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Freitag. Rk. «S. 22. August 1873. Weißerih-Ieitung. Amts-Matt für die Herichts-Aemter und Stadträtlic zu Dippoldiswatde und Kranenstein. Verantwortlicher Redacteur: Cart Jehnc in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 12 Ngr. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finden, werden mit 1 Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde. Das königl. Finanzministerium hat nunmehr auch bei allen Staatscassen ohne Unterschied Vie Annahme der österreichischen Biertelguldenstücke ver boten. Da in neuerer Zeit die Wahrnehmung gemacht wurde, daß daö Publikum diese Biertelgulden gar nicht mehr oder nur nach dem Course der Gulden annimmt, und deshalb ein Zuströmen jener Münze nach den Staatscassen stattfindet, welche sich derselben nur mit Verlust wieder entäußern können, so ist die Nothwendigkeit eingetreten, zur Vermeidung fort dauernder pecuniärer Nachtheile für den Staat, die Annahme dieser Viertelgulden bei Staatscassen zu verbieten. Auf andere öffentliche Lassen ist dies Verbot nicht mit ausgedehnt worden; die Verwaltungen derselben werden daher selbst darüber zu beschließen haben, ob ihnen durch die Annahme der fraglichen Münzen Verluste entstehen können. Frauenstein, den 20. August. Am vorigen Montage hat die Prüfung unserer neuen Orgel stattgefunden und zwar durch Hrn. Musikdirektor Fischer, Organist an der Annenkirche zu Dresden. Nach dem vorläufig mündlich ab gegebenen Urtheile dieses Sachverständigen ist das jüngste Erzeugniß der bewährten Firma Kreuzbach in Borna, mit dem nun unsere neue Stadtkirche geschmückt worden ist, ein „Meisterwerk;" das sagt genug! Der Revisionsbericht wird obiges Urtheil zu begründen wissen. — Nach Beendigung der Prüfung, Abends 6 Uhr, fand ein 11/2 stündiges Concert statt, in welchem der „Königin der Instrumente" Gelegenheit geboten wurde, ihre Herrlichkeiten zu entfalten. Herr Musik director Fischer spielte die berühmte chromatische Phan tasie von Seb. Bach, Figurationen über den Choral: „Auf Gott und nicht auf meinen Rath" von ihm selbst, und die große LA08Fuge von Fr. Lißt. Die Leistungen des Hrn. Musikdir. Fischer (seine riesenhafte Technik, geniale Auf fassung rc.) einer eingehenderen Besprechung zu unterziehen, muß um so überflüssiger erscheinen, als genugsam bekannt ist, daß der genannte Virtuos zu den Heroen unter seinen Kunst genossen zählt. Nur so viel sei erwähnt, daß sein Spiel, welches die Schönheiten der Orgel in allen Nüancirungen — vom Säuseln der Aeolsharfe bis zum brausenden Gewitter sturme — zur vollsten Geltung brachte, die Herzen der Hörer tief ergriffen hat. Außer Hrn. Fischer wirkte in dem Concerte noch Hr. Diac. Krumbholz mit, und wurde von demselben auf der Orgel eine Fuge in O äur von Mozart äußerst präcis und durchsichtig vorgetragen, sowie zwei Compositionen für Violon cello-Solo mit Orgelbegleitung (Hr. Musikdir. Fischer) von Seb. Bach: a) Lurobunäa in v äur, d) Arie aus der II moll 8uitv, mit wahrem Gefühl und schönstem Ton zu Gehör gebracht.' Endlich spielten beide Herren zusammen noch einen Satz aus der prächtigen, preisgekrönten, im Style und Geiste MendelsohnS componirten Orgelsonate zu vier Händen und Doppelpedal von G. Merkel. Uebrigens ist bei dieser Gelegenheit die Angabe des Correspondenten in voriger Nummer d. Bl. dahin zu be richtigen, daß die neue Orgel einschließlich des Echowerkes nicht 2880, sondern 2940 Thlr. kostet. Nicht minder sei erwähnt, daß durchaus nicht erst durch das Urtheil des Hrn. ?. Horlbeck, welcher früher Rector und Organist hier war, das Urtheil über die Vortrefflichkeit des hiesigen Orgelwerks erlangt worden ist, sondern daß vielmehr die hiesigen Sach verständigen, an denen es durchaus nicht mangelt, schon lange vorher sich dahin ausgesprochen haben, daß das Werk ein „tüchtiges und gutes" sei, beziehendlich zu werden verspreche. Dresden. Se. Maj. der König hat am 18. August, dem Jahrestage der Schlacht von St. Privat, den nach stehenden Tagesbefehl an die Armee erlassen: Pillnitz, den 18. August 1873. Soldaten! Wenn nur erst vor wenig Tagen das Armee-Corps auf der Wahl statt von St. Privat zur Erinnerung an seine in den glorreichen Feld zügen 70—71 gebliebenen Kameraden ein Denkmal gesetzt hat, das da der Mit- nnd Nachwelt von den Thaten und der Hingebung Meiner braven Sachsen ein sprechendes Zeugnis! bleiben wird, so will Ich, und zwar heut an einen. Eurer Ehrentage, Euch Meinen getreuen nnd er probten Truppen es ebenfalls aussprechen, wie mit dankbarem Herzen auch Ich jener Männer aus Euren Reihen gedenke, die in Erfüllung der höchsten Pflichten des Soldaten ruhmvoll fallen sollten, wie aber auch Meine ganze und volle Anerkennung mit Euch ist, die Ihr Euer Leben muthig eingesetzt und in edlem Wetteifer mit Euren Deutschen Waffenbrüdern während jener gewaltigen denkwürdigen Kämpfe den Fahnen unseres Sachsen's den alten Ruhm, die alten Ehren nur auf's Neue gewahrt, ihnen inmitten unserer Deutschen Heere die würdige Stelle gesichert habt. Mit Genugtlmung und Freude blicke Ich, Euer König, auf Euch, Meine tapsern Soldaten! So wie bisher, so auch fernerhin werdet Ihr Euch bewähren in Treue und Hingebung, in Ausdauer und Tapferkeit, auf daß das Armeekorps der Sachsen sein und bleiben möge für alle Zeit der Stolz unseres theuern Vaterlandes und ein Kleinod des großen Deutschen Reichs. Das walte Gott! Johann. — Unser'Kronprinz und die Kronprinzessin sind am 19. August in Wien eingetroffen und von den Erher- zogen empfangen worden. Die Abwesenheit des kronprinz- lichen Paares von Dresden dürfte etwa 14 Tage dauern. Chemnitz. Hier sind am 18. August durch den Bruch einer Gasröhre, welche an der Wand des mit dem Kranken hause verbundenen BadeS hinlief, zwei im Bade befindliche Personen durch Gasvergiftung getödtet und eine dritte schwer betäubt worden. Die Untersuchung ist cingeleitet. Berlin. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß Fürst Bis. marck noch vor Beendigung der Cur des Deutschen Kaisers nach Gastein kommt, und wie verlautet, wird auch der österreichische Minister Graf Andrassh sich dorthin begeben. Der Zweck zu dieser Reise dürfte mit den Beschlüssen zu-