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Dienstag. Nr. 372. 2 t. September 1852 Leipzig. DieZeltan erscheint mit Ausnahme des Montags täglich und wird Nachmittags ä Uhr auS- gegeben. Preis für das Viertel jahr t'/, Thlr.; jede ein zeln« Nummer 2 Ngr. Deutschs Mgkmtinc Zeitung. »Wahrheit »ud Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die ILzpedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Jnferttonsgedühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Die Zollvereinsconferenzen in Berlin. /V Berlin, 18. Sept. Nicht erst als die Bevollmächtigten der coalir- ten Negierungen in der Sitzung der Zollconferenz am 15. Sept, erklärten, noch ohne Instructionen zu sein, sondern von dem Moment an, als es be kannt wurde, in welcher Weise sich das österreichische Cabinet in Betreff der letzten preußischen Erklärung vom 50. Aug. geäußert hatte, war es so gut wie entschieden, welchen nächsten Ausgang die schon so lange andauernde handelspolitische Krisis nehmen werde. So fest es einerseits von je her stand, daß die preußische Negierung niemals von der in ihren Erklärungen vom 1. Mai und 7. Juni bestimmt aufgestellten Richtschnur ihres Han delns in der fraglichen Angelegenheit abweichcn könne, daß sic demgemäß die Annahme des Protokolls der Wiener Zollconferenz, soweit dies ledig lich einen Zoll- und Handelsvertrag zwischen dem Zollverein und den öster reichischen Staatxn zum Gegenstände hat, als den äußersten ihr möglichen Schritt des Entgegenkommens betrachtete, von dem sie nun aber auch sowol selbst als die der Erklärung beitrctenden Negierungen erwarteten, er werde die Koalitionsregierungen befriedigen und von ihnen als Basis der mit der Gesammtheit wieder aufzunehmenden Verhandlungen anerkannt werden; ebenso wenig ließ es sich, im Rückblick auf den bisherige» Entwickelungs gang der deutschen handelspolitischen Frage seit dem Septcmbervertrage und seit der Kündigung des Zollvereinsvertrags bezweifeln, daß die Majorität der zu Darmstadt coalirten Regierungen auch fernerhin den Wünschen des österreichischen Cabinets entsprechend ihre Entschließungen fassen würde. Seit dem Hervortreten der bestimmten Willensmcinung Oesterreichs war da her diesseits die Illusion geschwunden, der Zollverein könne auf seinen bis herigen Grundlagen erhalten werden. Zwar muß es wol als ein Jrrthum bezeichnet werden, wenn man — wie unter andern die Neue Preußische Zeitung — behauptet, die verbündeten Regierungen hätten Zeit genug gehabt, um in so klarer Sache zu einem Entschlusse zu gelangen. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn man allseitig geneigt gewesen wäre, eine zustim mende Erklärung abzugeben. Da dies theils von vornherein von mehren Seiten bestimmt nicht beabsichtigt wurde, da namentlich die dissentirende Pa role aus Wien mehre Tage nach dem 30. Aug. auf sich warten ließ, so blieb den Regierungen in der That nicht die genügende Zeit übrig, sich über eine Antwort zu verständigen, die ja diplomatisch künstlich zwischen Ja und Nein hätte gehalten sein müssen. Was aus dem v. d. Pfordten'- schen Entwürfe zu München hervorgegangen ist oder hervorgehen könnte — im Detail kann man davon hier nicht wohl unterrichtet sein, man ist aber auch sehr wenig neugierig, es zu erfahren. Etwas den hiesigen unveränder lichen Grundansichten Entsprechendes kann und könnte cs nimmermehr sein. Hätte nach Ansicht der preußischen Negierung von Seiten der Koa lition eine Rückäußerung in Aussicht gestanden, auf Grund deren Hoff nung vorhanden gewesen wäre, Das