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T für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter I Wilsdruff-Dresden Nr. 284 — 90. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 7. Dezember 1931 Jie me MelMmg fettiWstellt i m Zwangsversteigerung das saus gekauft hat, hat auf Kosten der Allgemeinheit einen hübschen Gewinn in die Tasche gesteckt. Für die Ge meinden und Staatskassen ist nicht nur das Kapital ver loren, sondern auch Zinsen und Tilgungsbeträge, die für Neubauten verwendet werden sollten. Dadurch wird auch der Baumarkt geschädigt. Kurzum, die mühselig aufge brachten Hauszinssteuern gehen der Allgemeinheit ver loren, wenn nicht rechtzeitig eingegriffen wird. Es wird erforderlich sein, unverzüglich zum Schutz der Hauszinssteuerhypotheken gesetzliche Anordnun gen zu treffen. Man kann daran denken, daß der Zu schlag bei der Zwangsversteigerung nur unter der Be dingung erteilt wird, daß die Hauszinssteuer mit über nommen wird. Man kann aber auch daran denken, daß die Mieter, auch nach dem Wegfall der Haus zinssteuer zur Zahlung der Verzinsung und Tilgungs raten, und zwar unmittelbar an die Wohnungsfürsorge gesellschaften, verpflichtet werden. Die Miete würde sich dann entsprechend diesen Beträgen vermindern. Nashington-Aasel-Serlm. Verfassungsgemäß tritt am ersten Montag Dezember der Amerikanische Kongress zusammen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt- erscheint an allen Werktagen nachmittags S UHr. Bezugspreis: Bei Abholung in der GeschäftSstcllc und den Ausgabestellen L AM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,so RM., bei Postbestellung lÜR^g.AllePostanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend P^botennnduniereAus" ttage-uÄd WeschSstsstellcn ' — " ' nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonst. Betriebsstörungen bestrht kein Anspruch ans Lieferung der Leitung oderKllrzung desBezugspreises. — Rücksendung «inges-ndterSchriststÜche erfolgt nur, wenn Porto beilieg». Willen Frankreichs entgegenwirken werde, den Dounq- Ptan am 1. Juli einfach wieder in Kraft treten zu lassen. Der deutsche Standpunkt deckt sich natürlich damit, ohne daß das eigentliche End- ziel, nämlich die Streichung der gesamten internationalen schulden, aus den Augen verloren wird. Doch hierüber källt die Entscheidung in der für später zu erwartenden Reparationskonferenz; der Baseler Ausschuß hat ja nur em formell die Gläubigerregierungen nicht bindendes Gutachten über die gesamte Wirtschafts- und Finanzlage Deutschlands und Vorschläge über eine Abänderung der Zahlungsverpflichtungen des „ungeschützten" Teils zu machen * Die parlamentarische Lage in Washington wird durch zwei Tatsachen gekennzeichnet: Präsident Hoover, der als Führer der Republikanischen Partei in sein Amt hinein gewählt Worden ist, besitzt jetzt im Repräsentantenhaus nicht mehr die Mehrheit, sondern diese ist aus Grund von Nachwahlen von der Demokratischen Partei erobert worden. Im Senat, dessen Stellung und Befugnisse für die Außenpolitik von größerer Wichtigkeit sind als die- des Repräsentantenhauses, besteht noch eine republikanische Mehrheit von einer Stimme, aber in dieser Partei kämpfen die verschiedensten Strömungen und Ansichten gegeneinander. Zweitens erfolgt im nächsten Frühjahr die Präsidentenneuwahl und die politische Haltung beider Parteien ist darauf eingestellt, sich bei den Wählern die Aussichten nicht zu verderben. Infolgedessen dürfte es zwar zu einer nachträglichen Billigung des „Hoover-Feierjahres" kommen, aber ganz unzweideutig vorläufig jedes weitere Entgegenkommen gegenüber Europa in der Frage der interalliierten Schulden bzw. der Reparationen, über haupt jede Einmischung