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und TagMM Z? 10. Amtsblatt sür die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. ' - > .... 4A Jabraancr. —- — — > . . Erschein! jcdm WochmIag Nachmittags 6 Uhr für dcn . —- , . . ?weim°nEck?M Mittwoch, den 14. Januar. zweimonatlich l M so Ps. und emmonatltcv 7s Pf. > Jnserare werden bis Vormittag t 1 Uhr angenom- men und betrügt der Preis für die gespaltene Zeile I FH»» I oder deren Raum iS Psg Bekanntmachung. Mit Rücksicht auf den in diesem Jahre besonders zeitigen Beginn des Mustcrnngsge- schästes werden die sämmtlichen Herren Stammrollensührer des Bezirks hiermit ausgesordert, die Relrutirungsstammrollen des laufenden Jahres und der beiden Vorjahre nebst Beilagen (Geburlslisten, Geburtsscheinen, Loosungsscheinen pp.) bereits bis zum 5. Aebruar Vss. Js. cinzureichen. -reiberg, am 10. Januar 1891. Der Civilvorfitzenve der Königlichen Ersatz-Kommission der AuShebnngevezirke Freiderg und Brand. Vr. Amtshauptmann. Hbld. Die Anmeldung der Militärpflichtigen in Brand zur MilitärstammroUe hat, unter Hinweis auf den hier ersichtlichen Anschlag vom 15. Januar bis 1. Februar d. I. in der Rathsschreibstube unter Abgabe der Geburts-, bez. Loosungs- und Gestellungsscheine zu erfolgen. Auf Grund der deutschen Wehrordnung vom 22. November 1888 sind hierzu ver pflichtet alle diejenigen hier aufhältlichen Mannschaften, welche im Jahre 1870 geboren, sowie solche aus früheren Jahren, über deren Militärpflicht endgiltige Entscheidung noch nicht ge troffen. In Behinderungssällcn sind deren Eltern, Vormünder, Arbeitsgeber, Lehrherren u. s. w. zur Anzeige verpflichtet. Unterlassene Anmeldungen werden zur Bestrafung gezogen. Brand, am 12. Januar, 1891. Der Bürgermeister. SedSiiIisrr. Jules Ferry. Als wenn der Wolf im Schafstall wäre, so gebärdet sich der größte Theil der sranzösischen Presse ob des Wiedereintritts Jules Ferry's in das politische Leben, nachdem das Departe ment der Vogesen diesem die Vertretung seiner Interessen im Senate nahezu einstimmig anvertraute. Jules Ferry galt be reits als abgethaner Mann. Zum Mindesten war er der bestgehaßteste Mann Frankreichs. Und doch ist er zweifellos unter dcn jetzigen französischen Staatsmännern der bedeutendste. Woher also dieser Haß? Vielleicht gerade deshalb, weil der großen Menge das Verständniß für die Wege abging, die Ferry's ziclbewußter Geist für die Zukunft der Republik als die einzig richtigen erkannt hatte und einzuschlagen bestrebt war. Als einer von den fünf, die zuerst die Fahne der Republik unter dem zweiten Kaiserreiche wieder ausrollten, hatte Ferry seine politische Lausbahn begonnen. Als Freund Gambelta's war er emporgesticgen zum Lenker der Geschicke Frankreichs, doch er unterließ cs in den Tagen seiner Macht dem Chauvinismus zu schmeicheln; er wollte denselben durch koloniale Unterneh mungen ablenken, ihm das öde, unfruchtbare Vergeltungs- bedürsniß abgcwöhnen. Seine maßvolle Politik gegenüber dem deutschen Nachbarreiche hatte ihn jedoch den Chauvinisten verdächtig gemacht, und die vorübergehenden Wechselfälle der tonkinesischen Expedition waren vom Haß seiner politischen Gegner so unge heuerlich gegen ihn ausgebeutet worden, daß er, mit dem Spott namen des „Tonlinesen" behaftet, hinahsank in lautlose poli tische Vereinsamung. Er dachte zu groß von seinen Landsleuten, drum tönte ihm ihr „Steiniget ihn!" entgegen. Wie Ferry selbst über sein staatsmännisches Wirken urtheilt, hat er in einem Herzenscrguß an einen Redakteur des „Evenement" niedergelegt. „Tie Verhandlungen, die ich während meines Ministeriums mit der deutschen Regierung pflog," sagte Ferry, „betrafen die Kongo-Konferenz im Jahre 1884. Ich glaube bei dieser Ge legenheit den wahren Interessen Frankreichs gedient zu haben. Wir spielten auf dieser Konferenz eine sehr gute Rolle. Man hat mir nichtsdestoweniger