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Die „.Weißeritz.Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag) Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. LS Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Nkg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie nie Agenten nehmen Be- stellungm an. MkMitz-Zkitllilg. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Inserate, welche Seid» bedeutenden Auflage de» Blattes «in« sehr wirk sam« Verbreitung lindes werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionelle» Theile, die Spaltenzeile M Pfg. Amtsblatt für die Königliche Amtshauplmannschast, das Königliche Amtsgericht und dm Stadtrath zu Dippoldiswalde. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehne in Dippoldiswalde. Mit »chtseitige» „Muflrirt« U»terh«tt«^blatt". Mit land- m,d hanSWirthsch-ftttch-* Rr. 69. Donnerstag, dm 16. Juni 1898. 64. Jahrgang. Auf zur Wahl! Noch einmal wenden wir uns vor der ReichStagS- wahl an die nationalgesinnten Wähler mit dem Rufe: „Aus zur Wahl!" Vor allem gilt es, daß alle königstreuen und monarchisch gesinnten Wähler an der Wahlurne er scheinen, um durch Abgabe ihrer Stimme zu protestiren gegen den revolutionären Umsturz der Sozialdemokratie. Möchte doch der Arbeiterstand erkennen, dab die So zialdemokratie ihnen das wahre Heil nie bringen kann. Der Kieler Wrrstarbeiter Thomsen, früher ein eifriger Sozialdemokrat, der aber das ehrgeizige, selbstsüchtige und lügenhafte Treiben der Parteiführer erkannt und ihnen mit Ekel den Rücken gewandt hat, sagt in seiner jüngst erschienenen Schrift, daß die Sozial demokratie nicht die erträumte Glückseligkeit, sondern nur „die Verelendung des Arbeiterstandes" zur Folge haben muß. Gegenüber den unheilvollen und drohenden Ge fahren, welche die sozialdemokratische Bewegung in sich schließt, muß nächsten Donnerslag die Parole sein: „Hie Ordnungspartei, d. h. Erhaltung des christlich monarchischen Staates! Hie Sozialdemokratie, d. h. Vernichtung alles Bestehenden mit unsäglichem Elend im Gefolge!" Wer aber noch im Zweifel wäre, ob er seine Stimme dem konservativen oder dem reformerischen Kandidaten geben solle, dem sei zur Kennzeichnung der reformerischen Partei der Absagebrief in Erinnerung gebracht, den vr. Förster, der ehemalige eifrige Re former, am 13. Juni an den Abgeordneten Zimmer mann gerichtet hat. Wir führen aus diesem Schreiben nur folgende Stellen an: Sie wünschen Thatsachen. Ich könnte allerlei ansühren, begnüge mich aber mit dem Folgenden: FraktionSfitzungen sind seit Monaten gar nicht mehr abgehalten worden, früher auch nicht in genügender Weise. Die beiden Wahlen in Königsberg und Wiesbaden find nicht besprochen, kein Entschluß ist gefaßt morden. Der nächste Parteitag hätte z. B. längst vorbereitet werden müssen, soll er nicht eine ziemlich belanglose Zusammenkunft, wie der in Halle, werden. Von dem überaus mangelhaften Besuche des Reichstages auf Seiten unserer Fraktion, von unseren ganz unzureichenden Preßverhält- nissen will ich nicht weiter reden. Die Folge jenes Besuches und des Mangels an aller Belebung ist, daß die Stellung zu den wich tigsten Gegenständen dem Belieben de« Ein zelnen überlassen bleibt. Und demgemäß wird unsere Bewegung auch im Lande keine rechten Fortschritte machen. Stillstand und Mangel am Leben überall! Oder zu viel Leben, d. h. oberflächlicher Radau mit verbrauchten Schlachworten! Dies Schreiben sagt jedem ruhig Denkenden genug; denn schärfer könnte die deutsch-soziale Reformpartei nicht von ihrem ärgsten Feinde verurtheilt werden. Zur Reichstagswahl. Wie meisterlich es die Reformpartei durch ihre Presse und durch ihre Führer verstanden hat, den Bauern stand in einzelnen seiner Glieder zu verhetzen, zeigt das „Eingesandt" aus Ruppendorf in der letzten Nr. dieser Zeitung. Also soweit ist eS gekommen, daß Leute den Kandidaten ihres