oder gar Bindung an die europäische und die Völkerbundpolitik abgelehnt werden. Die Deckung des amerikanischen Defizits von etwa 3,8 Milliarden Mark ist vordringlichste Arbeitsaufgabe des amerikanischen Parlaments unh die Behandlung der Reparationsfrage wird man Europa allein überlassen. * Auch der Sonder-„Un1srsuchungs"-Uusschuß des Noung-Plans tritt am Montag in Basel bei der Bank für den Inter nationalen Zahlungsausgleich zusammen. Deutsches Mitglied ist der bekannte Hamburger Bankier Melchior, der bereits auf der Pariser Aoung-Plan-Konferenz 1929 tätig war und seitdem sehr häufig bei Verhandlungen über Tributfragen mitwirkte. Es handelt sich in Basel um die Arbeit eines Ausschusses, der, formell unabhängig von den Regierungen, durch die Notenbanken der sieben im Ausschuß vertretenen Länder gebildet worden ist. Besonders bemerkenswert ist, daß der französische Ver treter Rist, ein bevorzugter finanzieller Berater Lavals — er begleitete den Ministerpräsidenten auch nach Washington —, in scharfem Gegensatz zu dem belgischen Mitglied Francqui steht. Viel schärfer noch ist aber in der Presse Englands am Vorabend des Zusammentritts der Kommission betont worden, daß England unbedingt dem DeutfchZanS und LiaLien. Dr. Hugenberg über Tributzahlungen und Abrüstung. Dr. Hugenberg gewährte dem Berliner Vertreter des „Resto del Carlino" in Bologna eine Unter redung, in der er u. a. ausführtc: Der Besuch Grandis in Amerika begegnet in Deutschland besonderem Interesse. Italien ist das erste Land gewesen, das die Unmöglichkeit der Tributverträge und der durch die Friedensdiktate ge zogenen Grenzen ebenso erkannt hat wie die Gefahr, die für Europa in der Ungleichheit der Rüstungen der ein zelnen Staaten liegt. Sein Wunsch ist es, daß Italien und Deutschland Zusammenwirken mögen, um den Völkern unseres Erdteiles endlich den wahren Frieden zu geben. Deutschland, gerade weil es seinen wirtschaftlichen Verpflichtungen nachkommen will, soweit es in seinen Kräften steht, muß weitere Tributzahlungeu ablehnen. Es muß mit größter Entschiedenheit ausgesprochen werden: Tribute oder Schulden! Trotzalledcm wollen wir uns über die Rückzahlungen auf einen anständigen Vergleich Die Arbeiten des Reichskabinetls praktisch beendet. Das Kabinett beendete seine Beratungen über die neue Notverordnungsprogramm. Am Sonntag wurden die letzten redaktionellen Arbeiten abgeschlossen. Die Unterzeichnung der Notverordnung wird wahrscheinlich am Montag und ihre Veröffentlichung am Dienstag er folgen. Der genaue Zeitpunkt der Veröffentlichung steht noch nicht fest. Dr. Brüning dürste am Montag die Parteiführer bei sich sehen, um ihnen die Bitte vorzutragen, einstweilen von einer Einberufung des Reichstages abzusehen. Eine fruchtbare Kritik der Notverordnung — dürfte er aus führen — wäre erst möglich, wenn sich die Maßnahmen auf dem Gebiet der Preissenkung sowie der Lohn- und Gehaltssenkung einige Zeit ausgewirkt hätten. Man nimmt in parlamentarischen Kreisen, die der Regierung nahestehen, an, die Sozialdemokraten würden sich zur weiteren Duldung gewinnen lassen. Machen Vollsvenllögea bedroht. Bei Beratung der neuen Notverordnung ist auch der Plan aufgetaucht, die Neubaumieten dadurch zu senken, daß Länder und Gemeinden aus Verzinsung und Bildung der H a u Sz i st e u e r Hypo theken verzichten. Dieser Plan, der außerordentlich umstritten ist, birgt eine große Gefahr in sich, nämlich die, daß Milliarden von Volksvermögen, die in den Hauszinssteuerhypotheken der Neubauten stecken, schließlich ganz verlorcngehen. Diese Gefahr ist um so größer, als die Hauszinsstcuerhypothelen auch noch von einer anderen Seite bedroht werden. Dar über schreibt uns ein