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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.09.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-09-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100928020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910092802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910092802
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-09
- Tag 1910-09-28
-
Monat
1910-09
-
Jahr
1910
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Ämtsvlatt des Aales und des Volizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis Br Arche ran au» Uetnng und Umgrdnng di« -geipalien« SV will dreU» Peritzeil, 2b di, 74 «in drai« diülamegeile l — -»«wärt, iiv «eSaweo l.20 ^r, Archer«ir vedSrde» i» «mNichen Leit di, 74 oanr brrtt, Vettr»e<ie 40 »«ichtit«a»Heigen m« P -hoorlchriske» ,n» t» der rlbwtwusaaB ln> Preil« «rhähl. Aadati »ach t«rst. Beila-egebühr L ». Lautend exki. PoügedLhr. Aefterteilt, Aulkräge lännen nicht »uriick- «erogen werden, Fitr da» .trlcheine» an beuuumten Lage» u»d PIL»en wir» lein« charaatt« Übernommen «»^igen-Annahme! L»,»st,«via» Bi iämUichen Filiale» u. alle» «»uonce»- chM«dMo»eu des I». ,»d Ausland««. H«»»r.Filiale verN»: T«N >»»«»,. Herii-gl. Bagr. Hofduch- Handlung, Lü»awg>ade l<X (Leleohoo VI, Nr. 4E). Haovt-SUtal« Lrrsbrw veeftrade < l (Lelevtzou 4Sch^ Nr. 2S8 Mitiwcili, aen 28. Scvirmvcr >Sl0. lO4. Zahrgsny. RenolnerkSmpfe bei den Berliner Streikunruhen. Im Nordwesten Berlins, dem Stadtteil Moabit, hat es, wie wir mehrfach be richteten, heftige Zusammenstöße zwischen der Volksmenge und der Polizei gegeben, wobei auf beiden Seiten zahlreiche, zum Teil schwere Verwundungen vorgekommen sind. Bereits seit einigen Tagen fanden dort vereinzelte Ausschrei tungen gegen arbeitswillige Kutscher und Arbeiter einer Kohlenfirma statt, die mit ihrem Personal in Differenzen geraten war und einen großen Teil des selben ausgesperrt hatte. Mit diesem sympathisierten die Arbeiter anderer Etablissements, und da der Janhagel sofort zur Stelle ist, wo es gilt, den Sicher heitsorganen entgegenzutreten und diese an der Aus übung ihres Amtes zu hindern, so waren die Befürch tungen, daß noch ernste Zusammenstöße folgen würden, nur zu sehr berechtigt. Der Umfang, den die Exzesse schließlich annahmen, hat man aber nicht vorausgesehen. Schärfstens sind die Handlungen der aufgeregten Volksmenge zu verurteilen, die sich vom Mob leiten ließ, der nachgerade zu einer Gefahr derGroß- stadt sich auswächst. Wenn der Staat mit allen Mitteln gegen das Rowdytum vorginge und dieses in den Arbeitshäusern unter strenge Zucht brächte, so würde der Bürger froh aufatmen. Leider läßt sich das nicht durchführen, und die Sicherheitsbehörden müssen sich darauf beschränken, das verlotterte Ge sindel, welches bei allen in der Oesfentlichkeit sich abspielenden Ereignissen sich störend bemerkbar macht, wenigstens im Zaume zu halten. Auch in Moabit haben ohne Zweifel am Montag Strolche, Tagediebe, Leute, die nichts zu verlieren haben, die nachts Stammgäste der Asyle sind, die Kaschemmen bevölkern, vom frühen Morgen bis zum späten Abend die Straßen unsicher machen, den Hauptanteil an den Exzessen. O- )tcue Zusammenstöße. Berlin, 28. September. Gestern abend um I/2IO Uhr kam der Polizeipräsident v. Jagow, im Automobil durch die Menge fahrend, um sich nach dem Stande der Sache zu erkundigen. Je später, desto heftiger und häufiger wurden die Zusammen stöße mit der Menge. Zu einem heftigen Zu sammenstöße kam es an der Ecke der Wald- und Turmstraße. Hier wurde aus der Menge auf die Polizeimannschaften geschossen und S teine auf sie geschleudert. Die Polizei machte hier von der blanken Waffe Gebrauch