Berufs, der mit ihnen Fleisch und Bein ist, der am besten wissen muß, Wa der Landwirthschast noth thut, verleugnen, um einem ZeitungSredakteur ihre Stimme zu geben. Und warum? Nur darum, weil Herr Andrä der Meinung dieser Verführten nach zu den „Grotzgrundbe- fitter« oder Reichen, da« sind die Kon servativen", gehört. Ist das nicht dasselbe Miß trauen, dieselbe Unzufriedenheit, wie man sie bisher nur in den Reihen der Sozialdemokraten fand! Welch ein Zerrbild der konservativen Partei muß in den Köpfen dieser Bethörten entstanden sein! Wahrlich, wenn dem so wäre, die konservative Partei würde schon längst in sich zerfallen und ihrer Fallsucht zum Opfer gefallen sein! Gott sei Dank aber besitzen wir in der konservativen Partei noch eine starke Macht, die an Christenthum und Monarchie sesthält, die treu steht ,u Kaiser und König, die selbstlos eintrltt für das Wohl aller Berufsstände, die eine gesunde Ent wickelung der wirthschastlichen Politik erstrebt und den Mittelstand, wie insbesondere die wirthschaftlich Schwachen zu stützen sucht. Allerdings verfügt die konservative Partei nicht über berauschende Schlag wörter; sie verschmäht eS auch, durch weitgehende Versprechungen Hoffnungen zu erwecken, die nie Ver wirklichung finden können. Darum ist eS wohl mög lich, daß dem politisch Unweisen die honigsüße Zukunfts musik der Reformer mehr in die Ohren gellt, als daS ruhig ernste Wort der Konservativen, umsomehr aber gilt eS auch, besonnen zu prüfen, und ein jeder wolle ein kurzes, aber wahres Wort aus dem letzten Flug blatts des Bundes der Landwirthe beherzigen, das da lautet: , Glatte Worte täuschen! -Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Nächsten Sonntag steht dem hiesigen Turnverein und somit zugleich unsrer Stadt der Besuch einer größeren Anzahl Turner mit Ange hörigen (bei guter Witterung mindestens 300) des Allgemeinen Turnvereins aus Dresden bevor, welcher sein alljährliches Wald- und Wiesensest in der Haupt sache hier zu feiern gedenkt. Ein TurnrathSmitglied wird die Gäste schon in SeiserSdorf empfangen und sie nach der Barbarakapelle und dem Steinbrnch führen, woselbst der hiesige Turnverein zur Einholung sich versammelt hat. Nach 1 Uhr wird der vereinigte Zug auf dem Marktplatze eintreffen und nach osfizieller Begrüßung sich zum Mittagsmahle begeben. Um 4 Uhr ist Auszug nach der Aue, wo die noch übrigen Stunden bis zur Abfahrt durch volkSthümlicheS Wett turnen, Spiele und Tanz auf grünem Rasen ausge- füllt werden sollen. Die zur Hebung der Stadt be stehende Kommission aber fordert mit der Turnerschaft die Bürger auf, den Gästen, wie immer auch diesmal theilnehmend entgegenzukommen und diese Theilnahme besonders durch Flaggenschmuck vornehmlich der Häuser am Markte zum Ausdruck zu bringen. Hagesgeschichte. — Die bevorstehende Reise des deutschen Kaisers nach Jerusalem hat die Befürchtungen des katholischen Frankreichs wachgerufen. So wird dem „Soleil" aus Beirut in Syrien geschrieben, daß die Reise des Kaisers Wilhelm II. für das Ansehen Frankreich» als Be schützer der katholischen Christenheit beS Orients ver- hängnißvoll werden könne. Spanien-Nordamerika. Ein« Meldung aus Tampa bestätigt, dab das daselbst an Bord einer größeren Transportflotte eingeschiffte amerikanische Expeditionskorps für Cuba bis jetzt noch nicht abge gangen ist. Allerdings war der Befehl zur Abfahrt schon gegeben, er wurde aber wieder zurückgezogen, da 4 spanische Kriegsschiffe in der Gegend von Key West gesehen worden sein sollten. Nunmehr soll die Ab fahrt der Transportflotte mit dem Expeditionskorps, dessen Mannschaften übrigens durch die Hitze und in folge ihrer Zusammendrängung auf den Schiffen sehr leiden, endgtltig am nächsten Sonnabend erfolgen. Im Kleinen setzen jedoch die Amerikaner ihr« Lan- dungSversuche auf Kuba fort. Nach einer Meldung aus Kingston wurden 600 Mann amerikanische Ma rinetruppen