Kenner der Verhältnisse folgendes: Was ist die Hauszinssteuer eigentlich? Sie ist ein Zuschlag zur Grundvermögenssteuer, der nach dem Gesetz zur „Förderung der Bautätigkeit auf dem Gebiete des Wohnungswesens" dienen soll. Die Finanznot der Länder brachte es aber dahin, daß an dieser so sicher fließenden Quelle immer mehr Abzapfungen zu anderen als den ursprünglichen Zwecken vorgenommen wurden. Alle Länder haben Teile dieser Steuer für ihre Verwaltungskosten abgczweigt und die Kommunen haben das Recht erhalten, für ihre Verwaltungszwecke Zuschläge zur Hauszinsstener zu erheben. Zur zweckentsprechenden Verwertung der Hauszins steuergelder sind in regional leicht zu übersehenden Be zirken die Wohnungsfürsorgegesellschaften errichtet wor den, an denen die Städte, die Kreise oder eine Gemein schaft von Gemeinden beteiligt sind. Durch Hingabe von billigen Hypotheken sollte ein Anreiz zum Wohnungsbau gegeben "werden. Verzinsung und Tilgung betragen jeweils nur ein Prozent und die Wohnungsfürsorgegesell schaften waren damit einverstanden, daß die Hauszins- steuerhypothek erst an dritter Stelle gesichert wurde. Um zu verhindern, daß mit den billigen Hauszinssteuer hypotheken Lurusbauten errichtet werden, haben die Wohnungsfürsorgegesellschaften gewisse Bauvorschriften gegeben, so über die Größe der bebauten Fläche im Ver hältnis zur Zahl der Wohnräume, über die Höhe der Baukosten und über ähnliches. Ob diese Bestimmungen immer eingehalten worden sind, dürfte nicht ohne weiteres mit ja zu beantworten sein. Vielleicht ist es doch ge wandten Bauherren und geschickten Architekten gelungen, eine Baukostenrechnung vorzulegen, die zwar auf dem Papier den Richtlinien entsprach, aber praktisch doch nicht mit dem Zweck der Hauszinssteuer übereinstimmtc. Es gehen da allerhand Gerüchte um, aber es muß ja nicht alles wahr sein. Die Hauszinssteuer muß von jedem Staatsbürger bezahlt werden, der im Besitz einer Altwohnung ist. Wer eine Hauszinssteuerhypothek bekommt, baut also mit Geldern, die aus der Tasche der Allgemeinheit genommen sind. Es soll damit aber kein Geschenk gemacht werden, sondern das Kapital soll verzinst und im Laufe der Jahre zurückgezahlt werden. Aus den eingehenden Zinsen und Tilgungsbeträgen sollen neue Mittel für Bauten bereitgestellt werden. So wenigstens ist die Sache gedacht. Die Hauszinssteuergelder sollen nicht verloren sein, sie sollen der Allgemeinheit erhalten bleiben. Dar auf Hai die Öffentlichkeit ein Anrecht. Aber in der Praxis sehen die Dinge anders aus. In einem süddeutschen Parlament gab es vor Jahren auf die Frage, ob denn die Hauszinssteuergelder auch gesichert wären, als Antwort nur ein Achselzucken bei den Abgeordneten aller Parteien. Es bestanden also von Anfang an Zweifel. Heute sind diese Zweifel begründeter als je, daH Milliarden dieses Volksvermögens schwer bedroht sind. Es sind in den letzten Wochen schon mehrfach Zwangs versteigerungen erfolgt, bei denen die Hauszins steuerhypothek beim Zuschlag glatt ausgefallen ist. Gewiß scheinen das zunächst nur Ausnahmefälle, aber diese Ausnahmen können sich häufen und werden sich häufen, nicht nur unter dem Druck der wirtschaftlichen Not, sondern auch dadurch, daß gewisse Elemente ver suchen können, diese Entwicklung auszunutzen und die hauszinssteuerhypothek ganz planmäßig kaputt zu machen. Beispielen fehlt es nicht, und wie die Sache gemacht de» ' ^igt folgendes: Hinter der an dritter Stelle stehen- ei" banszinsstcuer kann jederzeit eine vierte für dielen beliebigen Gläubiger eingetragen werden. An nickuV werden dann einfach die Hypothekenzinsen die Zwo "st so daß er juristisch einen Grund bekommt, lich die ^Versteigerung zu betreiben. Nun kann »atür- aeben bn» ^inde,' die Hauszinssteuer für das Haus ge- wird .Haus bei der Versteigerung erwerben Das weil s Attisch nur in wenigen Fällen möglich sein, wen oie nassen der Gemeinden eine derartige Politik nicht E^r erlauben. In relativ sehr vielen von den bisher beobachtenden Fällen haben die Gemeinden auf den Er n Grundstückes verzichtet und die Hauszins- Kapital, das die Steuerzahler aufgc- allew der n'e verloren. Den Nutzen hat dw gwancisv^r»»^"^* des Hauses, denn er hat durch ersten und viclleiw^"'^ alle Lasten, mit Ausnahme der L Winn, weil er die a e n Mt höheren G e - möglichst aufrechterhält " Mretforderungen natürlich Mit anderen Worten .. - der neue Besitzer, der in der Wenn schließlich die „Stillhaltckommission" zur Regelung jener privaten Schuldverpflichtungen der deutschen Wirtschaft erst am Sonnabend in Berlin mit der Arbeit beginnen wird, so sind doch die Vorverhandlun gen bereits jetzt eifrig im Gange. Dieser internationale Ausschuß, der, wie sein Baseler Vorgänger im vergan genen Spätsommer, unter dem Vorsitz des Amerikaners Wiggin steht und in den England wieder den Bankier Layton entsendet, hat als deutsche Mitglieder u. a. Direktor Dr. Schmitz von der I. G. Farbenindustrie und mehrere Direktoren der Großbanken. In Newyork haben zwischen den amerikanischen Vankenvertretern bereits Besprechun gen stattgefunden, in Paris werden sich die Engländer mit den Franzosen und Belgiern zusammensetzen, auch Holland und die Schweiz haben ihre Ansprüche angemeldet, — aber von überall hört man dasselbe: Das Stillhalteab kommen könne und werde nur verlängert werden, wenn Deutschland am 1. März einen Teil dieser Kredite tat sächlich abbezahle; außerdem würden nur wirtschaftlich vernünftige Kredite verlängert werden. Außerdem solle Deutschland sich bemühen, durch „Verständigung" mit Frankreich die Konsolidierung eines weiteren Teils dieser kurzfristigen Schulden herbeizuführen, also eine große französische Anleihe unter Annahme der „politischen Be dingungen" nachzusuchen, daß natürlich die gesamte Arbeit dieses Ausschusses und deren Erfolg absolut von dem ab hängt, was in der Tributfrage geschieht, Weitz man in Basel ebenso genau wie in Berlin. In den nächsten Tagen wird nun auch zum mindesten ein Teil der großen wirtschaftlich-sozialpolitisch finanziellen Winterhilfe-Notverordnung herauskommen, über deren Inhalt die Öffentlichkeit nur sehr unbestimmt unterrichtet worden ist. Infolgedessen ist auch der Antrag auf sofortige Wiedereinberu- fungdesReichstages selbst von den Mittelparteien nicht unterstützt worden, die sich teilweise oder ganz als Gegner Brünings bekannt haben: Man will erst einmal abwarlen, was eigentlich in der Notverordnung drinsteht. Politisch ist dabei bas Wichtigste, ob der Lohn- und Ge haltsabbau offen oder auf Umwegen zur Voraussetzung einer Preissenkung gemacht wird, ob er gleichzeitig mit dem Preisabbau erfolgen soll oder ob die Preissenkung als Bedingung für den Lohnabbau erklärt wird. Die Sozialdemokratie hat sich politisch unbedingt als Gegnerin einer Senkung des Reallohnes ebenso festgelegt wie einer wesentlichen Beschneidung des Tarifwesens. Wirtschaft lich steht im Vordergrund, baß ma- mit einer schweren steuerlichen Neubclastung rechnen muß; aber das eigentliche Ziel der Notverordnung ist die Balancierung der öffentlichen Haushalte auf direktem wie auf indirekten Wege über eine Bekämpfung der katastrophalen Preis- und Kostenkrise und des Sinkens der Kaufkraft. Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr, 6 Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amlshauvtmannschaft Meisten des Amts, gerickts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördliches Matt.