zu erreichen, was ja auch jenseits wie derholt als allseitig gehegter Wunsch bezeichnet worden ist, nämlich die Erhaltung und Erweiterung des Deutschen Zollvereins, so wäre die preu ßische Regierung wol berechtigt gewesen, einige wenige Tage über den von ihr anberaumtcn Termin auf so erwünschte Botschaft zu warten. Nicht aus kleinlichem Eigensinn oder gekränktem Selbstgefühl hat sie sich entschlossen, dem unfruchtbaren Transigiren ein Ende zu machen, sondern lediglich, weil sie die Ueberzcugung der Erfolglosigkeit fernerer Verhandlungen mit der Ge sammtheit der coalirten Regierungen gewonnen hat. In der gestrigen Sitzung der Zollconferenz, zu welcher nur die Bevollmächtigten von Hannover, den thüringischen Staaten, Oldenburg und Braunschweig geladen und zugegen waren, unterwarf der preußische Bevollmächtigte die Lage der Gegenwart einer sachgemäßen ernsten Erwägung und Besprechung. Es darf aber als ein Jrrthum der Neuen Preußischen Zeitung bezeichnet werden, daß der selbe die Absicht der Negierung mitgetheilt habe, von nun an ausschließ lich mit den soeben Genannten zu verhandeln. Wenngleich zunächst eine Theilnahme von Bevollmächtigten anderer deutscher Staaten selbstredend nicht stattfinden kann, so liegt es doch keineswegs in den Intentionen der preu ßischen Regierung, denselben, zu welcher Zeit es sei, den Hinzutritt zu den Verhandlungen zu versagen, vorausgesetzt, daß sie die in der Erklärung vom 30. Aug. aufgestellte Grundlage zu den ferner« Verhandlungen auch als die ihrige anerkennen. Der Eindruck, welchen der Entschluß der preu- ßischen Negierung, die Verhandlungen mit der Koalition als solcher abzu- brechcn, hier in allen Schichten des Volks hervorgcbracht, ist ein fast noch über Erwarten günstiger. -Ob auch in den Staaten der Koalition die Sym pathien des Volks, des einsichtigen Volks, die letzten Schritte ihrer Regie rungen begleiten werden? Heute Vormittag 11 Uhr hat eine Sitzung des Staatsministeriums stattgcfunden, in welcher, außer der Erledigung der laufenden Geschäfte die handelspolitische Situation nach dem Abbrcchen der Verhandlungen mit der Gesammtheit der zu Darmstadt verbündeten sieben Negierungen den Gegcn- > stand der Besprechung bildete. Um 2 Uhr Nachmittags begab sich der Mi- nisterpräsident Frhr. v. Manteuffel zu dem Könige, welcher im Laufe des Vormittags von Parez zurückgekehrt war, um demselben über die Vorgänge der letzten Tage Vortrag zu halten. ^Berlin, 19. Sept. Die von Preußen in der Sitzung der Zoll conserenzen vom 17. Sept, den Kommissaren von Hannover, Oldenburg, Braunschweig und Thüringen gemachte Eröffnung, daß es bei dem Aus bleiben der Antwort der Koalition in der Lage sei, nur mit ihnen allein fortzuverhandeln, kann möglicherweise einen doppelten Sinn haben. Es kann darin entweder ein förmliches Abbrcchen der Verhandlungen liegen, es kann aber auch damit nur soviel gesagt sein, daß man, solange die Antwort der Koalition nicht angelangt sei, einstweilen nur mit den obenbemcrklen vier Staaten fortverhandeln könne. Ob dies auch mit den sieben Coali- tionsstaatcn geschehen würde, bliebe dann davon abhängig, daß deren Antwort bald einträfe und befriedigend lautete. Nach dem ganzen Zu- sammenhange der Sache kann man nur die letztere, mildere Auffassung für zulässig halten. Preußen hat nach dem Septembervertrage die Zustimmung der Zollvereinsstaaten zu demselben zu erwirken; es ist also gar nicht in der Lage mit diesen Staaten die Verhandlungen, die zu diesem Ende ein geleitet sind, auf die Weise abzubrechen, daß cs