in der Guantanamo-Buchl gelandet, welche die Trümmer der Außenbefestigungen von Guavta- namo und Caimamera besetzten. Ferner landete ein amerikanisches Kanonenboot bei Afferad 400 Gewehre, 5 Tonnen Lebensmittel und 60000 Patronen für die Insurgenten im Südosten Kubas. Das Gerücht über einen vor Manila am letzten Sonnabend stattgefun denen Entscheidungskampf zwischen den Aufständischen und den Spaniern, welcher angeblich mit der Ein nahme Manilas durch die Aufständischen geendet hätte, hat noch keine Bestätigung gesunden. — Der „New-Jork Herald" veröffentlicht ein Telegramm aus Washington, nach dem die llebergab« Manilas erfolgt sei. Man sei indessen noch ohne Nachricht, ob sich die Stadt dem Admiral Dewey oder den Aufständischen übergeben habe. Vermischtes. Eine Anekdote von Friedrich dem Großen, die bei uns kaum bekannt sein dürste, berichtet die „T. R." nach einem russischen Schriftsteller der fünfziger Jahre. Friedrich der Große, so schreibt der Russe, begegnete eines Tages einem Menschen, der ziemlich liederlich aussah und offenbar stark angetrunken war. Dem König schien es, als ob er den Mann schon einmal in der Kanzlei eines seiner Minister ge sehen habe, und sein Gedächtniß und scharfes Auge hatten sich nicht getäuscht. Höchst aufgebracht über das liederliche Aus sehen und den Zustand des Beamten, fragte er ihn zornig: „Wie heißt Er, und wo dient Er?" Der Betrunkene ant wortete muthwillig: „Er — heißt die dritte Person des persönlichen Fürworts, und Er dient als Jurist in der Kanzlei des Grafen Herzberg's ..." — „Er Schlingel," rief der König, „will er mich die deutsche Grammatik lehren, und Er weiß nicht einmal, daß der Eigenname, sobald er den Artikel vor sich hat, nicht gebeugt wird?" Bei diesen Worten, die der König, seinen Mark und Bein durchdringenden Blick auf den Trunkenbold gerichtet, im höchsten Zorne sprach, kam der junge Beamte augenblicklich zur vollen Besinnung, und mit einer Geistesgegenwart, die den König in Erstaunen setzte, antwortete er unter einer tiefen Verbeugung: „Vor Ew. kgl. Majestät muß sich Alles beugen, mag es einen Artikel vor sich haben oder nicht." — „Nun, nun," entgegnete der König lachend, „Er weiß Einen zusriedenzustellen, aber hör' er, zum Richter mach' Ich Ihn doch nicht, weil Er Mir die eigent liche Bedeutung der Worte zu gut zur uncigentlichen zu beugen versteht. Nun gehe er geraden Wegs nach Hause, und beuge er hierfür das Gläschen nicht wieder so, sonst komme Ich Ihm aus den Pelz!" Angesichts der vielen Kaffeehäuser und Kaffeeschwestern bei uns zu Lande sollte man es kaum glauben, daß der Verbrauch von Kaffee in ganz Europa hinter dem in den Vereinigten Staaten allein zurückblieb. Das war auch nicht immer so. 1896 verbrauchte Europa 5 823 000 Centner Kaffee, die Vereinigten Staaten nur 5 357 600 Centner. Im vorigen Jahre dagegen haben die Amerikaner nicht weniger als 6363 400 Centner verbraucht, während es die Europäer nur bis auf 6103000 Centner brachten. In Europa steht in dem Verbrauche Deutschland an erster Stelle mit einem Konsum von 2 727800 Centner. Das zweite Land, Frankreich, bleibt schon erheblich zurück und hat es 1897 nur aus 1546200 Centner gebracht. In England werden nur 248 400 Centner verbraucht, etwa ebensoviel in Italien. Ein schlauer Gastwirth in Görlitz wendet folgendes System an, um seine Gäste zum Trinken zu animiren und dadurch seinen Geldbeutel zu füllen. Er verkauft Bierkarten in der Größe von Eisenbahnfahrkarten, sie gelten je für ein Glas Bier. Wer die ersten 2000 solcher Karten abliesert, erhält als Prämie ein neues Fahrrad, Modell 98, Werth 220 Mk. Wer die zweiten 2000 solcher Karten abliesert, erhält als Prämie eine goldene Herrenuhr, Werth 150 Mk. Wer die drillen 2000 solcher Karten abliesert, erhält als Trostprämie: Schwarzen Rockanzug nach Maß, Werth 70 Mk. DaS Kärtchen trägt außerdem Serien- und Nummerangabe, sowie