meine Betheili gung daran vorgeworfen, wie im vergangenen Jahre Herrn Spullcr, zu der Konferenz über die Arbeiterfrage nach Berlin Vertreter geschickt zu haben. Auch ihn hat man als Leutschen verschrieen. Als ich den Geschäften Vor stand, war das europäische Schachbrett ein ganz anderes. Meine Nachfolger sanden an Rußland einen Stützpunkt, der uns vor süns Jahren fehlte. Die bulgarische Frage hat zwischen Deutsch land und Rußland noch nicht eine Spannung herbeigeführt. Und trotzdem war es mein Ministerium, dem es gelang, Ruß land gelegentlich der egyptischen Angelegenheit in das Mittel- meer zu bringen. Als es sich um die egyptische Anleihe zur Entschädigung Alexandriens handelte, baten wir Rußland, diese Anleihe gleich den anderen Mächten zu garantiren. Der Zar willigte ein und zum ersten Male sah man die Unterschrift Rußlands an der Seite der anderen Mächte in der egyptischen Frage figuriren. Das war der erste Schritt. Ich habe mich dann bemüht, in demselben Sinne einen zweiten zu thun, aber die Umstände haben cs mir nicht erlaubt. Ich hatte in Paris die Suez-Kanal-Konferenz eröffnet. An der Seite Frankreichs waren Rußland, Deutschland, Oesterreich und Italien vertreten. Eine Stunde nach Eröffnung der Konferenz war das Kabinet, welchem zu präsidiren ich die Ehre hatte, ge stürzt .... Ich habe das Bewußtsein, stets ehrlich und loyal meinem Lande gedient zu haben, als ein Franzose, der ich mit Stolz einer zu sein glaube. Ich habe nur den Ruhm und die Ehre Frankreichs vor Augen gehabt. Die von mir ver folgte Politik hat meinem Lande ein großes Kolonialreich einge bracht. Wenn man das geleistet hat, kann man den Strom der Verleumdungen ruhig fließen lassen." „Von Ihnen darf ich Gerechtigkeit verlangen gegen den ge hässigen Ostracismus, den man mit dem Namen Unpopularität schmückt, und der nichts Anderes ist, als die Verschwörung des Grolls und aller bösen Leidenschaften gegen einen einzelnen Mann," so hatte Ferry in stolzem Selbstbewußtsein den Wäh lern im Vogesendepartement zugerufen. Seine Wähler haben ihm diese Gerechtigkeit widerfahren lassen, die französische Presse aber fällt wie eine wüthende Meute über ihn her, jo daß Jules Ferry seines ganzen staatsmännischen Sinnes be dürfen wird, um sich dieser wüthenden Bisse zu erwehren. Und Jules Ferry ist Diplomat genug, um nicht mit dem Kopfe gegen die Wand rennen zu wollen. Er hat in seiner fünf- lährigen Zurückgezogenheit gelernt, daß er vergebens gegen dcn Chauvinismus der Revanchepolitiker ankämpfen werde, und ist deshalb — selber unter die Chauvinisten gegangen. Nicht nur sein Aeußeres hat er in der Zeit seiner politischen Muse ver ändert — er trägt nicht mehr die historischen Bartkoteletten, über welche die Witzblätter so oft spotteten, sondern Hal sich einen Voll- und Schnurrbart wachsen lassen — er hat auch sein Denken und Trachten dem Geschmack der französischen Mehr heitspolitiker angepaßt und hält es für gut, seine frühere Haltung zu verleugnen. Um Ferry in die Enge zu treiben, haben seine Gegne^alle möglichen alten Erinnerungen wiederausgegraben. Der Pariser „Matin" hatte im Oktober 1885 nach dcn allgemeinen Wahlen, die dem Sturze Ferry's folgten, diesen, als er sich gerade in Straßburg aushielt, interviewen lasten, aber, wie das Blatt jetzt erklärt, einen Theil der Aeußerungen Ferry's als „in opportun" in dem Berichte über die Unterredung unterdrückt. Jetzt hält es die Zeit sür gekommen, um dieie Aeußerungen mitzutheilen. Der Bericht lautet: „Ja," ries Jules Ferry, in dem er mir großen Schritten im Kabinet des Herrn Schustem- berger in Straßburg auf- und abging, von dem aus man die Pickelhauben in der Straße ihre rhythmischen Schritte machen sah, „ja, man hat mich beschuldigt, eine Politik zu befolgen, welche die Billigung Deutschlands habe. Nun, und wenn auch? Wäre nach Allem die Allianz mit Deutschland eine so