsidium -es Kacholikenlages Man schreitet dann zur Bildung des Präsidiums. Es ist dabei Rücksicht genommen worden, alle Stände der Bevölkerung der deutschen Katholiken für dieses hohe Amt heranzuziehen. Als Präsident wird vorgeschlagen der Oberbürgermeister Farwick von Aachen, um auf diese Weise die Bevölkerung des besetzten Gebietes zu ehren. Die Wahl findet stürmische Zustimmung.' Farwick nimmt die Wahl mit Dank an. Als 2. Vorsitzender wird ein Vertreter des Grundbesitzes gewählt und zwar Gras Franz von Galen» Dinklage. Zum 3. Vorsitzenden wird als Vertreter des Arbciicr- standes der Geschäftsführer des Gesamtverbandes der Christlichen Gewerkschaften zu Köln, Kaiser, gewählt. Für den 4. Prüft» dcntenposten wird eine Frau gewühlt und zwar Frau Mini sterialrat Hehberger-Berlin. Die Gewählten werden mit Händeklatschen begrüßt. Man wählt dann noch 4 Schriftführer.