und nahm verschiedene Sistierungen vor. In der Beusselstraße, beim Zurück drängen des Janhagels, fielen nochmals drei Schüsse aus der Menge, ohne daß es möglich gewesen wäre, die Täter zu er mitteln. An der Zwinglistraße kam es noch zu einem zweiten Zusammenstoß, wobei aus dem Publikum Sie Kau im Spiegel. Von E. W. A p p l e t 0 n. (Autorisierte Uebersetzung.) Fünfzehntes Kapitel. Als Le Noir sich von seinem Erstaunen erholt hatte, brach er ebenfalls in ein Gelächter aus und schüttelte energisch den Kopf. Dann blickte er mich an. Ich stand schweigend vor Entrüstung da, ohne den Beamten eines Blickes zu würdigen. Le Noir ergriff wieder das Worr. „Sie irren sich", sagte er. „Ich bin meiner Sache absolut gewiß", versetzte der Beamte steif und fest. »Ist ganz unmöglich", beharrte Le Noir. „Ich bin gsstern mit diesem Herrn im selben Zuge von London gekommen." „Mag dem sein, wie ihm wolle, aber trotz allem ist er der Mann, der die Papiere präsentiert hat. Ich könnte seine Identität auf meinen Eid nehmen. Ich bin wirklich entschlossen, ihn auf meine eigene Verantwortung hin verhaften zu lassen." Beale, der verstanden, daß etwas Außergewöhn liches sich ereignet hatte, bat nun um Aufklärung. „Dieser starrköpfige Beamte da", erklärte Le Noir, „besteht darauf, daß unser Freund Lart die Papiere eingelöst und das Geld ausgezahlt erhalten hat." „Tolle Geschichte, nicht?" meinte Beale. „Allerdings. Lächerlich. Wenn es auch nur denk bar wäre, so kann er dock unmöglich gleichzeitig an zwei Orten gewesen sein? „Doppelgänger", brummte Beale. „Hat er in Jaootte", bemerkte Le Noir, „und ganz natürlicherweise sollte man annebmen, daß dieser der Gesuchte ist. Ich glaube ja ganz bestimmt, daß er in die Sache verwickelt ist, aber er hat London erst gestern morgen verlassen. Herr Lart bat ihn am Abend zuvor im Savoyhotel gesehen, und ich selber habe festgestellt, daß er dort einige Taae gewohnt hat. Ueber solche Tatsachen kann man sich nicht Hin wegsetzen. Er kann ein unbezweifelbares Alibi b«. weisen. Es ist sonnenklar, daß er nicht der Mann gewesen ist, der die Papiere präsentierte. Aber wer. zum Henker war es? Das ist ein Schlag ins Kon- tor, mein Lieber!" Mittlerweile starrte Dianaud, der von der Unter haltung nichts verstanden hatte und nur wußte, daß ich als der Schuldige bezeichnet worden war, mit auf die Polizeimannschaften geschossen wurde. Es wurden verschiedene Verhaftungen vor genommen und die Personen nach dem Revier und später nach dem Polizeipräsidium gebracht. Um die zehnte Abendstunde durchzogen kleine Trupps, haupt sächlich Janhagel, Rowdys und halbwüchsige Bur schen, Moabit singend und johlend, so daß die Po lizei an verschiedenen Stellen vom Charlottenburger Gebiet bis hinunter nach der Eotzkowsky- und Zwinglistraßc von der blanken Waffe Gebrauch * machte. Während die Polizei an der Ecke der Kotzkowsky- und Zwinglistraße mit der blanken Waffe einen Trupp von etwa 500 Personen zerstreute, wurde aus den Häusern mit Flaschen, Preßkohlen und Scherben auf die Polizei geworfen. Hier machten die Beamten von der Browningpistole Gebrauch und schossen nach den Fenstern, aus denen die Wurf geschosse gekommen waren. Ein größeres Aufgebot von Polizeimannschaften wurde hinzugezogen und be rittene Schutzleute zerstreuten den Trupp nach allen Windrichtungen. Auch hierbei gab es verschiedene verletzte Personen, wie auch verschiedene Sistierungen voryenommen wurden. Berlin, 28. September. Während der Zusammen stöße am gestrigen Abend sind insgesamt 90 Per sonen verletzt worden, darunter dreizehn s chw e r, darunter ein Arbeiter sehr schwer. Soweit bisher bekannt ist, wurden zwei Schutzleute verletzt, und zwar einer durch einen Steinwurf am Kops und