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Harmonik berührt werden . . . Dies letzte Klavierkonzert ist auch wiederum ein Werk letzter Meisterschaft in der Erfindung - Erfindung von jener uns bekannten »zweiten Naivität', reichster und innigster Beziehung zwischen Solo und Tutti, des transparenten Klanges, der Verschmelzung von ,Galant' und »Gelehrt'. Sie ist so vollkommen, daß die Frage des Stils wesenlos geworden ist. Der Abschied ist zugleich die Gewißheit der Unsterblichkeit.“ In diesem zu Unrecht weniger bekannten Werk hat Mozart eine einzigartige Einheitlich keit und Verinnerlichung seiner Tonsprache erreicht. Vom Solisten wird wie stets eine glänzende Technik gefordert. Doch im Vordergrund steht die musikalische Gedanklich- keit, deren Entwicklung auch das schon an Beethoven gemahnende Dialogisieren zwi schen Soloinstrument und Orchester dient. Gleich der Beginn des Konzerts durchbricht den Rahmen damals üblicher „Gesellschaftsmusik“: ein lyrisch-versonnenes B-Dur- Thema, dem unerwartet ein scharfer Bläserruf antwortet. Resignation und Schwermut liegen über diesem Satz wie über dem ganzen Werk. Unvermittelt eintretende Moll- Partien verstärken diesen Zug. Konfliktreich gestaltet sich die Durchführung: Streicher und Bläser konzertieren gegen das Soloinstrument. Mit einer überraschenden Modula tion tritt die Reprise ein. Verklärt-träumerische Innigkeit kennzeichnet das romanzen- hafte Larghetto. Von eigenartiger Wirkung ist es, wenn das Hauptthema vom Solisten schließlich aufgegriffen, von Flöten und Violinen mitgespielt wird. Das Refrainthema des verschleiert-fröhlichen Rondo-Finales hat Mozart wenige Tage nach der Fertig stellung des Konzerts für das Lied „Sehnsucht nach dem Frühling“ (Komm lieber Mai und mache die Bäume wieder grün) noch einmal verwendet. Ludwig van Beethoven hat mit seinen fünf Klavierkonzerten, die er zunächst für sein eigenes öffentliches Wirken als Pianist schrieb, Gipfelwerke der virtuosen Kon- zcrtliteratur geschaffen. Bereits vor den beiden ersten Klavierkonzerten op. 15 und op. 19 hatte er sich mit der Komposition von Klavierwerken beschäftigt (Trios op. 1, zahl reiche Sonaten) und auf diesem Schaffensgebict weit eher musikalisches Neuland, neue Klangbezirke erschlossen als in der Sinfonik. Die Klavierkonzerte entstanden etwa parallel zu den ersten sechs Sinfonien. Als sein Gehörleiden den Meister zwang, seine von den Zeitgenossen hochgeschätzte pianistischc Tätigkeit aufzugeben, hatte er sein bedeutendstes Klavierkonzert, das fünfte in Es-Dur, bereits geschaffen und die mit dem dritten Konzert einsetzende Entwicklung seines konzertanten Schaffens von aristo kratisch-gesellschaftlicher Unterhaltungskunst zum ideell-schöpferischen Bekenntnis auf den Höhepunkt geführt. Nach Beethovens eigener Mitteilung hat er das als zweites Konzert geltende Opus 19, B-Dur, bereits vor dem ersten, heute erklingenden Konzert in C-Dur, op. 15, komponiert, aber erst 1801 endgültig schriftlich fixiert. Beide Konzerte spielte der Komponist erstmalig 1795 in seinen Wiener Akademien und - in überarbei teter Form - Ende Oktober 1798 in Prag. Das Klavierkonzert in C-Dur bewegt sich inhaltlich, stilistisch und formal noch ganz im Rahmen jener „Gesellschaftsmusik“-, wie sie die Haydn- und Mozartzeit kannte. Dennoch sind durchaus schon typische Merk male des späteren Personalstiles des damals erst 25jährigen Komponisten zu erkennen: seine Eigenwilligkeit, Kraft und Phantasie. Das spielfreudige Werk, das dem Solisten mit seinen Verzierungen und brillanten Läufen reichlich Gelegenheit gibt, seine technischen Fertigkeiten zu beweisen, besitzt durch die jugendliche Frische und klassische Klarheit seiner musikalischen Gedanken einen hellen, kraftvollen Charakter, der an die Nähe der 1. Sinfonie erinnert. Klarinet ten, Trompeten und Pauken verstärken noch diesen festlich-optimistischen Eindruck. Wie üblich steht der erste, umfangreichste Satz (Allegro con brio) des Konzerts in Sonatensatzform. Die Orchestereinleitung bringt die Themenaufstellung. Ein akkordi- sches Marschthema kündigt den strahlenden Charakter des Werkes an. Zunächst leise beginnend, wird es bis zum Tutti gesteigert. In Es-Dur steht das gesangvolle zweite Thema, das nach einer kurzen Durchführung wieder vom Hauptgedanken und einem marschartigen Nachsatz abgelöst wird. Nun setzt das Soloinstrumcnt ein und leitet zum Hauptthema über, das variiert und mit glanzvollen Passagen umspielt wird. Den Durch führungsteil beherrscht in erster Linie der Solist, obwohl das Orchester durchaus selb ständig in die musikalische Entwicklung eingreift und den Satz - nach der solistischen Kadenz - epilogartig beschließt. Von intimen Stimmungsgehalt erfüllt ist der Mittelsatz, ein As-Dur-Largo, das wie eine große lyrische Gesangsszene des Soloinstrumentes an mutet. Innige Empfindungen drücken das kantable Hauptthema, die reichen Verzierun gen und Kantilenen dieses Satzes aus. Das Orchester, mit dem Solisten dialogisierend, steigert den Gefühlsgehalt der musikalischen Aussage. Mit einem übermütigen tanz liedhaften Thema eröffnet das Soloklavier das Rondo-Finale (Allegro). Auch das Kontrastthema berührt wie ein Volkslied. Humorvoll, spritzig ist der Charakter des Finales, das wirkungsvoll das Konzert krönt. Dieter Härtwig LITERATUR HINWEISE Withe: Igor Strawinski, Hamburg 1950 Albert: W. A. Mozart, Leipzig 1959 Brücken: Ludwig van Beethoven, Potsdam 1934 VORANKÜNDIGUNG 15./16. April 1961, jeweils 19.30 Uhr 14. Außerordentliches Konzert Gastdirigent: Janos Fcrcncsik, Budapest Werke von Weber, Bartök und Schubert Freier Kartenverkauf! 13. Außerordentliches Konzert 6092 Ra III-9-5 361 1,6 ItG 009/31/61