diese Zustimmung, wenn dieselbe noch nach Ablauf einer bestimmten Frist ertheilt werden sollte, ab wiese. Hieraus folgt, daß die Frist, welche in der preußischen Erklärung vom 30. Aug. gesetzt ist, einen peremtorischen Charakter nicht haben kann. Ein solcher folgt auch aus den Worten dieser Erklärung nicht. Preußen erwartet in derselben, daß die Nückäußerung der Koalition in einer in der ersten Hälfte des Monats September anzusetzendcn Sitzung abgegeben werde, ohne welche es nicht mit der Gesammtheit der jetzt an den Konferenzen be- thciligten Staaten fortverhandeln könne. Daraus folgt nicht, daß die Ant wort, wenn sie erst am 16. oder 17. Sept, eintrcffe, abgewiesen werden müsse, sondern nur soviel, daß man in der zweiten Hälfte Septem bers einstweilen nur mit denjenigen Staaten fortvcrhandeln wolle, die mit Preußen in Bezug aus das Verhältniß zu Hannover einverstanden seien. Deshalb ist auch die Eingangs gedachte Eröffnung nur den Kom missaren von Hannover, Braunschweig, Oldenburg und Thüringen ge macht; läge eine Erklärung des förmlichen und definitiven Abbrechens darin, so müßte sie den Kommissaren der CoalitionSstaaten gemacht sein. Wahr scheinlich wird die Antwort der Koalition in wenigen Tagen hier eintreffen, und man hat Grund zu hoffen, daß sie befriedigend sein wird, wenigstens wird nicht von allen Coalitionsstaaten eine zum Abbruche führende Antwort gegeben werden, und es ist, wenn in München nicht die versöhnlichere An sicht siegt, eine Trennung der Koalition zu erwarten. — Die Hannoversche Zeitung bemerkt zu der Endentschließung der preu ßischen Regierung vom 17. Sept.: „Damit ist nun freilich ein vollständi ger Bruch nicht eingetreten, wenn auch das Werk der Verständigung kei neswegs gefördert zu sein scheint. Preußen kann immerhin die wahrschein lich in wenigen Tagen eintreffenden Vorschläge der Koalition geeignet finden, um unter Zugrundelegung derselben die Verhandlungen mit der Koalition (wenn auch getrennt von den übrigen Zollverbündeten) fortzusetzen, und das hoffen wir noch fortwährend, wenn auch das Preußische Wochen blatt kaum zweifeln zu dürfen glaubt, «daß die Erklärung der Coalirten in einer Art ausfallen werde, daß der Zollverein sich auflösen müsse, invem Preußen die Verbindung mit der Koalition abbräche.»" — Während Preußen seinen Entschluß am 17. Sept, kundgegeben, beriechen die Vertreter der Dar mstädter Verbündeten in München am 17. und 18. Sept, über die Antwort auf die Erklärung der preußischen Regierung vom 50. Aug. In welchem Sinne diese Antwort abgefaßt werden wird, ersieht man aus einem Artikel der Neuen Münchener Zeitung vom 17. Sept. Derselbe er klärt: „daß die Darmstädter Verbündeten unter allen Umständen auf der Gleichzeitigkeit der Verhandlungen mit Oesterreich mit jenen über Erneue rung und Erweiterung des Zollvereins und auf Gleichzeitigkeit des Ab schlusses beider Verträge bestehen werden und daß von der Aufnahme, welche ihre jetzt zu ertheilende Antwort in Berlin findet, es abhängcn wird, 'ob dieses ihr letztes Wort ist." Deutschland. Berlin, 19. Sept. Der König hat genehmigt, daß zur theilwciscn Be setzung der untern Chargen in der preußischen Kriegsmarine, vom Dcck- ofsizier abwärts, bis auf weiteres auch Ausländer, die sich jedoch im Besitze von Heimatsscheinen befinden müssen, auf ein- bis zweijährigen Probedienst ange nommen werden dürfen, ohne daß dieselben nöthig haben, sich früher, als bei ihrem eventuellen definitiven Uebertritte in preußischen Dienst, die preußi schen Unterthancnrcchte zu erwerben.