schlechte Sache, wenn wir nicht in Frankreich so viele Verrückte hätten, die unfähig sind, die Politik zu begreifen? Glauben Sie, daß Frankreich jemals eine stärkere Heeresmacht haben wird, als diejenige ist, die wir hier konstatiren können ? Und ist diese Macht nicht verd ppelt durch die deutschen Allianzen ? Die Politik der Wiedervergeltung und der Rache ist die Politik der Narren. Tie Politik der Verständigung und der Geschäfte ist die Politik der Vernünftigen. Wenn unsere Chauvinisten Dummheiten machen, muß dann nicht unsere Regierung, wer auch am Ruder sein mag, für sie bei Herrn v. Bismarck um Entschuldigung bitten? Das ist noch demüthigender, als wenn man seine Niederlage zu tragen weiß und anderswo Kompen sation sür seine Eigenliebe sucht!" Ferry hat die Richtigkeit dieser Angaben des „Matin" sofort in ziemlich grobem Tone in Abrede gestellt, allein das Blatt hält sie aufrecht. Jeden falls stimmen sie völlig mit der politischen Haltung Ferry's überein. Mit dieser Ableugnung hatte Ferry jedoch noch nicht genug. Er sah ein, daß er eines stärkeren Mittels bedürfe, um Vie öffentliche Meinung über seinen „Patriotismus" zu beruhigen, und deshalb ließ er sich von den Führern der chauvinistischen Revanchepartei ein glänzendes Leninundszeugniß ausflellen. Sein Leibblatt „L'Estasctte" veröffentlicht Folgendes: „Das Direktionskomite der „Allgemeinen Assoziation von Elsaß-Loth- ringen", zusammengesetzt aus den Herren Alfred Blech, Eick mann, Schlumberger, Ad. See, Rodolphe Köchlin, Woirhaye und August Blech, (man achte auf die guten deutschen Namen dieser „französischen" Herren!) hat sich heute in eoiPore zu Herrn Jules Ferry begeben, um denselben zu der ruhmreichen Genugthuung zu beglückwünschen, welche die Senatswähler des Vogesen-Departements ihm erwiesen haben. Dieselben erinnerten Herrn Jules Ferry daran, daß die Allgemeine Association von Elsaß-Lothringen ihn feierlich adoptirt und in ihr Zentral- Komite berufen habe in demselben Augenblicke, wo gehässige und frevelhafte Verleumdungen den Arm eines Meuchelmörders gegen ihn gewasfnet hatten. Heute begrüßt die Association den unbeugsamen Patrioten, der seinen Platz im Parlamente wieder einnimmt. Herr Jules Ferry hat den Delegirten von Elsaß- Lothringen (?) bewegt gedankt. „Man kann sein Herz nicht zweimal geben", sagte er zu ihnen. „Sie wissen, daß das meinige schon seit langer Zeit ganz unserem geliebten Elsaß- Lothringen, seiner unvergänglichen Sache und der großen Asso ciation gehört, welche hier alle seine edlen Elemente vereinigt" Nun noch mit Herrn Teroulöde den Bruderkuß getauscht, und der Revanchepolitiker, wie er im Buche steht, ist fertig! Es hätte Herrn Ferry besser angestanden, sich zu seinen Worten und Gesinnungen zu bekennen. Neue Freunde wird er sich durch seine Zugeständnisse an den Chauvinismus kaum er worben haben, seine Feinde aber bleiben die alten. Dies kann Herr Ferry schon daraus ersehen, daß die meisten Blätter sein Kompliment an die Chauvinisten nicht einmal abdrucken. Wir Deutschen aber können aus der Sinnesänderung Ferrys die Lehre ziehen,daß der Chauvinismus in Frankreich noch immer eine Macht ist, vor der jeder Staatsmann die Waffen strecken muß. Tagesschau. Freiberg, den 13. Januar. Für die Festigkeit der Stellung des beurlaubten Ober-Hof predigers v. Kögel ist die der „Tägl. Rundschau" von zuver lässiger Seite gemeldete Thatsache bezeichnend, daß Herr Kögel zu Weihnachten durch eigenhändige Schreiben und Geschenke dcs deutschen Kaisers, der Kaiserin und der Großherzogin von Baden ausgezeichnet worden ist, wie denn auch der Kaiser persönlich die kürzlich erfolgte Ernennung des Sohnes des Ober-Hospredigers zum Landrathe dem Vater anzeigte. Die Berufung von Kritzinger sowie von Wendland ist auf Vorschlag des Herrn Kögel geschehen. Bei der Wahl des erstgenannten Herrn war außer Sr. Majestät selbst