der andere durch einen Sturz auf das Pflaster. Gegen Mitternacht ließen die Menschen ansammlungen nach. Verschiedene Läden wurden de moliert. Auf dem Kohlenplatz in der Sickingenstraße verblieben zehn Schutzleute die ganze Nacht zur Be wachung. In der zwölften Stunde wurden plan mäßig in der Rostocker Straße von der Wicleff- bis zur Turmstraße von dem Janhagel und den Streiken den sämtliche Laternen auf einmal demoliert und ein furchtbares Steinbombardement auf die vor der Rostocker Straße an der Wicleffstraße stehenden Beamten eröffnet. Die Polizei schlitt zur Räumung dieses Stückes der Rostocker Straße. Die Straße war vollständig in Dunkel gehüllt. Die Be amten wurden nun von einem Hagel von Sckierben, Kohlen und Steinen, die zum Teil von dem Mosaik pflaster mit in di« Wohnungen hinaufgenommen wur- den, begrüßt. Revolverschüsse wurden aus den Fenstern der vollständig dunklen Häuser auf die die dunkle Straße durchziehenden Beamten abgefeuert, worauf das Kommando kam. die Schüsse nach den Fenstern zu beantworten. Am jedes Fenster, aus dem ein Schuß oder ein Wurfgeschoß auf die Be amten flog, richteten sich die Pistolen der Beamten, und ein lebhaftes Feuer wurde eröffnet. Das Publikum stand in den Häusern; wenn, die Be amten anrückten, waren die Häuser verschlossen, so bald sie aber außer Schußbereich waren, wurden die Türen wieder geöffnet und füllten sich die Straßen wieder von neuem mit Menschen, die Schmährufe auf die Beamten ausstießen, wie Bluthunde, und sie mit Steinwiirfen verfolgten. Gegen 1 Uhr wurde die Rostocker Straße plötzlich durch «inen Hellen Feuerschein erleuchtet. Das Gesindel hatte, nachdem die Polizei sich zurückgezogen hatte, Holz aus den Häusern her ausgetragen, dieses mit Petroleum begossen und dann angezündet, so daß die Straße hell erleuchtet wurde. Die Feuerwehr wurde benachrichtigt, und unter dem sicheren Schutz der Polizei konnte der Automobilzug aus der Turmstraße das Feuer auf der Straße ab löschen. Während des Ablöschens wurden aus den offenem Munde einen der Polizeibeamten nach dem anderen an. Nunmehr wandte sich Le Noir in schar fem Tone mit den Worten an ihn: „Herr Lart hat Ihnen heute morgen einen Brief von Herrn Eoliby überbracht. Was stand in diesem Brief?" „Anschuldigungen, Herr Le Noir, und Drohungen, weiter nichts. Ein wütender Brief, in dem er mich für den Verlust verantwortlich macht." „Sie sind, denke ich, l^rett, mir den Brief zu zeigen?" Vignaud zuckte mit den Achseln. „Sie brauchen mich das nicht zu fragen", er widerte er, „warum denn nicht? Mit größtem Ver gnügen!" Der Beamte mischte sich nun wieder in das Gespräch. „Sie wissen, meine Herren, daß meine Zeit nicht mir gehört. Ich habe Ihnen jede Auskunft erteilt, die in meiner Macht lag. Die Pavtere waren auf keinen besonderen Namen ausgestellt — „an den Ueberbringer zahlbar" — und wurden ordnungs gemäß von diesem Herrn da präsentiert." Abermals deutete er auf mich. „Das Geld wurde ihm in Tausendfrankenscheinen ausbezablt, und damit sind die Papiere ungültig. Weiter habe ich in dieser Angelegenheit nichts mehr zu bemerken, stehe Ihnen aber, Herr Le Noir, jeder zeit zu Diensten." Auf diese Weise entließ er uns und es blieb uns auch nichts weiter übrig, als uns zu verbeugen und zurückzuziehen. Wir waren — wenigstens drei von uns — über das Ergebnis nicht gerade entzückt. Draußen verabschiedeten wir uns von Dignaud, wie mir schien, zu seiner großen Erleichterung. Als er sich entfernt hatte, ergriff Beale als Erster das Wort. „Wir sind nicht viel klüger al» zuvor, Le Noir", sagte er. ..Kein bißchen", erwiderte dieser. „Ich glaube nächstdem, Herr Lart, daß Sie mehr als einen Doppel gänger haben. Unter gewissen Umständen, in einem Mordprozesse zum Beispiel, könnte es vorkommen, daß Sie irrtümlicherweise auf di« Guillotine geschickt werden würden. Ein hübscher Gedanke, was?" „Mir kommt es etwas beklemmend vor", ant wortet« ich. „Parbleu!" sagte er lachend. „Ich stecke augen verschiedensten Fenstern der Rostocker Straße Wurf geschosse aus die Beamten und die Feuerwehr ge schleudert. Sus üen Reichstagskummllstonen. Die Reichsversicherungskommission beschloß in dem Abschnitt über das Umlage- und Er- hevungsoerfahren bei den Berufsgenossenschaften zu 8 749 auf Antrag der Nationalliberalen eine Be stimmung, wonach die Mitglieder statt des Nach weises über jeden einzelnen Versicherten und den von ihm verdienten Lohn einen summa ri sch en Lohn nachweis für den ganzen Betrieb — für das ganze Jahr oder für kleinere Zeitabschnitte — ein reichen können. Sodann wurden die gestern ausge setzten §8 741 bis 747 über die Rücklagen (den Reservefonds) der Berufsgenossenschaften zur Bera tung gestellt. Von den Nationalliberalen, aus dem Zentrum und aus den Reihen der konservativen Kommissionsmitglieder liegen Anträge vor, die sich gegen eine Verstärkung des Reservefonds wenden. Die Regierung bekämpft mit Entschiedenheit den Gedanken des Reservefonds und die ziffermäßigen Ausführungen des Geheimrats Beckmann haben den Erfolg, daß u. a. ein nationalliberales Mitglied erklärt, er sei nunmehr von der Notwendigkeit eines starken Reservefonds, also einer Vorausbelastung für die Zukunft, überzeugt. Die Anträge werden ab gelehnt und die Paragraphen nach der Regierungs vorlage angenommen. Einstimmig wird beschlossen, daß im Jahre 1921 eine neue Prüfung der Bestim mungen erfolgen soll. Staatssekretär Delbrück gab im Laufe dieser Beratung die Erklärung ab, die Regierung lege den größten Wert darauf, daß die Rerchsversicherungsordnung noch in dieser Tagung verabschiedet werde, und zwar nicht in einzelnen Teilen, sondern als Ganzes. Wenn er den Verhandlungen infolge anderweitiger Ge schäfte demnächst nicht mehr so regelmäßig werde bei wohnen können, wie bisher, so möge man daraus nicht auf nachlassendes Interesse schließen. Wenn die Kommission seiner bedürfe, stehe er jederzeit zur Verfügung. Die §8 780 ff. handeln von den Zweig anstalten für Bauarbeiter. Nach 8 781 kann die Satzung der Berufsgenossenschaft auch ver sicherte BaugewerLetreibende und andere bei den Bauarbeiten Beschäftigte den Zweiganstalten zu weisen. Dieser Paragraph wird auf Antrag des Zentrums gestrichen. Die 88 782 bis 834 werden unverändert angenommen. Bei 8 835, der von den Zweiganstalten für Halten von Reittieren und Fahrzeugen handelt, wird der seinerzeit zurückgestellte § 643 beraten, wonach diese Zweiganstalten den Ge nossenschaften der Unternehmer gewerbsmäßiger Fuhrwerks- und Binnenschiffahrtsbetriebe ange gliedert werden. Diese Bestimmung wird ange nommen mit folgendem von den Konservativen be antragten Zusatz: Der Bundesrat kann die Zweig anstalten anderen Berufsgenossenschaften angltedern, auch an Stelle der Zweiganstalten Versicherungs genossenschaften als selbständige Versicherungsträger errichten. Nach 8 842 können die Berufsgenossenschaften u. a. eine Versicherung gegen Haftpflicht für die Unternehmer und die ihnen in der Haftpflicht Gleich- stebenden einrichten. Der Zusatz, wonach Haftpflicht ansprüche aus der reichsgesetzlichen Unfallversicherung höchstens mit zwei Dritteln gedeckt werden, wird auf Antrag der Nationalliberalen gestrichen. Die Kommission führte die Beratung bis ein schließlich ß 848, der bereits von den Unfalloer- hütungsvor>chriften handelt. Die Paragraphen wurden unverändert angenommen. Die Strafprozeßkommission lehnte in einer Abendsitzung am Montag einen zu 8 484 gestellten Antrag