nur Herr Kögel beteiligt; die vom Ober-Kirchenrath zur Probepredigt des Herrn Kritzinger entsandten Herren sind um ihre Meinung vom Kaiser über haupt nicht befragt worden. Ein Schreiben dcs Prinz-Regenten von Bayern an den Minister des Aeußern besagt, der Regent habe von der Bildung von Festausschüssen mit Freuden Kenntniß genommen, drückt jedoch den Wunsch aus, die Feier des 70. Geburtstages möge eine auf Bauern beschränkte Landesfeier bleiben; von Besuchen fremder Fürstlichkeiten oder Spezialvertreter, von Gratulationen fremder Regierungen und Körperschaften möge Abstand ge nommen werden. Der Theilnahme des Fürsten Bismarck an dem in Al tona bei dem kommandirendcn General des 9. Armee-Korps v. Leszczynski stattgehabten Diner wird eine besondere Be deutung zugeschrieben. Die Gesellschaft bei dem General ist eine offizielle, die Einladungen zu dergleichen Repräsentatkons- festen sind nicht in das Belieben des Gastgebers gestellt, son dern richten sich nach einer bestimmt festgelegten Liste. Man sagt, daß Fürst Bismarck noch kurz vor seiner Ankunft von etikettekundigen Personen nicht unter die EinHuladenden ge rechnet worden war. Den Umstand, daß der Furst eingeladen worden und erschienen ist, deutet man deshalb als den erfreu lichen Anfang des Endes jener Verstimmungen, welche leider nicht wegzuleugnen waren. Der Fürst wurde bei der Ankunft auf dem Bahnhof in Altona mit warmen Ehrenbezeugungen empfangen. Er trug den Helm und die ordensgeschmückte Uniform seines Magdeburgischen Kürassier-Regiments. General Leszczynski begrüßte seine Gäste herzlich und geleitete sie durch das Fürstenzimmer nach dem bereitstehenden Wagen. Die draußen harrende Menge stimmte „Deutschland, Deutschland über alles" an und unter brausenden Hochrufen fuhr die fürst liche Familie nach dem nahe gelegenen Palais des Generals. Im preußischen Abgeordnetenhaus brachte Finanz minister vr. Miquel folgende Vorlagen ein: Die allgemeine Rechnung für den Staalshaushaltsetat vom 1. April 1887/88, die Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben für 1. April 1889/90 und den Gesetzentwurf, betreffend die Feststellung des Staatshaushaltsetats sür 1. April 1891/92. Er führte hierbei Folgendes aus: Der Etat für 1890/92 schließe mit 1720834749 Mark ab, wovon 50382542 Mk. auf die einmaligen und außer ordentlichen etatsmäßigen Ausgaben entfielen. Die Gesammt- mehrausaabe betrage.-1Z26ZL434 Mk. Im Ordinarium be tragen die Mehiaushaben^25672033 Mk. Den Hauptantheil an den bedeutenden Mehreinnahmen hätten wiederum die Be triebsverwaltungen, die einen Uebelschuß von 55865417 Mk. böten. Der Etat schließe ab ohne Zuhilfenahme einer Anleihe und ohne Verwendung eines Ueberschusses aus vergangenen Jahren, balancire also in sich. Dieses Resultat sei nicht leicht erreicht worden und sei nur dadurch möglich geworden, daß man erhebliche Mehranforderungcn nicht berücksichtigte. In dem laufenden Etatsjahre seien nicht entfernt solche Ueberschüffe wie in den letzten Jahren zu erwarten. Der Gesammtüberschuß des Etatsjahres 1889/90 betrage 97117184 Mk.; man habe es hier aber nicht mit einem wirthschaftlichen, sondern nur mit einem rechnerischen Ueberschuß zu thun. Dies werde offenbar, wenn man sich vergegenwärtige, daß die Staatsschuld den Be trag von 5843000000 Mk. ausmache, der eine etatsmäßige Schuldentilgung von nur 38 Millionen nach diesem Etat gegenüberjtehe; jede andere Schuldentilgung beruhe auf jewei ligem Beschluß des Hauses, nicht auf Gesetz. Bei der Konso lidation der Staatsanleihen sei die Absicht nur dahin gegangen, daß keine Schulden getilgt werden sollten, wenn neue Anleihen nothwendig seien; wenn das Letztere nicht der Fall sei, sollten die Ueberschüffe zur Schuldentilgung verwendet werden. Des halb spreche man mit Unrecht von Ueberschüssen, so lange keine Schuldentilgung erfolge. Der Mehrüberschuß des laufenden