auf Beseitigung des Aboli tionsrechts, d. h. der Befugnis des Landesherrn, ein schwebendes Verfahren nieoerzuschlagen, ab. Die Nestbestimmungen des Abschnittes über die Straf vollstreckung wurden unverändert genehmigt. Die K 0 stenfrage wird in den 88 485 bis 500 behandelt. Nach ß 485 können Auslagen zum Teil der Staatskasse auferlegt werden, wenn es mit Rück sicht aus die Behandlung der Sache zur Vermeidung besonderer Härten angemessen erscheint. Diese fakul tative Bestimmung änderte die Kommission in eine Soll-Bestimmung um und fügte hinzu: Auslagen sind der Staatskasse aufzuerlegen, wenn sie durch Untersuchungshandlungen entstanden sind, die für die Verurteilung nicht in Betracht kommen. Bei 8 487 werden Anträge abgelehnt, wonach die dem freigesprochenen Angeschuldigten entstandenen not wendigen Kosten der Staatskasse auferlegt werden müssen; dagegen wird die Vorlage, wonach dies, soweit es angemessen erscheint, geschehen kann, da hin abgeändert, daß dies dann geschehen soll, und daß dies auch für die dem gesetzlichen Vertreter des jreigesprochenen Angeschuldigten entstandenen Kosten gilt. Bei 8 488 wird der Bestimmung über die Auf erlegung der Kosten hinzugefügt: Ist anzunehmen, daß die Anzeige gegen besseres Wissen erstattet worden ist, so darf dem Beschuldigten die Bezeich nung des Anzeigers nicht versagt werden. Die Kommission beschloß in der weiteren Be ratung zu 8 490 eine Bestimmung, wonach die Kosten eines Privatklageverfabrens, das in das öffentliche Klageverfahren übergeleitet wird, auf die Staats kasse übernommen werden sollen. Die Kosten einer Privatklage gegen einen wegen nachträglich festge stellter Unzurechnungsfähigkeit freigesprochenen An geklagten sollen ebenfalls in der Regel dem Privat kläger abgenommen werden. Zu 8 492 wurde ein volksparteilicher Antrag an genommen, wonach die Kosten eines vom Staats anwalt eingelegten Rechtsmittels, ob es Erfolg oder keinen Erfolg gehabt hat, auf die Staatskasse fallen sollen. Die weiteren Paragraphen bleiben unver ändert. Als dann auch der letzte Paragraph des Entwurfs der Strafprozeßordnung, L 500, ange nommen war, ertönte ein allseitiges Bravo. Die Kommission ging dann zur Beratung des Eerichtsversassungsgesetzes über. Von sozialdemokratischer Seite wird eine Bestimmung ge wünscht, wonach politische, konfessionelle oder finan zielle Momente bei der Ausnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst nicht beachtet werden dürfen. Die Regierung lehnt diese Anregung ab, da sie im Eerichtsverfasftlngsgesetz nicht geboten sei. Hier gegen wird von volksparteilicher Seite Einspruch er hoben und der Antrag der Sozialdemokraten unter stützt. Der Antrag wird gegen die Stimmen der Linken abgelehnt, oagegen ein Zentrumsantrag an genommen, der nur die finanziellen Momente er wähnt. Ein sozialdemokratischer Antrag will die Absetzungsbedingungen für Richter der Landesgesetz- gebuna entziehen und die für die Reichsgerichtsräte geltenden Normen einführen, ferner den Richtern die Annahme von Titeln und Orden verbieten. Inso weit findet der Antrag di« Unterstützung auch der Volkspartei. Don anderen Seiten werden Bedenken gegen die grundsätzliche Unabjetzbarkeit der Richter geäußert. Die sozialdemokratischen Anträge, die u. a. auch Staatsanwälte vom Richteramt aus- blicklich lieber in meiner Haut, als in der Ihrigen, Herr Lart. Aber beruhigen Sie sich, Sie haben in uns Freunde." Dann fügte er, sich an Beale wendend, hinzu: „Kommen Sie mit mir auf die Präfektur, dem Ches Bericht abstatten!" Ich verstand den Wink und sagte -sofort: „Nun, meine Herren, ich muß Sie jetzt verlassen. Sie kennen ja meine Adresse." Le Noir nickte. „Grand Hotel? Ganz recht, Herr Lart." Wir verabschiedeten uns und gingen auseinander. Eine Stunde wanderte ich ziellos, tief in Ge danken versunken, auf den Boulevards umher. Ich kam zu keinem Ergebnis. Das und der Lärm in den Straßen versetzte mich in nervöse Stimmung, und ich beschloß, für den Nachmittag die Stille der llm- aebung aufzusuchen. Eine Fahrt auf der Seine nach St. Cloud, sagte ich mir, würde eine gefällige Ab wechselung bieten. Daher begab ich mich auf dem nächsten Wege zum Flusse hinab und saß bald auf einem kleinen Damofer, der mich an reizenden Land schaftsbildern vorüber meinem Ziele entgegentrug. Es war ein entzückender Tag. Meine Sorgen verflogen bald. Und ich verlebte einen genußreichen Nachmittag in dem schattigen Schloßparke. Ich speiste in St. Cloud zu Nacht und erreichte Paris gerade noch zu rechter Zeit, um mir im Chatelettheater ein großes Ausstattungsstück ansehen zu können. Erst nach Mitternacht kehrte ich ins Grand Hotel zurück. Dort fand ich zwei Briefe für mich vor. Der erste, den ich erbrach, war von Richard und lautete: Lieber Ted! Ich habe dein Briefchen erhalten. Ich wußte be reit» von Herrn Goliby, dem ich in Scotland Pard beaeanete, daß er dich nach Paris gesandt hatte und daß deine dortige Adresse das Grand Hotel sei. Ich habe dir nichts mitzuteilen, als daß die Derstche- rungsleute sich von der menschlich-allzumenschlichen Sette zeigen. Sie stellen sich auf den Standpunkt, daß in der Villa Rabenborst nicht ein Einbruchs diebstahl verübt worden fei, und daß die Wert papiere von jemand im Hause, der Zutritt zum Eeld- schrank hatte, beiseite geschafft worden seien. Sie erfrechen sich sogar, deinen Namen mit der Geschichte in Zusammenhang zu bringen. Unter anderen Um standen konnte das unangenehm für dich werden, aber laß dir ja keine grauen Haare darüber wachsen! Ich habe die Polizeibehörden bereits davon über zeugt, daß diese Verdächtigung lächerlich ist. Ich hoffe zuversichtlich, daß die französische Polizei Licht in die geheimnisvolle Angelegenheit bringen und den Schuldigen fassen wird. Schreibe mir umgehend und laß mich alles wissen, was dir Gutes oder Schlechtes begegnet ist. Mit den besten Grüßen Dein Richard. Der andere Brief stammte von Herrn Eoliby. Er hatte folgenden Wortlaut: Lieber Herr Lart! Sie werden mich, wie ich denke, unverzüglich von allem, was sich ereignen sollte, in Kenntnis setzen. Insbesondere bin ich gespannt, welche weite ren Erklärungen Ihnen Herr Dignaud gegeben und wie er meinen Brief ausgenommen hat. Ich weiß, daß ich ein wenig streng mit ihm verfuhr, bin aber der Ansicht, daß er diese Behandlung verdient. Der Hauptzweck dieses Briefes ist indes, Ihnen mitzu teilen, daß ein Freund von mir, der Herr von Montpelier, Sie aufsuchen wird, falls er es nicht schon getan hat. Wollen Sie seine Instruktionen befolgen! Hochachtend Ihr N. Eoliby. Ich hatte eben diesen Brief zu Ende gelesen, als es an meiner Türe klopfte. Ein Kellner trat ein und überreichte mir eine Karte. „Entschuldigen Sie, mein Herr", sagte er. „Diese Karte wurde heute abend für Sie abgegeben. Der Herr wird morgen um elf Uhr wieder vorsprechen." Ich warf einen Blick auf die Karte und las die Worte: Alfons von Montpelier 11 rue Montesquieu. Pari». Der Kellner entfernte sich wieder. Immer noch starrte ich auf die Karte. Rue Montesquieu — wo hatte ich von dieser Straße schon gehört? Ich besann mich vergebens, es fiel mir nicht «in. Und so begab ich mich auf dar Schreib zimmer, um Richards Bitte zu willfahren Dort er zählte ich ihm ausführlich meine Erlebnisse und verfaßte dann auch noch einen langen, obzwar ein wenig zurückhaltenden Brief für Herrn Goliby. Al» ich mich schließlich zum Schlafen niederlegte,
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